Anleitung: Achtsamkeit durch die Rosinenübung

Durch einfache Übungen kannst du lernen, im Alltag bewusster zu genießen. Die Rosinenübung ist ein echter Klassiker in der Achtsamkeitspraxis. Hier findest du eine Schritt-für-Schritt-Anleitung

Achtsamkeit ist heute ein gängiger Begriff, dabei interpretieren wir alle das Wort ein bisschen anders. Laut Definition des Achtsamkeits-Experten Jon Kabat-Zinn bedeutet achtsam sein:

  • sich bewusst

  • auf das Hier und Jetzt zu fokussieren

  • ohne zu bewerten, was man wahrnimmt (sieht, riecht, hört, spürt, denkt)

Mittlerweile gibt es zahlreiche Studien, die von der nachhaltigen positiven Veränderung durch regelmäßige Achtsamkeitsübungen berichten. Denn diese wohltuende Fähigkeit liegt in uns allen verborgen. Achtsamkeit ist ähnlich wie unsere Konzentrationsfähigkeit: Je öfter wir sie anwenden, desto besser werden wir darin. Blogs, Podcasts und Bücher sind voller einfacher Achtsamkeitsübungen, die du ohne viel Aufwand selbstständig durchführen kannst.

Viele Achtsamkeitsübungen beziehen unsere Sinne mit ein. Denn unsere Sinne haben wir immer bei uns. Im Alltag funktionieren sie meist nebenbei, wir setzten sie nur selten bewusst ein. Dir fällt deine Fähigkeit zu riechen erst dann wieder auf, wenn dir ein besonders angenehmer Duft in die Nase steigt. Der sensible Tastsinn deiner Hautoberfläche erinnert dich daran, im Winter eine Jacke anzuziehen. Du kannst deine Sinne immer wieder ganz bewusst aktivieren, um mehr Achtsamkeit in dein Leben zu bringen. Je öfter es dir gelingt, im “ganz normalen” Alltag achtsamer und bewusster zu werden, desto besser kannst du mit deinen Gefühlen und deinen Gedanken umgehen. Eine der Übungen für mehr Achtsamkeit im Alltag ist die so genannte Rosinenübung. Sie schult dich im achtsamen Genießen und gehört zu den Klassikern der Achtsamkeitsübungen. Studien haben gezeigt, dass du achtsames Essen sogar Diabetes positiv beeinflusst werden kann, wir bewusster und gesünder essen und letzten Endes ein besseres Verhältnis zum Essen entwickeln als durch strenge Diätpläne.

Achtsam genießen lernen durch bewusstes Essen

Nimm dir eine Rosine, stell dein Handy auf Flugmodus und einen Timer auf 10 Minuten. Sorge dafür, dass du in dieser Zeit ungestört bist.

  1. Mache es dir möglichst bequem.

  2. Schließe deine Augen und nimm drei tiefe Atemzüge. Atme durch die Nase ein, bis hinab in deinen Bauchraum. Und durch den Mund wieder aus. Achte darauf, wie sich deine Bauchdecke hebt und senkt. Nach dem dritten Ausatmen beobachte deinen Atem noch für drei weitere Atemzüge, jedoch ohne bewusst zu atmen. Lass den Atem einfach kommen und gehen, beobachte, wie dein Atem sich selbst atmet.

  3. Fokussiere dich auf die Achtsamkeitsübung, die du nun beginnen wirst. Sage dir: Ich schenke mir jetzt Zeit für Achtsamkeit und Genuss. Ich muss nichts erreichen, alles darf sein, so wie es ist.

  4. Betrachte nun die Rosine. Wie sieht sie aus? Beschreibe sie ganz genau. Verändere deine Blickwinkel und achte darauf, ob sie aus unterschiedlichen Perspektiven anders aussieht? Wo fällt das Licht am hellsten auf die Rosine, wo entdeckst du Schatten? Was denkst du: Wie fühlt sie sich an? Ihre Oberfläche? Ihre Konsistenz?

  5. Nimm nun die Rosine zur Hand. Dreh sie hin und her, betrachte sie von allen Seiten. Wie fühlt sich ihre Oberfläche an? Ist sie glatt, rauh, weich, hart? Schließe gerne deine Augen, um dich mehr auf deinen Tastsinn zu konzentrieren.

