Wie deine Gedanken deine Gefühle beeinflussen - und umgekehrt

Erkenne, wie du dich wann wieso verhälst. Und wie du das ändern kannst, was dir nicht gut tut.

Während meines Studiums und meiner Ausbildung als Verhaltenstherapeutin durfte ich viele Theorien und Modelle kennenlernen, die das menschliche Verhalten beschreiben und versuchen, eine Antwort auf die Fragen zu geben: Warum bin ich, wie ich bin? Und wie kann ich das, was mich stört oder mir nicht gut tut, verändern? Dabei gibt es viele Erklärungsversuche und wie so oft gibt es nicht DIE eine Wahrheit. Es wäre wohl überheblich zu behaupten, alles über jeden Menschen zu wissen und anhand eines Modells vorhersagen zu können, wie sich wer weshalb verhält. Eines der am besten evaluierten Modelle, um das eigene Verhalten besser zu verstehen, ist die Verhaltensanalyse. Klingt unspannend, ist sie aber nicht. Ich habe mehrere Jahre an Erfahrung gebraucht, bis ich erkannt habe, wie wertvoll und aufschlussreich die Verhaltensanalyse sein kann. Ganz gleich, wie viele Techniken und Methoden ich kennenlerne, ich komme immer wieder auf dieses einfache und zugleich geniale Modell zurück, mit dem wir das menschliche Erleben und Verhalten sehr simpel darstellen und verstehen können.

Was macht die Verhaltensanalyse?

Vereinfacht gesagt analysierst du dabei eine oder mehrere Situationen aus deinem Leben und siehst dir dabei genau an, welche Gefühle, Gedanken und welches Verhalten diese Situation in dir auslöst. Einen großen Stellenwert haben dabei auch innere Werte und Einstellungen sowie Glaubenssätze. Diese wurden uns, meist ganz unbewusst und ohne böse Absicht, vor allem von unseren Bezugspersonen vorgelebt oder eingebläut. Einen Teil bekommen wir auch noch transgenerational bereist mit unseren Genen mit zum Start in dieses Leben und einen weiteren Anteil machen soziale Einflüsse aus - von den Gleichaltrigen bis über gesellschaftliche Erwartungen und Normen bis hin zum Social Media. All diese Eindrücke und Erfahrungen prägen sich in unser Gehirn ein und führen dazu, dass wir im Erwachsenenalter auf bestimmte Dinge reagieren, sei es in Form von Gedanken, Gefühlen oder Verhaltensweisen. 

Die Verhaltensanalyse ist eine wunderbare Möglichkeit, um dich selbst besser kennen zu lernen und Experte für dich zu werden. Außerdem erlaubt sie dir jene Stellschrauben zu finden, an denen du drehen kannst, um dein Leben gelassener, selbstbewusster, glücklicher oder wie auch immer du es dir vorstellst zu gestalten. 

Es gibt zwei Arten von Verhaltensanalyse: Die vertikale und die horizontale. Du kannst sie nacheinander durchführen, ausprobieren, welche dir mehr Erkenntnis und Freude bereitet oder auch beide miteinander kombinieren.

ÜBUNG: Die horizontale Verhaltensanalyse

Bei der Verhaltensanalyse “von links nach rechts” betrachtest du eine Situation, dein Verhalten darauf, die Reaktion und die Konsequenz. So erhältst du das so genannte S O R K-Modell. In der Verhaltenstherapie wird noch das Modell als SORKC bezeichnet, wobei K als “Kontingenz” und C als “Konsequenz” beschrieben wird. In der Praxis hat sich für ich aber das simplere SORK-Modell bewährt. Ich zeige dir das SORK-Modell anhand eines banalen Alltagsbeispiels. Du kannst dir das SORK-Modell ausdrucken und immer wieder für dich selbst analysieren.

Denke an eine Situation, die dich belastet.

