Leide ich unter Depressionen?
Wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen schlechter Stimmung und Depression?
Ich weiß, das Leben kann manchmal ziemlich schwierig sein. Es gibt Momente, in denen wir uns niedergeschlagen und traurig fühlen, aber wie weißt du, ob das nur normale Stimmungsschwankungen sind oder ob etwas Ernsthafteres dahintersteckt? In diesem Beitrag werden wir gemeinsam den Blick auf Depressionen werfen und untersuchen, wie du herausfinden kannst, ob du unter einer Depression leidest. Wir werden uns die Bedeutung der ICD-10-Kriterien, die Symptome einer Depression, Heilungsmöglichkeiten und die Rolle der Psychotherapie und Body-Mind-Therapie bei der Bewältigung von Depressionen erkunden.
Kostenloser Selbsttest: Leide ich unter Depressionen?
Lass uns mit dem ersten Schritt beginnen: dem Selbsttest. Denke jedoch daran, dass ein Selbsttest keine offizielle Diagnose darstellt! Wenn du dich fragst, ob du unter einer Depression leidest, kann ein Selbsttest eine hilfreiche Ausgangsbasis sein. Dieser Selbsttest bei Depressionen gibt dir eine grobe Einschätzung deiner Gefühlslage. Bedenke jedoch, dass ein Selbsttest keine professionelle Diagnose ersetzen kann. Der Selbsttest ist eher ein erster Schritt, um deine Gedanken und Gefühle zu reflektieren.
Die ICD-10 (Internationales Klassifikationshandbuch der WHO) ist ein wichtiges diagnostisches Instrument, das von Fachleuten weltweit verwendet wird, um psychische Erkrankungen zu klassifizieren und zu diagnostizieren. Die ICD-10 enthält spezifische Kriterien für die Diagnose von Depressionen.
Die ICD-10-Kriterien für Depressionen
Die ICD-10-Kriterien definieren Depressionen als "eine psychische Störung, die durch eine tiefe und anhaltende Niedergeschlagenheit und eine erhebliche Verminderung der Interessen oder Freuden an fast allen Aktivitäten gekennzeichnet ist".
Die ICD-10-Kriterien sind Leitlinien, die Fachleute verwenden, um Depressionen zu diagnostizieren. Die Symptome einer Depression können von Person zu Person unterschiedlich sein und im Laufe der Zeit variieren. Einige der Hauptkriterien für die Diagnose einer Depression nach ICD-10 sind:
1. Gedrückte Stimmung: Anhaltende Niedergeschlagenheit, Traurigkeit oder Leere im Gemüt.
2. Interessenverlust: Ein Verlust der Freude an Aktivitäten, die dir zuvor Spaß gemacht haben.
3. Veränderungen im Schlaf: Schlafprobleme, wie Schlaflosigkeit oder übermäßiges Schlafen.
4. Appetitveränderungen: Eine signifikante Zunahme oder Abnahme des Appetits.
5. Energiemangel: Ständige Müdigkeit und ein Mangel an Energie.
6. Konzentrationsprobleme: Schwierigkeiten bei der Konzentration, im Denken und beim Treffen von Entscheidungen.
7. Schuld- oder Wertlosigkeitsgefühle: Ein übermäßiges Schuldgefühl oder das Gefühl, wertlos zu sein.
8. Körperliche Symptome: Kopfschmerzen, Magenprobleme oder andere körperliche Beschwerden, die keine klare körperliche Ursache haben.
9. Suizidgedanken: Gedanken über den eigenen Tod oder Suizid. (Bitte wende dich an die Kriseninterventionsstelle, deinen Arzt oder Therapeuten, wenn du solche Gedanken hast - du musst da nicht alleine durch, es gibt Hilfe für dich!)
Bitte beachte, dass nicht alle diese Symptome gleichzeitig auftreten müssen, und die Schwere und Dauer der Symptome können variieren. Depressionen sind eine ernsthafte psychische Störung, die professionelle Hilfe erfordert.
Der Weg der Heilung
Die gute Nachricht ist, dass Depressionen behandelbar sind. Es gibt verschiedene Ansätze zur Heilung und Unterstützung, darunter Psychotherapie, Medikamente und alternative Therapieformen.
Psychotherapie: Psychotherapie, insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie (CBT) hat sich als äußerst wirksam bei der Behandlung von Depressionen erwiesen. In der Therapie kannst du die zugrunde liegenden Gedanken und Verhaltensweisen erkunden, die zur Depression beitragen, und Strategien entwickeln, um diese zu verändern. Es ist ein sicherer Raum, in dem du deine Gefühle und Gedanken teilen kannst.
Body-Mind-Therapie: Die Body-Mind-Therapie ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Behandlung von Depressionen. Sie betont die Verbindung zwischen Körper und Geist und konzentriert sich auf die Wiederherstellung des Gleichgewichts in beiden Bereichen. Dies kann durch Methoden wie Achtsamkeit, Atemübungen und Körpertherapie (inklusive Nervensystemregulation) erreicht werden. Die Body-Mind-Therapie kann dazu beitragen, Stress abzubauen, die Körperwahrnehmung zu verbessern und das emotionale Wohlbefinden zu steigern.
Die Macht der Selbstheilung
Du spielst eine entscheidende Rolle in deiner eigenen Heilung. Es ist wichtig, auf deine Emotionen und Gedanken zu achten und dich bei Bedarf um Unterstützung zu bemühen. Depressionen sind behandelbar, und Heilung ist möglich. Lass dich nicht von der Frage "Leidest du unter einer Depression?" entmutigen. Stattdessen nimm den ersten Schritt zur Heilung und suche professionelle Unterstützung. Dein Wohlbefinden und deine Gesundheit stehen an erster Stelle.
Depression kann jeden treffen!
Es ist normal, in unserem Leben mit verschiedenen emotionalen Herausforderungen konfrontiert zu werden. Doch wenn du glaubst, dass du unter einer Depression leiden könntest, ist es wichtig, diese Möglichkeit nicht zu ignorieren. Deine Emotionen und Gedanken verdienen Aufmerksamkeit und Pflege. Depressionen sind nicht deine Schuld, und es ist nichts, wofür du dich schämen müsstest. Es gibt Hilfe, Unterstützung und Hoffnung.
Laut Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) in Deutschland litten im Jahr 2019 etwa 4,1 Millionen Menschen im Alter von 18 bis 79 Jahren an einer schweren depressiven Episode in den letzten zwölf Monaten. Dies entspricht etwa 5,3% der deutschen Bevölkerung in diesem Altersbereich.
Denke daran, dass die Frage "Leidest du unter einer Depression?" der Anfang deiner Reise zur Heilung sein kann. Du bist nicht allein, und es gibt professionelle Unterstützung, die dir dabei helfen kann, wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Du verdienst es, gesund und glücklich zu sein. Lass uns gemeinsam Wege finden, wie du das erreichen kannst. Du bist stärker, als du denkst, und du kannst die Dunkelheit überwinden.
Möchtest du über deine Gedanken und Erfahrungen bezüglich Depression sprechen oder möchtest du mehr darüber erfahren, wie Psychotherapie und Body-Mind-Therapie dir helfen können? Zögere nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Du bist es wert, ein erfülltes und glückliches Leben zu führen!
Unsere Body-Mind-Healing-Gruppe hilft dir dabei, mit deinen Themen zurecht zu kommen. Alle Infos findest du hier.
Wie Dankbarkeit dein Leben verändert
Allen Schwierigkeiten und allen Herausforderungen zum Trotz: Wir können uns immer auf die Suche nach den kleinen Wundern in unserem Alltag machen. Das tut gut und stärkt unsere Gesundheit.
Manchmal ist das Mensch-Sein ganz schön anstrengend. Wir sind so sehr damit beschäftigt, unser Leben zwischen unserer inneren Welt (unseren Gefühlen und Gedanken) und dem, was im Außen passiert (Konflikte mit anderen Menschen, drohende und akute Krisen) zu manövrieren, dass wir dabei manchmal beinahe zu verzweifeln drohen. Ich selbst erinnere mich gut an die Zeiten, in denen ich am liebsten geschrien hätte:”STOP! Jetzt mal Ruhe da oben! Ich will einfach mal nichts denken - für mehr als 1 Minute!”. Unser Gehirn ist von Natur aus darauf programmiert, sich mit negativen - weil potentiell bedrohlichen - Themen mehr zu beschäftigen als mit positiven, wohltuenden Dingen. Je mehr wir eine bestimmte Tätigkeit trainieren, desto leichter, unbewusster und bald schon selbstverständlicher gelingt sie uns - das gilt für eine Fremdsprache ebenso wie für das Bedienen eines Smartphones oder eben für die Art und Weise, wie wir denken. Die Neurobiologie beweist: Wenn wir oft negativ denken, werden wir wahre Meister darin! Immer schneller, immer automatischer kommen wir in die Spirale aus Sorgen, Befürchtungen und Ängsten und somit tief und tiefer in negative Gedanken hinein. Unser Gehirn ist so bald extrem gut darin, das Schlimmste zu erkennen und daraus noch schlimmeres zu machen. Umgekehrt - und das macht das Mensch-Sein allen Herausforderungen zum Trotz für mich so wundervoll - können wir auch ganz bewusst üben, positiver zu werden. Das hat nichts mit toxic positivity zu tun, also dem krampfhaften Fixieren auf die schönen Seiten des Lebens, während alles Schwierigkeiten und Herausforderungen ignoriert werden! Vielmehr ist positives Denken für mich eine aktive Haltung, in der wir uns immer und immer wieder dazu bemühen, die guten, wohltuenden, positiven Seiten des Lebens zu sehen - allen schwierigen Tatsachen zum Trotz.
© unsplash. Wir können unsere Fähigkeit zur Dankbarkeit durch die tägliche Übung stärken.
Unsere Erwartungen vom Leben und die Vorstellung, wie es laufen soll, beeinflussen unsere Stimmung. Mit diesem Wissen kann es hilfreich sein, den Blick bereits im aktuellen Moment darauf zu richten, was unser Leben schon heute lebenswert macht.
„Glück entsteht oft durch Aufmerksamkeit in kleinen Dingen, Unglück oft durch Vernachlässigung kleiner Dinge.“ Wilhelm Busch.
Zahlreiche wissenschaftliche Studien (Seligman, Fredrickson und viele weitere) haben sich mit dem wohltuenden Effekten der Dankbarkeit beschäftigt. Die Übung zur Dankbarkeit ist ebenso simpel wie unaufwändig, doch sehr effektiv.
Drei gute Dinge Übung
Besorge dir ein schönes Notizbuch und notiere dir ab sofort jeden morgen drei Dinge, auf die du dich heute freust. Dies können Kleinigkeiten sein, die dir bisher selbstverständlich vorgekommen sind wie zum Beispiel:
Deine Lieblingscreme im Badezimmer
Die Art, wie du dir die Zähne putzt – tue dies einmal ganz bewusst und denke daran, was du damit deinem Körper gutes tust.
Der Duft der ersten Tasse Kaffee
Das liebste Kleidungsstück
Der besonders schöne Baum/ Blick auf die Berge/ ein architektonisch besonders schönes Haus auf dem Weg in die Schule oder Arbeit
Das nette Lächeln der Arbeitskollegin
Das freundliche Nicken des Busfahrers
Ein Kinderlachen in der U-Bahn
Einen Menschen, der dir nahe steht
Die Tatsache, dass du heute eine Aufgabe hast
Abends nimmst du das Tagebuch bitte noch einmal zur Hand und denkst noch einmal an die Dinge, die dir heute gut getan/ gefallen haben. Diese können sich mit den drei Dingen überschneiden, die du morgens notiert hast. Sie können aber auch ganz unterschiedlich sein:
Die Umarmung eines lieben Menschen/ durch dich selbst
Der nette Anruf/ die liebe WhatsApp-Nachricht
Deine Lieblingssendung im Fernsehen
Die heiße Dusche nach einem langen Tag
Diese Übung ist wie bereits erwähnt sehr einfach, sie wirkt am Anfang sogar banal. Aber vielleicht bist du neugierig und möchtest sie für eine Woche lang ausprobieren?
Im Buddhismus wird diese Übung gerne mit einer Hand voll Bohnen “erlebbar” gemacht: Lege dir morgens eine Hand voll getrockneter Bohnen zurecht und stecke sie in die linke Hosentasche. Immer, wenn du etwas Wunderbares erlebst (uns sei es noch so klein!) oder du an etwas Schönes denkst, also in dein Bewusstsein bringst, nimm eine Bohne und stecke sie in die rechte Hosentasche. Abends lehrst du die rechte Hosentasche und überlegst noch einmal - Bohne für Bohne - welche Dinge, Situationen, Gedanken oder Begegnungen dir so gut getan haben und wofür du dankbar bist.
© gabriellehenderson. Wenn wir uns die schönen Momente aufschreiben, machen wir sie uns noch bewusster.
Was im Gehirn passiert
Unser ARAS (aufsteigendes Retikuläres System) im Hirnstamm ist für unsere Aufmerksamkeit zuständig. Der Großteil dessen, was wir täglich erleben, sehen und fühlen, läuft unbewusst ab. Alles andere wäre uns auch viel zu anstrengend. Stell dir einmal vor, wenn du dir jedes Auto, jede Ampel, jedes Straßenschild... auf deinem Arbeitsweg merken würdest – dein Gehirn würde übergehen vor Informationen. Daher werden die meisten Informationen nur „nebenbei“ aufgenommen. Erstaunlich ist, dass unser Gehirn dennoch permanent reaktionsbereit ist. Wenn du etwa an einem Plakat vorbei gehst, auf dem dein Lieblingsschauspieler zu sehen ist, wird deine Aufmerksamkeit sofort geweckt, obwohl dir die zehn Plakate zuvor nicht aufgefallen sind. Verantwortlich für dieses Phänomen der Aufmerksamkeitslenkung ist das ARAS im Hirnstamm. Seine Funktion zeigt sich auch, wenn du zB gerade auf der Suche nach einem neuen Auto einer bestimmten Marke bist und dir plötzlich überall auf der Straße dieses Auto unterkommt. Oder du schwanger bist und überall Schwangere siehst. Es ist wohl sehr unwahrscheinlich, dass plötzlich so viele dieser Autos umher fahren oder so viele Frauen schwanger sind. Vielmehr ist es deine Aufmerksamkeit, die sich verändert hat.
Dieses Phänomen machen wir uns auch beim Dankbarkeitstagebuch zu nutze: Indem du dein Bewusstsein morgens und abends für ein paar Minuten auf die schönen Dinge in deinem Leben lenkst, fallen sie dir auch im Alltag bewusster auf. Das Gehirn wird so besonders aufmerksam für jene Kleinigkeiten in deinem Leben, die dich bereits jetzt umgeben.
© mrsunflower94
Für mich selbst hat Dankbarkeit wirklich sehr viel verändert. Heute passiert es mir vielleicht alle paar Monate einmal, dass ich unmotiviert, ängstlich oder hoffnungslos bin. Ich freue mich immer sehr darüber, wenn sich in mir in solchen Situationen mein wunderbarer “Werkzeugkasten” öffnet und mir verschiedene Übungen anbietet: “Wie wäre es mit ein wenig Grounding, dem Body-Scan oder tiefer Bauchatmung, um dich aus diesem Stimmungstief zu befreien? Oder einer Runde “Shake & Dance” (einfach das Lieblingslied aufdrehen und tanzen, als würde niemand zusehen - tut ja meistens auch niemand!)”. Es tut so gut, diese innere Beschützerin zu haben, die mir in schwierigen Situationen gut zuredet und mich nicht alleine und ausgeliefert zurück lässt. “Spüre dich hinein, in 5 Dinge, für die du von Herzen dankbar bist”, höre ich die Stimme in mir sagen. Und sofort - wirklich augenblicklich - ist das dieses warme Gefühl in mir, dieses kräftige Orange, das sich von meinem Brustbereich in meinen ganzen Körper ausbreitet und schon kommen mir Bilder von den Dingen, Erlebnissen und Menschen, für die ich so dankbar bin. Ein soooo wohltuendes Gefühl!
Hier geht`s zu spannenden Studien zum Thema Dankbarkeit:
Emmons RA, et al. "Counting Blessings Versus Burdens: An Experimental Investigation of Gratitude and Subjective Well-Being in Daily Life," Journal of Personality and Social Psychology (Feb. 2003): Vol. 84, No. 2, pp. 377–89.
Grant AM, et al. "A Little Thanks Goes a Long Way: Explaining Why Gratitude Expressions Motivate Prosocial Behavior," Journal of Personality and Social Psychology (June 2010): Vol. 98, No. 6, pp. 946–55.
Lambert NM, et al. "Expressing Gratitude to a Partner Leads to More Relationship Maintenance Behavior," Emotion (Feb. 2011): Vol. 11, No. 1, pp. 52–60.
Sansone RA, et al. "Gratitude and Well Being: The Benefits of Appreciation," Psychiatry (Nov. 2010): Vol. 7, No. 11, pp. 18–22.
Seligman MEP, et al. "Empirical Validation of Interventions," American Psychologist (July–Aug. 2005): Vol. 60, No. 1, pp. 410–21.
Selbstmitgefühl: Sei dir selbst ein Freund
Gerade in schwierigen Zeiten tut es uns gut, uns selbst so anzunehmen, wie wir sind. Ein Plädoyer für mehr Nachsicht mit uns selbst.
Das Streben nach Selbstwert ist ein menschliches Grundbedürfnis. Wenn du deine Aufgaben gut erfüllst, bist du mit dir selbst zufrieden – dein Selbstwert steigt. Je öfter wir unsere eigenen Erwartungen erreichen, desto höher unser Selbstwert. Ein großer Teil deines Selbstwertes ist im Erwachsenenalter daran gekoppelt, wie gut du gerade mit den Aufgaben in deinem Leben zurecht kommst. In Zeiten des Erfolgs haben wir also einen hohen Selbstwert. Da gibt es gute Tage, an denen du mit dir sehr zufrieden bist. Und dann gibt es immer wieder diese Tage, an denen du dich selbst kaum im Spiegel ansehen kannst, weil du deinen eigenen Erwartungen einfach nicht gerecht wirst. Dieser Wechsel ist ganz natürlich. So sind wir Menschen nun mal - manchmal sehr zufrieden mit uns selbst und manchmal total kritisch. Gerade in diesen schwierigen Zeiten tut es uns gut, liebevoll mit uns umzugehen, auch wenn wir gerade nicht sehr zufrieden mit uns sind. Die Psychologie hat erst vor wenigen Jahren eine weitere Fähigkeit entdeckt, die ins uns Menschen verborgen liegt: Das Selbstmitgefühl. Die Übersetzung aus dem Englisch „Selfcompassion“ ist dabei leider etwas holprig. Für viele Menschen klingt “Mitgefühl” nach “Mitleid”, doch darum geht es nicht. Anders als der Selbstwert ist das Selbstmitgefühl nicht an Erwartungen und Leistungen geknüpft. Durch diese liebevolle Einstellung zu dir selbst kannst du immer für dich da sein, einfach weil du bist, wie du bist. Selbstmitgefühl ist ein wichtiger Teil der Selbstliebe und fühlt sich wohltuend an: So als würdest du dich selbst in den Arm nehmen und dich trösten. Denn ganz egal wie gut du eine Herausforderung meisterst oder ob du gerade daran scheiterst: Du kannst gut zu dir sein. Diese echte Zuwendung zu dir selbst ist die Grundlage für authentische Selbstliebe.