  6. Höre ganz genau hin: Nimmst du Geräusche wahr?

  7. Führe die Rosine zu deiner Nase: Wie riecht die Rosine?

  8. Schmecke nun, welchen Geschmack du im Mund hast und wie sich dein Mundraum anfühlt. Sobald du dich auf deinen Mundraum konzentriert hast, öffne deine Lippen und lege die Rosine auf deine Zunge. Schließe den Mund und fühle, wie sich die Rosine auf deiner Zunge, in deinem Mund anfühlt. Spüre, wie der Speichel nach wenigen Augenblicken zu fließen beginnt.

  9. Nun beginne sanft und ganz bewusst, in die Rosine zu beißen. Achte darauf, wie deine oberen und unteren Zähne aufeinander beißen und so die Rosine mit jedem Bissen sanft kleiner und kleiner werden lassen. Wie fühlt es sich an, die Rosine zu kauen? Kannst du unterschiedliche Geschmacksrichtungen erkennen, wenn du die Rosine länger kaust?

  10. Bereite dich darauf vor, die Rosine runter zu schlucken. Denke daran, dass die Rosine aus deinem Mundraum weiter in deine Speiseröhre und dann in deinen Magen wandern wird. Wenn du dich darauf konzentriert hast, dann schlucke die Rosine sanft hinunter. Wie fühlt sich das an? Spürst du die Rosine beim Herunterschlucken? Welchen Geschmack hinterlässt sie in deinem Mund?

  11. Wie fühlst du dich jetzt, nachdem du dir ganz bewusst Zeit genommen hast, um diese kleine, so alltägliche Rosine achtsam zu essen?

Bei dieser Übung gilt wie bei allen Achtsamkeitsübungen:

  • Du kannst sie nicht richtig oder falsch machen. Die einzige Art, sie falsch auszuführen, ist sie gar nicht zu machen ;)

  • Gehe voll Neugierde und ohne große Erwartungen an die Übung. Wenn dir die Rosine nicht schmeckt, kannst du gerne etwas anderes ausprobieren.

  • Ich selbst mag lieber Pralinen, die ich dann aber halbiere, bevor ich sie in den Mund nehme.

  • Wenn dir Gedanken oder Gefühle dazwischen kommen, die nichts mit der Übung zu tun haben, dann ist das vollkommen in Ordnung. Unser Monkeymind verleitet uns ständig dazu, raus aus der Achtsamkeit und rein ins Chaos von Gefühlen und Gedanken zu gelangen.

  • Daher freue dich: Je öfter du Achtsamkeit mit Übungen wie dieser übst, desto besser wird es dir gelingen, dich auf den jeweiligen Moment und in diesem Fall auf die Rosine zu fokussieren.

Durch diese Übung gelingt es dir, achtsamer zu essen und zu genießen. Selbstverständlich kannst du nicht ständig so bewusst und langsam essen. Doch du kannst auch im Alltag immer wieder innehalten und ganz kurz bewusster auf das jeweilige Essen konzentrieren. Frage dich: Wie sieht mein Essen heute aus? Wie schmeckt es? Was passiert, wenn ich es ganz genau kaue und darauf achte, wie ich es schlucke?


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21, 22, ... wie zwei Sekunden dein Leben verändern

Auch wenn es uns nicht immer bewusst ist: Wir haben es in der Hand, unser Verhalten zu steuern. Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Freiraum, den wir nutzen können.

Zu wenig Sport, zu viel Chaos, zu wenig Konsequenz, zu viele Süßigkeiten… wann immer ich mich über Verhaltensweisen ärgere, die mich im Leben nicht weiter bringen oder mich gar von meinen Zielen fernhalten, erinnere mich an die Mechanismen hinter unserem Verhalten: Alles, was wir fühlen, tun (oder sein lassen), ist das Ergebnis von Netzwerken in unserem Gehirn, die in unseren vergangenen Lebensjahren ausgeprägt wurden. Ob wir immer eine ganze Tafel Schokolade essen, anstatt bei einem Stück genussvoll zufrieden zu sein, hat mir unserer Lernerfahrung zu tun. Wir sind mit diesem Verhalten nicht zur Welt gekommen. Wohl aber mit einer Prädisposition, also einem angeborenen Maß an potentieller Widerstandsfähigkeit. Manche von uns waren schon von klein auf konsequenter, für andere waren Regeln und Einschränkungen seit jeher schwierig zu akzeptieren. Je nach unseren Lernerfahrungen haben wir dann unsere ganz eigenen Verhaltensweisen ausgeprägt und für alles Fühlen, Denken und Verhalten in unserem Gehirn ein starkes Netzwerk gebaut. Meine Netzwerke sind von klein auf “wild gewachsen”, denn meine Eltern haben mir kaum Regeln vorgegeben, schon gar nicht, was das Essen betrifft. Diese Regellosigkeit habe ich als Kind genossen, heute bin ich jedoch mit den Konsequenzen konfrontiert: Ich muss mit viel Aufwand lernen, was ich in jüngeren Jahren vermutlich deutlich einfacher erlernt hätte. Aber wie gelingt es eigentlich, Verhaltensweisen zu verändern?