Situation

Beschreibe,  was gerade passiert. Dies kann im Außen (ein Gespräch, ein Anruf, ein Social Media Post, der etwas in dir auslöst) oder auch in deinem Inneren (ein Gedanke, ein Gefühl) geschehen sein. 
Ich schlüpfe in eine Jeans und spüre, wie eng sie heute sitzt. Mein Mann beobachtet mich und lächelt sanft.

Organismus: 

Beschreibe, wie es in dir aussieht und wie die Situation auf dich wirkt. Wieso reagiert dein Körper so? Spielt deine Vergangenheit und deine Lerngeschichte eine Rolle dabei?

Lange Jahre hatte ich ein gestörtes Verhältnis zu meinem Körper und habe mir von den Medien einreden lassen, dass Modelmaße die einzig wahre Normalität seien und Diäten der beste Weg dahin wären. 

Reaktion: 

Wie reagierst du auf diese Situation? Welche Gefühle, Verhaltensweisen und Gedanken kannst du entdecken?

Gefühle: Ich fühle mich frustriert, genervt von mir selbst und auch von meinem Mann, weil er mir die Freude über das neue Kleidungsstück vermiest hat. 

Gedanken: Ich muss abnehmen! Ich bin zu fett!

Verhalten: Ich schlüpfe sofort wieder aus der Hose und lege sie zur Seite. Ich ziehe mich zurück.

Körperliche Reaktion: Mir wird schlecht, mir steigen Tränen in die Augen, ich möchte am liebsten weglaufen (eine typische Flight-Reaktion…!)

Konsequenz:

Was resultiert, wenn ich mich so verhalte? Dieser Punkt ist besonders spannend, weil er uns sogleich zeigt, wieso wir in den ewig gleichen Mustern gefangen sind. Manchmal entdecken wir hier auch den so genannten “secundary gain” - also versteckte Vorteile von ungeliebtem Verhalten.

Ich fühle Unruhe in mir. Um das zu verändern mache ich mich sofort daran, einen Diätplan zu schreiben. Die Anspannung sinkt ab. Ich habe das zwar schon x Mal versucht und bin immer wieder in die gleiche Spirale gekommen. Das ist mir in diesem Moment aber nicht bewusst, ich spüre nur das gute Gefühl, dass die Anspannung absinkt und bin voller Motivation, es diesmal wirklich zu schaffen. In weiterer Folge wird dieses Vorhaben wie immer scheitern, das Bild meiner negativen Selbstwirksamkeit wird weiter verstärkt, ich bin frustriert….

Was bringt mir das SORK-Modell?

Durch die detailreiche Analyse und die Aufschlüsselung in die unterschiedlichen Bestandteile erkennst du, wie du dich in bestimmten Situationen verhältst, wie Gefühle, Gedanken und dein Verhalten zusammen hängen und welche Konsequenzen dazu führen, dass du dieses alte Muster immer noch aufrecht erhältst. Dann kannst du versuchen, einzelne Bestandteile zu verändern.

In meinem Beispiel hat es mir zB extrem gut geholfen, meine Gedanken zu erkennen und mich davon zu distanzieren. Außerdem war es hilfreich, andere Techniken zum Spannungsabbau zu entwickeln - etwa EFT oder die tiefe Bauchatmung. Durch die Veränderung auf verschiedenen Ebenen gelingt es, das Verhalten zu verändern.

Versuch einmal, dein persönliches SORK-Modell für eine Situation zu entwerfen.

DEIN SORK-Modell: Hier findest du die Horizontale Verhaltensanalyse zum Ausdrucken (klick).

Wenn du möchtest, kannst du auch die Vertikale Verhaltensanalyse ausprobieren. Sie zeigt dir, welche Grundbedürfnisse in der jeweiligen Situation nicht befriedigt werden und wie dich diese beeinflussen.

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Menschliche Grundbedürfnisse und die vertikale Verhaltensanalyse

Autonomie, Bindung, Selbstwert… unsere Grundbedürfnisse bestimmen unser Verhalten mit. Erkenne, warum du dich in bestimmten Situationen wie verhältst.