Sei gut zu dir
Zahlreiche Studien haben herausgefunden, dass wir diese verborgene Fähigkeit trainieren können – ebenso wie Achtsamkeit und Akzeptanz. Durch das achtsame Üben von Selbstmitgefühl kannst du lernen, dich zu lieben und dich zu akzeptieren für das, was du bist – mit all deinen Stärken und Schwächen! Kristin Neff, Professorin für Psychologin an der Universität Berkley und Bestseller-Autorin zum Thema Selbstmitgefühl, forscht seit Jahrzehnten darüber, wie hilfreich, wohltuend und gesundheitsfördernd Selbstmitgefühl ist. Sie hat selbst erlebt, wie wohltuend diese Haltung gerade in schwierigen Zeiten sein kann. Selbstmitgefühl ist ein wichtiger Bestandteil der buddhistischen Tradition und lässt sich vereinfacht so beschreiben: Sei zu dir selbst so gut, wie du es zu einem lieben Freund/ Familienmitglied bist. In uns allen liegt die Fähigkeit verborgen, gut zu uns selbst zu sein. In erfolgreichen Zeiten fällt uns dies viel leichter als in schwierigen Phasen. Die meisten von uns reagieren mit Selbstvorwürfen und Selbstkritik.
Du bist du. Und das ist gut so
Wir alle wünschen uns, jemanden zu haben, der uns liebt so wie wir sind, der uns akzeptiert und uns stützt, auch wenn es uns einmal nicht so gut geht. Dieses Bedürfnis ist bereits von Geburt an in uns angelegt. Menschenkinder suchen instinktiv eine Bezugsperson, die sie bedingungslos annimmt und sie liebt. Als Erwachsenen bleibt dieses Bedürfnis in uns erhalten, wenn auch nicht mehr so stark ausgeprägt. Wenn es uns dann nicht gelingt, uns selbst zu lieben und uns anzunehmen, wie wir sind, dann passiert häufig folgendes: Wir sind leicht dazu verleitet, diese Liebe und Anerkennung im Außen zu suchen – durch unseren Partner, im Bekanntenkreis oder auch auf social media. Dieser Wunsch ist ganz natürlich. Meist gelingt es uns auch, einen Teil dieser Liebe durch andere Menschen zu erleben. Viele Menschen holen sich diese Anerkennung durch ihre Leistung - sie stürzen sich in ihre Aufgaben, in den Job aber auch in private Verpflichtungen. Sie geben immer 100 Prozent, um durch ihr Engagement positiv aufzufallen und somit Anerkennung zu erhalten. Von außen, aber auch von innen. Wenn es dir so geht, dann hast du wohl den (weit verbreiteten) Glaubenssatz in dir: Ich muss etwas leisten, um ein wertvoller Mensch zu sein. Weit verbreitet ist auch der Versuch, sich die Anerkennung durch materielle Dinge zu erkaufen: Ein tolles Auto, stylische Kleidung, eine teure Uhr, eine schöne Wohnung sorgen zumindest eine Zeit lang dafür, dass wir uns besser fühlen. Wir werden vielleicht bewundert und haben das Gefühl, Teil einer bestimmten Gruppe von Menschen zu sein. Der Gruppe, die sich ein teures Auto oder einen Luxusurlaub leisten kann. Doch dieses Gefühl der Zugehörigkeit und Anerkennung ist niemals von Dauer.
Drei Schritte des Selbstmitgefühls
Ein im ersten Moment ungewöhnlicher Weg, diese Liebe und Akzeptanz zu finden, ist das Selbstmitgefühl. Diese Eigenschaft liegt in jedem von uns verborgen, doch nur wenige haben gelernt, gut zu sich selbst zu sein. Anders als beim Selbstwert geht es beim Selbstmitgefühl nicht darum, sich selbst möglichst gut zu bewerten. Vielmehr ist Selbstmitgefühl eine liebevolle Grundhaltung uns selbst gegenüber, ganz egal wie erfolgreich wir gerade sind. Selbstmitgefühl besteht aus drei Bausteinen:
Freundlichkeit zu sich selbst
Wenn wir uns selbst wirklich liebevoll und freundlich begegnen, kommen wir viel besser durch die großen Herausforderungen unseres Lebens. Bisher hast du vielleicht immer wieder versucht, noch härter an dir zu arbeiten, wenn dir etwas misslungen ist. Dahinter steckt oft der Glaube, dass wir zu locker mit uns selbst umgegangen sind. Viele Menschen denken, dass sie sich selbst möglichst hart und streng behandeln müssen, um gute Leistungen zu bringen. Sie haben sogar Angst davor, dass sie durch zu viel Selbstmitgefühl zu faulen und unmotivierten Versagern werden. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Denn durch die wertvolle Grundlage des Selbstmitgefühls können wir uns das stabile Fundament bauen, auf dem echte Höchstleistungen möglich sind, ohne auszubrennen. Anders als auf Basis eines instabilen Selbstwertes, der rein an persönlichen Erfolg und Leistung gekoppelt ist, ist das echte Selbstmitgefühl ein stabiles, überdauerndes Tragewerk für alles, was wir im Leben tun. Von dieser stabilen Basis aus können wir unsere Aufgaben besser in Angriff nehmen. Ob wir sie meistern oder daran scheitern, hat dann nicht mehr so schwerwiegende Folgen. Das Bild, das wir von uns selbst als Mensch mit Stärken und Schwächen haben, wird durch eine Niederlage nicht zerstört. Durch bewusstes Selbstmitgefühl wissen wir, dass diese Niederlagen genauso zum Mensch sein dazu gehören wie die großen Erfolge in unserem Leben. Wir befreien uns also selbst von überzogene Erwartungen und hohem Leistungsdruck. So haben wir mehr Lebensenergie zur Verfügung, um uns auf unsere persönlichen Ziele zu konzentrieren. Und wenn wir scheitern, verzweifeln wir daran. Dank unserer offenen und wohlwollenden Haltung uns selbst gegenüber wissen wir: Wir haben unser Bestes gegeben, Scheitern gehört dazu, das Leben geht weiter.
2. Verbundenheit als Mensch
Sobald etwas Schlimmes passiert, sobald wir eine schwierige Zeit erleben, haben wir sofort das Gefühl: Ich bin der/die Einzige, der so etwas erleben muss. Doch bei genauerer Betrachtung erkennen wir: Wir sitzen alle im selben Boot. Jeder und jede von uns hat schon einmal eine schwierige Situation durchgemacht. Sobald wir uns isoliert fühlen, ist es noch schwieriger, mit dieser Aufgabe umzugehen. Denn eine der schlimmsten Erfahrungen für uns Menschen ist es, einsam und alleine zu sein. Wir alle wissen, wie unvermeidbar die schwierigen Zeiten zu unserem Leben dazu gehören. Auch wenn wir sie gerne verdrängen und am liebsten nicht wahrhaben wollen. Viele Menschen spüren heute einen starken Druck auf sich lasten. Die Leistungsgesellschaft mit ihren hohen Ansprüchen ist ein Grund dafür. Wir haben ständig das Gefühl, besser, erfolgreicher, glücklicher sein zu müssen. Das „perfekte Leben“, wie es uns in den sozialen Medien ständig vorgegaukelt wird, führt ebenfalls zu hohem Druck. Sobald wir die schwierigen Seiten des Lebens zu spüren bekommen, haben wir sogleich das Gefühl, versagt zu haben. Das „perfekte Leben“ ist wieder gescheitert. Und meist denken wir, dass es wirklich nur uns so geht, während alle anderen erfolgreich, glücklich und zufrieden sind. Wenn wir erkennen, dass wir alle Menschen sind und wir alle schwierige Erlebnisse durchmachen, fühlen wir uns verbunden und spüren, wie die Last leichter wird. Dieses Wissen erleichtert uns den Umgang mit Herausforderungen.
3. Achtsamkeit und bewusstes Leben statt Gefangen sein in alten Mustern
Im Laufe meiner Tätigkeit als selbstständige Psychotherapeutin und Coach ist mir aufgefallen, dass wir vor allem eine Fähigkeit brauchen, um unsere Gefühle, unsere Gedanken und unser Verhalten zu verändern: Die Achtsamkeit. Wenn du täglich morgens und abends deine Achtsamkeitübungen durchführst, sind dir bestimmt schon positive Veränderungen in deinem Alltag aufgefallen. Du erkennst schneller, dass deine alten Muster aktiv sind, du hast gelernt, deine Gedanken als genau das zu beobachten, was sie sind – mentale Ereignisse, denen du nicht immer glauben musst Achtsamkeit hilft dir auch dabei, dich selbst liebevoller und mit mehr Verständnis zu behandeln. Für Kristin Neff, die Expertin für Selbstmitgefühl, ist Achtsamkeit die dritte wichtige Zutat für mehr Selbstmitgefühl. Denn wenn du dein Leben bewusster und voll Achtsamkeit auf den jeweiligen Moment gestaltest, kannst du immer wieder hinspüren: Tut mir das, was ich als nächstes Tun möchte, wirklich gut?
Ein Beispiel aus dem Alltag: Feierabend nach einem stressigen Tag
Ich möchte dir ein Beispiel geben: Vielleicht kennst du das ja: Nach einem anstrengenden Tag kommst du nach Hause, schnappst dir noch eine Tüte Chips und lässt dich ins Sofa fallen. Unter dem Vorwand, dir selbst etwas Gutes zu tun und dich endlich mal zu entspannen, verbringst du die nächsten zwei Stunden vor dem Fernseher oder Smartphone, bevor du ins Bett fällst und mit einem unguten Gefühl an den nächsten Tag denkst. Gerade wenn du einen anstrengenden Tag hinter dir hast, kann dir achtsames und bewusstes Nachspüren dabei behilflich sein, um deinen Tag wohltuend und genussvoll ausklingen zu lassen. Anstatt in altbekannte Muster zu fallen (mit Junkfood auf das Sofa) kannst du dich bewusst dazu entscheiden, was dir an diesem Abend wirklich gut tun würde. Du spürst, dass die Müdigkeit dich auf das Sofa drängt und deine Gedanken dir vorgaukeln „gönn dir die Chips und zappe mal gemütlich durch das Programm“. An diesem Verhalten ist per se absolut nichts auszusetzen. Auch ich genieße es ab und an, einen Abend mit meinen Lieben auf dem Sofa zu verbringen. Oft ist es jedoch so, dass nach so einem Junk-Abend, wie ich ihn gerne nenne, weder dein Körper noch dein Kopf wirklich entspannt sind. Vielmehr spürst du, dass du mal wieder wertvolle Zeit vergeudet hast, die du wohltuender nützen hättest können. Durch achtsames Selbstmitgefühl kann es dir gelingen, zu erkennen, wieso gerade dabei bist, in alte Muster zu fallen: Aja, ich bin vollkommen ausgelaugt und müde. Mein Körper fällt automatisch ins altbekannte Muster. Das ist nur verständlich und ich möchte mir selbst nach so einem anstrengenden Tag etwas Gutes tun. Achtsam und bewusst kannst du dann klar überlegen: Fühle ich mich besser, wenn ich die ganze Tüte Chips gegessen habe und stundenlang durch das langweilige Programm gezappt bin? Wie sähe die Alternative aus, wenn ich mir selbst mit mehr Selbstmitgefühl begegne und auf mich achte? Wenn du regelmäßig Achtsamkeit geübt hast und auch weiterhin übst, gelingt es dir, immer öfter die für dich bessere Wahl zu treffen. Statt einem Junk-Abend wird es dann vielleicht der gemütliche Abend in der Badewanne mit deinem Lieblingshörbuch, einer schönen Playlist oder einem Telefonat mit einer lieben Freundin. Vielleicht wäre auch ein Spieleabend mit deinen Lieben eine Idee? Oder du nutzt die Zeit, um einmal gar nichts zu tun. Je achtsamer und bewusster du dein Leben gestaltest, desto mehr kannst du dir voll Selbstmitgefühl genau das schenken, was dir gerade gut tut.
Ich hoffe, es gelingt dir, ein bisschen weniger streng zu dir zu sein und dir immer wieder selbst ein Freund zu sein.
Hier gelangst du zur Seite der Psychologin Kristin Neff, sie gibt ihr Wissen über Selbstmitgefühl in Büchern, Seminaren und Retreats weiter: self-compassion.org
In diesem TED-Talk erklärt die Expertin den Unterschied zwischen Selbstwert und Selbstmitgefühl:
Warum tun wir uns so schwer mit Gefühlen?
Sie sind ein Geschenk der Natur, unser wertvollster Wegweiser und dennoch sind sie uns oft so fremd. Finde heraus, warum das so ist und wie du einen besseren Zugang zu dir und deinen Gefühlen findest.
“Ich denke von früh bis spät nach und kann einfach nicht aufhören”, höre ich meine Klient:innen sagen. Und: “Also mit Gefühlen tu ich mir schwer.” Denken und Fühlen gehört zu den Grundeigenschaften des Menschen, diese Fähigkeiten machen uns aus. Die Natur hat uns Gedanken mitgegeben, um Probleme zu lösen, aus Schwierigkeiten zu lernen und unsere Zukunft möglich vernünftig zu planen. In einer Leistungsgesellschaft, in der Wissen als Macht gilt, hat das Denken einen hohen Stellenwert. Kein Wunder - durch möglichst detailirrstes Nachdenken darüber, was wir tun oder lassen, erhoffen wir uns Vorteile für unser eigenes Leben. Daran ist grundsätzlich nichts verkehrt, es macht ja wirklich Sinn, Entscheidungen wohl überlegt zu treffen, sich vor Gefahren schützen zu wollen und auf Fehlern zu lernen, ,um zukünftig leichter, besser, gesünder, vernünftiger durchs Leben zu kommen. Das Nach-Denken und Über-Denken ist also eine wunderbare Möglichkeit, unser Leben aktiv positiv zu beeinflussen und Verantwortung dafür zu übernehmen. Spätestens wenn es zum Zer-Denken kommt, leiden wir jedoch unter unseren Gedanken.
Expert:in im Nachdenken
Die Hirnforschung zeigt: Unser Gehirn wird von unserem täglichen Leben geformt. Alles, was wir regelmäßig, wiederholt und über einen bestimmten Zeitraum tun, wird in unserem Gehirn zu einem fest verdrahteten Netzwerk. Das so genannte Hebb`sche Gesetz fasst zusammen, wie beeindruckend unser Gehirn diese Verbindungen formt:
Neurons that fire together wire together.
Donald Hebb
Das bedeutet: Wenn wir eine bestimmte Sache immer und immer wieder tun, bilden die Nervenzellen (Neurone) die in dieser Situation beteiligt sind, nach und nach feste Verbindungen miteinander. Ich vergleiche das gerne mit einem isolierten Stromkabel - die so genannte Myelinschicht sorgt dafür, dass die elektrischen Impulse zwischen den Nervenzellen schneller und mit weniger Aufwand von Neuron zu Neuron weitergeleitet wird.
Wenn wir also immer und immer wieder bestimmte Gedanken denken
Meist sind dies belastende, sorgenvolle, negative Gedanken, weil uns diese von Natur aus viel eher einfallen als positive. Laut Studien sind es mehr als 80 Prozent negative Gedanken im Vergleich zu 20 Prozent positive Gedanken. Je mehr wir grübeln, nachdenken, zerdenken… desto mehr trainieren wir unser Gehirn darauf, Experte im negativen Denken, im Sorgenmachen, im Grübeln zu werden.
Diese Erkenntnisse zeigen uns wie wichtig es ist, aktiv und bewusst mit unseren Gedanken umzugehen. Wir können lernen, Gedanken zu beobachten, zu hinterfragen, ob sie uns gut tun oder nicht und uns von ihnen zu distanzieren, wenn sie uns belasten.
Im Artikel: Warum bin ich so negativ findest du mehr Tipps dazu. Wenn dir negative Gedanken, Ängste oder Sorgen dein Leben schwer machen, dann sind vielleicht meine angeleiteten Selbsthilfe-Kurse das Richtige für dich.
Gefühle zulassen lernen
Neben unseren Gedanken haben wir Menschen unsere Gefühle als Wegweiser durchs Leben. Doch für viele Menschen sind Gefühle etwas “mit dem ich mir schwer tue”, wie ich oft genug in der Praxis höre. Aufgrund von negativer Erfahrungen mit Gefühlen in der eigenen Vergangenheit mussten diese Menschen lernen, dass Emotionen etwas schmerzhaftes, überwältigendes, gar gefährliches ist. Kein Wunder, dass die Psyche diese Gefühle dann unterdrückt - ein hilfloser Schutzmechanismus. Unter genau diesem Versuch, sich selbst vor erneuten Verletzungen zu schützen, leiden wir. Denn Gefühle wurden uns nicht zufällig mitgegeben. Sie haben eine extrem wichtige Funktion: Sie zeigen uns, was wir in einer bestimmten Situation brauchen, was wir tun sollen oder lieber sein lassen. Emotionen sagen uns, welche Bedürfnisse gerade in uns darauf warten, gehört und befriedigt zu werden.
Können wir unseren Emotionen vertrauen? Grundsätzlich: Ja! Trauer, Wut, Erstaunen, Furcht, Ekel und Freude sind wichtige Wegweiser zu deinen Bedürfnissen. Sie sagen dir, was du gerade brauchst, was du tun sollst oder lieber bleiben lassen sollst. Sie sind oft unangenehm, aber wichtig. Und je mehr du lernst, deine Gefühle zuzulassen, desto leichter kannst du mit ihnen umgehen. Du gewöhnst dich daran, dass du auch mal traurig bist. Du lernst, dass Wut eine komplett menschliche Reaktion ist, die ihren Raum haben darf (ohne jemandem anderen zu schaden). Du spürst, dass deine Abneigung gegen gewissen Situationen oder Menschen dir zeigt, dass du deine Grenzen ziehen darfst.
Aber: Wenn du in deiner Vergangenheit Situationen erlebt hast, die für dich und deine Psyche sehr belastend waren, dann speichert dein emotionales Gehirn diese negative Erfahrung als potenzielle Bedrohung ab. Zuständig dafür sind die Amygdala (die "Alarmzentrale") und der Hippocampus (für Gedächntis zuständig) im "Limbischen System". Diese Erinnerung wird dann zur Blaupause für alle späteren Erlebnisse: Wenn eine Situation, zB durch einen anderen Menschen, aber auch durch einen deiner Gedanken, dann in irgendeiner Weise, oft auch unbewusst, wieder an die vergangene Situation erinnert, dann wirst du getriggert. Das bedeutet: Die Angst, Wut, Trauer... die in der Vergangenheit entstanden ist und damals wichtig und berechtigt war, ist heute autmotisch wieder da, sie ist aber in dieser Siutation nicht angemessen. Oft ist sie exrem ausgeprägt, starr und übermächtig. Du fühlst dich wie ein Passagier und kannst dir nicht erklären, woher diese Emotion jetzt kommt.
