Wie ich lernte, meinen Körper zu lieben
Unser Körper ist ein Wunderwerk! Du ständige Vergleiche mit der vermeintlich perfekten Welt und unseren inneren Kritiker leiden wir unter einem geringen Selbstwert. Dabei können wir lernen, uns zu lieben, so wie wir sind.
Der eigene Körper ist für viele Menschen, vor allem Frauen, ein echtes Feindbild. Aus dem Jahr 2014 stammt eine Studie, in der über 1000 Frauen hinsichtlich ihres Körperbildes befragt wurden. Die erschreckende Antwort: Mehr als 80 Prozent der Befragten gaben an, unzufrieden mit dem eigenen Körper zu sein. Die Zahl sorgte damals für großes Aufsehen - schließlich hatten 30 Jahren zuvor “nur” etwas mehr als 40 Prozent der Befragten von dieser Unzufriedenheit berichtet. Zum Zeitpunkt, als diese Studie veröffentlicht wurde, war der Einfluss sozialer Medien auf unser Selbstbild noch deutlich geringer als heute. Die permanenten Vergleiche, die uns heute durch die vermeintlich perfekte Welt aufgezwängt werden, verstärken unsere kritische Selbstwahrnehmung noch mehr.
Im Hinblick auf das eigene Körperbild und das so oft gestörte Verhältnis zum eigenen Körper fällt mir ein Zitat ein, das ich vor rund 15 Jahren gelesen habe. Zum damaligen Zeitpunkt war ich selbst vollkommen unzufrieden mit meinem Körper und obwohl ich penibel darauf geachtet habe, was ich wann essen, Kalorien gezählt und exzessiv Sport betrieben habe, war ich sehr unglücklich mit meinem Aussehen. Wenn sich die tägliche Laufrunde um 05:00 Uhr morgens nicht ausgegangen ist, hatte ich den ganzen Tag über ein schlechtes Gewissen und habe mich dafür verurteilt. Nach außenhin galt ich als sportliche, motivierte und fitte junge Frau, ich selbst hatte hingegen diesen inneren Antreiber in mir, der mir einredete:
Nur wenn du täglich eine Stunde laufen gehst, dich drei Mal pro Woche durch ein Workout quälst und möglichst wenig Kalorien zu dir nimmst, wirst du endlich glücklich sein.
Ich habe zum damaligen Zeitpunkt bereits seit vielen Jahren Yoga praktiziert, doch bis dahin die Körperübungen, die Asanas, vor allem zur Kräftigung meines Körpers angewandt, während ich getrennt davon die Atemübungen und Meditationen praktiziert habe, um mich vom Alltagsstress runterzuholen. Durch Zufall bin ich damals, in einer Phase der großen Unzufriedenheit und Selbstkritik, auf ein Interview mit Mandy Ingber gestoßen. Sie war (und ist es vielleicht noch?) die Yogalehrerin von Jennifer Aniston. Ein Zitat aus diesem Interview ist mir dabei im Gedächtnis geblieben:
Having the body you want begins with loving the body you have.
(Mandy Ingber)
Ich war vollkommen fasziniert von der Vorstellung, meinen eigenen Körper bereits so zu lieben, wir er war. In der Rückschau macht es mich traurig, wenn ich daran denke, wie selbstkritisch und hart ich mit meinem wundervollen Körper umgegangen bin! Damals habe ich auch ein Buch gelesen, das einfach verständlich das Wunder Mensch erklärte - all die Milliarden von Zellen, die täglich zusammenarbeiten, damit wir “einfach leben” können. All die biologischen Vorgängen in unserem Körper, die uns erst dann auffallen, wenn sie nicht mehr reibungslos zusammenspielen und wir erkranken. Diese Faszination war der erste Schritt in Richtung Selbstliebe und Selbstfürsorge.
In den kommenden Jahren habe ich unzählige Bücher zu diesen Themen gelesen, habe Übungen für mehr Selbstakzeptanz und bewusste Selbstfürsorge erlernt. Denn all den alten, ungeliebten Mustern zum Trotz wissen wir: Wir können uns verändern - unsere alten Muster hinter uns lassen, lernen, mit uns selbst liebevolle, fürsorglicher und besser umzugehen. Dies geschieht nicht von heute auf morgen, aber von Moment zu Moment.
Ein wunderbares Gefühl!
Selbstwert & Selbstliebe
Das 5-Wochen-Programm: Entfalte dein Potential
Selbstoptimierung ade: Du bist, was du sein möchtest
Über viele Jahre bin ich meinem Glück hinterher gerannt. Dann habe ich erkannt: Ich darf bereits jetzt glücklich sein, genau so, wie ich bin. Und ich kann dennoch meine Ziele erreichen. Ein wunderbares Gefühl!
Vielleicht kennst du das: Du hast dir ein Ziel gesetzt, hast es mit viel Mühe, Energieaufwand und Einsatz erreicht und schon spürst du wieder diese Unruhe in dir aufsteigen, das Gefühl, das dir die sagt:
Das möchte ich auch noch erreichen…
… und dann? Dann bist du wirklich glücklich und zufrieden mit dir? Wenn du ganz ehrlich zu dir selbst bist, ist das wahrscheinlich nicht so. Denn meist ist es doch so: Wir haben ein Ziel, verfolgen dieses vehement, geben dafür viel Zeit und Energie her und sobald wir es erreicht haben, suchen wir uns das nächste Ziel, wenn es nicht ohnehin bereits parallel angepeilt haben. Wir sind es nicht gewohnt, uns einmal eine Auszeit zu nehmen und zu schätzen, was wir bereits erreicht haben. Bildlich gesprochen erklimmen wir einen Gipfel, um dort ohne Rast sogleich den nächsten ausfindig zu machen, auf den wir hinauf “MÜSSEN”. Warum machen wir das? Was treibt uns an? Ganz oft ist es die Suche nach Glück und Zufriedenheit, nach Ruhe und Stolz.
Doch wenn wir ständig weiter hasten, können wir das Erreichte nicht schätzen - wir hetzen durchs Leben und leben am Leben vorbei.
© Unsplash. Wir hetzen durch das Leben auf der Suche nach unserem Glück.
Übung: Ein Blick zurück
Aus der Japanischen Zen-Tradition kommt eine Übung, die uns dabei unterstützt einmal all das zu erkennen und zu schätzen, das wir bisher in unserem Leben erreicht haben. Dabei können wir uns Zeit nehmen und einmal auf unserem Lebensweg zurück blicken. Bisher waren wir es gewohnt, unser Ziel (oder all unsere Ziele) vor Augen zu haben - wir der Esel mit der Karotte an der Angel: Unsere Ausbildung, unsere Vorstellung einer gelungenen Beziehung, unsere Familienplanung, unser Traumhaus, unsere existenzielle Sicherheit, unsere Selbstverwirklichung… All diese Ziele sind nachvollziehbar - sie sind Teil der menschlichen Bedürfnisse. Doch wir neigen dazu, von einem Ziel zum nächsten zu eilen, ohne unsere Zwischensiege bewusst zu genießen. Bei dieser Übung blicken wir bewusst zurück. Wie ein Wanderer, der auf dem Weg zum Gipfel nicht ständig nach dem Gipfelkreuz Ausschau hält, sondern sich einen gemütlichen Platz zur Rast sucht und darauf blickt, was er bisher geschafft hat. Auf den Weg, der hinter ihm liegt.
Jeder und jede von uns hat im Rückblick vieles geschafft. So viele Hürden genommen, die zum Zeitpunkt, als sie in unser Leben getreten sind, unüberwindbar schienen. So viele Ziele erreicht, die einst in weiter Ferne gelegen hatten, die von einem flüchtigen Gedanken zu einer fixen Idee und schließlich zu einem echten Ziel wurden.
Ich selbst war bis vor wenigen Jahren sehr getrieben. Ständig hatte ich neben meiner Ausbildung und meiner Karriere vor allem meine persönliche Weiterentwicklung als Ziel. Ich war beinahe besessen davon, mich selbst in verschiedenen Bereichen meines Lebens zu verbessern, ungeliebte Muster endlich hinter mir zu lassen und glücklicher zu werden. Dabei hatte ich einen “inneren Stress”, so als würde mir die Lebenszeit davonlaufen. Ich fühlte mich wie ein Marathonläufer, bei dem sich jedoch das Ziel ständig weiter weg bewegte. Kein Wunder: Sobald ich meine Matura absolviert hatte, begann ich mich ins Studium zu vertiefen. Nach einem Semester kam ein zweites Studium hinzu, dann die Selbstständigkeit, zahlreiche Aufträge und Projekte. Ich wollte mich ständig weiterbilden, mehr lesen, mehr erfahren, endlich “alles” wissen. Und dann dieser Drang nach Selbstoptimierung: Fitter, schlanker, motivierter wollte ich werden. Jedes Buch, das ich zu diesen Themen fand, verschlang ich, voller Motivation, das Erlernte auch gleich umzusetzen und selbst “besser” zu werden.
Dabei deutete ich jedes Anzeichen von Motivationslosigkeit sogleich als eigene Schwäche, die überwunden werden musste. Irgendwann bin ich stehen , habe mich umgeblickt und gesehen: Wow, da habe ich wirklich schon einiges erreicht! Ich habe vieles gelernt, ich habe vieles geschafft. Und wie soll es nun weitergehen? Bin ich auf dem richtigen Weg, glücklich zu werden? Muss ich mich nur noch ein paar Jahre weiter anstrengen, Vollgas geben, um wirklich zufrieden mit mir zu sein? Tief in mir spürte ich, dass sich eine leise Stimme erhob, die immer lauter wurde: So kann es nicht weitergehen!