Verhalten ändern: Zwischen Reiz und Reaktion liegt die Freiheit

Der erste Schritt, um nervige Verhaltensweisen zu verändern, liegt in der Situationsanalyse: Von Zeit zu Zeit, etwa ein Mal pro Quartal, frage ich mich: Was läuft gerade sehr gut, womit bin ich zufrieden? Und was möchte ich an meinem Denken, Fühlen und Verhalten verändern? Seit meiner frühen Jugend ist das bei mir das Thema Essen: Früher war ich knapp dran an einer echten Essstörung, heute kippe ich leicht in eine Unachtsamkeit beim Essen - ich esse wahllos, zu wenig, zu viel, zu hastig, nebenbei, Nahrungsmittel, die ich nicht gut vertrage… Also ist dieses Thema ein tolles Beispiel um die “21, 22”-Übung zu erklären. In einer meiner Situationsanalysen bin ich also wieder auf die Essthematik gestoßen und habe mir nur fest vorgenommen, mich bewusster zu ernähren. Diätpläne, Einschränkungen oder Verbote funktionieren bei mir seit 20 Jahren nicht, also bin ich zur Überzeugung gekommen, dass sie auch jetzt nicht funktionieren werden. Ich würde mich als “Foodie” bezeichnen, ich liebe gute Restaurants und Kaffeehäuser, koche und backe leidenschaftlich gerne für andere. Biologische Lebensmittel sind mir wichtig und ich achte auf regionale Zutaten sowie Abwechslung am Speiseplan. Doch während meine Liebe die mit viel Liebe frisch gekochten Gerichte genießen, stehe ich oft in der Küche und esse “noch schnell” zwei Schokoriegel, während ich nebenbei den Abwasch erledige. Morgens bereite ich für alle das Frühstück, für mich selbst bleibt aber “keine Zeit” mehr - um spätestens 10 Uhr kommt der erste Heißhungeranfall, wahlweise auf ein Crossaint. Kein Wunder, mein Körper schreit nach schnell verfügbaren Kalorien, weil ich ja immer “am Sprung” bin. Dieses auf Dauer ungesunde Verhalten steht nun also auf meiner Liste der Dinge, die ich in Zukunft verändern möchte. Unser Verhalten ist nichts anderes als ein fest gefahrenes Muster - ich habe mir diese Art und Weise, nebenbei, hastig, im Stehen, unausgewogen… zu Essen in den vergangenen Jahren angewöhnt. Um dieses Verhalten zu verändern, habe ich nach der Situationsanalyse meines unerwünschten Verhaltens erst einmal definiert, wie ich mich stattdessen mit meinem Essen umgehen möchte: Anstatt wie bisher sehr oft nebenbei, im Stehen, erst nachdem ich schon ziemlich “hangry” bin und dann viele leere Kalorien esse, möchte ich bewusst essen. Mir dabei alles erlauben, wonach mein Körper gerade verlangt. Das Essen aber genießen. Zu oft habe ich Diäten, Essenslisten, Punktesysteme, Intermittierendes Fasten und viele mehr dieser Quälereien probiert. Meist motiviert durch die tollen Erfolge meiner Freundinnen oder “influenced” von Leuten, denen ich auf Instagram folge. Nach rund 20 Jahren mit mal mehr, mal weniger gesundem Essverhalten habe ich beschlossen: Ich schließe Frieden mit dem Essen, und zwar nicht nur mit Veganem, nicht nur mit Basischer Kost, mit fructosefreier Ernährung oder irgendeiner anderen Einschränkung. Sonst ganz bewusst und aus voller Überzeugung: Mit allem, wonach mir gerade ist. Motiviert hat mich zu diesem Schritt Mareike, die mit ihrem Intuit-Programm über 15.000 Menschen auf ihrem Weg zu einem intuitiveren Essverhalten begleitet hat. Also gut, ich weiß, WAS ich nicht mehr will (restriktives Essverhalten im Wechselspiel mit zu-viel-zu-hastig-zu-nebenbei-Essen) und WAS ich will: Bewusstes Genießen, intuitives Essen. Ein Blick in mein Gehirn würde jedoch (stark vereinfacht gesagt) eine ziemlich starke “Autobahn” für genau jenes Essverhalten zeigen, dass ich hinter mir lassen möchte Die Gewohnheit, meinen Hunger zu überhören, die Lernerfahrung, dass Süßes oder Fast Food meinen Hunger kurzfristig stillen und ich diese “Lebensmittel” ganz nebenbei essen kann, ohne “Zeit zu verlieren”. Ja, es gab eine Zeit da war ich (vermeintlich?!) so busy, dass ich mir für bewusstes Essen schlichtweg keine Zeit nehmen “konnte”. Aber jetzt ist das anders, das weiß nur mein Gehirn noch nicht. Was ich also tun muss, damit das bewusste und achtsame Essen zu meinem normalen Essverhalten wird und damit das “alte Muster” ersetzt, ist einfach gesagt, aber gar nicht so leicht umgesetzt: Üben, üben, üben. Denn egal was wir in unserem Leben verändern wollen - aller Anfang ist eine Challenge. Neurobiologisch betrachtet bedeutet neues Verhalten - eine neue Autobahn muss her. Also gilt es, das neue Essverhalten, bewusst und achtsam, zu üben.