Wenn die Vergangenheit zur Gegenwart wird
Angst ist eine extrem starke Emotion, die vor allem eine Funktion hat: Unser Leben zu beschützen. Denn genau das musste sie die vergangenen Jahrmillionen machen - unsere Vorfahren vor dem Tod durch Raubtiere oder Feinde bewahren. Ängste können sehr schnell und stark generalisieren - das bedeutet, sie breiten sich von einer Situation auf viele andere aus. Wenn wir in der Vergangenheit erlebt haben, dass Gefühle bedrohlich sind, können wir die permanente Verdrängung unserer Emotionen besser verstehen - als gut gemeinten Schutzmechanismus unserer Psyche. Für viele Menschen war es von klein auf bedrohlich, ihre eigenen Bedürfnisse durch ihre Gefühle zu äußern. Jedes “Mama, ich brauche dich!", “Papa, ich will das jetzt nicht!”, jeder Wutanfall, jede Trotzreaktion, jeder verzweifelte Hilferuf zeigt ein Kind, das auf seine Bedürfnisse hört und diese durch seine Emotionen zeigt: Ich brauche euch, mir geht`s nicht gut, ich bin traurig, wütend, frustriert, überfordert…
Durch die Reaktion unserer Eltern (oder engen Bezugspersonen) lernen wir mit unseren Gefühlen umzugehen. Im Idealfall sind unsere Eltern bei sich, haben Raum und Zeit für uns und uns lernen: Ich verstehe, dass es dir gerade nicht gut geht. Ich bin bei dir. Entweder kann ich dir helfen, die Situation zu verändern. Oder (und das ist in vielen Fällen so) ich kann zwar nichts verändern, aber deinen Frust verstehen und dir dabei beistehen. Durch diese Erfahrungen haben Kinder das Gefühl, verstanden zu werden und mit ihren überwältigenden Gefühlen nicht alleine zu sein. “Children want to feel felt”, sagt der renommierte Kinderpsychiater und Experte für Mindful Parenting, Dan Siegel, dazu und erklärt damit, dass wir von klein an das Gefühl brauchen, nach-gefühlt zu werden. Nur so können wir selbst lernen, mit unseren Gefühlen umzugehen.
Wenn unsere Eltern uns aber immer wieder gezeigt haben, dass unsere Gefühle jetzt keinen Platz haben, dann lernen wir, sie zu ignorieren. Wir können im Kindesalter noch nicht unterscheiden, ob es unseren Eltern gerade zu viel ist oder ob wir ihnen zu viel sind - letzteres wird leider automatisch von der kleinen Kinderseele angenommen. Durch Aussagen wie:
“Ach, so schlimm ist das doch nicht!”
“Sei doch kein Baby!”
“Sei brav, dann bekommst du einen Lutscher/ ein Eis/ darfst eine Serie ansehen…”
“Ein Indianer kennt keinen Schmerz, große Mädchen weinen nicht…!”
“Reiß dich zusammen!”
“Ich halte das nicht aus!"
“Du bist mir viel zu anstrengend!”
“Schau mal, du machst Mama traurig mit deinem Weinen…!”
zeigen wir unseren Kindern: So wie du dich fühlst, darfst du nicht fühlen. Einen großen Einfluss hat natürlich auch die Vorbildwirkung unserer Bezugspersonen: Wie gehen sie mit Emotionen um? Lernen wir, dass sie sich konstruktiv mit sich und ihren unangenehmen Gefühlen auseinandersetzen? Wie gehen sie mit Konflikten um? Wir werden Diskussionen geführt?
Die prägende Kindheit
Die Kindheit prägt uns Menschen extrem und was wir von klein auf lernen, bleibt uns oft ein Leben lang erhalten. Wenn du das 1 x 1 oder Fahrradfahren nicht gelernt hast, wirst du es später nicht können. So ist es auch mit dem offenen Umgang mit Gefühlen. Die gute Nachricht: So wie du auch mit 20 noch das 1 x 1 lernen kannst und auch mit 30 zum ersten Mal auf einem Fahrrad sitzen kannst, so kannst du auch im Erwachsenenalter lernen, besser mit deinen Gefühlen zurecht zu kommen. Alles was du dazu brauchst, ist ein wenig Selbstbeobachtung, viel Geduld und Mitgefühl mit dir selbst und Neugierde beim Ausprobieren von verschiedenen Techniken, den Körper und Geist einbeziehen.
Umgang mit Emotionen
Beobachten lernen. Spüre immer wieder in deinen Körper hinein und frage dich: Was spüre ich gerade? Wie fühlst dich das an? Übungen wie der Body-Scan helfen dir dabei, deine Gefühle zu beobachten und so sein zu lassen. Es geht nicht darum, sie zu verändern, sondern sie zu entdecken.
Grounding: Wenn negative Erfahrungen das Jetzt belasten, dann ist da das permanente Gefühl von Unsicherheit. Du kannst lernen, dir in deinem Körper Sicherheit zu geben, um die Emotionen zu sammeln. Die Grounding-Übung hilft dir dabei, deinen Körper als sicheren Platz für deine Gefühle vorzubereiten. Eine weitere Möglichkeit ist eine feste Selbstumarmung.
Sein lassen: Erst wenn du diese Sicherheit spürst, kannst du die Gefühle wirklich zulassen. Sonst sind sie zu bedrohlich. Jetzt kannst du sie spüren, beobachten, sie sein lassen, wie sie sind. Unangenehm, ja, aber auch wichtig, zumindest waren sie es damals.
Lösen: Durch Übungen wie Chaotic Breathing, Shake & Dance, intensives Krafttraining, Ausdauertraining, Yoga-Asanas, Cold Exposure und Massagen werden angestaute Emotionen aus dem Körper gelöst.
Ich wünsche dir viel Erfolg beim Ausprobieren. Wichtig: Habe Geduld mit dir! Wenn du alleine nicht mehr weiterkommst, dann kann ein Coaching oder eine Psychotherapie sehr hilfreich für dich sein.
Hier findest du die Podcastfolge zum Beitrag:
Raus aus der Negativspirale, rein ins Leben
Mit dieser Übung gelingt es dir, aus der Problemspirale aus negativen Gedanken, Sorgen und schlechter Stimmung auszusteigen und dein Leben wieder positiver und selbstbestimmter zu leben.
Wenn wir uns nicht gut fühlen, wenn wir deprimiert oder sehr negativ sind, wissen wir meist nicht, wieso genau. Es ist aus meiner Sicht auch schwierig bis unmöglich, das immer so ganz genau herauszufinden. Viel wichtiger ist es meiner Erfahrung nach, unterschiedliche Faktoren zu entdecken, die uns das Leben schwer machen. Denn das Erkennen ist der erste Schritt zur Veränderung. Dabei geht es nicht darum, alle Herausforderungen zu vermeiden und immer den “leichten Weg” zu wählen. Das ist ja auch nicht möglich. Doch wenn wir beobachten, was unsere Stimmung negativ beeinflusst und immer noch schlechter macht, dann können wir diese Einflüsse rechtzeitig stoppen. Wenn wir dann im zweiten Schritt noch erkannt haben, was uns gut tut, was unsere Lösungsspirale aktiviert, dann sind wir auf dem besten Weg zu mehr Freiheit und Kontrolle über unser Leben - von Tag zu Tag, Schritt für Schritt. Mit dieser simplen Übung aus der Hypnotherapie kannst du lernen, dich selbst besser zu beobachten. Du erkennst, was dich in die Negativspirale bringt und was du tun kannst, um die Positivspirale in Gang zu bringen.
Ich wünsche dir viel Freude beim Ausprobieren, Entdecken und Umsetzten!
Hier findest du eine Vorlage für deine Problem-Lösungs-Spiralen.
In den Body-Mind-Routinen findest du eine Audioübung zum Mitmachen.
Warum bin ich so negativ?
Wenn du endlich positiver werden möchtest und mit negativen Gedanken besser zurecht kommen willst, dann ist diese Übung sehr hilfreich!
“Ich möchte endlich positiver denken!”
“Ich möchte diese schlechten Gedanken loswerden!”
“Ich will mir endlich keine Sorgen mehr machen!”
Mit solchen Sätzen kommen viele Menschen in meine Praxis. Sie haben es satt, ständig von ihren negativen Mustern runtergezogen zu werden und wünschen sich hilfreiche Techniken, um endlich gelassener, positiver und zuversichtlicher zu werden. Der erste Schritt zur Veränderung ist immer das Verstehen, wieso wir uns so verhalten, wieso wir so denken oder fühlen, wie wir es eben tun. Wenn du von negativen Gedanken geplagt wirst, dann geht es dir wie ganz vielen Menschen.
Ein kleiner Ausflug in die Steinzeit
Kein Wunder: Wir sind von Natur aus darauf geprägt, besonders vorsichtig und kritisch zu sein. Angst ist unsere stärkste Emotion. Denn in den vergangenen Jahrmillionen sind wir Menschen vom Gejagten zum Jäger geworden. Unsere Vorfahren haben knapp zwei Millionen Jahre gebraucht, um nicht mehr hinter den Geiern in der Nahrungskette zu stehen. Erst durch bahnbrechende Entdeckungen wie das Feuermachen und die Weiterentwicklung des Gehirns gelang es dem Menschen, an die Spitze der Nahrungskette zu klettern. Das ging wiederum relativ schnell - innerhalb von “wenigen” tausend Jahren sind wir von den Gejagten zu Jägern geworden. Aus evolutionsbiologischer Sicht haben wir uns so schnell verändert, dass wir von unserer neuen Rolle komplett überrumpelt wurden. Der Historiker und Erfolgsautor Yuval Nahari (Sapiens ist übrigens eine absolute Empfehlung - als klassisches Buch ebenso wie als Hörbuch oder als coole Graphic Novel!) sieht in dieser raschen Entwicklung sogar den Grund für den ewigen Machtkomplex und die Angst vorm Scheitern, die uns Menschen dazu führt, andere auszugrenzen und sogar Kriege anzuzetteln.
Photo by Crawford Jolly on Unsplash: Wir gleichen Steinzeitmenschen im Anzug. Unser Gehirn funktioniert heute noch so wie vor 10 000 Jahren.
Unsere Basisemotionen nach Ekman: Negativ, negativ, negativ …
Aber zurück zu deinen negativen Gedanken. Von den sechs kulturübergreifenden Basisemotionen, die der Psychologe Paul Ekman als allgemein gültig bezeichnete, sind die meisten negativ! Nämlich vier von sechs. Die Neugierde ist quasi neutral und die Freude ist das einzig positive Gefühl, das wir Menschen empfinden können. Das klingt schon ziemlich negativ, lässt sich aber sehr gut erklären: Hätten unsere Vorfahren den Großteils des Tages glücklich, gelassen und ohne Angst gelebt, dann wäre die Menschheit bestimmt längst ausgestorben. Denn der Mensch, der vor Jahrtausenden lebte, war umgeben von Gefahren. Eine Unachtsamkeit konnte damals den Tod bedeuten. Deshalb waren unsere Vorfahren echte Experten darin, ständig auf der Hut zu sein und alles Negative sofort aufzuspüren. Außerdem konnten sie sich nicht darauf verlassen, einfach im nächsten Supermarkt ihre Nahrung zu finden. Sie mussten für die Zukunft vorsorgen und sich dahingehend Gedanken machen. Heute leiden viele Menschen unter diesem biologischen Erbe. Denn unser Gehirn hat sich in dieser aus historischer Sicht “kurzen” Zeitspannen von wenigen tausend Jahren kaum verändert.
Evolutionsbiologen sehen in dieser spannenden Tatsache einen Grund dafür, dass wir heute so stark auf Negatives fokussiert sind und es uns viel leichter fällt, alles Schlimme und Belastende in unserem Leben zu sehen als die guten Seiten. Ein weiterer Faktor ist auch die Summe unserer Erfahrungen, die wir von Kind an gemacht haben. Wenn wir unsere Eltern oder andere wichtige Bezugspersonen dabei beobachtet haben, wie sie mit Angst, Sorgen oder in einer anderen Art “negativ” auf schwierige Situationen reagiert haben, dann kann es leicht passiert sein, dass wir diese Reaktionen unbewusst nachgeahmt haben und sie so als automatische Muster abgespeichert haben.
Lerne positiv zu denken
Die gute Nachricht lautet: Wir können uns verändern, von Tag zu Tag! Der erste Schritt zur Veränderung ist das Beobachten unserer eigenen Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen. Danach können wir uns ganz bewusst dazu entscheiden, nicht wieder mit dem automatischen negativen Muster zu reagieren. Wir können die negativen Gefühle und Gedanken erkennen und achtsam aus der Abwärtsspirale aussteigen. Das gelingt dir etwa, in dem du regelmäßig den Bodyscan oder den Atmemraum (oder andere Achtsamkeitsübungen) durchführst und dann in der kritischen Situation anders reagierst. Hier kommt die positive Psychologie ins Spiel. Wir wissen aus Forschungen von Martin Seligman, Barbara Fredrickson und ihren Kollegen, dass unsere Gedanken unser Leben stark beeinflussen. Wenn wir uns immer wieder ganz bewusst für positive und wohltuende Gedanken entscheiden, verändern wir unsere Stimmung, unsere Gesundheit und so auch unser Leben nachweislich zum Positiven. Das gelingt etwa, in dem du
deine negativen Gedanken und Glaubenssätze beobachtest und diese dann
neu in positiver bzw. wohltuender/stärkender Art und Weise formulierst.
Dabei geht es nicht darum, alles Schlechte blauäugig ins Gute umzuformen. Diese sehr naive und unreflektierte Sichtweise wird der Komplexität unserer menschlichen Existenz nicht gerecht. Vielmehr können wir uns immer wieder entscheiden, negative Gedanken, die uns einfach nicht gut tun, zu hinterfragen und sie entweder ins Positive ODER in eine wohltuendere = stärkende Form zu bringen.
Da kann etwa der negative Glaubenssatz “Immer passiert mir etwas Schlimmes” kaum in “ich habe immer nur Glück” umgeformt werden. Darin verbirgt sich pure Verleugnung, denn wenn wir ganz ehrlich zu uns selbst sind, gehören Herausforderungen genauso zu unserem Leben wie die schönen Momente. Daher wäre es sinnvoller, den Satz beispielsweise in “Ich kann gut mit Herausforderungen umgehen” umzuformen. Durch diese kleine Veränderung kommst du sofort aus einer passiven Opferrolle in eine aktive Haltung, die zeigt, dass du die Herausforderungen des Lebens akzeptierst und davon überzeugt bist, dass du sie meistern kannst.
Photo by sydney Rae on Unsplash
Übung gegen negative Gedanken
Probiere es selbst aus! Notiere dir über eine Woche lang die negativen Gedanken, die dir durch den Kopf gehen. Beobachte auch, in welchen Situationen sie auftreten. Suche dir dann einen dieser Sätze aus, schreibe ihn auf ein Blatt Papier und nimm dir Zeit, um den Satz positiver oder wohltuender/ stärkender formulierst. Lass dir dabei ruhig Zeit und Probeire aus, ob der neu formulierte Satz wirklich zu dir passt. Das ist nämlich essentiell, damit du auch wirklich damit arbeiten kannst. Wenn du deinen positiveren bzw. stärkenden Satz gefunden hast, dann gilt es nun, ihn dir gut zu merken. Das gelingt am besten, indem du ihn mehrmals täglich liest. Dabei kann dich ein Post-It am Schreibtisch, eine (oder mehrere!) Erinnerungen am Smartphone oder ein Termin im Kalender, der als Beschreibung diesen positiven Satz hat, unterstützen. Die Idee hinter dieser Übung liegt darin, dass du dir selbst umprogrammierst. Denn egal ob nun die Gene unserer längst verstorbenen Vorfahren oder die negativen Muster deiner eigenen Familie dafür verantwortlich sind, dass du unter deinen negativen Gedanken leistet - du benötigst Training, um diese Muster endlich zu durchbrechen. Je öfter du dir diesen neu formulierten Satz einprägst, umso schneller wird er in deinem Gehirn abgespeichert und kann im Ernstfall dann als neue Reaktion auf Herausforderungen abgerufen werden. So gelingt es dir, aus dem Teufelskreis aus negativen Gefühlen, Gedanken und Verhaltensweisen auszusteigen und dein Leben endlich positiver zu leben!
Ich wünsche dir viel Freude beim Entdecken, Ausprobieren und Ausprobieren!
Hier findest du eine Vorlage zur Gedankenbeobachtung.
Wie deine Gedanken deine Gefühle beeinflussen - und umgekehrt
Erkenne, wie du dich wann wieso verhälst. Und wie du das ändern kannst, was dir nicht gut tut.
Während meines Studiums und meiner Ausbildung als Verhaltenstherapeutin durfte ich viele Theorien und Modelle kennenlernen, die das menschliche Verhalten beschreiben und versuchen, eine Antwort auf die Fragen zu geben: Warum bin ich, wie ich bin? Und wie kann ich das, was mich stört oder mir nicht gut tut, verändern? Dabei gibt es viele Erklärungsversuche und wie so oft gibt es nicht DIE eine Wahrheit. Es wäre wohl überheblich zu behaupten, alles über jeden Menschen zu wissen und anhand eines Modells vorhersagen zu können, wie sich wer weshalb verhält. Eines der am besten evaluierten Modelle, um das eigene Verhalten besser zu verstehen, ist die Verhaltensanalyse. Klingt unspannend, ist sie aber nicht. Ich habe mehrere Jahre an Erfahrung gebraucht, bis ich erkannt habe, wie wertvoll und aufschlussreich die Verhaltensanalyse sein kann. Ganz gleich, wie viele Techniken und Methoden ich kennenlerne, ich komme immer wieder auf dieses einfache und zugleich geniale Modell zurück, mit dem wir das menschliche Erleben und Verhalten sehr simpel darstellen und verstehen können.
Was macht die Verhaltensanalyse?
Vereinfacht gesagt analysierst du dabei eine oder mehrere Situationen aus deinem Leben und siehst dir dabei genau an, welche Gefühle, Gedanken und welches Verhalten diese Situation in dir auslöst. Einen großen Stellenwert haben dabei auch innere Werte und Einstellungen sowie Glaubenssätze. Diese wurden uns, meist ganz unbewusst und ohne böse Absicht, vor allem von unseren Bezugspersonen vorgelebt oder eingebläut. Einen Teil bekommen wir auch noch transgenerational bereist mit unseren Genen mit zum Start in dieses Leben und einen weiteren Anteil machen soziale Einflüsse aus - von den Gleichaltrigen bis über gesellschaftliche Erwartungen und Normen bis hin zum Social Media. All diese Eindrücke und Erfahrungen prägen sich in unser Gehirn ein und führen dazu, dass wir im Erwachsenenalter auf bestimmte Dinge reagieren, sei es in Form von Gedanken, Gefühlen oder Verhaltensweisen.
Die Verhaltensanalyse ist eine wunderbare Möglichkeit, um dich selbst besser kennen zu lernen und Experte für dich zu werden. Außerdem erlaubt sie dir jene Stellschrauben zu finden, an denen du drehen kannst, um dein Leben gelassener, selbstbewusster, glücklicher oder wie auch immer du es dir vorstellst zu gestalten.
Es gibt zwei Arten von Verhaltensanalyse: Die vertikale und die horizontale. Du kannst sie nacheinander durchführen, ausprobieren, welche dir mehr Erkenntnis und Freude bereitet oder auch beide miteinander kombinieren.
