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Wie das Leben gelingt

Jeder von uns stellt sich früher oder später die Frage: Bin ich glücklich? Lebe ich mein Leben so, wie ich es mir wünsche? Passt der Job, für den ich den Großteil meiner (Lebens-)Zeit investiere, zu meinen Vorstellungen? Bin ich einer Partnerschaft, die meinen Vorstellungen entspricht? Fragen wie diese sind alles andere als leicht zu beantworten und da die einzige Konstante im Leben die Veränderung ist, unterliegen die Antworten auf diese fundamentalen Fragen auch dem Wandel der Lebenszeit. Psychologen, Pädagogen und Sozialforscher beschäftigen sich schon seit vielen Jahren mit der Frage, was das passende Leben ausmacht. Gibt es eine Faustregel? Einen pauschalen Vorschlag, das Leben zu leben? Nein, definitiv nicht. Kann es überhautp gelingen, glücklich zu sein? Ja, das ganz bestimmt. Wichtig bei der Frage, was uns glücklich macht, ist das Wissen: Jeder und jede von uns ist einzigartig. Was für den einen das Leben perfekt macht, ist für den anderen die reinste Horrorvorstellung. Während sich manche Paare nichts sehnlicher wünschen als ein Häuschen im Grünen, ist es für andere unvorstellbar, die Großstadt zu verlassen. Müssen sich die einen tagtäglich sehen, um sich als glückliches Paar zu erleben, ist für die anderen die Fernbeziehung der Schlüssel zum gemeinsamen Glück. Ganz deutlich werden die individuellen Unterschiede auch in der Kindererziehung: Für manche Mütter und ihre Kinder ist es ganz wichtig, viel Zeit miteinander zu verbringen. Die Mutter geht voll in ihrer Rolle auf und freut sich, ihre idyllischen Fotos auf Instagram mit #stayathomemom zu bezeichnen. Für eine andere Frau mag es unvorstellbar sein, länger als einige Wochen bei ihrem Säugling zuhause zu bleiben. Sie denkt schon während des Mutterschutzes voll Sehnsucht an die Zeit ihrer geliebten Autonomie, und wenn es nur für wenige Stunden ist.

Unsere Grundbedürfnisse

Bei aller Individualität sind wir doch alle Menschen. Und als solche haben wir bestimmte Grundbedürfnisse, die uns angeboren sind und die durch unser Aufwachsen geprägt werden. Ein gelingendes Leben ist jenes, in dem wir unsere individuellen Grundbedürfnisse im Alltag befriedigen können. Zu unseren Grundbedürfnissen gehören:

1. Sicherheit und Orientierung: Von klein auf sind wir mit der Ungewissheit der Zukunft konfrontiert. Letzten Endes wissen wir nur eines ganz sicher: Unsere Zeit auf dieser Welt ist begrenzt. Dieses einzige wirklich sichere Wissen macht uns wiederum Angst. Kein Wunder also, dass wir uns nach Orientierung, Struktur und Sicherheit sehnen.

2. Bindung und Zugehörigkeit: Wir Menschen sind seit jeher soziale Wesen. Unsere Vorfahren waren stets in Familienverbänden und Gruppen unterwegs, weil dies das Leben erleichterte und das Überleben sicherte. Ein Menschenkind könnte ohne die Betreuung und Zuneigung seiner Mitmenschen nicht überleben. Bis ins hohe Alter tun wir uns schwer, wenn wir ganz alleine durch Leben gehen müssen.

3. Autonomie: Trotz dem Wunsch, mit anderen Menschen verbunden zu sein, eine Beziehung zu führen, zu einer Familie zu gehören oder Teil einer Gruppe von Menschen mit ähnlichen Interessen zu sein, spüren wir in uns auch das Bedürfnis nach Autonomie. In unserer Entwicklung als Kleinkinder erfahren wir diesen Wunsch nach Autonomie erstmals, wenn wir zu Krabbeln beginnen. In dieser Phase spüren wir zugleich Angst, von unseren Bezugspersonen getrennt zu sein. Der innere Konflikt zwischen Bindung und Autonomie führt zu einem Phänomen, das alle Eltern kennen: Das Kleinkind fremdelt. Je mehr wir uns entwickeln, desto mehr entwickeln wir auch unsere Autonomie und Unabhängigkeit. Der erste Tag im Kindergarten, der Schuleintritt, die erste eigene Wohnung... all diese wichtigen Entwicklungsschritte werden vom Streben nach Autonomie unterstützt. Sie sind aber auch immer wieder mit Ängsten verbunden, eben weil der Wunsch nach Bindung ebenso in uns angelegt ist.

4. Selbstwerterhöhung & Selbstwertschutz: Wir Menschen sind keine Inseln. Wir entwickeln das Bild, das wir von selbst haben, also unseren Selbstwert, in engem Austausch mit den Menschen rund um uns. Wenn wir als Kleinkind oft gelobt werden, bilden wir mit hoher Wahrscheinlichkeit ein positives Selbstbild und einen gesunden Selbstwert aus. Lob tut uns allen gut – die Dosis macht`s. Werden wir in unserem Selbstwert angegriffen oder gekränkt, fühlen wir uns verletzt. Je nach Persönlichkeit reagieren wir mit Wut, Trauer oder Rückzug.