Gefühle sind Dünger für Nervenautobahnen

Je öfter ich also ab sofort achtsam und bewusst esse, desto eher wird eine neue Autobahn in meinem Gehirn gebaut - quasi das “Achtsames Essen”-Netzwerk. In diesem Fall handelt es sich um beabsichtigte Veränderung, ich habe mir also vorher bewusst gemacht, dass ich etwas ändern will - eine alte Autobahn weniger benützen möchte und stattdessen eine neue, meinem Ziel zuträglichere, verwenden möchte. Die meisten Veränderungen laufen aber ganz unbewusst ab - der Großteil dessen, was wir im Alltag denken, tun und dementsprechend fühlen, ist das Ergebnis von Erfahrungen. Diese Erfahrungen prägen sich besonders schnell zu starken Mustern aus, wenn wir während dieser Erfahrung starke Emotionen spüren. Es gibt zahlreiche Beispiel für diese erlernten Muster. Wenn du etwa im Radio den Song hörst, der dich an ein besonderes schönes Date erinnerst, wird die Erfahrung in dir aktiviert - die Nervenautobahn in deinem Gehirn wird innerhalb von Millisekunden aktiv und “spielt” deine Erinnerung ab, inklusive der dazu gehörigen Emotionen. Ähnlich geht es dir wohl mit einem besonders spannenden Film, der dich nicht mehr losgelassen hat, einem Moment, an dem du außerordentlich wütend warst oder mit einem besonders peinlichen Moment, den du mit einem bestimmten Ort verbindest. All diese Erfahrungen hast du nicht bewusst, also geplant und absichtlich, erlebt und abgespeichert, sie haben sich vielmehr ganz nebenbei in dein Unbewussten geschlichen und sich dort festgesetzt. Mein Essverhalten möchte ich nun aber bewusst verändern und somit eine neue Erfahrung machen. Emotionen sind quasi der Dünger für neue Lernerfahrungen, darum gilt: Je intensiver eine neue Erfahrung, desto besser wird sie abgespeichert. Wenn ich nun achtsamer Essen möchte, ist es sehr hilfreich, wenn ich mich sehr intensiv in die Benefits meines neuen Verhaltens hinein fühle. Ich nehme mir also ab sofort so oft es geht Zeit, um mein Essen ganz bewusst zu genießen. Zu Beginn plane ich für drei Wochen (das ist laut Studien die Zeit, die es MINDESTENS braucht, um neues Verhalten aufzubauen) täglich ein, mein Frühstück möglichst achtsam und bewusst zu genießen. Ganz nach dem Motto “own your day, own your life” (Aubrey Marcus) beginne ich mich so in der Früh schon darauf zu primen, achtsam zu essen.