ÜBUNG: Die horizontale Verhaltensanalyse
Bei der Verhaltensanalyse “von links nach rechts” betrachtest du eine Situation, dein Verhalten darauf, die Reaktion und die Konsequenz. So erhältst du das so genannte S O R K-Modell. In der Verhaltenstherapie wird noch das Modell als SORKC bezeichnet, wobei K als “Kontingenz” und C als “Konsequenz” beschrieben wird. In der Praxis hat sich für ich aber das simplere SORK-Modell bewährt. Ich zeige dir das SORK-Modell anhand eines banalen Alltagsbeispiels. Du kannst dir das SORK-Modell ausdrucken und immer wieder für dich selbst analysieren.
Denke an eine Situation, die dich belastet.
Situation:
Beschreibe, was gerade passiert. Dies kann im Außen (ein Gespräch, ein Anruf, ein Social Media Post, der etwas in dir auslöst) oder auch in deinem Inneren (ein Gedanke, ein Gefühl) geschehen sein.
Ich schlüpfe in eine Jeans und spüre, wie eng sie heute sitzt. Mein Mann beobachtet mich und lächelt sanft.
Organismus:
Beschreibe, wie es in dir aussieht und wie die Situation auf dich wirkt. Wieso reagiert dein Körper so? Spielt deine Vergangenheit und deine Lerngeschichte eine Rolle dabei?
Lange Jahre hatte ich ein gestörtes Verhältnis zu meinem Körper und habe mir von den Medien einreden lassen, dass Modelmaße die einzig wahre Normalität seien und Diäten der beste Weg dahin wären.
Reaktion:
Wie reagierst du auf diese Situation? Welche Gefühle, Verhaltensweisen und Gedanken kannst du entdecken?
Gefühle: Ich fühle mich frustriert, genervt von mir selbst und auch von meinem Mann, weil er mir die Freude über das neue Kleidungsstück vermiest hat.
Gedanken: Ich muss abnehmen! Ich bin zu fett!
Verhalten: Ich schlüpfe sofort wieder aus der Hose und lege sie zur Seite. Ich ziehe mich zurück.
Körperliche Reaktion: Mir wird schlecht, mir steigen Tränen in die Augen, ich möchte am liebsten weglaufen (eine typische Flight-Reaktion…!)
Konsequenz:
Was resultiert, wenn ich mich so verhalte? Dieser Punkt ist besonders spannend, weil er uns sogleich zeigt, wieso wir in den ewig gleichen Mustern gefangen sind. Manchmal entdecken wir hier auch den so genannten “secundary gain” - also versteckte Vorteile von ungeliebtem Verhalten.
Ich fühle Unruhe in mir. Um das zu verändern mache ich mich sofort daran, einen Diätplan zu schreiben. Die Anspannung sinkt ab. Ich habe das zwar schon x Mal versucht und bin immer wieder in die gleiche Spirale gekommen. Das ist mir in diesem Moment aber nicht bewusst, ich spüre nur das gute Gefühl, dass die Anspannung absinkt und bin voller Motivation, es diesmal wirklich zu schaffen. In weiterer Folge wird dieses Vorhaben wie immer scheitern, das Bild meiner negativen Selbstwirksamkeit wird weiter verstärkt, ich bin frustriert….
Was bringt mir das SORK-Modell?
Durch die detailreiche Analyse und die Aufschlüsselung in die unterschiedlichen Bestandteile erkennst du, wie du dich in bestimmten Situationen verhältst, wie Gefühle, Gedanken und dein Verhalten zusammen hängen und welche Konsequenzen dazu führen, dass du dieses alte Muster immer noch aufrecht erhältst. Dann kannst du versuchen, einzelne Bestandteile zu verändern.
In meinem Beispiel hat es mir zB extrem gut geholfen, meine Gedanken zu erkennen und mich davon zu distanzieren. Außerdem war es hilfreich, andere Techniken zum Spannungsabbau zu entwickeln - etwa EFT oder die tiefe Bauchatmung. Durch die Veränderung auf verschiedenen Ebenen gelingt es, das Verhalten zu verändern.
Versuch einmal, dein persönliches SORK-Modell für eine Situation zu entwerfen.
DEIN SORK-Modell: Hier findest du die Horizontale Verhaltensanalyse zum Ausdrucken (klick).
Wenn du möchtest, kannst du auch die Vertikale Verhaltensanalyse ausprobieren. Sie zeigt dir, welche Grundbedürfnisse in der jeweiligen Situation nicht befriedigt werden und wie dich diese beeinflussen.
Unruhe und Ängste beobachten lernen: Die Anspannungskurve
Werde zur Expertin für deinen Körper und erkenne, was dir gut tut!
Wenn wir unter Ängsten und Sorgen leiden, dann ist längst nicht nur unser Denken betroffen - wir spüren, wie sich Anspannung und Unruhe in unserem ganzen Körper ausbreiten.
Damit es uns besser geht, müssen wir für uns ganz individuell die Stellschrauben in unseren Leben finden, an denen wir drehen können. Im ersten Schritt können wir uns selbst ein mal von außen betrachten, wie einen Film und uns überlegen: Wie lebe ich mein Leben?
Besonders hilfreich kann dabei eine Bilanz der einzelnen Lebensbereiche sein:
Berufsleben
Familienleben
Partnerschaft
Freizeit
Umgang mit mir selbst
Körperliche Gesundheit
…
All unsere Lebensbereiche haben einen Einfluss darauf, wie wir uns fühlen. DIE eine Lösung gibt es dabei nicht - keine Meditation wird alle Ängste und Sorgen auslöschen - so funktionieren wir einfach nicht. Keine Heilanwendung wird Stress für immer “löschen” und kein Nahrungsergänzungsmittel sorgt dafür, dass wir gegen Stress “immun” sind. All diese Dinge und viele andere Interventionen tragen dazu bei, dass wir entspannter, resistenter und auch glücklicher werden. Doch es gibt meiner Erfahrung nach nicht DAS Allheilmittel, das alles verändert. Diese Erkenntnis ist zwar einerseits mühsam, andererseits finde ich diese Tatsache doch auch tröstlich. Denn sie zeigt uns: Wir können unser Leben verbessern, in dem wir einzelne Dinge verändern, Schritt für Schritt. Ähnlich einem Puzzle, das knifflig ist, uns aber immer wieder ein Stück weit näher in Richtung unserem Ziel bringt.
Die eigene Anspannung beobachten
Ein Puzzlestück ist das Beobachten der eigenen Gefühle und Empfindungen. Diese ebenso simple wie sinnvolle Technik hilft uns dabei, ExpertInnen für uns selbst zu werden. Viele Menschen fühlen sich “gut” oder “nicht gut”, “gestresst”, “nervös”… durch das Beobachten der eigenen Anspannung gelingt es, differenzierter hinzuschauen.
Du kannst diesen Anspannungsbogen gerne ganz detailliert - morgens, mittags und abends ausfüllen - oder einfach ein Mal täglich (am besten abends) einen Durchschnittswert für den Tag eintragen. Wenn du möchtest, kannst du dir auch notieren, was dir mehr Entspannung gebracht hat bzw. welche Situationen dich gestresst haben.
Am besten du beobachtest deine eigene Anspannung über 3 Wochen lang und ziehst danach ein Resümee: Wie verläuft die Anspannung? Was hat mir gut getan/ was hat nicht?
Hier findest du den Anspannungsbogen bei Unruhe zum Ausdrucken als PDF:
Mein Anspannungsbogen
Menschliche Grundbedürfnisse und die vertikale Verhaltensanalyse
Autonomie, Bindung, Selbstwert… unsere Grundbedürfnisse bestimmen unser Verhalten mit. Erkenne, warum du dich in bestimmten Situationen wie verhältst.
Jeder Mensch hat bestimmte Grundbedürfnisse, die bei jedem von uns unterschiedlich ausgeprägt sind. Diese zweite Ebene der Verhaltensanalyse zeigt dir, welche Grundbedürfnisse durch dein Verhalten befriedigt werden. Es ist sehr spannend zu erkennen, wieso wir uns in bestimmten Situationen immer wieder so verhalten, wie wir es eigentlich gar nicht möchten oder wie es uns gut tun würde.
Die horizontale Verhaltensanalyse stellt den Zusammenhang von Grundbedürfnissen, Annahmen und persönlichen Zielen und Werten übersichtlich dar. Die Einteilung in vier Grundbedürfnisse geht auf den Schweizer Psychologen Klaus Grawe. Ich selbst habe das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung noch hinzugefügt, weil es meiner Erfahrung nach ein häufiger Motivator für Verhalten ist.
Was macht ein gelungenes Leben aus? Mit dieser Frage beschäftigen Philosophen und Psychologen seit langer Zeit. Eine Erklärung bietet uns der Blick auf die menschlichen Grundbedürfnisse, die dem Schweizer Psychologen Klaus Grawe zufolge allen Menschen gleich sind, wenn auch in jeweils unterschiedlich starker Ausprägung.
Bindung & Zugehörigkeit: Wir Menschen sind soziale Wesen und von klein auf darauf programmiert, uns an andere Menschen zu binden. Ein Menschenkind benötigt zumindest eine enge Bezugsperson, um sich gut entwickelt zu können. Fehlt dieses Gegenüber, verkümmert das Kind. Unser Leben lang brauchen wir Menschen, mit denen wir das Leben teilen können. Wie groß die soziale Gruppe um uns herum sein soll, ist ganz individuell und auch von unserer jeweiligen Lebensphase abhängig. Die Bindung ist übrigens nicht nur auf Menschen beschränkt, sondern kann sich auch auf Haustiere erweitern - Tierbesitzer wissen, wovon ich spreche.
Autonomie: In der kindlichen Entwicklung ist die Bindung sehr gut zu beobachten - Säuglinge schreien aus Leibeskräften, wenn sie hungrig, durstig, einsam oder einfach unzufrieden sind. Je größer die kleinen Menschen werden, desto mehr kommt ein weiteres Grundbedürfnis zum Vorschein: Der Wunsch nach Freiheit und Autonomie. “Ich kann das schon alleine!”, hören Eltern von 2-jährigen ihre kleinen Entdecker energisch rufen. Ein Leben lang wollen wir Menschen selbstbestimmt und frei leben. Wie genau diese Freiheit aussieht, ist für jeden und jede von uns anders definiert. Manchen Menschen reicht es schon, sich morgens zwischen Tee und Kaffee zu entscheiden, andere fühlen sich eingesperrt und ihrer Freiheit beraubt, wenn sie jeden Tag zur gleichen Uhrzeit im Büro erscheinen sollten.
Orientierung & Kontrolle: Das Bedürfnis nach Sicherheit ist uns Menschen extrem wichtig. Schließlich waren wir im Laufe der Evolution immer wieder entweder auf der Flucht vor Fressfeinden oder in einen Kampf mit Feinden verwickelt - und das unter lebensbedrohlichen Umständen. Unser Jahrmillionen altes Gehirn ist grundsätzlich ständig auf der Hut und sehr ängstlich. Umso wichtiger ist es uns, alles unter Kontrolle zu haben und uns somit sicher zu fühlen. Im Idealfall gelingt es unseren Eltern, uns von klein auf das Gefühl von Sicherheit, Orientierung und Handhabbarkeit des Lebens mitzugeben - weniger durch große Worte, sondern vielmehr durch die eigene Ruhe und Zuversicht, die sie ausstrahlen. Diese Bedürfnis erklärt, warum uns Pläne, Regeln und Rituale so gut tun. Manche Menschen brauchen mehr, andere weniger Sicherheit und Kontrolle. Wichtig ist, das passende Maß für die eigenen Bedürfnisse zu finden.
Lustgewinn/ Unlustvermeidung: Der alte Freud wusste es schon und wir spüren es auch - manche DInge bereiten uns einfach Freude und gelingen leichter, andere rauben uns den letzten Nerv und werden deshalb gerne nach hinten verschoben. In unserer leistungsorientierten Gesellschaft hat dieses Grundbedürfnis einen geringeren Stellenwert als andere, dennoch ist es da. Sehr stark sogar. Alles, was uns gut tut, ist Balsam für unsere Seele. Umgekehrt ist ein Zuviel an nervtötenden Aufgaben schlecht für uns - bis hin zu ernsthafter Belastung für unsere Gesundheit.
Hier findest du eine Vorlage zur Horizontalen Verhaltensanalyse zum Ausdrucken und Ausprobieren.
Neben den Grundbedürfnissen haben auch Werte und Normen eine große Rolle, wenn es um darum geht, was wir wie tun. Am besten du beginnst bei einer Situation und analysierst diese von unten nach oben.
Übringens:
Der Kinderarzt und Entwicklungsexperte Remo Largo hat sein Leben der Entwicklungsforschung gewidmet. Mit 89 Jahren hat er ein beeindruckendes Buch veröffentlicht, voller Antworten auf die Frage: “Was macht das passende Leben aus?”. Die Kurzversion: Wir sind so individuell wie unser FIngerabdruck und so sind es auch unsere Grundbedürfnisse in ihrer jeweiligen Ausprägung. Wenn wir erkennen, was uns gut tut und was nicht, was wir wirklich brauchen und was nicht und dies in unserem Alltag dann auch so leben können, dann ist das Leben für uns stimmig und passend.
Future Self Journaling: Wie du dir dein zukünftiges Ich erschaffst
Wenn du deine alten Muster verändern willst, dann ist diese Übung genau die richtige für dich!
Mit ihrem Buch “Heile. Dich. Selbst”. hat die US-Psychologin und Therapeutin Nicole LaPera einen Bestseller geschrieben. Sie beschreibt darin, wie schon kleine psychische Verletzungen in unserer Kindheit dazu führen können, dass wir ein Leben lang unter alten Muster wie Harmoniesucht, Selbstwertproblemen, Ängsten und Sorgen leiden. Eine zentrale Grundlage ihrer Erklärungen liefert unsere Gehirnentwicklung. Als Kinder lernen wir unheimlich schnell neue Dinge: Egal ob eine Sprache, eine Fähigkeit wie Radfahren oder Malen oder auch eine Beziehung zu anderen. In den ersten Jahren unseres Lebens saugen wir alles, was um uns herum geschieht, auf wie ein Schwamm und das meiste davon ganz “unbewusst” und nebenbei. Etwa ab dem 7. Lebensjahr beginnen wir, mehr und mehr bewusst zu handeln. Bis dahin ist jedoch schon sehr viel an Erinnerungen und Verhaltensweisen in unserer Unbewusstes verschwunden. Neurowissenschafter gehen heute davon aus, dass wir mehr als 95 Prozent unseres Tages unbewusst, also nebenbei und ohne unser bewusstes Zutun, verbringen. Die meisten Menschen überschätzen ihr bewusstes Tun vollkommen, während wir alle die unbewussten Vorgänge unterschätzen. Sie steuern jedoch einen Großteil unseres Lebens, indem wir auf gewissen Situationen auf immer ähnliche Art und Weise reagieren, wie wir uns fühlen, wie wir denken und was wir tun wird zu einem erheblichen Teil davon beeinflusst, was sich in den vergangenen Jahren in unserem Gehirn (vor allem in den “tieferen” Schichten, wie dem emotionalen Gehirn) abgespeichert hat.
Der 1. Schritt zur Veränderung: Bewusstwerdung
Die gute Nachricht lautet: Durch Bewusstwerdung gelingt es uns 1. mehr und mehr zu erkennen, warum wir uns auf eine bestimmte Art verhalten, wieso uns manche Themen so viel Kopfzerbrechen bereiten und woher die immer gleichen ungeliebten Muster kommen. Wir sind so nicht zur Welt gekommen und die meisten dieser aus unserer Sicht “negativen” Verhaltensweisen sind missglückte Versuche der Anpassung.
Ein klassisches Beispiel ist etwa die Harmoniesucht: Immer wieder kommen Menschen in meine Praxis, die darunter leiden, dass sie extrem harmoniebedürftig sind. Dies zeigt sich etwa in ihrer Beziehung - sie können nicht “nein” sagen, nicht für sich einstehen und nicht für ihre Bedürfnisse einstehen. Frust ist vorprogrammiert. In vielen Fällen haben Betroffene in der Vergangenheit eine schmerzhafte Trennungserfahrung gemacht, in der sie sich selbst verantwortlich für diese Trennung gefühlt haben. Dies kann zB eine Scheidung oder der Verlust eines Elternteils gewesen sein. Kinder nehmen oft die Verantwortung auf sich und denken sich: “Ich bin dafür verantwortlich, dass es Mama und Papa besser geht. Ich muss mich verändern, muss meine Wünsche und Bedürfnisse zurücknehmen, um ihnen das Leben zu erleichtern. Oder auch: Wenn ich mich zusammenreiße und um sie kümmere, dann bleiben Mama und Papa zusammen.” Diese und ähnliche Erklärungsversuche für die so schmerzhaften Veränderungen in frühen Jahren können zu einem negativen Muster führen, unter dem die Betroffenen ihr Leben lang leiden. Sie haben gelernt, ihre eigenen Wünsche zu unterdrücken und können nicht für sich selbst einstehen.
Der 2. Schritt zur Veränderung: Auf zum neuen Leben
Wenn du dich aus alten Mustern befreien möchtest, dann benötigst du nach dem 1. Schritt (der Selbsterkenntnis) effektive Techniken, um diese Muster auch nachhaltig zu verändern. Ein sehr hilfreiches Tool ist das Future Self Journal, das Dr. LaPera auf ihrer Website zum kostenlosen Download anbietet.
Was ist so ein Future Self Journal und was bringt es? In diesem “Tagebuch deines zukünftigen Selbst” (ich staune immer wieder darüber, wie sperrig sich manche genialen englischen Beschreibungen sich ins Deutsche übersetzen lassen..)… naja, also nennen wir es im “Tagebuch für dein Zukunfts-Ich” notierst du dir, wie du ab sofort leben möchtest. Wie du dich fühlen willst, was du denken möchtest, wie du mit Herausforderungen umgehen wirst. Du nimmst dir dann ab sofort täglich ein paar Minuten Zeit, um - idealerweise morgens - dein zukünftiges Ich wahr werden zu lassen. Durch das Aufschreiben festigst du deine Ziele in deinem Unterbewusstsein. So wird das, was dich ohnehin zu mindestens 95 % durchs Leben trägt darauf geprägt, dich bei der Erreichung deines Zunkunfts-Ichs zu unterstützen.
A) Beginne damit, dir zu notieren, was du verändern möchtest:
“Ich möchte aufhören, sinnlos Zeit auf social media zu verschenken.”
B) Positive Umprogrammierung
Schreibe - ganz intuitiv, nach Gefühl, ohne viel Nachdenken - einen positiven Satz (eine Affirmation), auf, der dich bei deiner Zielerreichung unterstützt.
z.B. “Ich nutze meine freie Zeit sinnvoll.
Für diesen Schritt gibt es nur die Vorgabe, eine positive Ich-Botschaft zu formulieren und Verneinungen zu vermeiden (also nicht “Ich verschwende meine Zeit nicht mehr”, sondern eben die konkrete positive Formulierung: “Ich nutze meine freie Zeit sinnvoll.”)
Wie gesagt, überlege dabei nicht zu viel herum, sondern notiere, was dir in den Sinn kommt. Du kannst die Affirmation ja dann ausprobieren und beibehalten, wenn sie dir gut tut oder du hast morgen eine neue Chance!
C) Umsetzung im Alltag
Überlege, wie du deine positive Ich-Botschaft konkret umsetzten kannst:
Also passend zu “Ich nutze meine freie Zeit sinnvoll” könnte das etwas lauten:
Ich übe mich in Achtsamkeit.