Echte Lebensweisheit: Herz-Yoga von Mark Whithwell
Ein Buch, das mich seit Jahren begleitet, in das ich immer wieder hineinlese und dann über die beeindruckende Weisheit des Autors staune, ist “Herz-Yoga” von Mark Whitwell. Dieses Buch liegt bei uns im Wohnzimmer, mal auf dem Couchtisch, mal auf der Fensterbank. Ich habe es schon unzählige Male ins Bücherregal geräumt, hatte es mit in meiner Praxis (wo ich meine Bücher, die ich gerade nicht lese, sammle) und es von dort wieder mit ins Wohnzimmer genommen. Gerade letzte Woche habe ich wieder darin gelesen und hatte die Idee für diesen Blogbeitrag. Mark Whitwell ist ein Yogalehrer aus Neuseeland, der mit seiner Ansicht eine vollkommen andere Philosophie vertritt als so viele Yogalehrer und “Gurus” unserer Zeit.
Für mich selbst war Yoga über viele Jahre eine Möglichkeit, meinen Körper durch die Asanas, die Körperübungen, zu kräftigen, während ich getrennt davon die Atemübungen und Meditationen praktiziert habe, um mich vom Alltagsstress runterzuholen und entspannter zu werden. Ich habe Yoga praktiziert, lange bevor mich mein Insta-Feed mit vermeintlich perfekten Yoga-Posen überschwemmt hat. Und doch hatte ich mich bereits damals mit meinem jeweiligen Yogalehrer im Kurs oder mit den Autoren des Bücher verglichen.
Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.
(Søren Kierkegaard)
Mein Ziel war auch im Hinblick auf den Yoga: Besser werden! Flexibler, stärker, ausdauernder. Dahinter lag eine wie ich erkannt habe falsche Vorstellung, die auch heute noch oft so vermittelt wird: Durch Yoga kannst du ein besserer Mensch werden. Du kannst glücklicher werden, wenn du lange genug übst, wenn du deinen Atem kontrollieren kannst, wenn du eine Asana lange genug aushältst… Ich selbst habe oft die Erfahrung gemacht, dass es mir nach einer Yogastunde besser geht und mein Körper und meine Psyche die Übungen genossen. Doch dieses Gefühl hielt meist nur kurz, meist solange bis die Vergleiche mit “besseren” Yogis anfing.
Wir sind alles, was wir sein möchten
Mark Whitwell beschreibt dieses weit verbreitete Phänomen und stellt sich mit seiner Herz-Yoga-Philosophie gegen die Annahme, dass Yoga uns zu einem besseren Menschen macht:
Freiheit liegt in (…) der Erkenntnis, dass das Leben erfüllt und hinreichend ist.
Auf die Frage: Wie soll Yoga durchgeführt werden?
Antwortet er:
Ganz sicher nicht, indem der Geist absichtlich Zwang auf den Körper und Atem ausübt. Und ebenso wenig als Teil eines Prozesses, der zur höchsten Wahrheit oder Selbstverwirklichung führt. Er zitiert seinen Mentor J. Krishnamurti: “Die Wahrheit ist ein pfadloses Land. Wahrheit ist nichts, was man finden könnte. Wahrheit ist bereits in dir präsent, genau hier, genau jetzt, als das Leben, das du bist.”
Und weiter:
Du bist bereits Wahrheit. Du bist bereits Göttlichkeit. Ganz genau so, wie du bist. Yoga kann da beginnen, wo der Verstand sich zurück zieht, das Streben und Suchen loslässt. Yoga ist keine Suche nach dem Göttlichen, als ob es abwesend wäre. Yoga ist die bloße Teilhabe am Wunder des Lebens, wie es uns in seiner Vollkommenheit geschenkt wurde.
Ob du dich selbst für Yoga interessierst oder nicht - Yoga ist nur eine Methode, die Menschen praktizieren, um glücklicher und zufriedener zu werden. Marks Philosophie ist stellvertretend für alle Versuche, die wir unternehmen, um unser persönliches Glück zu erlangen. Die Aussage gilt für Selbstentwicklung ebenso wie für Weiterbildungen, Coachings, Therapien, all die Ziele, die wir erreichen wollen…. Wenn wir erkennen, dass wir und unser Leben bereits vollkommen ist, weil wir sind, wer wir sind, dass wir nichts erreichen müssen, uns selbst und anderen nichts beweisen müssen, dann sind wir wirklich frei, dann können wir wirklich authentisch glücklich sein.
Bedeutet das, dass du dann gar keine Ziele mehr verfolgen musst?
Nein! Unser Gehirn neigt dazu, schwarz-weiß zu denken. Es gaukelt uns vor: Entweder du bist zielstrebig und motiviert, oder faul und erfolglos. Doch das ist nicht so. Wenn wir erkennen, dass unser Glück und unsere Zufriedenheit in uns liegen, dann spüren wir diese Ruhe in uns. Immer wenn ich selbst spüre, dass ich wieder zu stark im “Außen” lebe, dass ich unruhig und angespannt werde, weil ich meinen Zielen hinterherjage, besinne ich mich wieder auf das wohltuende Bild: Ich bin bereits vollkommen. Ich darf bereits zufrieden mit mir sein. Ich kann glücklich sein. Diese Sichtweise löst ein warmes Gefühl in mir aus. Ich kann es nicht anders beschreiben - ich fühle mich geborgen und beschützt. Dieses Gefühl, diese Wärme und Stärke aus meinem Inneren heraus ist die beste Voraussetzung, um neue Ziele anzuvisieren. Wenn ich zurück blicke und mein gehetztes, rastloses Ich mit heute vergleiche, dann sieht es von Außen betrachtet bestimmt noch sehr ähnlich aus. Ich bin ein Multipassionate - ich liebe es, neue Dinge zu lernen, mich weiterzubilden, zu lesen, zu beobachten, zu erkennen. Doch der Antrieb dahinter ist heute ein gänzlich anderer. Nicht mehr die Suche nach dem Glück. Nicht mehr der Versuch, diese innere Unruhe und Getriebenheit zu besänftigen. Sondern die Freude am Neuen, die Neugierde und der Entdeckergeist. Meinen Projekten und Zielen folge ich im Flow - es geht mir nicht um das Ziel, sondern um die Sache an sich. Ein wunderbar befreiendes Gefühl!
Muss ich meditieren um glücklich zu sein?
Meditation liegt im Trend. Dazu musst du dich jedoch nicht im Schneidersitz hinsetzen und ein Räucherstäbchen anzünden. Es gibt viele Methoden, um dich zur Ruhe zu bringen. Probiere einfach aus, was dir gut tut.
Meditieren liegt im Trend. Ob zum Stressabbau, als Affirmationen persönlicher Ziele oder zum besseren Umgang mit Ängsten und Sorgen – es scheint, als wären die mentalen Übungen das Allheilmittel unserer Zeit. Für mich ist es selbst immer wieder überraschend, wie viele Menschen sich heutzutage regelmäßig ein paar Minuten Auszeit vom Alltag nehmen, sich in Ruhe hinsetzen und sich wahlweise auf ihre Atmung, ein Mantra oder (Achtung, Königsdisziplin!) gar nichts konzentrieren, um wieder runter zu kommen. Meine erste Berührung mit diesem Thema liegt (ich kann es selbst kaum glauben) Jahrzehnte zurück. Im Alter von 11 Jahren habe ich zum ersten Mal über die heilende Kraft des Yoga gelesen, in einem uralten, verstaubten Buch aus einer Kiste, auf die unsere Nachbaren „zu verschenken“ geschrieben und sie vor ihr Garagentor gestellt hatten. Neben all den akrobatischen Verrenkungen auf den Bildern aus den 60er Jahren hat mich das Kapitel über Meditation und Achtsamkeitsübungen sogleich fasziniert. Ich habe begonnen, mich ruhig hinzusetzten und versucht, an nichts zu denken. Das war eine spannende, aber auch frustrierende Erfahrung. Denn ich machte die gleiche Erfahrung wie so viele Menschen, die zum ersten Mal Übungen für mehr Ruhe und Entspannung ausprobieren: Ich kann nicht nichts denken! Doch damals war ich noch so naiv und unbedarft, dass ich mich nicht abbringen lies und es einfach weiter versuchte. Die offene Art, wie Kinder und besonders achtsam lebende Menschen an neue, unbekannte Situationen herangehen, wird im Buddhismus als Anfängergeist beschrieben. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich damals einfach keine Erwartungen daran hatte, wie die Meditation „richtig“ verlaufen müsse, ich probierte es einfach aus und es störte mich auch nicht weiter, dass meine Gedanken zwischendurch immer wieder herumsprangen wie ein Affe.
“Wie ein besoffener Affe springt der Geist von Baum zu Baum.”