Bevor ich mein Frühstück zubereite oder kaufe, frage ich mich folgende drei Fragen:

  1. Bin ich hungrig?

  2. Wie fühle ich mich gerade? Bin ich aufgeregt, gestresst, entspannt?

  3. Worauf habe ich Lust? Süß/ salzig?

Die erste Frage ist die wohl wichtigste - nur wenn ich wirklich hungrig bin, kann achtsames Essen gelingen. Die zweite Frage hilft mir dabei, nicht in emotionales Essen zu verfallen. Wenn ich angespannt, gestresst, unausgeglichen… bin, nehme ich erst ein paar Atemzüge, spanne meine Fäuste an, ziehe die Schultern hoch zu den Ohren und lasse meine Muskeln dann wieder ganz bewusst locker. Im entspannten Zustand isst es sich schon mal viel achtsamer und genussvoller. Die dritte Frage kommt meinem neuen Credo entgegen: ich esse genau das, worauf ich gerade Lust habe. Mal ist das ein Chiapudding, mal ein Schokocrossaint. Die Mischung macht`s.

Zwei Sekunden zum neuen Verhalten

Ich habe immer wieder versucht, mein Essverhalten zu verändern. Doch erst seit ich mich mehr mit dem Thema Achtsamkeit beschäftigt habe, gelingt es mir auch nachhaltig, mein Verhalten anzupassen und meine Ziele besser zu erreichen. Denn die oben beschriebenen “alten Autobahnen” führen uns allzu schnell wieder ins alte Verhalten: Essen vergessen, Hunger überhören, hangry werden, schnelle leere Kalorien, schlechtes Körpergefühl … Darum braucht es ein bisschen Achtsamkeit, um den neuen Weg, die neue Autobahn, das neue Verhalten zu wählen. Ein ganz einfacher Trick ist der 2-Sekunden-Freiraum, den wir brauchen, um unser Verhalten zu verändern. Ganz konkret bedeutet das: Bei allem, was wir im Alltag tun oder sein lassen, haben wir die Entscheidungsfreiheit. Wir müssen uns aber den Raum zwischen dem Reiz (der Situation, zB “ich bin hungrig”) und der Reaktion (meinem Verhalten, meinen Gefühlen und Gedanken, zB ich ignoriere mein Hungergefühl) erweitern. Denn wenn es uns gelingt, nicht sofort vom Reiz in die automatische, alte Reaktion zu kommen, dann können wir etwas verändern. Dabei der 2-Sekunden-Freiraum hilfreich. Ich übe ihn mehrmals täglich: Immer wieder nehme ich zwei Atemzüge, zähle “21, 22” und halte kurz inne. Ich frage mich: Wie möchte ich mich im nächsten Moment verhalten? Und gehe dann weiter meinem Alltag nach: Öffne die Haustüre, klappe den Laptop auf, starte eine App, schalte die Dusche ein… Durch diesen bewussten Freiraum, der nur 2 Sekunden dauert, schaffe ich mir mehr Freiraum in meinen ansonsten automatischen Reaktionen. Durch dieses Einüben gelingt es mir, mehr Bewusstsein in mein Verhalten zu bringen. Für das achtsame Essen bedeutet das: Wenn ich hungrig bin, nehme ich mir die zwei Sekunden, zähle bis 21, 22, und frage mich meine Fragen, die ich bereits täglich am Morgen einübe:

  1. Bin ich hungrig?

  2. Wie fühle ich mich gerade? Bin ich aufgeregt, gestresst, entspannt?

  3. Worauf habe ich Lust? Süß/ salzig?

Je öfter mir das gelingt, desto mehr Entscheidungsfreiheit für mein neues Verhalten erhalte ich. Meine neue Autobahn wächst und langsam wird das bewusst Essen zu meinem “normalen” Verhalten.

Zwischen Reiz und Reaktion liegt unsere Freiheit.

(Viktor Frankl).

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Achtsamkeit, Genuss, Glücklich sein, Selbstentwicklung, Selbstliebe, Übung, Ziele Magdalena Lublasser-Fazal Achtsamkeit, Genuss, Glücklich sein, Selbstentwicklung, Selbstliebe, Übung, Ziele Magdalena Lublasser-Fazal

Genuss statt Verzicht: Mit achtsamen Essen zum Wohlfühlgewicht

Genuss statt Verbot: Durch das achtsame Genießen durchbrichst du den Diäten-Teufelskreis, erreichst dein Wohlfühlgewicht und gewinnst mehr Lebensfreude.