Ich erledige meine Aufgaben eine nach der anderen und freue mich über die Ergebnisse.
Ich achte auf die Stille zwischen den Geräuschen.
D) Mein Future Self (ich mag einfach das englische Wort lieber, aber finde einfach die Bezeichnung, dir sich für dich richtig anfühlt!)
Nimm dir nun einen Augenblick Zeit, setzte dich bequem hin, schließe deine Augen und beobachte deinen Atem für drei Atemzüge. Wie dein Atem ganz sanft und von alleine durch deine Nase einströmt, bis hinab in deinen Bauchraum. Und dann, ganz von selbst, wieder hinaus aus deinem Mund strömt. Stelle dir nun vor, wie dein Future Self aussieht.
Wie fühlst du dich, wenn du dein(e) Ziel(e) erreicht hast?
Was machst du anders? Wie verhältst du dich?
Welche Gedanken gehen dir durch den Kopf?
Wie startest du deinen Tag?
Wie siehst du aus? Was trägst du?
Was sagen andere über dich und deine positive Veränderung?
Notiere dir die Antworten dazu gern in deinem Tagebuch.
Beobachte dich in deinem Future Self und begib dich dann ganz bewusst in dein zukünftiges Ich hinein, so als würdest du in eine Rolle schlüpfen. Spüre, wie sich dieses positive, gesunde, erfolgreiche (was auch immer du dir wünscht) anfühlt. Genieße dieses Gefühl und speichere es mit einem bewussten Atemzug fest in deinem Körper ab. Vielleicht fällt dir ein Symbol, ein Wort oder eine Farbe ein, mit dem du dieses Gefühl abspeichern kannst. Eine Klientin hat etwa einmal eine kleine Muschel als Symbol für ich Future Self gefunden und sich diese in eine Halskette fassen lassen. So konnte sie sich selbst im Alltag immer wieder daran erinnern, warum sie alte Verhaltensmuster verändern und hinter sich lassen wollte. Sie fasste sich einfach kurz an die Halskette und konnte so etwa den Griff zur Zigarette überwinden (ihr Ziel war es, einen gesünderen Lebensstil zu erreichen).
E) Dankbarkeit
Dr. LaPera fügt auch noch einen Satz zur Dankbarkeit hinzu. Die Dankbarkeitspraxis ist mittlerweile in der positiven Psychologie gut erforscht und es versetzt dich sofort in Wohlbefinden, wenn du dir bewusst machst und auch niederschreibst, wofür du in deinem Leben heute dankbar bist. Meist sind es die Kleinigkeiten, die wir oft für selbstverständlich halten und uns doch so viel Freude bereiten können, wenn wir sie nur achtsam und bewusst erkennen.
Führe diese Übung in den 5 Schritten täglich über zumindest 21 Tage durch und du wirst bereits erste deutliche positive Veränderungen spüren!
Ich wünsche dir viel Erfolg beim Ausprobieren und wertvolle Selbst-Erkenntnisse!
Wie aus Angst Hoffnung wird
Manchmal erwische ich mich dabei, wie ich sorgenvoll aus dem Fenster blicke. Doch ich weiß: Negative Gedanken bringen mich nicht weiter.
Heute habe ich mir Zeit für eine ganz besondere Erfahrung genommen: Ich habe mich einer “social dreaming” Gruppe angeschlossen. Durch Instagram bin ich auf die Psychotherapeutin Dr. Leslee Brown aufmerksam geworden. Die Psychologin und Psychotherapeutin, die unter anderem an der UCLA und der Sigmund Freud Universität tätig war, nimmt Menschen mit auf eine ganz besondere Art des Reisens. Mit ausgewählten Gruppen reist sie um die Welt, um die Menschen sich selbst näher zu bringen. Auf ihrer Website mindbodypassport finden sich neben spannenden Einblicken in ihre Arbeit auch wertvolle Online-Kurse.
Mehr über die wunderbare Arbeit von Dr. Leslee S. Brown: mindbodypassport.com
Genau dort bin ich über die Möglichkeit, an der “social dreaming” Online-Gruppe teilzunehmen, gestolpert. Die Teilnehmer aus aller Welt - von den USA über Argentinien, Taiwan, Italien, Malta und seit kurzem mit mir auch Österreich - treffen sich ein Mal pro Monat und philosophieren gemeinsam über die Erzählungen von Träumen, die andere Teilnehmer einbringen. Für mich war diese Erfahrung sehr beeindruckend.
Was ist social dreaming?
Die Idee zum Social Dreaming wurde 1982 von Gordon Lawrence am Tavistock Institute in London entwickelt. Auf der offiziellen Seite des Centre For Social Dreaming heißt es
… es geht darum, die globale Gemeinschaft durch die sozialen Träume zu verbinden. Beim sozialen Träumen geht es um geteilte, vielfältige Gemeinschaften, sei es durch Üben, Forschen, Trainieren oder Mitmachen. Wir ermutigen Sie, sich der globalen Matrix der sozialen Träumer anzuschließen.
Voller Neugierde freute ich mich auf die heutige Zoom-Gruppe! Nach einer kurzen Begrüßung begann Dr. Leslee Brown, einen ihrer Träume zu erzählen. Eigentlich findet social dreaming ja offline, also analog in einem Raum mit anderen Teilnehmern statt. Dabei sitzt man nicht wie so oft bei Gruppentreffen im Kreis, sondern wie ein “Schneestern” verteilt mit seinen Stühlen im Raum - die Idee ist dabei, sich nicht gegenseitig in die Augen zu sehen, um sich besser auf sich selbst und seine Assoziationen konzentrieren zu können. Seit den vergangenen Monaten hält Dr. Brown ihre social dreaming-Gruppen online ab - dadurch ist es uns überhaupt erst möglich geworden, von überall auf der Welt aus Teil dieser Gruppe sein zu können! Um das Setting möglichst ähnlich zu halten, haben wir alle unsere Kamera ausgeschaltet und der Erzählerin bei ihrer kurzen Ausführung ihres Traums gelauscht. Beim social dreaming geht es nicht um die Interpretation des Erzählten, wie es oft in psychotherapeutischen Selbsterfahrungsgruppen der Fall ist. Nachdem der oder die Erzählende den eigenen Traum kurz dargestellt hat, darf jeder und jede Teilnehmende einfach frei sagen, was ihm oder ihr dazu einfällt. In der Theorie klingt das erst etwas schräg, aber ich bin begeistert von der Gefühlsintensität, die trotz des anonymen Treffens spürbar war. Obwohl wir alle alleine vor unseren Laptops gesessen sind, war durch den gemeinsamen Austausch über den erzählten Traum eine tiefe Verbindung spürbar - und das innerhalb von wenigen Minuten. Beim social dreaming geht es darum, gleiche Ideen, Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten in Gedanken, Empfindungen und auch in Träumen per se zu entdecken. Durch den gemeinsamen Austausch und die fachliche Begleitung der Gruppenleiterin konnten wir in den erzählten Träumen und unseren Assoziationen dazu einen roten Faden entdecken - das war wirklich ein unfassbar spannender Prozess, der weniger als 40 Minuten dauerte!
Wie aus Angst Zuversicht wird
Ohne auf die Themen spezifisch einzugehen, möchte ich dir von meinem Gefühl zu dieser für mich ersten social dreaming-Einheit erzählen. Wir waren auf die allgegenwärtigen Themen wie Covid, der Klimawandel und seine Auswirkungen auf unser aller Leben gekommen. Meine eigene Gefühlswelt wurde getriggered, ich fühlte Ohnmacht, Trauer und Verzweiflung. Kein Wunder: In den vergangenen Wochen hatte ich mich zunehmend mit dem Klimawandel und seinen Folgen für unser aller Leben beschäftigt. Mit Zukunftszenarien, die alles andere als rosig für uns als globale Gesellschaft waren - Szenarien, gezeichnet von angesehenen Experten, die von noch mehr Trennung in Klassen, von Ausgrenzung und noch mehr Ungleichheit auf unserer Welt berichten. Für mich ist es schwer zu akzeptieren, dass es in Zukunft noch größere Klüfte zwischen Arm und Reich, zwischen denen, die im richtigen Ort, in der richtigeren Familie geborgen worden sind und jenen, die den Aufstieg wohl kaum mehr schaffen können, geben soll. Diese Ungerechtigkeit soll durch den Klimawandel noch verschärft werden. Während ich über diese Themen nachdenke und hoffe, dass sich unerwartete Lösungsmöglichkeiten - sei es auf technischer oder auf sozialpolitischer Seite - auftun mögen - führen Hitzewellen zu Rekordtemperaturen und verunstalten Hochwassermassen ganze Landstriche… Ich bin von Natur aus ein positiver Mensch und habe mich von persönlichen Herausforderungen und Krisen niemals unterkriegen lassen. Doch die aktuellen Entwicklungen sind - neben allen Themen rund um die Corona-Pandemie - nicht einfach “wegzudenken”. Sie beschäftigen mich - als Psychologin, als Mama, als Mensch. Ich ertappe mich dabei, sorgenvoll aus dem Fenster zu blicken und in den Herausforderungen, Sorgen und Fragezeichen unserer Zeit zu versinken.
Die social dreaming-Gruppe hat mir dabei heute so gut getan! Denn nach psychischen Tiefgängen, die in mir Angst und Schwermut aktiviert haben, konnten wir durch unser gemeinsames Assoziieren eine stärkende Grundstimmung entdecken. In mehreren Träumen und Assoziationen waren die Dualität des Lebens, schwarz und weiß, gut und schlecht, Wahrheit und Vermutung zum Thema geworden… Ich spürte diese sorgenvolle Seite in mir aufsteigen: Was tun wir unserem Planeten an? Was bleibt für unsere Kinder, für die nächste Generation? Ist denn nicht längst alles zum Verzweifeln?
Und da war genau das, was ich heute gebraucht habe: Diese Öffnung des Blickwinkels, der durch den gemeinsamen Austausch in der Gruppe möglich geworden war. Ist wirklich alles negativ im Moment? Ist alles zum Scheitern verurteilt? Wird alles immer schlimmer? Die Medien, die aktuellen Nachrichten und die Tendenz unseres Gehirns, das Negative besonders leicht zu entdecken lassen uns nur allzu leicht verweifeln. Doch mit ein bisschen Objektivität und Optimismus wird es sogleich leichter, das Leben mit all seinen Herausforderungen zu nehmen, als das, was es ist: Als einzigartiges Geschenk! Als eine Aneinanderreihung von zahlreichen Möglichkeiten und Wegkreuzungen, so vielen Momenten im Jetzt, die zu einer unbekannten Zukunft werden. Diese Erkenntnis, die aus unserem gemeinsamen digitalen Austausch hervorging, ist mir selbstverständlich nicht neu. In meiner Arbeit mit Menschen versuche ich täglich, sie weiterzutragen. Und dennoch, nach so vielen Jahren in diesem Beruf, gibt es Tage, an denen ich mich selbst daran erinnern muss. Heute habe ich sie wieder gespürt, die Macht der eigenen Gedanken und die Auswirkung auf das eigene Befinden.
Auf Dauer nimmt die Seele die Farbe deiner Gedanken an. (Marcus Aurelius)
Schwierige Zeiten und Herausforderungen gehören zu unserem Leben, zu unserem Mensch-Sein einfach dazu, und das seit Jahrtausenden. Voll Zuversicht und Hoffnung gehe ich also weiter, allen Herausforderungen und Sorgen zum Trotz. Ein so befreiendes Gefühl!
Glaubenssätze umprogrammieren: Ängste und Sorgen loslassen
Die Art, wie du über eine Situation denkst, bestimmt, ob du darunter leidest oder nicht. Lerne, deine inneren negativen Glaubenssätze zu erkennen und sie zu verändern. So wirst du gelassener, freier und glücklicher.
Wenn du unter Ängsten und Sorgen leidest, dann kennst du bestimmt das typische Muster: Du hast dir schon x-Mal vorgenommen, dir keine Gedanken mehr darüber zu machen. Du möchtest die Dinge einfach akzeptieren und wünschst dir nur deine Ruhe. Du bist fest davon überzeugt, dass du ab sofort gelassener mit dem Thema oder den Themen umgehen wirst, die dich beschäftigen. Und doch kommst du immer wieder in den Teufelskreis aus negativen Gedanken und diesem Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Die Angst breitet sich in deinem Körper aus, dein Nacken verspannt sich, deine Magengegen verkrampft sich, dir wird heiß und kalt… du bist schon wieder mitten drin im Muster. Es ist einfach so anstrengend!
Als Psychologin und kognitive Verhaltenstherapeutin werfe ich immer einen Blick auf die inneren Prozesse meiner Klienten. Dabei wende ich das berühmte und so hilfreiche Model des Psychologen Albert Ellis an: Das ABC-Modell.
Denn nicht eine Situation an sich (A = Activating Situation, innere oder äußere Umstände, die unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen) machen uns das Leben schwer, sondern unsere Bewertung (B=Beliefs, unsere Erwartungen, Werte und Glaubenssätze) sind verantwortlich dafür, wie wir auf die Situation reagieren (C = Consequenze, unser Verhalten, unsere Gefühle und unsere aktiven Gedanken). Dabei spielen Glaubenssätze eine große Rolle, wenn es darum geht, die eigenen Muster aus Ängsten und Sorgen auf bestimmte Situationen zu verändern. Diese Sätze haben sich in unser Gehirn programmiert wie ein Betriebssystem und sorgen dafür, dass wir ganz automatisch in Gedankenkreisen, Sorgenketten und Ängste geraten. Unsere Glaubenssätze funktionieren wie Ausschnitte aus einem Drehbuch für unser Leben - unser Unterbewusstsein ist unbemerkt ständig auf der Suche nach einer Bestätigung für unsere negativen Erwartungen und so beginnt der Teufelskreis aus negativen Gedanken, schwierigen Situationen und der steigenden Last von Ängsten und Sorgen….
Die gute Nachricht lautet: Wir können unsere Glaubenssätze verändern!
1. Beobachten: Wenn du besser mit Ängsten und Sorgen zurecht kommen möchtest, dann beginne, deine Glaubenssätze zu hinterfragen und neu zu schreiben. Beginne damit, dich im Alltag zu beobachten. Höre in dich hinein und versuche, negative, schmerzhafte Glaubenssätze zu erkennen. Wenn du etwa in Panik gerätst, wenn du an deine berufliche Zukunft denkst, dann sagt die kritische innere Stimme wohl:
“Ohne Arbeit bin ich wertlos.”
“Ich muss etwas leisten, um wertvoll/gleichwertig zu sein.”
“Ich habe immer nur Pech im Leben.”
Versuche, Sätze in dir zu entdecken, die dich negativ beeinflussen. Notiere dir zumindest drei dieser inneren Glaubenssätze in einem eigenen Notizbuch.
2. Glaubenssätze umschreiben: Nun folgt die Veränderung: Überlege dir, wie die Sätze lauten müssten, damit sie dir helfen, anstatt dich weiter runter zu ziehen. Wichtig ist dabei, dass du KEINE Nein-Botschaften verwendest. Also “ich bin kein Versager” kann von deinem Gehirn nicht so gut verarbeitet werden, wie “Ich bin fleißig und stolz auf meine Erfolge". Unser Gehirn kann nämlich nicht gut nicht denken und ignoriert dieses Wort gerne.
Nimm dir jeden deiner Sätze einzeln vor und frage dich: Wie muss er lauten, damit er keine Ängste, Sorgen oder ungute Gefühle in mir auslöst? Achte darauf, dass er zugleich noch realistisch ist! Deine wohltuenden, unterstützenden Glaubenssätze könnten etwa lauten:
“Ich habe schon so vieles geschafft. Diese Hürde ……… (ergänze, was dich gerade beschäftigt) werde ich auch noch meistern.”
“Ich bin ein Mensch mit Stärken und Schwächen.” (falls sich um Versagensängste/Leistungsdruck handelt)
“Ich verändere, was ich verändern kann. Ich akzeptiere, was ich akzeptieren muss.”
Sei geduldig und kreativ und probiere einfach aus, was für dich passt. Denke gar nicht viel darüber nach, sondern notiere dir alles, was dir einfällt. Feile dann so lange an deine positiven Glaubenssätzen, bis sie sich für dich stimmig anfühlen. Dabei ist auch die Formulierung und die Wortwahl sehr wichtig, denn nur wenn du die richtigen Worte findest, kann dein Unterbewusstsein auch glauben, dass diese Sätze wahr sein können.
Gerade zu Beginn wird es dir komisch vorkommen, diese positiven Glaubenssätze ernst zu nehmen. Kein Wunder: Bisher hast du immer die negativen Gedanken als “normal” angesehen und es schützt dich auch vor Enttäuschungen, wenn du lieber gleich immer vom Schlimmsten ausgehst. Doch wenn du dich verändern möchtest, dann beginne genau hier - bei deinen inneren Bewertungen.
3. Positive Glaubenssätze festigen: Wenn du diese drei positiveren Glaubenssätze gefunden hast, dann sorge dafür, dass sie mehrmals täglich liest. Notiere sie dir in schöner Schrift auf Post-its und bringe sie sichtbar am Badezimmerspiegel, in der Küche oder im Autocockpit an. Speichere sie als deinen Handyhintergrund ab. Mache dir Erinnerungen im Kalender mit diesen positiven Glaubenssätzen.
Was bringt diese Übung?
Wenn du deine negativen Glaubenssätze veränderst, veränderst du deine Realität.
“Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen.
Anstatt deinem Gehirn unbewusst zu sagen, dass du machtlos bist, dass du nichts hinbekommst und dem Schicksal ausgeliefert bist, programmierst du dich selbst um. Du stärkst deine Selbstwirksamkeit und deine Resilienz und machst dich so von innen heraus widerstandsfähiger. Ängste, Sorgen und Befürchtungen kennen wir alle, doch durch die bewusste Veränderung der Bewertung gelingt es dir, dich davon nicht runterziehen zu lassen.
Ich wünsche dir viel Erfolg beim Ausprobieren!
Du kannst diese Übung immer wieder durchführen, denn manche Glaubenssätze sind besonders hartnäckig, andere ändern sich im Laufe deines Lebens.
Übung: Mehr Selbstverantwortung lernen
So lernst du, Verantwortung für dein Leben zu übernehmen. Eine Anleitung für mehr Kontrolle, Freiheit und Lebensfreude.
Was bedeutet es eigentlich, Selbstverantwortung zu übenehmen? Ganz einfach erklärt geht es darum, dass du dich dazu entscheidest, dein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Im Alltag haben wir nämlich oft das Gefühl, passiv zu sein. Wir leben neben uns her, wir haben das Gefühl, das Leben lebt uns. Jeden Tag prasseln Aufgaben auf uns herein, wir versuchen, uns irgendwie durch die To Do Liste zu kämpfen. Wir fühlen uns wie der Passagier in unserem eigenen Leben… Das einzige, das uns noch weiter machen lässt, ist die Hoffnung darauf, dass es irgendwann besser, weniger, ruhiger wird. Dass die Herausforderung weniger werden, dass wir endlich weniger zu tun haben, dass uns die anderen mit ihren Bitten und Wünschen endlich in Ruhe lassen.