(aus dem Buddhismus)
Dieses Zitat fällt mir immer wieder ein, wenn ich mit meinen Klienten oder Freunden über das so genannte Monkeymind spreche. Dieses Phänomen beschreibt unseren unruhigen Geist, unsere Gedanken, unsere Angewohnheit, ständig Pläne zu schmieden, uns zu Sorgen, über Vergangenes oder über die Zukunft nachzudenken. Diese Worte bringen mich zum Schmunzeln und beruhigen, denn sie zeigen, dass es uns allen so geht. Selbst die erfahrensten Geistlichen kennen Momente, in denen ihre Gedanken überall anders sind, nur nicht im gegenwärtigen Moment. Das liegt einfach in unserer Natur. Zugleich wissen wir, dass diese Angewohnheit unseres Geistes dazu führen kann, dass wir unter Ängsten und Sorgen leiden, dass wir uns ständig gestresst fühlen und nicht zur Ruhe kommen. Warum soll ich meditieren Unter dem Begriff Meditation sind heutzutage viele Methoden zusammengefasst. Das Wort stammt vom lateinischen meditatitio und bedeutet „nachdenken, nachsinnen, überlegen, Mitte finden“. Die Achtsamkeits- und Konzentrationsübungen wurden ursprünglich vor allem im religiösen oder spirituellen Kontext verbreitet. In den 1970er Jahren begann ein regelrechter Boom, ausgelöst durch die Verbreitung des Yoga durch indische Gurus, die ihre jeweilige Praxis im Westen bekannt machten. Deshalb war Meditation lange Zeit von einer gewissen spirituellen Aura umgeben. Seit jeher ist ein Ziel der Meditationspraxis die Stärkung unseres Bewusstseins. Heute wissen wir aus neurobiologischen Studien: Mehr als 90 Prozent unseres Lebens verbringen wir unbewusst, in gewohnten Mustern, „nebenbei“, im Autopilotenmodus. Das ist eine wichtige Fähigkeit – es wäre unfassbar anstrengend, wenn wir uns jedes unserer über 60 000 Gedanken und der unzähligen Verhaltensweisen, die wir täglich ausführen, bewusst wären. Das wäre viel zu viel für unser Gehirn, wir wären komplett überfordert und ausgelaugt. Doch wenn wir unser Leben in manchen Bereichen bewusster leben möchten und nicht „nebenher“ leben möchten, brauchen wir gewisse Übungen, die uns aus den automatischen Mustern aussteigen lassen. Durch regelmäßiges Meditieren werden wir von unbewussten Menschen zu bewussten Menschen. Darin liegt ein Geheimnis der Meditation. Diese simplen, kostenlosen und überall anwendbaren Techniken sind eine wundervolle Möglichkeit, um mehr Kontrolle und zugleich Freiheit über unser Denken und Fühlen zu erhalten. Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus, schrieb Sigmund Freud. Im vergangenen Jahrhundert haben sich viele seiner Kollegen mit der Faszination Meditation beschäftigt. Carl Gustav Jung, Viktor Frankl, Daniel Siegel... Psychologen und Psychotherapeuten schätzen die positive Wirkung auf unsere Gedanken, unsere Gefühle und unser Verhalten.
Meditieren verändert unser Gehirn
Und die Wissenschaft zeigt: Regelmäßiges Meditieren verändert unser Gehirn. Der Präfrontalcortex, der für Vernunft, Planen, Denken und vorausschauendes Denken zuständig ist, wird durch die regelmäßige Übung in seiner Funktion gestärkt, während die Überaktivität des limbischen Systems mit der Amygdala, der Alarmzentrale unseres Gehirns, vermindert wird. Wenn wir über einen längeren Zeitraum (Studien zufolge zumindest drei Wochen lang) können also besser mit Stresssituationen umgehen, ruhiger und gelassener reagieren und bessere Entscheidungen treffen. Heute gibt es zahlreiche unterschiedliche Meditationen mit jeweils unterschiedlichen Übungen. Gerade zu Beginn der Meditationspraxis ist es sehr hilfreich, sich regelmäßig angeleitete Meditationen anzuhören. Dabei ist es sehr wichtig, die jeweilige Stimme gerne zu hören, der Lautstärke und der Geschwindigkeit folgen zu können und die Stimme als angenehm zu empfinden. Wenn du regelmäßig Meditationen durchführst, wirst du bewusster und achtsamer werden. Du wirst bemerken, dass du in deinem gewöhnlichen Alltag unzählige Momente entdeckst, in denen du bewusst und achtsam sein kannst: Ein Vogel am Baum, ein freundliches Lächeln deines Gegenübers, eine kunstvoll gestaltete Dekoration beim Mittagstisch... Durch mehr Achtsamkeit lernen wir, unsere Augen und unsere Sinne bewusster einzusetzen und werden offener für alles Schöne, Wohltuende und Wunderbare in unserer Welt. Hier findest du spannende Studien.
Welche Meditation ist die richtige für mich?
Die Antwort auf diese Frage kannst selbst entdecken. Probiere einfach mehrere Meditationen aus und folge dabei dem eingangs beschriebenen Anfängergeist: Höre dir unterschiedliche Meditationen an und fühle voll Neugierde und ohne Erwartung, was dir gut gelingt und wo du gut zuhören kannst. Das Monkeymind wird durch regelmäßiges Üben nach und nach gezähmt und schon bald gelingt es dir, für mehrere Minuten mit deinen Gedanken im jeweiligen Moment zu verweilen. Vergiss nicht: Wir sind Menschen und keine Roboter und bei der Mediation geht es nicht um Leistung und Erfolg. Die einzige Art, falsch zu meditieren, ist gar nicht zu meditieren. Zu den bekanntesten Meditationsarten zählen:
Die Achtsamkeitsmeditation wie zB der Bodyscan (hier geht`s zur Anleitung)
Die spirituelle Meditation
Die fokussierte Meditation (konzentriere dich für zwei Minuten auf einen Gegenstand und beobachte, welche Gefühle und Gedanken auftauschen zB auf eine Kerze, ein Blatt, deine Handinnenflächen)
Die Bewegungsmeditation (zB das achtsame Gehen)
Die Mantrameditation
Die Transzendentale Meditation (dazu gehört auch die Übung der liebevollen Güte)
Ich hoffe, du wagst den ersten Schritt und probierst gleich heute eine Mediation aus!
ÜBUNG: Mein sicherer Ort für Gelassenheit und Entspannung
Die Sichere Ort Übung hilft uns dabei, uns vor Ängsten, Sorgen und Befürchtungen zu schützen. In Verbindung mit der richtigen Atemtechnik (dem Atemraum) können wir uns voll Achtsamkeit ins Hier und Jetzt holen und so wieder entspannt und gelassen werden. Dies stärkt unsere Resilienz - unser geistiges Immunsystem.
Im Alltag sind wir häufig so überfordert, dass wir kaum einen klaren Gedanken fassen können. Gerade in hektischen Zeiten haben es Ängste, Sorgen und negative Gedanken dann besonders leicht, uns das Leben schwer zu machen. Wir grübeln ständig nach, werden von schlechtem Gewissen und Selbstvorwürfen gequält und versuchen, uns aus unseren Problemen “herauszudenken”. Wenn dir diese Situationen bekannt vorkommen hast du bestimmt schon bemerkt, dass es dich nicht weiterbringt, permanent darüber nachzudenken, wie du endlich wieder lockerer und gelassener wirst.
Ängste und Sorgen bringen uns aus dem Gleichgewicht
Sobald wir wieder mehr Ruhe haben und mehr “Luft” zum Atmen und Entspannen, lassen auch diese negativen Gedanken und Befürchtungen nach. Ein Blick ins Gehirn zeigt: In hochstressigen Phasen sind wir nur noch in automatischen Mustern unterwegs und haben kaum mehr Kapazität, um uns selbst zu beruhigen und die Dinge wieder mit dem nötigen Abstand zu sehen. Stress macht uns also blind für die schönen Seiten des Lebens, für all das, was den Schwierigkeiten, den Ängsten und Sorgen zum Trotz noch da ist. Außerdem werden wir in stressigen Zeiten besonders sensibel für alles Negative und Schwierige - ein Teufelskreis!
Eine sehr wertvolle und zugleich einfache Übung, die in der Psychotherapie gerne angewandt ist, ist die SICHERE ORT-Übung. Dabei machen wir uns unsere Vorstellungskraft im positiven Sinne zunutze.
Das Gegenteil passiert im Alltag, wo wir uns, meist unbemerkt, durch unsere Vorstellungskraft selbst das Leben zusätzlich erschweren. Wir denken und fühlen uns so lange in negative Gedanken hinein, dass wir das Gefühl haben, diese Befürchtungen und Sorgen treten tatsächlich ein. Unser Gehirn kann nicht unterscheiden, ob wir nun tatsächlich von finanziellen Engpässen bedroht sind, eine Krankheit erleiden oder unseren Job verlieren - wenn wir uns diese Herausforderungen intensiv vorstellen, ist es aus neurobiologischer Sicht so, als wären diese tatsächlich eingetreten. Und bei mehr als 60 000 Gedanken pro Tag, von denen Studien zufolge mehr als 80 Prozent negativ sind, ist dies kein Wunder.
Die Wirkungsweise unseres Gehirns und die Kraft der Phantasie können wir nun auch bewusst positiv einsetzen.
Traumatherapie: Wieder Vertrauen fassen
Ich kenne die Sichere Ort-Übung schon seit meinem Studium und habe sie meist mit Traumatherapie in Verbindung gebracht. Bei dieser Übung stellt man sich einen Ort vor, an dem man sich sicher und geborgen fühlt, einen echten Wohlfühlort, an dem man nicht gestört wird. Wenn ein Mensch ein Trauma erlitten hat (etwa durch einen Missbrauch, einen Unfall, ein Kriegserlebnis, eine Misshandlung) zeigt der Traumatherapeut die Sichere Ort-Übung, um ein wichtiges Gefühl wiederherzustellen, das durch das Trauma verloren gegangen ist: Vertrauen. Erst wenn der Mensch wieder Vertrauen fassen kann, ist er bereit, sich zu öffnen und das Erlebte bewusst zu verarbeiten.