Der Jahreswechsel ist die Zeit der guten Vorsätze: Mehr Sport, weniger Stress, endlich abnehmen. Bei den meisten Menschen nehmen diese geplanten Veränderungen den gewohnten Verlauf - erst starten sie voll motiviert ins neue Leben, bis früher oder später die Motivation verloren geht und sich alte Muster wieder einschleichen. Oftmals ist die Veränderung zu gravierend, um sie dauerhaft durchzuhalten. Wir schränken uns stark ein, dabei fallen positive Gefühle weg wie etwa das entspannende Gefühle von Faullenzen oder der köstliche Geschmack der Lieblingssüßgikeit. Wenn wir nachhaltige Veränderungen erreichen möchten, ist es also sinnvoll, genauer hinzuschauen und folgende Fragen zu beantworten:

  1. Warum habe ich mich bisher in meinem ungeliebten Muster verhalten (zB geraucht, abends stundenlang vor dem PC gesessen, zu viel genascht…)

  2. Wie kann ich die benefits, die ich aus diesen alten Verhaltensweisen hatte, nun anders erreichen?

Um die Frage nach den Vorteilen aus unserem Verhalten ist auf den ersten Blick gar nicht so einfach zu beantworten. Meist ist uns gar nicht bewusst, was wir von unseren Gewohnheiten haben. Du kannst aber ganz bewusst darauf achten, was das Resultat deiner Verhaltensweisen ist.

In diesem Beitrag findest du mehr zu diesem Thema.

Gerade beim Thema Ernährung gibt es viele Mythen und falsche Vorstellungen davon, wie DIE gesunde Ernährung aussieht. Beinahe jede Frau und immer mehr Männer haben schon ein Mal einen Diät ausprobiert, sehr viele Menschen leben von einer gescheiterten Diät zur nächsten. Zugleich sind mehr als 40 Prozent der Erwachsenen in Österreich übergewichtig. Die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte zeigt: Diäten sind zum Scheitern verurteilt. Sie bringen den Stoffwechsel durcheinander, führen zu Mangelerscheinungen und Frust. Außerdem beeinflussen die unzähligen gescheiterten Diätversuche das eigene Selbstwertgefühl - mit jedem „Rückfall“ steigt das Gefühl, sich selbst nich unter Kontrolle zu haben und schwach zu sein.

Grüße aus der Steinzeit

Dabei geht es weniger um die pure Willenskraft, als mehr um einen Kampf gegen Jahrtausende alte Mechanismen, die uns Menschen ausmachen. Vereinfacht gesagt: Wenn wir auf etwas verzichten, denkt unser Körper, wir leben im Mangel. Er ist dann permanent auf der Suche nach einer Möglichkeit, diesen Mangel auszugleichen. Kein Wunder: In der Zeit unserer Vorfahren war unser Organismus auf das pure Überleben aus. Damals gab es (vermutlich!) weder überzogene Schönheitsvorstellungen noch diese ständigen Versuchungen in Form von Zucker und Fett, mit denen wir heute konfrontiert sind.

Endlich gesund abnehmen

Der Hauptgrund für den Verzicht auf bestimmte Lebensmittel liegt im Wunsch nach dem eigenen Idealgewicht. Mittlerweile sprechen Experten lieber vom Wohlfühlgewicht, das so individuell wir jeder von uns ist. Um dieses Wohlfühlgewicht zu erreichen und auch zu halten, ist das achtsame Genießen sehr hilfreich. Denn statt Verboten und strengen Regeln geht es beim Genuss um ein Mehr an Freude, wir gewinnen also Lebensqualität dazu, anstatt etwas hergeben zu müssen. Achtsames Genießen ist nachweislich eine hilfreiche Möglichkeit, um das eigene Wunschgewicht nachhaltig zu erreichen. Davon möchten Diät-Anbieter und Produzenten von Abnahm-Produkten selbstverständlich nichts wissen, schließlich kann man Achtsamkeit nicht gut verkaufen!