Raus aus dem passiven Teufelskreis
So geht es ganz vielen Menschen und auch ich erinnere mich in eine Phase in meinem Leben, in dem ich mich wie in einem Hamsterrad gefangen fühlte. Morgens, schon bevor ich meine Augen öffnete, begann das Rad sich zu drehen: Das musst du zuerst erledigen, das darfst du bloß nicht vergessen, darum musst du dich kümmern, beeil dich, streng dich an, das schaffst du ja sowieso wieder nicht alles… Dieser Teufelskreis führte dazu, dass ich mich eines Tages komplett erschöpft fühlte und gar keine Lust mehr hatte, irgendetwas zu tun, obwohl ich bis dahin für alle anderen immer wie eine echte “Powerfrau” gewirkt hatte. Und ja, es machte mir sehr viel Spaß, viele Dinge zu meistern, viele ToDo`s abzuhaken, ob nun im beruflichen oder im privaten Alltag. Während dieser Erschöpfungsphase hatte ich dann weder Lust noch Kraft, mich um meine Aufgaben zu kümmern. Vieles blieb liegen und ich war unglücklich, weil ich es nicht mehr schaffte, meinen Alltag so zu bestimmen, wie ich es von mir gewohnt war. Schwierige Phasen wie diese gehören zu unserem Leben einfach dazu. Wir hadern damit, wir wünschen uns, dass sie möglichst schnell wieder verschwinden, und doch machen sie uns stärker. Genau das ist Reslienz: Aus Krisen zu lernen, Herausforderungen als Lernchancne zu sehen, als Zeiten, die uns dazu zwingen, unser bisherige Art zu leben kritisch zu hinterfragen und die ein oder anderen Stellschrauben zu verändern, um danach besser weiter zu leben.
Ich lebe mein Leben
Dazu gehört auch die Fähigkeit, Selbstverantwortung zu übernehmen, dafür, wie ich mein Leben lebe. Für die Aufgaben, die ich tagtäglich erledige, aber auch für die Zeit, die ich mir und den Menschen, die ich liebe, schenke. Das geschieht nicht nebenbei, vielmehr handelt es sich dabei um eine bewusste Entscheidung. Ich habe gelernt, dass diese Einstellungen einen ganz großen Unterschied macht. Jeden Tag habe ich die Chance und die Verantwortung, meine für diesen Tag begrenzte Zeit und Lebensenergie so einzusetzen, dass ich am Ende des Tages zufrieden bin. Diese Übung hat mir dabei geholfen:
ÜBUNG: Ich übernehme die Verantwortung für diesen Tag
Nimm dir 15 Minuten Zeit, sorge dafür, dass du ungestört bist und überlege (am besten mit Papier und Stift):
Welche Dinge MUSS ich in meinem Leben gerade machen?
Beginne jeden Satz mit “Ich MUSS….”. Dazu zählen die vielen alltäglichen Kleinigkeiten wie aufstehen, Zähne putzen, Frühstücken ebenso wie die Aufgeben, die du in dieser Lebensphase gerade zu erledigen hast, etwa die Schritte für dein Projekt abarbeiten, mit Kunden telefonieren, die Steuererklärung vorbereiten, die Wohnung sauber halten, mit dem Hund spazieren gehen, deine Eltern anrufen, den Müll recyceln… Du wirst merken, dass es sehr viele Dinge und Aufgaben gibt, du du in deinem Leben gerade erledigen “musst.” Die Liste muss nicht vollständig sein, sammle einfach ein paar Aufgaben, die dir spontan einfallen. Du kannst diese Übung immer wieder durchführen und wirst erstaunt sein, wie viele Punkte sich ändern, während andere über lange Zeitphasen gleich bleiben. Zum Beginn reichen 5 bis 10 Punkte.
MUSS ich wirklich ?
Nun sieh dir jeden Punkt genau an und frage dich ganz ehrlich: MUSS ich das wirklich tun oder tue ich es einfach, weil es so zu meinem Leben dazu gehört? Weil ich mich irgendwann im Laufe meines Lebens dazu entschieden habe? Ich ich (versteckte) Vorteile daraus habe, etwa Lohn am Ende des Monats, eine ordentliche Buchhaltung oder einen zufriedenen Hund? Wirst du wirklich dazu gezwungen, diese Dinge zu erledigen? Steht jemand hinter dir, der dich morgen aus dem Bett treibt, dich dazu zwingt, dich anzuziehen und zur Arbeit zu fahren? Du wirst bestimmt sofort diese wiederspenstige Stimme in dir hören, die sagt: Ja klar, muss ich das alles machen, sonst verliere ich meinen Job, sonst geht es meinem Hund schlecht, sonst vermüllt die Wohnung… Ja, damit hat die Stimme natürlich vollkommen recht. Es geht auch nicht darum, Tatsachen zu verdrehen oder sich alles schön zu reden. Vielmehr wirst du erkennen, dass du nichts wirklich musst, sondern du dich zu all diesen Dingen irgendwann entschieden hast. Viele davon haben sich dann im Laufe der Jahre als starkes Verhaltensmuster in dir ausgeprägt - das sind vor allem die ungeliebten Verhaltensweisen, wie etwa Rauchen oder unbewusstes Essen - also Situationen, in den wir auch das Gefühl haben wir “müssen” das jetzt tun.
Die Freiheit der eigenen Entscheidung entdecken
Mach dir noch einmal bewusst, dass du nichts von dieser Liste tun MUSST, sondern du dich vielmehr dazu entscheidest, diese Aufgaben zu erledigen und diese Dinge zu tun. Dieser Perspektivenwechsel verändert sehr viel! Erstens erkennst du, wie viel du täglich leistest! Du erledigst so viele Aufgaben, gibst dafür deine Lebensenergie her, du verbringst Tag für Tag dein Leben damit, diese Dinge zu tun. Sie sind zu deinem Lebensinhalt geworden! Also sei stolz auf dich und das, was du täglich leistest. Im weiteren Schritt kannst du sehen, dass es zu 100 % an dir liegt, ob du dich einer Aufgabe stellst oder nicht. Mit einer bewussten, achtsamen Haltung, einem “Ja”, gelingt es viel besser, alle diese Dinge zu erledigen. Gemacht gehören sie ja ohnehin (außer du erkennst, dass du manches auch sein lassen kannst - umso schöner für dich!), darum lieber mit einer Haltung der Verantwortung und des Bewusstseins. Schreibe dir die Liste deiner Aufgaben noch einmal auf, aber diesmal beginne nicht mit “Ich MUSS…” sonder mich “Ich ENTSCHEIDE MICH FÜR…/ XY ZU MACHEN…/ DIE HERAUSFORDERUNG BESTMÖGLICH ANZUNEHMEN/ MEIN BESTES ZU GEBEN…”
Warum mache ich das eigentlich?
Nun füge bitte noch an jeden Satz deine Individuelle Begründung dazu. …”weil ich”… Das kann etwa sein:
Ich entscheide mich dazu, heute morgen zur Arbeit zu gehen und an meinem Projekt weiter zu arbeiten, weil ich eine gute Mitarbeiterin sein möchte/ mir die Kollegen wichtig sind/ weil mir mein Arbeitsplatz wichtig ist und er mir existenzielle Sicherheit ermöglicht/meine Miete zahlt….
Ich entscheide mich dazu, meine Buchhaltung zu erledigen, weil ich dann weiß, wie viel Geld mir meine Selbstständigkeit bringt/ ich eine verantwortungsvolle Bürgerin bin/ ich mich nicht vor der Steuerbehörde fürchten möchte….
Ich entscheide mich dazu, heute Abend eine Runde laufen zu gehen, weil ich meinem Körper etwas Gutes tun möchte, damit ich lange Zeit fit und gesund bleibe/ weil ich den Dauerstress abbauen möchte/ weil ich dabei meine Lieblingsmusik höre…
Die Macht der Sichtweise
Lege dir beide Listen nebeneinander und spüre den Unterschied! Die Realität hat sich nicht verändert, da sind viele Dinge, die zu deinen Aufgaben zählen. Doch die veränderte Sichtweise bringt dich vom passiven Erdulden und Aushalten ins aktive Übernehmen von Verantwortung und somit zu mehr Freiheit und Kontrolle. Statt dem Druck, der das Wort “MUSS” auslöst, spürst du viel mehr Leichtigkeit, wenn du “ICH ENTSCHEIDE MICH” sagst.
Sei gut zu dir selbst!
Heute weiß ich, dass ich nicht jeden Tag gleich viel erreichen, leisten, erledigen kann. Da gibt es Tage, an denen ich so viel schaffe, dass ich selbst staune. Und dann sind da wieder diese Tage, an denen es schon eine große Leistung ist, abends noch den Geschirrspüler einzuschalten. Und ich habe gelernt: Es ist gut so, wie es ist. Mein Mantra hilft mir dabei sehr:
Ich gebe mein Bestes, und das ist gut genug. Und dieses Beste ist von Tag zu Tag unterschiedlich. Wir alle geben täglich unser Bestes, das, was wir eben heute geben können.
Nimm dir immer wieder Zeit, um diese Übung durchzuführen. Du kannst sie auch ganz spezifisch auf ein Thema anwenden, das dir gerade das Leben schwer macht. Wenn du deine eigenen Motive besser kennst, dann gelingt es dir viel leichter, damit umzugehen und diese Herausforderung bewusster zu meistern.
Ich wünsche dir viel Freude beim Ausprobieren!
Schwierige Zeiten gehören dazu. Welche Antwort gibst du deinem Leben?
Herausforderungen und Krisen sind ebenso Teil unseres Lebens wie Freude und Glück. Durch das bewusste Annehmen der Schwierigkeiten können wir lernen, besser damit umzugehen und daran zu wachsen.
Alle Lebewesen mögen lieber angenehme, wohltuende Situationen, als Herausforderungen und Schwierigkeiten. Selbst Pantoffeltierchen, diese winzigen Einzeller, wenden sich eher hellem Licht als schattigen Ecken ihrer Umgebung zu. Kein Wunder also, dass wir alle es nach Kräften vermeiden, den schwierigen Phasen unseres Lebens gegenüber zu treten. Wir möchten sie beiseite schieben, uns nicht damit beschäftigen, am liebsten unter dem Motto “Augen zu und durch” darauf warten, bis diese Herausforderungen endlich vorüber sind. Wenn wir ganz ehrlich zu uns selbst sind, dann erkennen wir: Die schwierigen Phasen gehören genauso zu unserem Leben wie die schönen. Die Sonnenseiten ebenso wie die Schattenseiten.
Die Resilienzforschung zeigt uns, dass wir durch die Verantwortungsübernahme ganz bewusst lernen können, diese Herausforderungen, die kleineren und größeren Krisen unseres Lebens anzunehmen. Wir können genau hinschauen, was gerade um oder in uns vorgeht, wie wir darauf reagieren (mit unseren Gefühlen, Gedanken und unseren Verhaltensweisen) und können uns bewusst machen, was wir tun können, um möglichst gut durch diese Zeit zu kommen. Dabei ist es wichtig, offen und ehrlich mit sich selbst zu sein und möglichst klar zu unterscheiden:
Was kann ich aktiv beeinflussen?
Was muss ich hinnehmen, besser noch akzeptieren, aber nichts weiter tun?
Mir fällt bei dieser Unterscheidung immer das kraftvolle Gelassenheitsgebet ein:
“Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.”
Muss ich alles akzeptieren?
Viele Menschen stellen Akzeptanz mit Resignation gleich. Sie haben Angst, durch eine akzeptierende Haltung schwierige Situationen hervor zu beschwören oder diese aufrecht zu erhalten. Doch das ist eine der vielen mentalen Verwirrungen, die uns das Leben schwer machen. Denn durch die bewusste Akzeptanz von Situationen, die wir nicht verändern können, werden wir nicht passiv und ohnmächtig, ganz im Gegenteil! Wir erhalten die so wichtige Stärke, die wir in diesen herausfordernden Phasen so dringend benötigen, um nicht aufzugeben.
Das klingt aufwändig und ja, es fällt uns natürlich leichter, sich zu ärgern, zu hadern, allen anderen die Schuld für eine schwierige Situation und ihre Folgen für uns persönlich zu geben. Bis zu einem gewissen Grad ist es auch wichtig und hilfreich, dem eigenen Ärger mal Luft zu machen. Angestaute negative Stimmungen tun uns nicht gut, sie können uns sogar krank machen! Aber nach dem ersten “Abkühlen” können wir uns bewusst dazu entscheiden, Verantwortung zu übernehmen, für diese Aufgabe, die uns das Leben gestellt hat.
Welche Antwort gibst du dem Leben?
Viktor E. Frankl, der Österreichische Arzt und Gründer der Logotherapie, beschreibt die Kraft hinter der Verantwortung mit dem Satz:
“Das Leben fragt. Wir müssen antworten.”
Es liegt also an uns, auf die Herausforderungen zu reagieren. Das gelingt natürlich nicht immer gleich gut. Da gibt es Phasen, in denen wir ohnehin schon angeschlagen sind, ausgebrannt und erschöpft. Und dann kommt die nächste “Keule”. Dann ist es umso wichtiger, auf uns selbst zu achten. Zu erkennen, wie wir uns selbst etwas Gutes tun können, weil wir gerade “strudeln” und nicht wissen, wie lange wir noch “aushalten” müssen. Das können ganz kleine Dinge sein: Die Tasse Kaffee, bewusst genossen. Das offene Gespräch mit der Freundin, aus dem Herzen heraus. Der Spaziergang im Wald, ohne Smartphone, ganz alleine.
Die einzige Konstante? Die Veränderung!
Wenn wir uns dazu entscheiden, den Krisen des Lebens verantwortungsvoll zu begegnen, dann machen wir uns selbst ein Geschenk. Dieses bewusste Annehmen birgt so viele Chancen zum bewussten Wachstum: Wir können durch Krisen stärker, selbstbewusster, mutiger, resilienter, gelassener, zuversichtlicher und demütiger werden, um nur einige Eigenschaften zu nennen, die wir durch die Wanderung in den finsteren Tälern unseres Lebens erlangen können. Dabei geht es nicht darum, dass alles gut ausgeht. Ja, das wünschen wir uns selbstverständlich und in vielen Fällen geht es nach den stürmischen Zeiten wieder ruhiger weiter. Doch es gibt auch Krisen, die unser Leben nachhaltig schwächen, die uns so viel Kraft kosten, dass wir beinahe den Mut verlieren. Gerade diese schwierigen Phasen sind die besten Lehrmeister. Sie zeigen uns, dass wir so vieles über-leben können, dass wir lernen können, ein ganz anderes Leben zu führen, dass wir auch unter völlig anderen Umständen weitermachen können.
Durch bewusstes Üben von Verantwortungsübernahme gelingt es dir, dich bewusst und achtsam auf schwierige Zeiten und Herausforderungen einzustellen.
Ich wünsche dir viel Freude beim Ausprobieren und wertvolle Erfahrungen mit dieser Fähigkeit, die in uns allen verborgen liegt.
Das Geheimnis des Glücks
Was versuchen wir nicht alles, um endlich wirklich glücklich zu sein. Doch gibt es sie eigentlich, die Glücksformel für alle?
Mehr als 7.700.000.000 Menschen leben zu diesem Zeitpunkt auf unserer Erde. Und pro Sekunden kommen im Schnitt 2,6 dazu. Obwohl unser aller Genom zu mehr als 99 Prozent identisch ist, gibt es doch niemanden von uns zwei Mal. Bei eineiigen Zwillingen liegt eine beinahe 100 Prozent gleiche DNA vor. Aber eben nur beinahe. Jede und jeder von uns ist einzigartig, individuell, mit den ganz eigenen Stärken und Schwächen, Vorstellungen und Werten, Wünschen und Bedürfnissen. In dieser Individualität liegt auch der Schlüssel zum persönlichen Glück: Da gibt es keine Formel, die wir 1 zu 1 anwenden und ab sofort glücklich und zufrieden leben. Genau das versuchen uns jedoch Werbebotschaften auf allen Kanälen einzureden: Kauf dir diese Schuhe, du brauchst diese Handtasche, dieses Workout, diesen Körper, dieses Sofa… um wirklich glücklich zu sein. Und wir, besser gesagt unser Gehirn, das von Natur aus faul und möglichst energiesparend ist, lassen uns nur gerne einhüllen von der Vorstellung, dass es wir nur DAS Produkt kaufen müssen, auf DIESE Art und Weise leben müssen, DIE bestimmte Summe auf unserem Konto haben möchten, um endlich wirklich glücklich sein zu können. Konkret sieht das so aus: Werbung zeigt uns, wie Menschen erfolgreich, fit, glücklich und zufrieden sein können, indem sie ein bestimmtes Getränk trinken, eine bestimmte Armbanduhr anlegen oder ein begehrtes Paar Sneakers an ihren Füßen tragen. Wir sehen, wie perfekt gestylte Mütter mit ihren immer glücklichen Kindern im hygienisch sauberen Wohnzimmer spielen. Wir sehen den erfolgreichen Manager, der nach einem Meeting-Marathon noch seinen Körper stählt und dann in seinem Sportwagen steigt. Diese Bilder des perfekten Glücks wecken Bedürfnisse in uns: DIESES Leben will ich auch. Und die Werbebotschaft lautet: DAS kannst du haben! Alles was du dafür tun musst, ist: Gib uns dein Geld. Kaufe. Konsumiere dich glücklich.
© taylorgsimpson/ unsplash: Konsum sorgt nur kurz für Glücksmomente. Doch die Euphorie verfliegt rasch.
Jeder will glücklich sein
Wenn du bis hierher gelesen hast, kommen dir solche oder ähnliche Situationen wohl bekannt vor. Du spürst: In mir ist dieser Wunsch nach Zufriedenheit, nach Freude, nach Glück. Kein Wunder: Jeder Mensch, ja jedes Lebewesen, wünscht sich ein schönes, glückliches Leben. Doch wenn wir ganz ehrlich mit uns sind und uns von außen betrachten, erkennen wir: Konsum per se macht nicht glücklich. Selbstverständlich gehört es zu unserer Individualität, zu unserem Lifestyle, zu unserer Persönlichkeit dazu, sich mit schönen Dingen zu umgeben. Das kann ein besonderer Modestil ebenso sein wie ein besonderes Schmuckstück, ein schnelles Auto oder das Yoga-Retreat. Auch die Wahl unserer Lebensmittel ist ein Ausdruck unserer Selbst - kaufe ich regional und biologisch, weil mir das wichtig ist? Würde ich zu diesen Produkten auch dann greifen, wenn es kein Marketing gäbe, das mir sagt: Kauf die Bio-Mandelmilch, weil du ein Mensch bist, der auf dich, auf deinen Körper, auf die Umwelt schaut? Wohl eher nicht. Alles, was wir kaufen, alles, womit wir uns umgeben, ist Ausdruck unserer Persönlichkeit. Doch diese Dinge alleine machen das Leben noch nicht nachhaltig schöner.
Was macht mich glücklich?