Kohärenztraining für`s Gehirn
Die Sichere Ort-Übung kann uns auch dann helfen, wenn wir von Ängsten und Sorgen geplagt werden. Denn alles, was uns aus dem persönlichen Gleichgewicht bringt, was uns “unseren Frieden nimmt”, ist für unser Gehirn ein Alarmzeichen. Schon Sigmund Freud beschrieb den Wunsch der menschlichen Psyche nach Kohärenz - nach dem Ausgleich, nach einem Gleichgewicht von Anspannung und Entspannung. Wird dieses Gleichgewicht gestört, fühlen wir uns “unrund”. Dann “stehen wir neben uns”, sind nicht “Herr unserer Sinne” - wir merken, dass wir etwas verändern müssen, um wieder entspannt und gelassen zu sein. Die Sichere Ort-Übung ist eine Möglichkeit, dieses Gleichgewicht wieder herzustellen. Man spricht in der Psychologie auch von einem Kohärenztraining.
Anleitung: Die Sichere Ort-Übung
Bei dieser sehr simplen Version der Übung bitte ich dich, dir einen Ort zu suchen, an dem du für die nächsten Minuten ungestört bist. Schalte dein Handy auf Flugmodus und mache es dir möglichst bequem. Du kannst diese Übung im Sitzen oder im Liegen durchführen.
Schließe nun deine Augen und nimm einen tiefen Atemzug: Durch die Nase ein, bis hinunter in deinen Bauchraum. Spüre, wie sich die Bauchdecke sanft hebt. Und atme dann wieder vollständig durch den Mund aus. Beobachte deinen Atem für drei Atemzüge, wie er ganz sanft ein- und wieder ausströmt. Spüre, wie du mit jedem Atemzug entspannter und gelassener wirst.
Nun denke an einen Ort, der dir das Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Gelassenheit gibt. Das kann ein Ort sein, an dem du vor kurzem gewesen bist - vielleicht in deinem Urlaub: Ein besonders schöner Strand, eine Blumenwiese, eine Waldlichtung. Oder auch ein Ort, an dem du als Kind besonders gerne gewesen bist - der Garten deiner Großmutter, ein Baumhaus, eine Kuschelecke im Kindergarten, das Sofa der Lieblingstante. Vielleicht hast du dir so einen Ort auch in deinem Zuhause eingerichtet - ein lauschige Ecke, die für dich absolutes Wohlbefinden bedeutet. Es ist ein Ort der Sicherheit, Geborgenheit und Gelassenheit. Stelle dir diesen Ort so genau wie möglich vor. Wie sieht es dort aus? Was kannst du entdecken? Welche Farben siehst du? Welche Gerüche nimmst du wahr? Hörst du Geräusche? Begib dich an diesen Ort - an den Strand, auf die Blumenwiese, in das Baumhaus - und spüre, wie du dich dort fühlst. Ist dir warm? Fühlst du dich wohl und geborgen? Spürst du dieses Gefühl der Sicherheit, Geborgenheit und der Gelassenheit? Genieße dieses Gefühl und spüre, wie sich dieses Gefühl in deinem ganzen Körper ausbreitet. Du bist sicher, geborgen und gelassen. Du fühlst dich rundum wohl und entspannt. Nimm dir noch ein paar Minuten Zeit, um diesen Ort zu erkunden, um das wundervolle Gefühl der Sicherheit, Geborgenheit und der Gelassenheit zu genießen.
Dann nimm noch ein, zwei tiefe Atemzüge. Atme durch die Nase ein, bis hinunter in deinen Bauchraum. Spüre, wie sich die Bauchdecke sanft hebt. Und atme dann wieder vollständig durch den Mund aus. Beginne, deine Hände und Arme, deine Füße und Beine sanft auszuschütteln, dich zu räkeln und zu strecken. Und dann, wenn es für dich passt, kannst du die Augen wieder öffnen. Das wundervolle Gefühl der Sicherheit, Geborgenheit und der Gelassenheit kannst du mit in deinen Alltag nehmen.
Was bringt die Sichere Ort-Übung?
Diese ebenso einfache wie wohltuende Übung bringt dir Gelassenheit und Entspannung - innerhalb von wenigen Minuten. Du kannst die Übung nicht “richtig” oder “falsch” machen und es ist ganz normal, dass deine Gedanken immer wieder abschweifen. Wenn du dies bemerkst, komm einfach wieder zurück zur Übung. Wenn du diese Übung regelmäßig (zu Beginn täglich über zumindest drei Wochen) durchführst, wird es dir bald gelingen, auch in hektischen und sorgenvollen Zeiten gelassener und zuversichtlicher zu sein. Mit jedem Üben gibst du deinem Gehirn einen kleinen Urlaub von Sorgen und Ängsten. So kommst du Schritt für Schritt wieder ins Gleichgewicht.
Wie immer gilt: Je öfter du übst, desto besser.
Mein persönlicher Sicherer Ort
Übrigens: Mein SICHERER ORT ist eine Klippe auf meiner Lieblingsinsel Elba. Wann immer ich diese Übung praktiziere, spüre ich die Wärme auf meiner Haut, ich höre die Wellen, die an die Klippe schwappen, ich schmecke das Salz in der Meeresluft und spüre den Wind, der meine Haare streift. Durch diese einfache Übung hole ich mir dieses wundervolle Gefühl in meinen Alltag, das ist mit Elba verbinde. Mir wird wohlig warm, ich fühle mich entspannt und sicher und muss unweigerlich lächeln.
© privat. Mein Sehnsuchtsort - die Küste von Elba.
Ich wünsche dir viel Freude beim Üben!
Warum fällt uns Akzeptanz so schwer
Auch wenn es uns schwer fällt, eine akzeptierende Haltung tut uns in vielen Bereichen des Lebens gut.
Wenn es uns nicht gut geht, dann leiden wir nicht wegen einer Tatsache, sondern wegen unserer ganz persönlichen Einstellung und der Erwartung an die äußeren Umstände. Wir schimpfen, jammern, klagen, verzweifeln. Wenn dieses Verhalten nichts an den Umständen ändert, vergiften wir uns durch diese negativen Denkweisen und den daraus resultierenden Gefühlen selbst. Außerdem sorgen wir dafür, dass unser Gehirn sich permanent damit beschäftigt und eine immer stärkere Autobahn des Grolls baut. Zugleich fällt es uns immer schwerer, Freude zu empfinden und Glückmomente zu entdecken. Durch eine bewusste, akzeptierende Haltung können wir diesen Teufelskreis durchbrechen.
Es ist, wie es ist
Akzeptanz ist eine Fähigkeit, die wir Menschen durch tägliche Übung trainieren können wie einen Muskel. Haben wir eine akzeptierende Haltung erlangt, können wir bewusster und zufriedener durchs Leben gehen. Im ersten Moment schrillen jedoch alle Alarmglocken, wenn wir diese ungewohnte Haltung einüben. Denn wenn wir beginnen, die Dinge so akzeptieren, wie sie eben sind, verhalten wir uns plötzlich ganz anders, als wir es bisher immer getan haben. Scheinbar automatisch klammern wir uns an Erwartungen und Werten fest, an unseren Überzeugungen, wie das Leben und die Welt in der wir leben, sein sollten.
Doch erst wenn wir diese Vorstellungen loslassen, entsteht ein neuer Raum. Dann beginnen wir, dem Leben zu vertrauen und es mit all seinen Chancen und Herausforderungen zu akzeptieren. Das, was uns passiert, hängt oft von so vielen Faktoren ab, die wir nicht direkt beeinflussen können. Mit einer tiefen Akzeptanz schaffen wir die richtige vertrauensvolle Basis, um uns den Aufgaben des Lebens zu stellen.
Akzeptanz ist ein Prozess
So wie jedes neue Hobby und jede Fremdsprache muss auch Akzeptanz erst einmal eingeübt werden, bis wir sie als Teil unserer Selbst erleben. Das bedeutet: Üben, üben, üben.
Stop the ANTS
Was haben negative Gedanken, Ängste und Sorgen mit Ameisen zu tun? Der Arzt und Autor Daniel Amen hat eine spannende Technik für mehr Gelassenheit und Resiienz entwickelt!
Wir alle kennen negative Gedanken und Sorgen. In vielen Situationen verschwinden diese von alleine wieder. Bei ganz bestimmten Gedanken ist es aber fast so, als wäre eine alte Schallplatte hängen geblieben: Sie kommen einfach immer und immer wieder. Aus neurobiologischer Sicht hat sich für diese bestimmten Situationen und Themen ein festes Netzwerk in deinem Gehirn ausgeprägt. Und jedes Mal, wenn du wieder in die Gedankenfalle gerätst, wird diese negative Autobahn gefestigt. Genau aus diesem Grund ist es so wichtig, diese Gedanken zu stoppen. Selbstverständlich nur, wenn sie dich nicht weiter bringen. Wenn du eine wichtige Entscheidung treffen musst und du eine Lösung für ein konkretes Problem suchst, ist die Fähigkeit des Nachdenkens ja sehr praktisch. Doch wenn du schon bemerkt hast, dass du dich mit manchen Themen immer und immer wieder beschäftigst, du dabei aber nicht weiter kommst, kann es sinnvoll sein, diese Gedankenmuster endlich aufzuhalten.
Automatische negative Gedanken
Der Psychiater und Autor Daniel Amen spricht von AUTOMATIC NEGATIVE THOUGHTS, also automatischen negativen Gedanken. Er hat eine Technik entwickelt, um diese ANTS, so wie er sie abgekürzt bezeichnet, zu stoppen: Amen sagt „Stop the ANTS!“. Der Vergleich mit den Ameisen ist sehr passend, denn es geht darum, diese Automatischen negativen Gedanken aufzuhalten, wenn wir sie gerade nicht brauchen. Manchmal sind sie uns ja ganz nützlich, etwa wenn sie uns vor einer unangenehmen Situation beschützen oder uns eine Gefahr erkennen lassen. So sind auch Ameisen sehr nützlich, wenn sie in der richtigen Situation – etwa im Wald auftauchen. Doch niemand von uns möchte Ameisen in der Wohnung haben. Deshalb: Stop the Ants! Dort, wo wir sie nicht brauchen können, halten wir die Ameisen fern. Sie breiten sich sonst nämlich ziemlich schnell aus. Genauso können wir es auch mit negativen Gedanken machen – auch sie vermehren sich schnell, wenn wir ihnen nicht Einhalt gebieten.