5. Das Streben nach Lust = Lebensfreude und das Vermeiden von Unangenehmen: Sigmund Freud wusste es schon vor mehr als 100 Jahren – der Mensch lebt (auch) nach dem Lustprinzip. Unsere Vorfahren waren Tiere und auch wir gelten bis heute als Säugetiere. Auch wenn wir uns in vielen Bereichen sehr weit entwickelt haben, handeln wir in zahlreichen Lebenslagen noch genau so wie unsere Vorfahren. Säugetiere sind Energiesparer, das bedeutet, sie tun, was getan werden muss, vermeiden darüber hinaus aber die Anstrengung so gut es geht. Außer, sie macht Spaß, wie zum Beispiel das gemeinsame Spielen mit Artgenossen. So ähnlich geht es uns, wenn wir das Grundbedürfnis nach Lustgewinn oder Unlustvermeidung spüren: Was wir gerne tun und was uns Spaß macht oder gut schmeckt, fällt uns sehr leicht und bereitet uns Freude. Was anstrengend ist, vermeiden wir – so wie das mühselige Aufräumen zuhause oder das lästige Telefonat. Wir brauchen große Anstrengung und Motivation, um uns dazu zu überwinden.

So findest du deinen Weg

Das Geheimnis des gelingenden Lebens liegt darin, die jeweilige Ausprägung der eigenen Grundbedürfnisse zu kennen und die eigenen Stärken zu entdecken. Wenn wir in unserem Alltag einerseits die für uns wichtigen Grundbedürfnisse abdecken und zugleich unsere Stärken leben können, fühlen wir uns ausgeglichen und zufrieden. Das klingt nach einer einfachen Anleitung. Doch ohne das individuelle Erkennen, wie stark das jeweilige Bedürfnis ausgeprägt ist, fällt es uns schwer zu erkennen, welche Bereiche bereits toll funktionieren und welche vielleicht noch Raum für Veränderung mit sich bringen. Der Schweizer Arzt Remo Largo hat dazu eine Technik entwickelt, um das eigene Leben zu analysieren. So gelingt es uns zu erkennen: Was passt? Was können wir noch verändern? Dazu kannst du dir auf ein Blatt Papier einen Kreis aufmalen, diesen in 5 “Tortenstücke” teilen und die 5 Grundbedürfnisse notieren.

Überlege dir dann, wie wichtig dir die jeweiligen Bereiche sind: Wie wichtig ist es dir, frei und autonom in deinem Leben zu sein? Wie schlimm ist es für dich, ohne Struktur zurecht kommen zu müssen? Gehe dabei die Liste der 5 Grundbedürfnisse weiter oben noch einmal durch und nimm dir Zeit, deine jeweiligen Ausprägungen herauszufinden. Notiere pro “Tortenstück” einen Zahl in der Höhe von 1 - 10.

Nun denke an deinen Alltag, dein Leben in einer durchschnittlichen Woche mit deinem Beruf, deiner Familienkonstellation, deinen Fähigkeiten, deinen Hobbies, deinem Tagesablauf. Wirf wieder einen Blick auf deine Tortenstücke, in dem nun jeweils eine Zahl steht. Dann vergleiche, wie sehr die Ausprägung deines Grundbedürfnisses mit deinem Alltag zusammenpasst.

ein Beispiel:

In meiner Übersicht ist die Ausprägung des Bedürfnisses nach Sicherheit eine 7 von 10, mein Bedürfnis nach Autonomie eine 8. In meinem Alltag als selbstständige Therapeutin und Bloggerin wird mein Bedürfnis nach Sicherheit mit 5 Punkten erfüllt - ich habe einen relativ sicheren Job, weil ich aufgrund meiner Erfahrung und Referenzen immer Anfragen für meine Privatpraxis habe. Dennoch wäre es für mich sicherer, in einer Angestelltenverhältnis zu arbeiten. Das habe ich auch einmal für eine Zeit lang gemacht und die Sicherheit des fixen Einkommens sehr genossen. Warum ich mich dennoch für die Selbstständigkeit entschieden habe? Für die Erklärung dieser persönlichen Veränderung hilft ein Blick auf mein stark ausgeprägtes Bedürfnis nach Autonomie: Die Freiheit, mir meine Arbeitszeiten nach meinen Vorstellungen einzuteilen und sie an den Rhythmus meiner Familie anzupassen, bedeutet mir unglaublich viel. Auch wenn ich immer wieder von Existenzängsten heimgesucht werde, weil ich nie weiß, welcher Betrag am Monatsende auf meinem Konto aufscheinen wird, ist mir meine freie Zeiteinteilung viel mehr wert - im Endeffekt macht mich diese Art zu Leben am glücklichsten. Um meinem Bedürfnis nach Sicherheit dennoch nachzukommen, habe ich begonnen, mich um meine Finanzen zu kümmern und habe mir ein Minimum gesetzt, das ich auf meinem Sparkonto haben muss, um relaxt durchs Leben zu gehen.

Erfüllt dein tägliches Leben deine Grundbedürfnisse? Nimm dir immer wieder Zeit, um dir diese Frage zu stellen. Je nach aktuellen Lebensumständen, Alter, Entwicklung und Erfahrung verändert sich die Ausprägung unserer Grundbedürfnisse und es kann sinnvoll sein, regelmäßig darüber nachzudenken, wie wir ihnen in unserem Alltag am besten nachkommen können.

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