Jeder Mensch hat bestimmte Grundbedürfnisse, die bei jedem von uns unterschiedlich ausgeprägt sind. Diese zweite Ebene der Verhaltensanalyse zeigt dir, welche Grundbedürfnisse durch dein Verhalten befriedigt werden. Es ist sehr spannend zu erkennen, wieso wir uns in bestimmten Situationen immer wieder so verhalten, wie wir es eigentlich gar nicht möchten oder wie es uns gut tun würde. 

Die horizontale Verhaltensanalyse stellt den Zusammenhang von Grundbedürfnissen, Annahmen und persönlichen Zielen und Werten übersichtlich dar. Die Einteilung in vier Grundbedürfnisse geht auf den Schweizer Psychologen Klaus Grawe. Ich selbst habe das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung noch hinzugefügt, weil es meiner Erfahrung nach ein häufiger Motivator für Verhalten ist.

Was macht ein gelungenes Leben aus? Mit dieser Frage beschäftigen Philosophen und Psychologen seit langer Zeit. Eine Erklärung bietet uns der Blick auf die menschlichen Grundbedürfnisse, die dem Schweizer Psychologen Klaus Grawe zufolge allen Menschen gleich sind, wenn auch in jeweils  unterschiedlich starker Ausprägung. 



Bindung & Zugehörigkeit: Wir Menschen sind soziale Wesen und von klein auf darauf programmiert, uns an andere Menschen zu binden. Ein Menschenkind benötigt zumindest eine enge Bezugsperson, um sich gut entwickelt zu können. Fehlt dieses Gegenüber, verkümmert das Kind. Unser Leben lang brauchen wir Menschen, mit denen wir das Leben teilen können. Wie groß die soziale Gruppe um uns herum sein soll, ist ganz individuell und auch von unserer jeweiligen Lebensphase abhängig. Die Bindung ist übrigens nicht nur auf Menschen beschränkt, sondern kann sich auch auf Haustiere erweitern - Tierbesitzer wissen, wovon ich spreche. 



Autonomie: In der kindlichen Entwicklung ist die Bindung sehr gut zu beobachten - Säuglinge schreien aus Leibeskräften, wenn sie hungrig, durstig, einsam oder einfach unzufrieden sind. Je größer die kleinen Menschen werden, desto mehr kommt ein weiteres Grundbedürfnis zum Vorschein: Der Wunsch nach Freiheit und Autonomie. “Ich kann das schon alleine!”, hören Eltern von 2-jährigen ihre kleinen Entdecker energisch rufen. Ein Leben lang wollen wir Menschen selbstbestimmt und frei leben. Wie genau diese Freiheit aussieht, ist für jeden und jede von uns anders definiert. Manchen Menschen reicht es schon, sich morgens zwischen Tee und Kaffee zu entscheiden, andere fühlen sich eingesperrt und ihrer Freiheit beraubt, wenn sie jeden Tag zur gleichen Uhrzeit im Büro erscheinen sollten. 



Orientierung & Kontrolle: Das Bedürfnis nach Sicherheit ist uns Menschen extrem wichtig. Schließlich waren wir im Laufe der Evolution immer wieder entweder auf der Flucht vor Fressfeinden oder in einen Kampf mit Feinden verwickelt - und das unter lebensbedrohlichen Umständen. Unser Jahrmillionen altes Gehirn ist grundsätzlich ständig auf der Hut und sehr ängstlich. Umso wichtiger ist es uns, alles unter Kontrolle zu haben und uns somit sicher zu fühlen. Im Idealfall gelingt es unseren Eltern, uns von klein auf das Gefühl von Sicherheit, Orientierung und Handhabbarkeit des Lebens mitzugeben - weniger durch große Worte, sondern vielmehr durch die eigene Ruhe und Zuversicht, die sie ausstrahlen. Diese Bedürfnis erklärt, warum uns Pläne, Regeln und Rituale so gut tun. Manche Menschen brauchen mehr, andere weniger Sicherheit und Kontrolle. Wichtig ist, das passende Maß für die eigenen Bedürfnisse zu finden. 