Drei Schritte zur Freiheit
Dieser Gedankenstopp gelingt in drei Schritten: Der erste Schritt ist die Achtsamkeit. Also das bewusste erkennen, dass die negativen Gedanken in einem bestimmten Moment da sind. Dann das kritische Hinterfragen: Wenn eine Ameise über die Küchentheke krabbelt, brauchen wir auch erst die Achtsamkeit, um sie zu entdecken und dann kritisch zu werden und zu überlegen: „Gehört die hier her?“ So können wir es auch mit unseren Gedanken tun: Stimmt das wirklich, was ich mir das selbst einrede? Passt dieser Gedanke jetzt zu mir? Möchte ich mich jetzt damit beschäftigen?“. Der dritte Schritt ist schließlich, die Ameise zu stoppen. Also ich würde sie nehmen uns in den Garten bringen, wo sie besser aufgehoben ist. Unsere negativen Gedanken können wir ebenso ruhig, aber bestimmt verabschieden. Sie ziehen lassen, wie Wolken am Himmel. Und dabei merken: Sie verziehen sich, wenn wir nur ein bisschen warten, ein paar tiefe Atemzüge nehmen und sie nicht weiter herein bitten.
Was bringt Journaling?
Wer seine Ängste und Sorgen regelmäßig niederschreibt, lebt leichter.
Seit meiner Kindheit vergeht kaum ein Tag, an dem ich kurz vor dem Schlafengehen nicht zumindest ein paar Stichworte in mein Tagebuch schreibe. In Phasen, in denen ich meine selfcare-Routine besonders ernst nehme, beginne ich meinen Tag auch damit, mir in meinem Tagebuch jene Dinge zu notieren, die mir heute wichtig sind. Mittlerweile gibt es zahlreiche wissenschaftliche Studien, die von den wohltuenden Effekten des „Journalings“ berichten. Egal du es ganz altmodisch Tagebuch oder ganz zeitgeistig Journal nennst – das Aufschreiben deiner Gedanken, Sorgen und Wünsche tut gut. Der Experte für Positive Psychologie, Martin Seligman, beschäftigt sich in seiner Forschung schon seit vielen Jahren mit den positiven Effekten des Journalings. Eine Möglichkeit, die eigenen Verhaltensweisen zu reflektieren, besteht darin, sich das eigene ABC-Modell anzusehen. Mehr darüber liest du in diesem Beitrag.
Negative Gedanken loswerden
Du kannst in deinem Journal unangenehme Situationen, belastende Ereignisse oder negative Gedanken niederschreiben. Die befreiende Wirkung des Aufschreibens wird auch beim Expressiven Schreiben - einer Therapieform aus den USA - deutlich. Dabei stellt man sich den Timer auf 15 Minuten, setzt sich vor das leere Blatt Papier und schreibt alles auf, was belastend ist - ohne darüber nachzudenken. Danach fühlst du dich sogleich erleichtert.
Positive Affirmationen
Ich selbst nutze mein Journal sehr gerne dazu, mir meine Ziele und Wünsche zu notieren. Wenn ich Lust dazu habe, dann gestalte ich meine Notizen auch noch mit Verzierungen, Skizzen und kreativen Gestaltungen. Je fantasievoller, desto besser - so wird das Journeln zur kreativen Meditation.
Journaling nach deinem Geschmack
Ganz gleich ob du morgens oder abends “journalst”, du deine Sorgen und Ängste oder deine Ziele und Wünsche mit diesem geduldigen Büchlein teilst, das regelmäßige “Journaln” kann zu einer wohltuenden Routine werden. Probier es einfach einmal aus!
EFT-Anleitung: Klopf dich frei
Egal ob Tapping, Klopfen oder EFT… Mit dieser einfachen Technik gelingt es dir innerhalb von wenigen Augenblicken, Ängste und Sorgen loszulassen.
Vielleicht hast du schon vom "Tapping" oder "Klopfen" gehört? Diese einfache Technik verbindet das Wissen aus Akupunktur bzw. Akupressur, NLP und Körpertherapie. Das Tapping ist eine wunderbare Möglichkeit, dich aus dem negativen Teufelskreis von Ängsten, Sorgen und unangenehmen Gefühlen herauszuholen - und das innerhalb weniger Minuten.
Kann ich Tapping lernen?
Die Antwort lautet: Ja! Sehr einfach sogar! Denn das Besondere an EFT ist, dass du weder besondere Vorkenntnisse, noch viel Übung oder eine detaillierte Anleitung dafür benötigst. Diese einfache Technik funktioniert unmittelbar und du spürst bereits nach wenigen Minuten eine Erleichterung.
Finde deinen Startsatz
Ich möchte dir diese Übung direkt anhand eines Beispiels zeigen. Zu Beginn überlegen wir immer: Was belastet mich? Sei dabei so konkret wie möglich und beschreibe auch das Gefühl, dass du dadurch erlebst. Dann formuliere deinen Startsatz: Obwohl ich „dieses Problem“ habe, (liebe und) akzeptiere ich mich so wie ich bin. Nehmen wir zum Beispiel: Obwohl ich mir Sorgen um meine Zukunft mache, (liebe und) akzeptiere ich mich, so wie ich bin. Wenn es sich für dich gut anfühlt, kannst du „liebe und akzeptiere“ ich mich sagen, ansonsten reicht es auch, wenn du beim „akzeptiere“ bleibst. Viele Menschen finden es zu Beginn unlogisch, diese unangenehmen und oft so sinnlos erscheinenden Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen an sich selbst zu akzeptieren. Doch durch das Unterdrücken und Nicht-Haben-Wollen dieser Empfindungen halten wir sie insgeheim aufrecht und verstärken sie sogar. Durch das bewusste Akzeptieren unterstützen wir uns dabei, uns davon zu befreien. Bei deinem Startsatz geht es nicht darum, einen möglichst perfekten Satz zu formulieren. Vielmehr soll er das unangenehme Gefühl möglichst gut beschreiben und dich in dieses Gefühl bringen. Je intensiver du in das Gefühl kommst, desto besser für diese Übung.
© unsplash: Mit dem sanften Klopfen deiner Finger auf sensible Punkte kannst du dich innerhalb weniger Augenblicke selbst beruhigen.
Durch das Tapping signalisierst du deinem Gehirn: Auch wenn ich diese negativen Gefühle habe, bin ich im hier und Jetzt sicher und kann mich selbst wieder beruhigen. Du verhinderst dadurch, dass du in den Teufelskreis aus Ängsten und Sorgen gerätst. Schätze nun ein, wie intensiv und belastend die Situation für dich gerade ist: 1 ist sehr wenig belastend, 10 ist sehr belastend.
Mit deinem Startsatz beginnst du nun mit deinen Fingern auf die Außenkante deiner Hand (zwischen deinem kleinen Finger und deinem Handgelenk, auf den so genannten Karatepunkt) zu klopfen. Du kannst die recht oder linke Hand nehmen, ganz wie es dir beliebt. Während du klopft, sagst du deinen Satz laut vor: Obwohl ich mir Sorgen um meine Zukunft mache, (liebe und) akzeptiere ich, so wie ich bin. Wiederhole diesen Satz und das Klopfen noch zwei Mal. Du kannst den Satz auch ein bisschen variieren, es geht einfach darum, möglichst gut in deine Emotion zu kommen. Nun beginnst du, die weiteren Tapping-Punkte zu klopfen. Dabei sagst du noch den ersten Teil deines Satzes, also den Grund dafür, weshalb du klopfst: Ich bin total genervt, weil ich mir schon wieder Sorgen mache. Du kannst auch alles sagen, was dir dazu einfällt: Alles, was dich belastet. Alles, was dich stört. Alles, was dir durch den Kopf geht. So als würdest du einem guten Freund dein Herz ausschütten.
© unsplash: Mit jeder Tapping-Runde wirst du entspannter und gelassener!
Dabei klopfst du je nach Gefühl jeweils 5 bis 10 Mal:
1. Am inneren Punkt der Augenbraue, dort wo die Haare beginnen
2. An der Außenseite des Auges (am Knochen entlang)
3. Unter dem Auge (am selben Knochen)
4. Zwischen Nase und Mund
5. Zwischen Mund und Kinn
6. Auf dem Schlüsselbein oder auch mit der flachen Hand mittig auf dem Schlüsselbein
7. Unter dem Arm, eine Handbreite unter der Achsel, dort wo bei Frauen der BH aufliegt
8. Den obersten Punkt deines Scheitels Nun klopfe noch zwei Runden.
Dann spüre noch einmal in dich hinein und schätze nun ein, wie intensiv und belastend die Situation für dich gerade ist: 1 ist sehr wenig belastend, 10 ist sehr belastend.
Du wirst bemerken, dass die Intensität deiner Ängste, Sorgen oder negativen Gefühle abgenommen hat.
Wieso ist Tapping so hilfreich?