Philosophen, Gelehrte und Schriftsteller beschäftigen sich mit der Frage “Was macht den Menschen glücklich” schon seit Jahrtausenden. In der Psychologie hat die Betrachtung der schönen Seiten des Lebens erst seit den 80er Jahren ihrem Platz gefunden. Von der Zeit um 1900 bis zu dieser Wende beschäftigte sich die Psychologie vor allem mit den psychischen Störungen. Mit Arbeiten wie jene des Medizinsoziolgen Aaron Antonovsky veränderte sich dieses Bild langsam. Das von ihm postulierte Salutogenese-Modell (lateinisch salus ‚Gesundheit', ‚Wohlbefinden' und -genese, also etwa „Gesundheitsentstehung“, Wikipedia) fokussierte sich auf jene Faktoren, die unser Leben lebenswert machen und somit zu unserem Gesundheit und unserem Wohlbefinden beitragen. Ein wichtiger Punkt in diesem frühen Modell war das Sinn-Erleben.
© mathieustern / unsplash: So einzigartig wie wir so sind es auch unsere Fähigkeiten und Bedürfnisse.
Sinne und Werte leben
Alle Menschen haben die selben Grundbedürfnisse: Wir möchten geliebt werden, wir wünschen uns freie Bestimmung unseres Lebens, wir möchten Sicherheit, soziale Anerkennung, Verbundenheit mit anderen Menschen, Entwicklung und Wachstum sowie Selbstentfaltung und Leistung. Dabei ist die Ausprägung der jeweiligen Bedürfnisse von unserer individuellen Persönlichkeit abhängig. Während für den einen die eigene Freiheit das höchste Gut ist, fühlen sich andere erst dann wirklich wohl, wenn sie ihre Liebsten möglichst nahe bei sich haben und eng in einer Gemeinschaft integriert sind. So individuell wie unsere Grundbedürfnisse, so sind es auch unsere Fähigkeiten. Lange Zeit galt Intelligenz als eine der wichtigsten Fähigkeiten, doch heute wissen wir: Da gibt es so viel mehr. Remo Largo, Arzt und Entwicklungsforscher, beschreibt in seinem Werk “Das passende Leben” die Vielfalt unserer Fähigkeiten: Von sprachlicher über körperlicher bis hin zu logisch-mathematischer und sozialer Kompetenz, von motorischer über räumlicher bis hin zu musikalischer Kompetenz - so individuell wie wir, so sind es auch unsere Fähigkeiten und Kompetenzen. Das von ihm entwickelte Fit-Prinzip beschreibt, wie das Leben gelingt: Wenn wir unsere Kompetenzen und unsere Grundbedürfnisse so leben können, wie sie in uns angelegt sind. Wenn wir in unserem Leben, in unserem Alltag, so leben können, wie es zu unserer Individualität und unserer Persönlichkeit passt.
Jeder Mensch ist einzigartig.
Seine Individualität zu leben
macht den Sinn des Lebens aus.
Remo H. Largo, Das passende Leben
Achtsamkeit
Je bewusster wir unser Leben leben, desto glücklicher sind wir. Denn Ängste, Befürchtungen und Sorgen entstehen dann, wenn wir an die Ungewissheit der Zukunft denken oder darüber nachgrübeln, was in der Vergangenheit passiert ist. Die radikale Fokussierung auf den jeweiligen Augenblick befreit uns von negativen Gedanken und den damit verbundenen Gefühlen. Mit etwas Distanz können wir bei den meisten Themen, die uns sorgen, erkennen: Unsere Befürchtungen verändern nichts an der Realität. Vielmehr vergiften sie das Hier und Jetzt. Dabei verschenken wir wertvolle Momente des Glücks, allen Herausforderungen zum Trotz. Studien über Resilienz (die geistige Widerstandskraft) haben gezeigt: Menschen, die sich auch durch schwerwiegende Schicksalsschläge nicht unterkriegen lassen, fokussieren sich auf die Gegenwart. Sie schaffen es, sich aus der Wehmut des Vergangenen und aus den Sorgen über das Zukünftige zu befreien.
© unsplash. Der gegenwärtige Moment ist ein wertvolles Geschenk, allen Sorgen zum Trotz.
Dankbarkeit
Wofür bist du heute dankbar? Diese Worte lese ich in letzter Zeit vermehrt in social media-Postings. Wie wunderbar! Denn diese einfach Übung, die dem Buddhismus entstammt, hilft uns dabei, zufriedener, glücklicher und somit auch gesünder zu sein. Dabei geht es nicht darum, alles Schwierige und Negative in unserem Leben zu verdrängen. Unser Gehirn ist so programmiert, dass wir all das Negative ohnehin viel eher sehen als das Positive - ein Phänomen, das in der Psychologie als negativity bias beschrieben wird. Durch das bewusste Üben von Dankbarkeit programmieren wir uns neu. Wenn wir über mehrere Tage hinweg am Ende des Tages darüber nachdenken, wofür wir heute dankbar sind, trainieren wir unser ARAS, das aufsteigende retikuläre System im Hirnstamm. Dieser Bereich steuert deine Aufmerksamkeit und durch den bewussten Fokus auf all die schönen und positiven Seiten in deinem Alltag lenkst du deine Aufmerksamkeit auf genau diese Momente. Bereits nach wenigen Tagen fällt dir auf: Da ist schon wieder ein wunderbarer Moment, eine Begegnung, ein Gespräch, das nicht selbstverständlich ist! Hier entdeckst du wertvolle Artikel zum Thema Achtsamkeit.
Akzeptanz
Auch wenn wir es am liebsten nicht wahr haben wollen: Schwierigkeiten und Herausforderungen gehören zu unserem Leben einfach dazu. Positives Denken wurde oft fälschlicherweise als der Versuch verstanden, alles Negative zu ignorieren, ja sogar zu leugnen. Das ist keine sinnvolle Strategie. Wenn wir wirklich glücklich sein möchten, müssen wir uns auch die dunklen Seiten unseres Lebens bewusst machen. Die Kunst liegt darin, uns nicht von ihnen einnehmen zu lassen, nicht in Sorgen, Ängsten, Niedergeschlagenheit, Verzweiflung zu verharren. Deshalb ist bewusste Akzeptanz so hilfreich. Was ist, ist. Mit dieser Grundhaltung nehmen wir das Leben an, wie es eben gerade läuft. Wie ein mutiger Krieger, der erhobenen Hauptes in den Krieg zieht, akzeptieren wir die Schwierigkeiten, die uns fordern. Akzeptanz meint aber keineswegs Resignation. Vielmehr ist diese Haltung die Basis für den aktiven Umgang mit eben jenen Aufgaben, die das Leben an uns stellt. Mehr über die wunderbare Fähigkeit der Akzeptanz liest du hier: Zu den Beiträgen.
Gemeinschaft
Wir Menschen sind soziale Wesen. Ohne den Zusammenhalt und das Miteinander wären wir nie dort, wo wir heute sind: Die am höchsten entwickelte Spezies auf diesem Planeten. Das Bedürfnis nach dem Gegenüber ist uns als eines der stärksten Bedürfnisse in die Wiege gelegt - Menschenbabies sind ohne die Bindung an ihre Mutter oder eine andere Bezugsperson nicht überlebensfähig. Auch wenn sich die Bezugspersonen im Laufe unseres Lebens verändern, wir alle brauchen Menschen, die uns auf unserem Weg begleiten: Erst Familienmitglieder, später Freunde, der Partner, die eigenen Kinder, Kollegen, Bekannte. Ob analog oder digital, wir brauchen ein Gegenüber. Menschen, bei denen wir sein können, wie wir sind. Mit denen wir Freude und Leid teilen, auf die wir uns verlassen können, denen wir vertrauen dürfen. Der Psychoanalytiker Erich Fromm sprach davon, dass der “Mensch am Du zum Ich” wird und meinte damit, dass wir uns selbst erst durch den Austausch mit anderen wirklich ent-wickeln können. Das Bewusstsein, wie wichtig die Gemeinschaft für uns alle ist, droht in unserer individualistischen Gesellschaft leicht in Vergessenheit zu geraten. Meist spüren wir diese tiefe Sehnsucht nach dem Gegenüber erst dann, wenn es uns nicht so gut geht. Dabei tut es so gut, sich gegenseitig auch in der Hektik des Alltag wieder Zeit für das Miteinander, das ausgiebige Gespräch, das aufrichtige Interesse am Anderen, zu schenken.
© wildthingsfoto/ unsplash. Wir Menschen brauchen einander, um wirklich glücklich zu sein.
Diese Sammlung an Faktoren, die unser persönliches Glück ausmachen, ist keinesfalls erschöpfend. Sie soll ein Impuls für dich sein, selbst nachzudenken: Wie sehen meine Grundbedürfnisse aus? Wer bin ich? Wie kann ich meine Fähigkeiten und Kompetenzen in meinem Alltag leben? Durch mehr Achtsamkeit, Dankbarkeit und Akzeptanz entwickelst du eine sichere, starke Basis, um das Leben mit all seinen Herausforderungen und Wundern (noch) besser annehmen zu können. Wenn wir uns dann auch noch bewusst machen, dass kein Mensch eine Insel ist und wir unser Gegenüber als wertvolle Wegbegleiter mit seiner jeweiligen Individualität erkennen, sind wir unserem ganz persönlichen Glück ein Stück näher gekommen.
Es ist nicht eine blinde Macht von außen, deren Spielball wir sind, sondern es ist die Summe der Gaben, Schwächen und anderen Erbschaften, die ein Mensch mitgebracht hat. Ziel eines sinnvollen Lebens ist, den Ruf dieser inneren Stimme zu hören und ihm möglichst zu folgen. Der Weg wäre also: sich selbst erkennen, aber nicht über sich richten und sich ändern wollen, sondern das Leben möglichst der Gestalt anzunähern, die als Ahnung in uns vorgezeichnet ist.
Hermann Hesse, 1928
Optimismus üben: Positive Szenarien planen
Positives Denken lässt sich üben. Aus Erfahrungen lernen wir, wie oft wir mit unseren Befürchtungen falsch liegen.
Es fällt uns Menschen viel leichter, das Negative zu sehen als das Positive. Durch bewusstes Umdenken können wir uns aber darauf trainieren, unseren Blickwinkel immer wieder aktiv zu verändern. Dabei hilft dir die Übung nach dem ABC-Modell. Erinnere dich an eine Situation in deiner Vergangenheit, die dich sehr beunruhigt hat und bei der du im Nachhinein erkannt hast, dass alles gar nicht so schlimm war, wie befürchtet.
Schritt A: Liste alle “Katastrophenszenarien” auf, die dir damals durch den Kopf geschwirrt sind.
Schritt B: Jetzt streiche alle durch, die nicht eingetreten sind.
Schritt C: Überlege, warum diese Szenarien nicht eingetroffen sind.
Meist gibt es einen der folgenden Gründe, warum Katastrophen nicht so eintreten, wie befürchtet:
Wir haben viel zu wenige Informationen und übersehen Unerwartetes
Wir denken zu negativ und rechnen nicht mit positiven Entwicklungen
Wir fokussieren uns so sehr auf das Negative, dass das Positive gar nicht wahrgenommen wird
Schreibe dir nun nieder, wieso die befürchtete Katastrophe nicht eingetreten ist, nach dem Beispiel:
“Ich hatte zwar befürchtet, dass…. aber dabei nicht daran gedacht, dass ….. Nun ist die Situation … ausgegangen.”
Denke noch an ein zwei andere ähnliche Situationen und betrachte sie nach dieser Vorlage. Vielleicht erkennst du ein Muster in deinem Denken, das du verändern kannst, um ab sofort positiver und optimistischer an die Herausforderungen heran zu treten?
Ich wünsche dir viel Freude beim Ausprobieren und Entdecken!
Optimismus stärken: Endlich positiv denken
Wir können lernen, aus Krisen gestärkt hervor zu gehen. Mit diesen fünf Tipps zeige ich dir, wie du optimistischer und damit resilienter wirst.
Resilienz beschreibt die geistige Widerstandskraft. Also unsere Fähigkeit, trotz Krisen nicht zu verzweifeln. Diese wertvolle Fähigkeit liegt in uns Menschen verborgen und je nach Persönlichkeit tun sich manche leichter damit, mit Herausforderungen zurecht zu kommen, als andere. Doch die gute Nachricht lautet: Wir alle können reslietener, mental stärker und damit freier werden. Diese Zeit macht uns schmerzhaft deutlich, dass wir uns vor Krisen und Scwheriegkeiten nicht verstecken können. Selbst wenn viele durch die globale Pandemie gar nicht direkt betroffen sind, leiden wir darunter: Wir vermissen unser altes Leben, Freunde, den alten Arbeitsalltag, die Leichtigkeit, manchmal sogar die Hektik, die früher zum Alltag gehörte und heute einer diffusen Mischung aus Unsicherheit, Überforderung und Sinnlosigkeit gewichen ist.
Die psychologische Forschung zeigt uns: Wir Menschen können lernen, an Krisen zu wachsen. Es klingt abgedroschen, doch Entwicklung findet eben nur außerhalb unserer Komfortzone statt und genau das können wir aktiv in Angriff nehmen.
Resilienz steht auf mehreren „Säulen“, also Bereichen, die wir stärken können. Eine Fähigkeit, die uns mental stabiler und gelassener macht, ist der Optimismus. Das Wort geht auf das lateinische „optimus" zurück, den Superlativ von „minus“ und heißt soviel wie „sehr gut“, „wohl“ oder auch „glücklich“. Optimisten werden gerne als Menschen gesehen, die das Glas grundsätzlich halb voll betrachten. Sie wünschen sich für ihr Leben das Allerbeste, das Optimum, das Glücklichste - ein tiefes Bedürfnis nach Glück und Zufriedenheit macht optimistische Menschen aus.
© unsplash: Du kannst lernen, optimistischer und dadurch glücklicher und gesünder zu werden.
Der Wunsch nach diesem Zustand liegt in jedem Menschen verborgen, wir alle wünschen uns ein Leben mit viel Glück und Freude, wollen zufrieden und gelassen sein, ohne dass wir uns sorgen oder ärgern müssen. Die tiefe Überzeugung, dass sich im Leben allen schwierigen Phasen zum Trotz alles zum Guten wenden wird, ist eine so wohltuende Fähigkeit, dass immer mehr Menschen sie bewusst einüben. Kein Wunder: Durch diese mentale Veränderung werden wir stärker, gelassener und letzen Endes auch glücklicher - den Stürmen des Lebens zum Trotz.
Echter Optimismus meint dabei nicht, Probleme zu verleugnen. Es geht vielmehr darum, dem Leben Ich denke an Viktor Frankl, der mit seinem „Trotzdem Ja zum Leben sagen“ ein Vorbild für Millionen Menschen war und ist, die sich in scheinbar ausweglosen Krisensituationen befunden haben.
Negatives Denken ist kein Schicksal
„Optimismus ist die Zuversicht auf ein Licht in und nach der Dunkelheit“, sagt die Resilienz-Expertin Fabienne Berg. Eine optimistische Lebenseinstellung begleitet uns durch schwierige Zeiten und gibt uns dabei Halt, aus uns selbst heraus. Das macht uns freier und unabhängiger - auch von der Illusion, dass wir nachhaltige Freude und Entspannung durch Dinge erlangen können, die im Außen liegen: Anerkennung, Geld, Status, Konsum… All diese Dinge sind schön, sind angenehm, bereiten uns kurzfristig Freude, trösten uns mal an schwierigen Tagen. Doch echtes, nachhaltiges und authentisches Glück können wir nur in uns selbst finden. Eine sehr wohltuende Erkenntnis, wie ich finde.
Bewusster Fokus auf die Sonnenstunden
Gerade in schwierigen Zeiten tun wir uns schwer, optimistisch zu sein. Wir neigen leicht dazu, die negativen Seiten des Lebens zu sehen, mehr schwarz als weiß zu denken, die Sonne hinter den Regenwolken zu vergessen. Doch durch den bewussten Fokus auf das Gute, auf all das, wofür es sich zu leben lohnt, tun wir uns leichter, mit den Schwierigkeiten zurecht zu kommen. Eine bedeutende Rolle dabei spielt auch die Hoffnung darauf, dass es wieder bergauf geht, darauf, dass wieder sonnigere Phasen kommen.
Ich habe diese wertvollen Übungen für mehr Optimismus im Buch von Resilienz-Expertin Fabienne Berg entdeckt und wende sie in meiner Praxis ebenso wie in Seminaren gerne an, um die Optimismus meiner KlientInnen zu steigern:
Resilienzübung: Stärke dich selbst durch Optimismus
Wir Menschen haben die Fähigkeit, an Herausforderungen zu wachsen. Unsere Resilienz können wir ganz bewusst stärken.
Wir Menschen sind Meister des Verdrängen. Das hat der “Vater der Psychologie” Sigmund Freud bereits erkannt und ausgiebig beschrieben. Auch wenn wir wissen, dass Herausforderungen einfach Teil unseres Lebens sind, versuchen wir diese Tatsache zu verdängen, so gut es geht. Ein Jahr wie das “Corona-Jahr” 2020 hat uns allen gezeigt, wir fragil unser Leben ist, wie unsicher die vermeintliche Sicherheit. Nichts ist wirklich planbar, alles ist relativ. Neben all den kurz- und langfristigen Schwierigkeiten, die die weltweite Pandemie mit sich gebracht hat, gibt es doch viele Menschen, die erkannt haben, wie gut es Ihnen allen Herausforderungen zum Trotz geht. Obwohl kleine und große Katastrophen eingetreten sind, haben sie die meisten Hürden bisher gemeistert. Wir alle haben gelernt, all das zu schätzen, was wir bisher vielleicht für selbstverständlich gehalten haben.
Bei vielen Menschen hat sich auch ein latentes Angstgefühl festgesetzt. Kein Wunder: Die vergangenen Monate waren alles, außer vorhersehbar. Durch diese allgegenwärtige Unsicherheit wird in regelmäßigen Abständen eines unserer wichtigsten Grundbedürfnisse erschüttert: Das Bedürfnis nach Kontrolle und Orientierung, das in uns den Wunsch nach Sicherheit hervorruft. Je unsicherer wir uns fühlen, umso ängstlicher sind wir - und umgekehrt. Da permanente Angstgefühle auf Dauer negative Auswirkungen auf unser Wohlbefinden und unsere psychische Gesundheit haben, ist es sinnvoll, die eigene Resilienz zu stärken. Denn auch wenn wir das Allerbeste hoffen: Niemand von uns weiß, was die Zukunft für uns bereit hält. Wir können wieder zurück in die alte Haltung des Verdrängens und passiv darauf warten, dass “eh alles gut geht”. Oder wir können die Herausforderungen unserer Zeit bewusst als Chance zur persönlichen Entwicklung sehen und daran wachsen.
Resilienz in den Genen? Die Kauai-Studie
Ähnlich unserem Immunsystem können wir auch unsere seelische Widerstandsfähigkeit stärken. Das Wort “Resilienz” leitet sich vom lateinischen Wort “resiliere” ab und bedeutet in etwa “abprallen” bzw. “zurückspringen”. Eine direkte Übersetzung gibt es nicht, daher wird Resilienz oft mit geistiger Flexibilität oder Belastbarkeit gleichgesetzt. Die Beschreibung “verwundbar aber unzerstörbar” trifft es aus meiner Sicht sehr passend. Die psychologische Forschung rund um die “Kauai-Studie” zählt zu den umfangreichsten empirischen Erhebungen rund um das Phänomen Resilienz. Dabei wurden seit den 1960er Jahren Kinder aus sozial schwierigen Verhältnissen untersucht und im Laufe der nächsten 40 Jahre immer wieder befragt. Die Ergebnisse waren erstaunlich: Trotz ähnlicher schwieriger Startbedingungen konnten rund ein Drittel der Kinder später ein erfülltes und gelungenes Leben führen. Dabei wurden Faktoren wie Selbstwirksamkeit, beruflicher Erfolg, gelungene Beziehungen und subjektives Glücksempfinden erhoben. Die Ergebnisse der rund 700 Teilnehmer sind bis heute eine der bekanntesten Hinweise auf die Auswirkung des Resilienzfaktors auf unser Leben. Die Forscher nannten einerseits die Gene, andererseits wichtige Bindungserfahrungen mit zumindest einer Bezugsperson als resilienzstärkende Faktoren.