Lustgewinn/ Unlustvermeidung: Der alte Freud wusste es schon und wir spüren es auch - manche DInge bereiten uns einfach Freude und gelingen leichter, andere rauben uns den letzten Nerv und werden deshalb gerne nach hinten verschoben. In unserer leistungsorientierten Gesellschaft hat dieses Grundbedürfnis einen geringeren Stellenwert als andere, dennoch ist es da. Sehr stark sogar. Alles, was uns gut tut, ist Balsam für unsere Seele. Umgekehrt ist ein Zuviel an nervtötenden Aufgaben schlecht für uns - bis hin zu ernsthafter Belastung für unsere Gesundheit. 


Hier findest du eine Vorlage zur Horizontalen Verhaltensanalyse zum Ausdrucken und Ausprobieren.

Neben den Grundbedürfnissen haben auch Werte und Normen eine große Rolle, wenn es um darum geht, was wir wie tun. Am besten du beginnst bei einer Situation und analysierst diese von unten nach oben.

Übringens:

Der Kinderarzt und Entwicklungsexperte Remo Largo hat sein Leben der Entwicklungsforschung gewidmet. Mit 89 Jahren hat er ein beeindruckendes Buch veröffentlicht, voller Antworten auf die Frage: “Was macht das passende Leben aus?”. Die Kurzversion: Wir sind so individuell wie unser FIngerabdruck und so sind es auch unsere Grundbedürfnisse in ihrer jeweiligen Ausprägung. Wenn wir erkennen, was uns gut tut und was nicht, was wir wirklich brauchen und was nicht und dies in unserem Alltag dann auch so leben können, dann ist das Leben für uns stimmig und passend.



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Draußen genießen: Die Natur als Krafttankstelle

Wenn wir bewusster leben wollen, gibt es im Alltag zahlreiche Möglichkeiten, um Achtsamkeit zu üben. Die Natur lädt uns ein, alle Sinne zu wecken.

Wenn du besser mit “schlechten” Gefühlen und negativen Gedanken zurecht kommen möchtest, dann bietet dir Achtsamkeit viele Möglichkeiten, um mehr mehr Freiheit und Kontrolle zu erlangen. Denn durch diese Fähigkeit, die in uns allen verborgen liegt, können wir aus alten Mustern aussteigen. Du kennst das bestimmt: Da hast du dir schon x-Mal vorgenommen, nicht mehr so leicht die Fassung zu verlieren, du startest voller guter Vorsätze in deinen Tag und doch gibt es wieder die eine oder andere Situation, die dich wahnsinnig macht. Vielleicht ist es der raue Ton deines Partners, die fordernden Bitten deiner Kinder oder die nervige E-Mail… von einem Augenblick auf den anderen kommst du komplett an deine Grenzen. Du reagierst alles andere als ruhig, du sagst oder tust Dinge, die du später vielleicht bereust. Du bist nicht du selbst. Um deinen Umgang mit schwierigen Situationen, mit nervenaufreibenden Diskussionen und stressigen Tagen zu verändern, braucht es mehr als gute Vorsätze. Kein Wunder: Du hast wohl über Jahre, ja wohl Jahrzehnte so reagiert. Mit großer Wahrscheinlichkeit hast du als Kind deine engen Bezugspersonen, allen voran deine Eltern, dabei beobachtet, wie man mit schwierigen Situationen umgeht und darauf reagiert. Diese Reaktionsmuster hast du dann als deine eigenen abgespeichert - Kinder beobachten Erwachsene und denken sich “Ah, so verhält man sich also, wenn man groß ist.” Erst viel später merken wir, dass diese automatischen Muster in vielen Fällen nicht hilfreich, sondern sogar hinderlich sind. Durch unsere wütende, laute, resignierende oder hysterische Reaktion bringen wir unsere Lieben ganz schön an ihre Grenzen. Außerdem tut es uns selbst nicht gut, wenn wir mit solchen beinahe schon reflexartigen Gefühlsausbrüchen reagieren. Genau so sind diese Verhaltensweisen in uns abgespeichert - als völlig automatische Muster, ähnlich schnell wie ein natürlicher Reflex. Doch wir wissen: Diese Muster können wir verändern. Dazu braucht es Achtsamkeit, denn die Veränderung gelingt nicht nebenbei.