Wenn du regelmäßig von Ängsten, Sorgen oder anderen unangenehmen Gefühlen oder Gedanken betroffen bist, ist deine natürliche Reaktion darauf: Ich möchte diese Gefühle loswerden! Das ist verständlich, das geht uns allen so. Doch durch dieses Vermeiden sorgen wir dafür, noch länger in diesen alten Mustern zu verweilen. Deine Amygdala sendet dir Alarmzeichen und du empfindest sie als störend. Du hast schon im Basisprogramm gelernt, dass zwischen Reiz und Reaktion deine Freiheit liegt. Durch das Tapping erreichst du genau das: Ein unangenehmes Gefühl oder ein Gedanke stellen den Reiz da. Deine automatische Reaktion darauf ist wohl, dich darüber zu ärgern, dich zu wundern, zu grübeln, zu verdrängen... Doch dadurch steigerst du dich noch mehr in deine Ängste und Sorgen hinein. Durch das Klopfen der die Akupunkturpunkte signalisierst du deiner Amygdala: Alles ist gut, du kannst dich wieder beruhigen. Wie einen Wachhund, dem du gut zuredest und den du so wieder zur Ruhe bringst. So kannst du deine Reaktion verändern: Deine Amygdala beruhigt sich, du wirst gelassener und kannst aus dem Teufelskreis von Ängsten und Sorgen aussteigen.
Ich wünsche dir viel Erfolg bei dieser Übung und viel Freude beim Ausprobieren!
Hier findest du eine Video-Anleitung der Mentaltrainerin und Coach Laura Marina Seiler:
Resilienz: Unser geistiges Immunsystem
Die schwierigen Seiten gehören ebenso zu unserem Leben wie die Sonnenseiten. Doch gerade die ungeliebten Herausforderungen können uns helfen, über uns hinaus zu wachsen.
Wenn du zuversichtlicher, gelassener und hoffnungsvoller werden möchtest, dann kann dir Resilienz dabei helfen. Darunter versteht man unsere psychische Widerstandskraft, also die menschliche Fähigkeit, trotz Schwierigkeiten, Ängsten und Sorgen den Mut nicht zu verlieren. Resilienz ist quasi das geistige Immunsystem. Wir alle tragen diese verborgene Kraft in uns, die uns hilft, Krisen zu meistern und an Herausforderungen zu wachsen. Meist entdecken wir diese innere Stärke jedoch erst dann, wenn wir in unsere Leben wirklich gefordert sind: Kurz bevor wir verzweifeln, kurz bevor wir alle Hoffnung aufgeben, dann, wenn wir denken, wir können nicht mehr weiter, spüren wir unsere Resilienz.
Resilienz leitet sich von resiliere ab (lateinisch für abprallen, zurückspringen).
Zu Beginn der Resilienzforschung galt das Interesse an dieser Fähigkeit vor allem Kindern. Die Forscher fragten sich, warum manche Kinder zu starken und gesunden Erwachsenen heranwuchsen, obwohl sie in schwierigen Verhältnissen aufwuchsen. In den Studien wurde Kinder untersucht, die in einer Welt voll Suchtproblemen (Alkohol Drogen), Armut und Gewalt lebten. Die Resilienteren unter ihnen waren davon überzeugt, dass sie selbst aktiv zur Verbesserung ihrer Lebenssituation beitragen konnten. Ihre sogenannte “interne Kontrollüberzeugung” was stark ausgeprägt. Die Überzeugung, dass ich zu einem großen Teil “selbst meines Glückes Schmied bin, wird als ein wichtiger Resilienzfaktor bezeichnet, der im späteren Erwachsenenleben wichtig ist.
Stark aus der Krise
Wenn Menschen bereits eine schwierige Zeit hinter sich haben, gehen sie gestärkt aus dieser Krise: Sie haben erfahren, dass ihre innere Stärke sie durch diese Phase ihres Lebens begleitet. Durch achtsames Üben können wir lernen, unsere Resilienz zu aktivieren, damit sie uns durch schwierige Phasen unseres Lebens begleitet. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt: Resilienz ist erlernbar. Dabei gibt es viele Faktoren, die unsere Resilienz stärken. Einer davon ist Optimismus.
Dankbarkeit stärkt uns von innen heraus
Durch Übungen wie die Dankbarkeitsübung, bei der du dich auf zumindest drei gute Dinge konzentrierst, die dir in deinem ganz gewöhnlichen Alltag geschehen, stärkst du Tag für Tag deinen Optimismus. Dabei geht es nicht darum, dir die Welt schön zu reden. Vielmehr fokussierst du dich auf alles, was es neben den Schwierigkeiten und Herausforderungen in deinem Leben noch zu entdecken gibt. Dies wiederum hebt deine Stimmung und führt dazu, dass du besser mit diesen negativen Seiten zurecht kommst.
Resilienz ist oft auch lösungsorientiert. Das bedeutet, wir überlegen in schwierigen Situationen: Was kann ich tun, um diese Situation positiv zu beeinflussen oder zu verbessern? Wenn es eine Möglichkeit dazu gibt, dann nehmen wir sie wahr. Wenn nicht, dann können wir auf die Akzeptanz zurück greifen und uns sagen: So ist es nun einmal, das gehört zum Leben dazu.
Akzeptanz als Resilienzfaktor
Wenn wir uns tagtäglich bewusst machen, dass die schwierigen Zeiten ebenso Teil unseres Lebens sind wie die schönen, dann stärken wir uns selbst. Diese offene, akzeptierende Haltung gibt uns Kraft.
Wenn es uns gelingt, diese akzeptierende Haltung dem Leben gegenüber zu erreichen, dann sind wir gestärkt und können den Herausforderungen unseres Alltags besser begegnen. Wir fokussieren uns auf die Faktoren, die wir beeinflussen können, anstatt an den Schwierigkeiten zu verzweifeln. All die Dinge, die wir nicht verändern können, nehmen wir als Chance, an ihnen persönlich zu wachsen. Wir üben uns in Akzeptanz und erkennen: So gelingt es uns leichter, mit diesen schwierigen Situationen umzugehen. Denn gerade in dieser Zeit brauchen wir viel Kraft und Energie, die wir nicht in negative Gedanken und ständiges Zweifeln investieren können.
Genau aus diesem Grund habe ich mein Basisprogramm “Raus aus alten Mustern: Mit Achtsamkeit und Akzeptanz zu einem besseren Leben” gestaltet. Denn durch diese beiden Fähigkeiten können wir unser Leben wirklich verändern. Dann gelingt es uns auch, resilienter, hoffnungsvoller, gelassener und zuversichtlicher zu sein.
Verändere dein Leben
Mehr Resilienz, mehr Gelassenheit, mehr Selbstliebe…
Just think positive?
Positives Denken bedeutet keinesfalls, alle negativen Seiten unsers Lebens einfach zu verdrängen!
Du kennst sie bestimmt, die gut gemeinten Rat-Schläge von Menschen, die scheinbar immer gut drauf sind und sich nie Gedanken machen: “Denk einfach positiv!”, “Mach dir keine Sorgen”, “du darfst das bloß nicht denken, sonst passiert es am Ende auch noch!” Das krampfhafte Verdrängen alles Negativen ist für viele Menschen zu einer Doktrin geworden. Und auch wissenschaftliche Studien bestätigen: Positives Denken schützt vor Depressionen, ist gut für unsere Gesundheit und macht uns glücklicher. Doch diese wertvollen Erkenntnisse aus dem Bereich der Positiven Psychologie werden häufig missverstanden.
Aus meiner Sicht wird das positive Denken viel zu oft sehr einseitig verstanden. Denn es geht keinesfalls darum, sich alles schön zu reden. Niemand von uns lebt in einer vollkommen perfekten Welt, in der es immer ein Happy End gibt. Ganz im Gegenteil: Schwierigkeiten, Herausforderungen, Zweifel und auch Verzweifeln gehören zu unserem menschlichen Sein ebenso dazu wie die schönen Seiten, die glücklichen Phasen und die Freudenmomente. Positives Denken leugnet diese Herausforderungen nicht, vielmehr fokussiert man sich ganz bewusst auf all das Schöne, Gute, Positive, das neben allen Schwierigkeiten im Leben da ist.
Denn positives Denken bedeutet keineswegs, dass wir die Herausforderungen, die Schwierigkeiten und die nervigen Seiten unsers Lebens verdrängen müssen. Ganz im Gegenteil - wenn wir wirklich glücklich sein möchten, dann müssen wir uns diese unangenehmen Situationen genauso bewusst machen wie die schönen. Doch im nächsten Schritt können wir uns bewusst dazu entscheiden, diese Herausforderungen zu akzeptieren, uns jedoch nicht daran zu klammern, indem wir uns ständig nur noch mit diesen negativen Bereichen unseres Lebens beschäftigen. Wenn wir unsere jeweilige Situation akzeptieren, können wir in Ruhe entscheiden: Was ist nun das Beste für mich? Soll alles so bleiben und ich kann damit leben, weil die Vorteile, die diese Situation mit sich bringt, überwiegen? Oder versuche ich, eine Veränderung zu erreichen, weil ich so nicht weitermachen möchte?
Ein Beispiel :
Wenn du in deinem Job unzufrieden bist, kann es leicht passieren, dass du dich ständig darüber aufregst. In der Arbeit bist du genervt und kannst dich nicht mehr so gut auf deine Aufgaben konzentrieren. Noch schlimmer ist, dass du dich auch in deiner Freizeit, zuhause, am Wochenende oder sogar im Urlaub über deine Arbeit aufregst. So verschwendest du kostbare Lebenszeit. Wenn du dir klar machst, dass du für den Benefit deiner Arbeit (zB gute Entlohnung, praktische Arbeitszeiten …) bereit bist, dieser Arbeit auch weiterhin nachzugehen, dann hast du dich bewusst dazu entschieden, so weiter zu leben. Nun ist es sinnvoll, dich auf die schönen, positiven Seiten deiner Arbeit zu fokussieren, anstatt im Jammern und Klagen zu versinken.