Hier findest du einen spannenden Beitrag über die “Kauai-Studie” in der Süddeutschen Zeitung.
Resiliente Menschen haben ein gutes Gespür für sich selbst und ihre Bedürfnisse. Wenn du nicht das Glück hattest, dieses Gespür auszuprägen, dann kann ich dich beruhigen: Wir Menschen sind bis ins hohe Alter fähig, uns zu verändern. Wir können uns selbst besser kennenlernen und somit unser Leben ab sofort positiver gestalten. Die Vorstellung, dass wir mit unseren Aufgaben wachsen, beschreibt dabei, wie das gelingen kann. Wenn du resistente werden möchtest, dann gibt es zahlreiche Übungen, die dich dabei unterstützen. Dabei ist es wichtig, das richtige Maß zwischen Unterforderung und Überforderung zu finden: Entwicklung findest außerhalb der eigenen Komfortzone statt, das zu starke Ausreizen der eigenen Grenzen führt jedoch schnell zur Erschöpfung.
Die Resilienzfaktoren
In der Psychologie sehen wir Resilienz als die Fähigkeit, sich von Krisen nicht unterkriegen zu lassen und daran zu wachsen. Wir Menschen verfügen über so genannte Schutzfaktoren, die uns dabei unterstützen, besser mit den Herausforderungen unseres Lebens zurecht zu kommen. Dazu zählt einerseits unsere Einstellung und die Art, wie wir Dinge sehen. Wenn ich etwa ständig das Negative fokussiere, wird mir das zusätzlich zur Tatsache, dass schlimme Dinge immer wieder passieren, auch noch unnötig Kraft, die ich viel sinnvoller einsetzen könnte. Klar, wir alle müssen uns hier und da aufregen und unserem Ärger oder unseren Sorgen Raum verschaffen! Das ist nur menschlich! Doch wenn es uns nicht gelingt aus dem Tal voller Ängsten, Befürchtungen und negativen Gefühlen zu versinken, dann drohen wir, unterzugehen. Das schadet auf Dauer unserer Gesundheit! Wenn wir langfristig gut durch die großen und kleinen Stürme unseres Lebens kommen möchten, dann tut uns eine große Portion Optimismus gut. Ein weiterer Resilienzfaktor sind stabile soziale Beziehungen. Wir tun also gut daran, uns um Menschen zu kümmern, die uns nahe sind - wenn auch manchmal in digitaler Form. Die bewusst gewählte Akzeptanz ist eine weitere Fähigkeit, die wir trainieren können. Für viele Menschen ist auch ein starker Glaube sehr stärkend. Das kann, muss aber nicht der religiöse Glaube sein. Auch die bewusst gelebte Spiritualität gibt uns das Gefühl, zu einem größeren Ganzen zu gehören und nicht alleine mit unseren Ängsten, Sorgen und Problemen zu sein.
Photo by Katrina Wright on Unsplash: Wir können uns auf das Gute im Leben fokussieren und uns somit selbst etwas Gutes tun.
Übung: Resilienz stärken durch Optimismus
Diese Übung für mehr Resilienz habe ich in dem wundervollen “Übungsbuch Resilienz” von Fabienne Berg entdeckt. Die erste von 50 Übungen, die die Autorin vorstellt, lädt uns zu einer Bestandaufnahme ein: Wie optimistisch bin ich?
Nimm dir ein paar Minuten Zeit und sorge dafür, dass du ungestört bist. Schalte dein Handy auf Flugmodus und mache es dir mit deinem Notizbuch bequem. Vielleicht möchtest du dir eine Tasse Tee zubereiten oder eine Duftkerze entzünden?
Die Fragen der Autorin können dir als Orientierung dienen, du musst sie natürlich nicht alle beantworten.
Überlege, wie es dir mit dem Wort “Optimismus” geht. Was denkst du, wenn du dieses Wort liest/hörst?
Bist du ein zuversichtlicher Mensch? Wie zeigt sich das in deinem Leben?
Falls nein, was denkst du erreicht du damit? Oft steckt hinter einer ängstlichen/negativen Haltung ein unbewusstes Ziel - etwas “Wenn ich alles negativ sehe, kann ich auf keinen Fall negativ enttäuscht werden.”
Hast du schon einmal versucht, optimistischer zu werden? Wenn ja, ist es dir gelungen - was konkret hat dir gut getan?
Welche Bedeutung hat Hoffnung in deinem Leben?
Welche Vorstellung hast du vom “guten Leben”?
Was macht dir wirklich Freude?
Was tut dir gut?
Wenn du drei Wünsche frei hättest, wie würden diese lauten?
Photo by Hannah Jacobson on Unsplash: Das Niederschreiben mit Stift und Papier ist besonders wirkungsvoll.
Durch diese Fragen kannst du dich dazu inspirieren lassen, deine eigene Haltung zum Leben und zur optimistischen Haltung zu reflektieren. Von deinen Antworten aus kannst du Schritt für Schritt mehr zu einer positiveren Sichtweise gelangen.
Ich wünsche dir viel Freude beim Reflektieren und Ausprobieren!
Draußen genießen: Die Natur als Krafttankstelle
Wenn wir bewusster leben wollen, gibt es im Alltag zahlreiche Möglichkeiten, um Achtsamkeit zu üben. Die Natur lädt uns ein, alle Sinne zu wecken.
Wenn du besser mit “schlechten” Gefühlen und negativen Gedanken zurecht kommen möchtest, dann bietet dir Achtsamkeit viele Möglichkeiten, um mehr mehr Freiheit und Kontrolle zu erlangen. Denn durch diese Fähigkeit, die in uns allen verborgen liegt, können wir aus alten Mustern aussteigen. Du kennst das bestimmt: Da hast du dir schon x-Mal vorgenommen, nicht mehr so leicht die Fassung zu verlieren, du startest voller guter Vorsätze in deinen Tag und doch gibt es wieder die eine oder andere Situation, die dich wahnsinnig macht. Vielleicht ist es der raue Ton deines Partners, die fordernden Bitten deiner Kinder oder die nervige E-Mail… von einem Augenblick auf den anderen kommst du komplett an deine Grenzen. Du reagierst alles andere als ruhig, du sagst oder tust Dinge, die du später vielleicht bereust. Du bist nicht du selbst. Um deinen Umgang mit schwierigen Situationen, mit nervenaufreibenden Diskussionen und stressigen Tagen zu verändern, braucht es mehr als gute Vorsätze. Kein Wunder: Du hast wohl über Jahre, ja wohl Jahrzehnte so reagiert. Mit großer Wahrscheinlichkeit hast du als Kind deine engen Bezugspersonen, allen voran deine Eltern, dabei beobachtet, wie man mit schwierigen Situationen umgeht und darauf reagiert. Diese Reaktionsmuster hast du dann als deine eigenen abgespeichert - Kinder beobachten Erwachsene und denken sich “Ah, so verhält man sich also, wenn man groß ist.” Erst viel später merken wir, dass diese automatischen Muster in vielen Fällen nicht hilfreich, sondern sogar hinderlich sind. Durch unsere wütende, laute, resignierende oder hysterische Reaktion bringen wir unsere Lieben ganz schön an ihre Grenzen. Außerdem tut es uns selbst nicht gut, wenn wir mit solchen beinahe schon reflexartigen Gefühlsausbrüchen reagieren. Genau so sind diese Verhaltensweisen in uns abgespeichert - als völlig automatische Muster, ähnlich schnell wie ein natürlicher Reflex. Doch wir wissen: Diese Muster können wir verändern. Dazu braucht es Achtsamkeit, denn die Veränderung gelingt nicht nebenbei.
Du möchtest besser mit Gefühlen, Gedanken und ungeliebtem Verhalten umgehen lernen? In meinen Mindful Living Kursen zeige ich dir, wie du dein Leben in nur 5 Wochen zum Besseren veränderst und mehr Freiheit und Kontrolle erlangst.
Hier findest du einen Beitrag zum Thema Veränderung (klick)
Achtsamkeit ist der Schlüssel zu einem besseren Leben. Um achtsamer, also bewusster, zu werden, gibt es täglich viele Möglichkeiten. Wenn du achtsamer wirst, dann gelingt es dir nach und nach:
bewusster zu werden
Das ist der wichtigste Schritt, um alte, ungeliebte Muster zu erkennen und ab sofort anders damit umzugehen, was du erlebst. Du verstehst, was gerade um dich herum passiert, welche Situation in dir welche Gefühle auslöst und kannst dann entscheiden, ruhiger, überlegter, selbstbestimmter, aktiv statt passiv, darauf zu reagieren. Ein sehr befreiendes Gefühl!
in den jeweiligen Moment, also ins Hier und Jetzt zu kommen
Genau da musst du mit deinen Gefühlen und Gedanken auch hin, um dein Leben zu verändern. Denn in diesem jeweiligen Moment findet dein Leben ja statt. Jetzt möchte dein Partner mit dir in Ruhe reden, obwohl die Kinder nörgeln. Jetzt braucht der Chef mal wieder etwas ganz dringend, obwohl die Mittagspause bereits begonnen hat. Jetzt macht dich die innere Stimme runter, obwohl du gerade richtig stolz auf dich sein möchtest. So unterschiedlich diese Beispiele auch sind, Achtsamkeit hilft dir in allen Situationen deinen Lebens besser, gelassener und ruhiger zu reagieren.
Gefühle und Gedanken zu erkennen, ohne sie zu bewerten
Durch diese achtsame Haltung gelingt es dir, dich und deine Gefühle von dem, was gerade passiert, zu entkoppeln. Bisher lebst du in vielen Situationen in einem Wirr-Warr aus Triggern (Reizen, die in dir eine bestimmte, erlernte Reaktion auslösen), alten ungeliebten Reaktionsmustern und dem Teufelskreis aus überwältigenden Gefühlen, schlechtem Gewissen und Angst vor dem nächsten Kontrollverlust. Durch Achtsamkeit kannst du erkennen, dass du nicht in einer bestimmtem Art reagieren musst, du akzeptierst, dass schwierige Momente zu deinem Leben dazu gehören, du machst dir bewusst, dass auch “negative” (also unangenehme) Gefühle wie Wut, Angst, Trauer und Leid zu unserem Mensch-Sein dazu gehört, es aber einen großen Unterschied macht, wie du auf diese Gefühle reagierst.
Du siehst: Achtsamkeit ist der Schlüssel zu Freiheit und Kontrolle und somit zu einem selbstbestimmten, glücklichen Leben.
Es gibt zahlreiche Übungen, durch die du im Alltag achtsamer werden kannst. Hier findest du eine Übersicht: Tipps für mehr Achtsamkeit
Eine Möglichkeit, achtsamer und bewusster zu leben, ist die Zeit in der Natur. Ich hoffe du hast bereits am eigenen Körper erfahren, wie wohltuend es ist, im Wald spazieren zu gehen, die frische Luft einzuatmen, dich wieder zu erholen, fernab von Hektik und Stress des Alltags! Für mich ist die tägliche Auszeit in der Natur schon seit Jahren ein Fixpunkt in meinem Tag, eine besonders wertvolle Qualitytime, für die ich so dankbar bin! Denn in der Natur kann ich meine Sinne neu schärfen, kann mich erholen, kann die Herausforderungen reflektieren und neue Ideen für meine kreativen Projekte sammeln. Seit einem MBSR-Workshop vor einigen Jahren habe ich mir auch angewöhnt, die Natur bewusst als Ort der Achtsamkeit zu schätzen. Dort gibt es so viele Möglichkeiten, meine 5 Sinne einzusetzen und mich so in den jeweiligen Moment zu holen.
An vielen Tagen drehe ich mit meinem Hund und meiner kleinen Tochter die selbe Runde. Sie startet direkt vor unserer Haustüre, führt vorbei an Einfamilienhäusern und Bauernhöfen zu einem kleinen Waldstück. Ich war dort schon x-Mal. Und doch gelingt es mir, jeden Tag etwas Anders, Neues, noch nicht Dagewesenes zu erkennen. Im Buddhismus, dem Ursprung der Achtsamkeitspraxis, spricht man vom neugierigen Anfängergeist. Wir können von Kindern lernen, alles um uns herum so zu betrachten, als würden wir es zum ersten Mal sehen. Diese Art, die Welt um mich herum zu entdecken, ist unheimlich wohltuend. Außerdem schult es mein Bewusstsein auf den jeweiligen Moment, wenn ich die Buchenhecke unserer Nachbarn genau betrachte und immer wieder neue Blätter, jedes von sich einzigartig in seiner Struktur, erkenne. Oder die Felder dabei beobachten darf, wie sie sich im Jahresverlauf verändern. Täglich darf ich die großen und kleinen Wunder um mich herum wahrnehmen. Besonders spannend ist diese wundervolle Achtsamkeit, wenn ich mit anderen Menschen spazieren gehe. Es fällt richtig auf, dass ich immer wieder stehen bleibe und Dinge entdecke, an denen andere vorbei gehen. Meine Sinne sind durch die jahrelange Übung geschärft und ich kann gar nicht anders, als die Schätze des Lebens zu entdecken.
Selbstverständlich freue ich mich, wenn ich mal eine Bergtour mache oder eine andere, ruhigere, landschaftlich noch “schönere” Spazierstrecke wähle. Doch der alltägliche Spaziergang hat so viele Wunder für mich bereit, dass er mich mit Demut und Dankbarkeit erfüllt.
Ich staune immer wieder, was Achtsamkeit alles bewirken kann.
Probiere gerne einmal aus, wie du in der Natur achtsamer und bewusster sein kannst. Anstatt starr dem Weg zu folgen und “deine Runde” zu drehen, fokussiere dich an die Dinge am Wegesrand. Ein einzelner Baum bietet so viele erstaunliche Details, von seiner Gestalt über seine Oberflächen bis zu seinem Duft - du wirst staunen!
Ich wünsche dir viel Freude beim Entdecken und viel Achtsamkeit!
Keine Zeit für Achtsamkeit?
Wenn wir immer darauf warten, bis wir täglich eine Stunde Zeit haben für unsere Achtsameitsübungen, verschenken wir wertvolle Momente. Denn in den Augenblicken des Alltags gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um achtsamer und bewusster zu werden.
Wenn du diesen Beitrag liest, hast du dir bestimmt schon öfter vorgenommen, achtsamer, bewusster, einfach mehr im Moment zu leben. Vielleicht hast du auch schon einen Podcast-Beitrag dazu angehört oder dir ein Buch zum Thema Achtsamkeit besorgt. Doch hast du dir schon die Zeit genommen, um die Übungen auch auszuprobieren? Mehr als ein, zwei Mal?
Die meisten Menschen haben das Gefühl, zu wenig Zeit für Achtsamkeit zu haben. Sie probieren ein, zwei Mal den Bodyscan aus, hören sich vielleicht ein Mal eine Achtsamkeitsmeditation an. Und hören dann, allen guten Vorsätzen zum Trotz, wieder auf, ihr Bewusstsein zu stärken. “Das mach ich dann, wenn ich im Urlaub bin”, höre ich oft. Oder:”Ich bin berufstätig, habe Familie, muss einen Haushalt führen… da geht sich das nicht aus!”
So viel zu tun und so wenig Zeit
Ich weiß genau, was gemeint ist. Mein Tag als selbständige Psychologin und Coach, Mutter zweier wunderbarer Tochter, Dogmum eines Golden Retriever und leidenschaftliche Bloggerin denke ich manchmal am Morgen schon: Wie soll ich heute alle ToDos in einen Tag packen? Ich habe zu viele Aufgaben und zu wenige Stunden zur Verfügung… Das Gedankenkarussell beginnt, sich zu drehen… Dann betrachte ich das Ganze ein bisschen distanzierter und mache mir bewusst (ja, genau, das ist Achtsamkeit): Ich mache, was ich schaffe, eine Aufgabe nach der anderen. Und wenn ich mir abends noch eine lange Yogaeinheit gönne, statt das Chaos in der Küche zu beseitigen, wird sich die Welt deshalb morgen auch noch weiterdrehen.
Die Welt dreht sich weiter - auch ohne uns
Selbst an diesen Tagen, die vollkommen “ausgebucht” sind, finde ich Zeit für achtsame Augenblicke. Genau darum geht es nämlich: Um diese ein, zwei Minuten, in denen ich mich aus dem Chaos des Alltags ausklinke, ein, zwei tiefe Atemzüge nehme und mich selbst von außen betrachte. Ein bisschen Humor hilft, um zu erkennen: Soooo wichtig ist weder das eine, noch das andere. Ja, ich habe mir einiges vorgenommen, ja, da sind die Verpflichtungen des Alltags, ja, da sind die Therapietermine, die Haushaltstätigkeiten, die sich nicht von selbst erledigen, der Hund, der auf seine zweite Gassirunde wartet… Aber wenn ich mich (wie früher so oft) noch mehr stresse, schaffe ich es auch nicht, diese Aufgaben schneller zu erledigen. Ganz im Gegenteil - ich fühle mich schnell erschöpft, brauche mehr Pausen oder falle Abends komplett fertig ins Bett.
Achtsamkeit mit allen Sinnen üben
Durch diese ganz kleinen achtsamen Momente zwischendurch gelingt es mir, aus dem Hamsterrad des Alltags auszusteigen. Ich sage mir immer wieder ganz bewusst: Im Hier und Jetzt, in diesem Moment, gebe ich mein Bestes. In diesem Augenblick gibt es vieles zu entdecken. Ich spüre bewusst, was mir meine Sinne mitteilen, wenn ich sie achtsam danach frage: Was sehe ich? Was höre ich? Was rieche ich? Was schmecke ich? Was spüre ich?
Durchatmen in der Hektik des Alltags
Diese kleinen Insel der Achtsamkeit sind wunderbare Möglichkeiten zum Durchatmen und Krafttanken zwischendurch. Ich erkenne dann, dass ich meine Aufgaben auch in Ruhe, ohne Hektik, eine nach der anderen erledigen kann. So habe ich am Ende des Tages meist mehr geschafft, als ich am frühen Morgen noch erwartet hatte. Und ich bin zudem gelassener und habe noch genügend Energie, um den Abend nach getaner Arbeit in Ruhe zu genießen.
Zeit für Achtsamkeit? Die ist immer Jetzt
Wir müssen also nicht darauf warten, bis wir endlich nichts mehr zu tun haben, um täglich 45 Minuten lang den Bodyscan zu üben. Ja, diese ausgedehnte Praxis ist wohltuend und ja, sie stärkt unser Bewusstsein. Doch wer von uns hat schon so viel Zeit? Wenn wir hingegen im Alltag immer wieder ganz bewusst ein paar Augenblicke achtsam aus dem Hamsterrad aussteigen, merken wir, wie wir immer achtsamer und bewusster werden. Ein wunderbares Gefühl!