Du möchtest besser mit Gefühlen, Gedanken und ungeliebtem Verhalten umgehen lernen? In meinen Mindful Living Kursen zeige ich dir, wie du dein Leben in nur 5 Wochen zum Besseren veränderst und mehr Freiheit und Kontrolle erlangst.

Hier findest du einen Beitrag zum Thema Veränderung (klick)


Achtsamkeit ist der Schlüssel zu einem besseren Leben. Um achtsamer, also bewusster, zu werden, gibt es täglich viele Möglichkeiten. Wenn du achtsamer wirst, dann gelingt es dir nach und nach:

  • bewusster zu werden

Das ist der wichtigste Schritt, um alte, ungeliebte Muster zu erkennen und ab sofort anders damit umzugehen, was du erlebst. Du verstehst, was gerade um dich herum passiert, welche Situation in dir welche Gefühle auslöst und kannst dann entscheiden, ruhiger, überlegter, selbstbestimmter, aktiv statt passiv, darauf zu reagieren. Ein sehr befreiendes Gefühl!

  • in den jeweiligen Moment, also ins Hier und Jetzt zu kommen

Genau da musst du mit deinen Gefühlen und Gedanken auch hin, um dein Leben zu verändern. Denn in diesem jeweiligen Moment findet dein Leben ja statt. Jetzt möchte dein Partner mit dir in Ruhe reden, obwohl die Kinder nörgeln. Jetzt braucht der Chef mal wieder etwas ganz dringend, obwohl die Mittagspause bereits begonnen hat. Jetzt macht dich die innere Stimme runter, obwohl du gerade richtig stolz auf dich sein möchtest. So unterschiedlich diese Beispiele auch sind, Achtsamkeit hilft dir in allen Situationen deinen Lebens besser, gelassener und ruhiger zu reagieren.

  • Gefühle und Gedanken zu erkennen, ohne sie zu bewerten

Durch diese achtsame Haltung gelingt es dir, dich und deine Gefühle von dem, was gerade passiert, zu entkoppeln. Bisher lebst du in vielen Situationen in einem Wirr-Warr aus Triggern (Reizen, die in dir eine bestimmte, erlernte Reaktion auslösen), alten ungeliebten Reaktionsmustern und dem Teufelskreis aus überwältigenden Gefühlen, schlechtem Gewissen und Angst vor dem nächsten Kontrollverlust. Durch Achtsamkeit kannst du erkennen, dass du nicht in einer bestimmtem Art reagieren musst, du akzeptierst, dass schwierige Momente zu deinem Leben dazu gehören, du machst dir bewusst, dass auch “negative” (also unangenehme) Gefühle wie Wut, Angst, Trauer und Leid zu unserem Mensch-Sein dazu gehört, es aber einen großen Unterschied macht, wie du auf diese Gefühle reagierst.

Du siehst: Achtsamkeit ist der Schlüssel zu Freiheit und Kontrolle und somit zu einem selbstbestimmten, glücklichen Leben.

Es gibt zahlreiche Übungen, durch die du im Alltag achtsamer werden kannst. Hier findest du eine Übersicht: Tipps für mehr Achtsamkeit

Eine Möglichkeit, achtsamer und bewusster zu leben, ist die Zeit in der Natur. Ich hoffe du hast bereits am eigenen Körper erfahren, wie wohltuend es ist, im Wald spazieren zu gehen, die frische Luft einzuatmen, dich wieder zu erholen, fernab von Hektik und Stress des Alltags! Für mich ist die tägliche Auszeit in der Natur schon seit Jahren ein Fixpunkt in meinem Tag, eine besonders wertvolle Qualitytime, für die ich so dankbar bin! Denn in der Natur kann ich meine Sinne neu schärfen, kann mich erholen, kann die Herausforderungen reflektieren und neue Ideen für meine kreativen Projekte sammeln. Seit einem MBSR-Workshop vor einigen Jahren habe ich mir auch angewöhnt, die Natur bewusst als Ort der Achtsamkeit zu schätzen. Dort gibt es so viele Möglichkeiten, meine 5 Sinne einzusetzen und mich so in den jeweiligen Moment zu holen.