Positives Denken bedeutet also, sich auf die schönen Seiten des Lebens zu konzentrieren, allen Schwierigkeiten und Herausforderungen zum Trotz! Und das können wir trainieren. Je öfter wir achtsam und bewusst das Positive suchen, das derzeit in unserem Leben seinen Platz hat, umso glücklicher werden wir. Wir trainieren unser Gehirn darauf, das Gute zu sehen - auch in schwierigen Phasen.
Hier geht`s zu meiner liebsten Übung aus dem Bereich der Positiven Psychologie.
Heimliche Beschützer: Woher deine Ängste und Sorgen kommen
Wenn wir erkennen, woher unsere Befürchtungen und negative Gefühle kommen, können wir besser damit zurecht kommen. Eine Ausflug in die spannende Welt der Ego-States.
Während meines Studiums wurde ich von einer Frage geplagt: Welche Fachrichtung ist DIE EINE richtige für mich? Als Psychologin und später Psychotherapeutin musste ich mich entscheiden, welches Menschenbild, welche Ursachenklärung, welche Methoden ich mir aneignen wollte, um Menschen auf ihrem Weg zu einem besseren Leben zu begleiten. Viele meiner Kollegen waren schon vor Beginn ihrer Ausbildung oder ihres Studiums klar, welche Fachrichtung sie wählen wollten. Doch diese Denkweise entspricht so gar nicht meiner Art zu leben. Viel mehr bin ich das, was die Amerikaner als “Multipassionate” bezeichnen: Ich interessiere mich für so viele Themen und gerade wenn es um das menschliche Erleben, unsere Gefühlswelt, unsere Sorgen und Ängste geht, gibt es unheimlich viel zu lernen! Heute bin ich nun zwar als Verhaltenstherapeutin tätig, doch meine Leidenschaft gilt nach wie vor der Psyche des Menschen als Ganzes. Und so verbringe ich jede freie Minute damit, mich mit den unterschiedlichen Therapierichtungen und ihren Methoden zu beschäftigen.
Ein Blick ins Gehirn
Je länger ich mich mit dem Mensch-Sein befasse, desto mehr steigt meine Begeisterung für ein Thema, das ich während meiner Uni-Zeit verabscheut habe: Die Welt der Neurobiologie! Niemals werde ich mein Entsetzen während der ersten Vorlesungen vergessen. Ich war damals eine junge Studentin, hoch motiviert, alles zu erfahren, was das menschliche Leben leichter, besser, schöner macht. Und dann sitze ich in einem Hörsaal vor überdimensionalen Folien voll Hirnscans, höre von Blutströmen, fMRT, Gehrinbereichen und Nervenverbindungen. Mein Studium an der Universität Salzburg war naturwissenschaftlich geprägt, während ich eine sehr humanistische Sicht auf die Psyche des Menschen hatte. Ich war komplett überfordert, verärgert und enttäuscht. Doch in den vergangenen zehn Jahren habe ich mehr und mehr gelernt, die Erkenntnisse der Wissenschaft zu schätzen. In mir ist eine wahre Begeisterung für unsere Hirnbereiche, ihre Funktionen und die neurobiologische Forschung gewachsen. Wenn ich eine aktuelle Studie über die Neuroplastizität, also unsere lebenslange Fähigkeit zum Lernen, Wachsen und Anpassen, lese, komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus!
Neuronen-Cluster als Überlebensmuster
Eine Therapieart, die mich sehr begeistert, ist die Ego-State-Therapie. Diese von der US-Amerikanischen Psychologin Robin Shapiro entwickelte Therapierichtung beschreibt unser Inneres als ein Zusammenspiel von einzelnen Anteilen. Diese Ansicht ist nicht neu und wird auch etwa auch in der Schematherapie vertreten. Laut Shapiro sind diese inneren Anteile keine rein geistigen Erscheinungen, vielmehr gibt es eine neurobiologische Erklärung für unser unterschiedlichen Ich-Anteile. Die Ego-States, also die inneren Anteile unserer Persönlichkeit, prägen sich im Laufe unseres Lebens ebenso als einzelne Netzwerke in unserem Gehirn aus. Shapiro spricht von “Neuronenclustern”, als Nervenverbindungen in unserer Denkzentrale.
Erste Netzwerke im Babygehirn
Die Psychologin verweist auf Studien, die zeigen, dass bereits Neugeborene unterschiedliche Netzwerke in ihrem Gehirn für jede Bezugsperson ausprägen. Da gibt es das Netzwerk für die Mutter, die sich fürsorglich und liebevoll kümmert, für den Vater, der etwas ausgelassener und “wilder” mit dem Baby umgeht sowie den Bruder, der das kleine Geschwisterchen neugierig anguckt. Diese Netzwerke prägen wir von den ersten Tagen auf dieser Welt an aus, sie bilden sich anhand unserer Erfahrungen und Erlebnisse aus. Je stärker ein Erlebnis, desto stärker das Netzwerk. Je mehr (positive oder negative) Emotionen wir damit verbinden, umso intensiver hat sich dieses Erlebnis in Form eines Neuronen-Netzwerks in unserem Gehirn eingespeichert.
Ich-Anteile als Überlebensretter
Von klein auf versuchen wir Menschen, in der jeweiligen Welt bestmöglich zurecht zu kommen. Je nachdem, wie unsere Bezugspersonen mit uns umgehen, reagieren wir. Je öfter wir in einer bestimmten Art und Weise reagieren, desto eher prägt sich dieses Verhalten, dieses Fühlen und auch die damit verbundenen Gedanken zu einem Netzwerk in unserem Gehirn aus. Wir prägen positive, hilfreiche und negative, unser Leben beeinträchtigende Ego-States aus. Wachsen wir zum Beispiel einem launischen Vater auf, lernen wir ganz unbewusst: Du musst auf der Hut sein, du darfst bloß nicht nervig sein, du musst dich gut benehmen und machst dich am besten “unsichtbar”. In solch einem Fall ist es wahrscheinlich, dass wir ein Netzwerk für vorsichtiges Verhalten ausprägen und quasi zu Experten darin werden, uns selbst und unsere Bedürfnisse zurück zu nehmen, um nur ja nicht negativ aufzufallen. Aus der Sicht eines Kindes (und seines Gehirns) bedeutet das: Nimm dich zurück, dann riskierst du nichts, dann hast du Ruhe. Wenn wir dieses Verhalten in jungen Jahren regelmäßig zeigen, prägt es sich zu einem starken Netzwerk in unserem Gehirn aus. Die Ego-State-Therapie würde diesen Teil unserer Persönlichkeit als Ego-State bezeichnen und ihm einen Namen geben: Der Übervorsichtige, die Rücksichtsvolle, der Selbstlose, der Ängstliche…. Laut Shapiro können diese negativen Ego-States unter anderem:
übermäßig schützend sein: Sie versetzen uns in eine ängstliche, sorgenvolle Haltung. Dies zeigt sich darin, dass wir “hypoaltert”, also hochsensibel für Gefahren sind, uns ständig Sorgen machen oder uns von Ängsten und Befürchtungen hemmen lassen.
immobilisierend/hemmend sein: Sie führen dazu, dass wir uns hoffnungslos, hilflos, deprimiert und gefangen fühlen. Wir werden untätig und ziehen uns zurück, weil wir das Gefühl haben, dass eh alles sinnlos ist, was wir versuchen. Wir fühlen uns ausgeliefert.
Automatische Reaktionen als Muster im Gehirn
Warum ist die Art, wie wir als Kind durch die Welt kommen, so prägend? Einerseits weil unser Gehirn in dieser Zeit noch so sensibel ist und weil wir andererseits so stark mit unseren Bezugspersonen und unserem Emotionen verbunden sind, dass wir nicht klar differenzieren können: Das ist mein Vater, es ist sein Problem, wenn er wütend ist. Als Kinder beziehen wir solche Reaktionen meist automatisch auf uns und versuchen, eine Lösung durch unsere Anpassung zu liefern. In der menschlichen Psyche gibt es kaum etwas, das nicht auf seine versteckte Art sinnvoll ist. Wir sprechen von “Funktionalität” - das Verhalten, das Fühlen, das Denken macht auf Sinn, auch wenn es viele Nachteile hat. Das Verheerende daran ist, dass wir mit diesen Mustern dann durchs Leben gehen. Wenn wir also beim Beispiel des cholerischen Vaters bleiben, reagieren wir später ebenso übervorsichtig, rücksichtsvoll, ängstlich… in Situationen, die jenen aus der Kindheit gar nicht mehr ähneln. Doch unser Ego-State hat sich damals ausgeprägt und versucht nun so, unser Leben zu leben.
Der “Gesunde Erwachsene”
Zu den positiven Ego-States gehört unser “Gesunder Erwachsener”. Die Bezeichnung klingt auf deutsch etwas holprig, du kannst gerne eine Alternative finden wie “mein bestes Ich”, “mein gesundes Ich”, “mein starkes Ich”, “mein erfolgreiches Ich”, mein “Ich 2020”…. Wie es eben für dich passt. Gemeint ist damit jener Persönlichkeitsanteil, der vernünftig, erfolgreich, gelassen, hoffnungsvoll und zuversichtlich ist. Diesen Anteil haben wir alle (wenn auch mit unterschiedlicher Stärke) in uns. Wir können diesen Ego-State stärken, indem wir in immer wieder bewusst “hervorholen”. Gerade in schwierigen Situationen können wir “switchen”, wie Shapiro es nennt, und und bewusst entscheiden: Soll nun der ängstliche Ego-State oder mein gesunder, gelassenere Erwachsenen-Ego-State mein Verhalten, meine Gedanken und meine Gefühle steuern?