Genuss ist neben Optimismus und Humor einer der wichtigsten Gesundheitsfaktoren. Die Stressforschung nennt das bewusste Genießen als einen der hilfreichen Techniken zur Stressbewältigung. In der positiven Psychologie wird achtsamer Genuss als Teil der positiven Emotionen gesehen. Auf der Suche nach einem besseren, gelungenen Leben stellt die positive Psychologie die Frage:

„Was macht das Leben lebenswert?“

und gibt zugleich vier Schritte vor, mit denen wir diese lebenswerten Faktoren stärken können:

1. VERMEHRUNG: Durch die Förderung von positiven Aktivitäten (wie das bewusste Genießen statt dem Nebenbei-Essen)

2. SCHAFFUNG: Durch das neugierige Ausprobieren etwas Neuen (zB eine neue Pralinenart)

3. MINDERUNG: Von Verhaltensweisen, die uns nicht gut tun (zB Überessen nach einem Tag des Diät-Haltens)

4. VERHINDERUNG: Von schlechtem Gefühl nach einer Hunger-Attacke durch bewusstes Essen ohne Verbote

Wenn wir also dauerhaft glücklich mit unserem Körper und unserem Essverhalten werden möchten, dann ist ein genussvoller Umgang eine wundervolle Möglichkeit dazu. Um bewusster genießen zu können hilft uns Achtsamkeit. Denn erst wenn wir uns auf den jetzigen Moment fokussieren können, gelingt es uns auch zu erkennen:

  • Bin ich gerade hungrig? Oder doch eher müde, gelangweilt, genervt, angespannt?

  • Möchte ich das, was ich gerade esse, eigentlich essen?

  • Tut es mir gut?

  • Wie fühle ich mich dabei?

  • Wie fühle ich mich danach?

Genuss beginnt im Gehirn

Unser Gehirn kann sich immer nur auf eine Sache konzentrieren. Wenn wir neben dem Essen auf das Smartphone schauen, im Vorbeigehen essen oder ständig mit unseren Gedanken ganz wo anders sind, nehmen wir uns selbst die Möglichkeit, unsere Nahrung richtig zu genießen. Außerdem verhindern wir wichtige Verdauungsprozesse, die bereits vor dem Essen beginnen. Denn wenn wir - so wie es wohl in einer Zeit vor Dauerstress und permanenter Ablenkung war - uns vor dem Essen bewusst auf unsere Nahrung einstellen, dann beginnt unser Gehirn bereits vor dem ersten Bissen, die Verdauung zu aktivieren. Diese beginnt bekanntlich bereits mit dem Speichelfluss im Mund. Durch das achtsame Wahrnehmen der Speisen sendet unser Gehirn Signale an den Stoffwechsel. Wir sind quasi ganz auf das Wesentliche fokussiert: Das richtige Genießen und Verdauen unseres Essens. Wenn wir ständige nebenbei essen, kommen zwar die Nährstoffe und Kalorien in unserem Körper an, doch wir verpassen die Gelegenheit auf Genuss, rechtzeitige Sättigung und Wohlbefinden. Oft überessen wir uns und sind nach dem Essen müde oder gar schlecht gelaunt. Kein Wunder: Unser Körper muss mit der Überforderung durch das zu Viel an Nahrung zurecht kommen und benötigt dafür sehr viel Energie.


Übung: Genussvolles Essen lernen

Versuche ein Mal, dich ganz bewusst auf das Essen einzustellen. Aktiviere alle deine Sinne: Was siehst du auf deinem Teller? Wie riecht es? Was hörst du gerade um dich herum? Wie ist die Textur der Speise? Nimm einen kleinen Bissen in den Mund und erkunde ihn mit deiner Zunge und deinem Gaumen, bist du die Verdauungssäfte in Form deines Speichels fließen spürst. Kaue erst, wenn du dich ganz bewusst auf diesen ersten Bissen eingelassen hast und beobachte, wie intensiv du das Essen wahrnehmen kannst. Du musst selbstverständlich jetzt nicht jeden Bissen immer so essen, das wäre nicht alltagstauglich. Doch wenn du über einen bestimmten Zeitraum, zumindest drei Wochen lang, den ersten Bissen so bewusst genießt, wirst du bereits nach wenigen Tagen merken wie viel achtsamer und genussvoller du isst. Ein angenehmer und wohlutender Nebeneffekt ist das natürliche Sättigungsgefühl, das viel rascher eintritt als gewohnt. Wir können bald nicht mehr die großen Portionen essen, sondern sind mit einer kleinen Portion zufrieden.

Probiere das bewusste Genießen mal in Ruhe aus. In den kommenden Tagen werde ich dir immer wieder Tipps für achtsames Genießen geben.

Ich wünsche dir viel Freude beim achtsamen Genießen!

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