An vielen Tagen drehe ich mit meinem Hund und meiner kleinen Tochter die selbe Runde. Sie startet direkt vor unserer Haustüre, führt vorbei an Einfamilienhäusern und Bauernhöfen zu einem kleinen Waldstück. Ich war dort schon x-Mal. Und doch gelingt es mir, jeden Tag etwas Anders, Neues, noch nicht Dagewesenes zu erkennen. Im Buddhismus, dem Ursprung der Achtsamkeitspraxis, spricht man vom neugierigen Anfängergeist. Wir können von Kindern lernen, alles um uns herum so zu betrachten, als würden wir es zum ersten Mal sehen. Diese Art, die Welt um mich herum zu entdecken, ist unheimlich wohltuend. Außerdem schult es mein Bewusstsein auf den jeweiligen Moment, wenn ich die Buchenhecke unserer Nachbarn genau betrachte und immer wieder neue Blätter, jedes von sich einzigartig in seiner Struktur, erkenne. Oder die Felder dabei beobachten darf, wie sie sich im Jahresverlauf verändern. Täglich darf ich die großen und kleinen Wunder um mich herum wahrnehmen. Besonders spannend ist diese wundervolle Achtsamkeit, wenn ich mit anderen Menschen spazieren gehe. Es fällt richtig auf, dass ich immer wieder stehen bleibe und Dinge entdecke, an denen andere vorbei gehen. Meine Sinne sind durch die jahrelange Übung geschärft und ich kann gar nicht anders, als die Schätze des Lebens zu entdecken.

Selbstverständlich freue ich mich, wenn ich mal eine Bergtour mache oder eine andere, ruhigere, landschaftlich noch “schönere” Spazierstrecke wähle. Doch der alltägliche Spaziergang hat so viele Wunder für mich bereit, dass er mich mit Demut und Dankbarkeit erfüllt.

Ich staune immer wieder, was Achtsamkeit alles bewirken kann.

Probiere gerne einmal aus, wie du in der Natur achtsamer und bewusster sein kannst. Anstatt starr dem Weg zu folgen und “deine Runde” zu drehen, fokussiere dich an die Dinge am Wegesrand. Ein einzelner Baum bietet so viele erstaunliche Details, von seiner Gestalt über seine Oberflächen bis zu seinem Duft - du wirst staunen!

Ich wünsche dir viel Freude beim Entdecken und viel Achtsamkeit!
















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Was deine Vergangenheit mit deinem Selbstwert zu tun hat

Innere Kritiker gaukeln uns vor, dass wir nicht gut genug, nicht schön genug, nicht liebenswert genug sind. Durch bewusste Übungen können wir uns umprogrammieren.

Warum finde ich mich so fett? Warum finde ich mich so hässlich? Warum bin ich nie zufrieden? Kennst du diese und ähnliche Fragen? Falls du eine Frau bist, geht es dir wie rund 80 % aller Frauen (und immer mehr Männern!), die mit ihrem Körper unzufrieden sind. Woher kommt diese Unzufriedenheit und was können wir dagegen tun? Auch wenn es uns meist unlogisch vorkommt: Wer wir heute sind, ist das Produkt unserer Geschichte (und unserer Gene). Unser Verhalten und unsere Gefühle, die angenehmen und die unangenehmen, haben sich in den Situationen gebildet, die wir bisher erlebt haben. Anhand eines Beispiels möchte ich erklären, wie zB unser Selbstwert oft noch jener aus der Vergangenheit ist und uns so quasi im Gestern gefangen hält.

Ich möchte dir eine Geschichte erzählen*

Eine junge Frau kommt in meine Praxis und berichtet davon, dass sie im jetzigen Leben sehr erfolgreich ist, sie lebt in einer glücklichen Beziehung zu einem Mann, der sie liebt und ihren Körper schätzt, sie ist beruflich erfolgreich und liebt ihre drei Kinder. Trotzdem hat sie immer wieder mit Minderwertigkeitsgefühlen zu kämpfen: Wenn sie ins Schwimmbad geht, sieht sie ständig Frauen, die schlanker oder besser trainiert sind als sie. Im Gespräch stellt sich heraus, dass es besonders dann schlimm ist, wenn ihr Mann mit ist. Sie hat mit ihm bereits darüber gesprochen, er hat ihr versichert, dass er sie attraktiv und begehrenswert findet. Sie glaubt ihm das auch, fühlt sich von ihm geliebt und begehrt. Bei genauerer Betrachtung erkennen wir, wie sich diese Muster ausgebildet haben. Als kleines Mädchen war sie pummelig. Ihre Mutter war immer stets auf ihre Figur bedacht und eine erfolreiche Modeunternehmerin. Größe 34 war ihre absolute „Obergrenze“, das sieht die junge Frau heute noch vor ihr und auch sie denkt, dass dies die ideale Kleidergröße für eine Frau ist. Zugleich hat ihr Vater der Mutter immer Komplimente für ihr schlanke Figur gemacht, dem Mädchen aber immer wieder gesagt, dass es beim Essen lieber nicht so zuschlagen soll, wenn sie sich auch einmal einen schönen Körper wünscht.

Bei dieser Betrachtung und der individuellen Empfindung des Mädchens ist es nicht schwer zu erkennen, woher ihre Muster kommen. Die Eltern (oder Bezugspersonen) prägen unsern Selbstwert von klein auf. Selbstverständlich wird das Bild unserer Selbst später von Freunden, evtl, Geschwistern und anderen Menschen in unserem Umfeld beeinflusst und die eigene Persönlichkeit spielt eine große Rolle dabei, wie wir uns selbst definieren. Doch der Grundstein wird in der Kindheit gelegt. Die Mutter dient einem Mädchen meist als Vorbild: So soll eine Frau sein. Der Vater hingegen zeigt mit seinem Verhalten dem Mädchen vorbildhaft auf, wie Männer sich schlanken Frauen gegenüber verhalten – sie begehren sie. Außerdem schenkt er der schlanken Mutter viel Aufmerksamkeit und Zuwendung, während er das Mädchen abwertet – ebenfalls wieder auf die Figur bezogen. Wenn diese Situationen immer wieder passieren, kann sich im Kind der Selbstwert rund um das Thema Figur aufbauen. Innere Gesetzte entstehen, die in diesem Fall lauteten „Nur wenn du als Frau Größe 34 trägst, bist du liebenswert. Männer wollen schlanke Frauen.“ Die Medien tun ihr übriges dazu und haben diese Gedanken immer weiter verstärkt nach dem Motto: Wenn es nun auch so in den Magazinen steht und ich es so auf den Werbeplakaten sehe, wird es wohl stimmen. Ein Teufelskreis beginnt. Die junge Frau trägt dieses Gesetz bis heute mit sich umher. Wenn sie ein Stück Schokolade isst, ruft der innere Kritiker, der sich in frühen Jahren entwickelt hat: „Hör auf damit, du bist eh schon fett und wirst noch fetter.“ Diese Thematik wird durch die Beziehung zu ihrem Mann noch erschwert, da sich die kindlichen Muster in ihr denken: „Nur wenn du als Frau Größe 34 trägst, bist du liebenswert. Männer wollen schlanke Frauen.“ Im Gespräch finden wir heraus, dass die Gedanken der jungen Frau weiter führen: Wenn man nicht schlank ist, sucht sich der Mann eine schlanke Frau. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür in der Realität gering ist und die junge Frau mit ihrem Mann über ihre Befürchtungen sprechen kann, gehen ihre Gedanken nicht aus dem Kopf. Jeder Sommertag im Bikini am See wird zu einer Katastrophe, der am Ende die ganze Familie belastet. Bei Wellnesstagen ist es ebenso.

Was tun gegen Selbstzweifel?

Diese inneren Antreiber/ kritischen Stimmen und die Gesetze geben den Ton im Gehirn an. Sie wurden vor Jahren eingeprägt, als das Gehirn noch sehr leicht zu beeinflussen war. Außerdem wurden die Situationen damals mit intensiven Gefühlen erlebt – das kleine Mädchen fühlte sich traurig, ungeliebt, verzweifelt, voller Scham. Je stärker das Gefühl in einer bestimmten Situation, desto stärker wird dieses Erleben im Gehirn abgespeichert. Unser Gehirn denkt sich ganz logisch: Wenn das damals so schmerzhaft war (zB die Trauer, weil der Papa sie beim Essen ermahnt hat, dass sie nicht so viel essen soll), dann darf das nicht noch einmal passieren – das Gefühl wird quasi gemeinsam mit dem Gesetz eingespeichert „Nur wenn du als Frau Größe 34 trägst, bist du liebenswert. Männer wollen schlanke Frauen“. Wie ein ungeliebter Ohrwurm bleiben diese Sätze im Kopf gespeichert. Was tun also gegen diese alten, fest gefahrenen Gesetzte, die meine Klientin seit mehr als 25 Jahren begleiten? Wir Menschen haben die beeindruckende Fähigkeit, unser Gehirnstrukturen und somit auch unser Verhalten und Denken bis ins hohe Lebensalter zu verändern. Dabei sind Bewusstseins-Übungen sehr hilfreich. Wir programmieren uns damit quasi um. Im Gehirn werden dabei neue Nervenverbindungen gebildet – wie neuronale Autobahnen, die nach einer gewissen Zeit zum automatischen Denken und Handeln führen.

Programmiere dich neu: Die 10-Satz-Methode

Der deutsche Psychotherapeut Klaus Bernhardt hat mit seiner 10-Satz-Methode tolle Erfolge. Ich selbst bin ein Fan von seiner einfachen und zugleich wirkungsvollen Technik, um innere Glaubenssätze nachhaltig zu verändern und neue, bessere “Autobahnen” im Gehirn zu bauen.

Nimm dir Stift und Papier (am besten ein schönes Notizbuch) zur Hand und notiere dir 10 Zielvorstellungen. Das kann zb lauten: Ich bin sportlich, ich bin schlank, ich bin ein(e) Genießer(in), ich bin eine gute Mutter/ ein guter Vater, ich bin eine pünktliche Mitarbeiterin, ich bin selbstständig, ich bin eine gute Zuhörerin….

Notiere dir 10 Zielvorstellungen deiner Selbst. Nun bitte ich dich, dir ganz bewusst zu einer fixen Tageszeit über die nächsten drei Wochen jeden Tag einen Satz zu fokussieren und dir mit allen Sinnen vorzustellen, wie es ist, wenn du dieses Ziel erreicht hast. Wie fühlst du dich, was denkst du, was schmeckst und riechst du (versuche bitte, einen Geruch und einen Geschmack damit zu verbinden), was hörst du (einen angenehmen Klang, eine Melodie), wenn du schlanker bist? wenn du pünktlicher bist? wenn du eine geduldigere Mutter/ ein geduldigerer Vater bist? Stell dir so detailreich wie möglich vor, was die anderen über dich sagen, wie du dich fühlst, wie schön es ist, dein Ziel erreicht zu haben. Je konkreter, desto besser!


Was passiert in deinem Gehirn?

Durch die Zielfokussierung programmierst du dich darauf, in deinem Alltag so zu denken, fühlen und zu handeln, dass du deinem Ziel näher kommst. Wenn du dir etwa ein besseres Körpergefühl zum Ziel gemacht hast, wirst du in den Alltagssituationen, die in Summe über dein Aussehen entscheiden, immer jene Option wählen, die dich deinem Ziel näher kommen lassen - zB eine Hand voll Nüsse statt der Tafel Schokolade neben dem Netflix-Gucken essen.

*diese Geschichte ist frei erfunden, die psychologischen Mechanismen dahinter finden sich so jedoch in vielen Lebensgeschichten wieder.

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