Mit Achtsamkeit gegen Ängste und Sorgen
Wenn wir unsere Ego-States erkennen, dann können wir besser damit umgehen. Dafür benötigen wir erst einmal das bewusste Beobachten unserer Selbst. Wieso falle ich immer wieder ins alte Muster aus Ängsten und Sorgen? Warum fühle ich mich so deprimiert und niedergeschlagen, wenn mich jemand kritisiert? Woher kommt diese schlechte Stimmung? Durch Achtsamkeit können wir uns selbst besser verstehen.
Wenn du ein bestimmtes Muster immer wieder erkennst, kannst du einmal überlegen:
Wieso habe ich dieses Verhalten ausgeprägt?
Wozu hat es mir im Laufe meines Lebens, während ich aufgewachsen bin, gedient?
Was habe ich dadurch erreicht/ vermieden?
Kannst du deine(n) Ego-State(s) benennen? Welcher Name wäre passend? Dabei passt alles, was sich für dich stimmig anfühlt!
Wenn du etwas den Übervorsichtigen Ego-State entdeckt hast, kannst du dich im Alltag beobachten. Sobald er wieder da ist, kannst du dich fragen: Brauche ich diesen Übervorsichtigen Anteil jetzt? Hilft er mir wirklich weiter? Oder ist es besser den “gesunden Erwachsenen”-Anteil reagieren zu lassen?
Durch diese Übung gelingt es dir mehr und mehr, das alte, heute nicht mehr überlebensnotwendige Muster in deinem Gehirn zu lockern und dein neues, gesundes Verhaltensmuster, deinen positiven, gesunden Erwachsenen Ego-State zu stärken.
5 Wochen-Programme
Weniger Ängste und Sorgen, mehr Selbstliebe und Gelassenheit
5 Soforttipps gegen Ängste und Sorgen
Veränderung gelingt nicht von heute auf morgen, aber von Moment zu Moment. Je öfter uns das gelingt, desto entspannter können wir mit Herausforderungen umgehen.
Du kennst das bestimmt: Du hast dir schon zig mal vorgenommen, dich nicht mehr so zu stressen, dir nicht mehr so viele Sorgen zu machen, dich nicht mehr von der Gedankenspirale fangen zu lassen... Und zack, schon bist du wieder drinnen! Meist gefolgt von Ärger und Enttäuschung darüber, dass du es schon wieder nicht geschafft hast, gelassen zu bleiben. Sei beruhigt: So geht es vielen Menschen! Kein Wunder, alles, was wir regelmäßig tun, wird in unserem Gehirn zu einem starken Netzwerk. Dazu zählt auch unser Denken. Wenn du dir also immer wieder Sorgen machst und ganz viel nachdenkst, dann bist du quasi schon zum Experten für Sorgen geworden – so wie bei einem Profipianisten ein starkes Netzwerk für seine liebsten Musikstücke ausgeprägt, so sind es bei dir die Netzwerke für Ängste, Sorgen und Befürchtungen. Deshalb ist es auch so schwierig, diese ungeliebten Muster hinter dir zu lassen. Damit es dennoch klappt, benötigst du konkrete Tipps, um für den Ernstfall gerüstet zu sein. Wenn du diese einfachen Tricks und Empfehlungen regelmäßig anwendest, gelingt es dir immer öfter, gelassen und zuversichtlich zu bleiben, anstatt in deine Gedankenkreise zu fallen. Und je öfter du das schaffst, umso stärker wird dein neues Netzwerk: Das gelassene, entspannte, zuversichtliche Muster. Dann kannst du auch auf schlechte Neuigkeiten oder unsichere Entwicklungen gelassener reagieren. Du wirst nach und nach Experte für Gelassenheit! Ganz wichtig: Hab Geduld! Diese ungeliebten Muster voll Angst und Sorgen haben sich nicht von heute auf morgen aufgebaut. Dementsprechend dauert es auch eine gewisse Zeit, bis du die Kontrolle wieder zurück übernehmen kannst. Doch mit Mal zu Mal spürst du, wie dir das besser gelingt.
© unsplash: Immer dabei und ganz ohne Nebenwirkungen - dein Atem bringt dich ins Hier und Jetzt.
1. Atmen!
So einfach und banal das klingen mag, unser Atem ist unser wichtigster Verbündeter im Kampf gegen Stress, Anspannung, Ängste und Sorgen! Denn durch das bewusste tiefe Atmen beruhigst du dich selbst. Durch tiefe Atemzüge in den Bauchraum sagst du deinem Körper und deinem Geist: Alles ist gut, beruhige dich! So kannst du einen klaren Kopf bewahren und in Ruhe nachdenken, ob die Aufregung berechtigt ist oder eben nicht.
2. Ab nach draußen
Bei den Japanern ist Waldbaden längst eine bekannte Therapie – die Natur tut uns allen gut. Sie ist unsere Heimat und in unserer zivilisierten Welt verbringen wir viel zu wenig Zeit in unserer ursprünglichen Umgebung. Je mehr grün, desto besser für unseren Organismus, der draußen wieder zur Ruhe kommt.
3. Achtsamkeit
Nimm einen tiefen Atemzug, spüre, wie du dich gerade von Kopf bis Fuß fühlst und frag dich: Was passiert JETZT, in diesem Moment? Was kann ich beeinflussen, was verändern? Meist versucht uns unser Gehirn einzureden, dass wir alles mögliche denken, machen, verändern können, wenn wir nur lange genug darüber nachdenken. Doch wenn wir in Ruhe überlegen, erkennen wir, dass wir im jeweiligen Moment meist nicht viel zu tun können, außer möglichst ruhig und gelassen zu bleiben. Danach können wir versuchen, aktive Lösungswege zu entdecken. Oder eben die aktuelle Herausforderung zu akzeptieren. Hier entdeckst du Tipps für mehr Achtsamkeit im Alltag.
© unsplash. Mit der Kameratechnik kannst du dich selbst beobachten - wie in einem Film.
4. Die Kameratechnik
Diese beliebte Methode hilft uns dabei, aus ungeliebten Mustern auszusteigen. Dabei stellst du dir die Situation, in der du dich gerade befindest, als eine Filmszene vor, die du auf einem Bildschirm betrachtest. Wie bei einem Bildschirm kannst du näher heranzoomen und die Protagonisten näher betrachten oder auch weiter weg zoomen und das große Ganze betrachten. Durch diese ebenso einfache wie hilfreiche Übung erlebst du sofort Distanz und Abstand zu der jeweiligen Situation und bewahrst einen kühlen Kopf - die wichtige Voraussetzung, um kluge Entscheidungen zu treffen.
5. EFT: Klopf dich frei
Immer mehr wissenschaftliche Studien bestätigen: Das “Tapping” (von Emotional Freedom Tapping) beruhigt unser Nervensystem, sorgt für Gelassenheit und Entspannung in Sekundenschnelle und ist dabei so einfach zu erlernen. Hier findest du eine Anleitung: Zum Artikel.
Ich wünsche dir viel Erfolg beim Ausprobieren!
Raus aus alten Mustern: Wie Achtsamkeit dir dabei helfen kann
Achtsamkeit stammt aus der fernöstlichen buddhistischen Tradition. Bereits vor Jahrtausenden, zu einer Zeit lange vor permanenter Erreichbarkeit, Dauerstress und Smartphone, wussten die Buddhisten vom „Monkeymind“ zu berichten:
„Wie ein besoffener Affe springt der Geist von Baum zu Baum.“
Dieses lustige Sinnbild beschreibt sehr anschaulich, worunter viele von uns auch in der heutigen Zeit leiden: Die Gedanken drehen sich im Kreis, Sorgen laufen in Dauerschleife ab, die Konzentration auf den gegenwärtigen Moment fällt schwer. Unser Gehirn ist von Natur aus darauf ausgerichtet, möglichst umsichtig zu sein. Wären unsere Vorfahren in der Steinzeit den ganzen Tag lang entspannt gewesen und hätten sich keine Gedanken über ihre Zukunft gemacht, dann gäbe es uns heute wahrscheinlich nicht. Schließlich war die Welt, in der wir als die Nachfahren der Affen lebten, von permanenten Gefahren begleitet: Wer nicht ständig auf der Hut war, lief Gefahr, von einem Raubtier gefressen zu werden, wer sich nicht um seine Mitmenschen sorgte, wurde aus der Sippe verstoßen, wer sich nicht um die Zukunft sorgte (wo gibt es das nächste Mammut zu erlegen?), war dem Hungertod nah. Kein Wunder also, dass wir diese urmenschliche Tendenz bis heute ebenso in uns tragen wie das natürliche Bedürfnis zu essen und zu schlafen. Doch anders als unsere Vorfahren haben wir in unserer schnelllebigen Zeit kaum mehr Verschnaufpausen zwischendurch. Wir leben im Hamsterrad und leiden unter den Folgen der hohen Stressbelastung, für die wir nicht geschaffen sind. Unser Gehirn läuft im Dauerbetrieb, Ängste, Sorgen und Gedankenkreisen zehren an unserer ohnehin schon knapp gewordenen Energie. Wir fühlen uns in unseren Mustern gefangen und funktionieren nur noch. Der Austausch mit Freunden und Bekannten zeigt: Es geht allen so! Ein Alltag mit zu wenig Zeit, zu viel zu tun und dem permanenten Gefühl von Erschöpfung gehören beinahe schon zum guten Ton.
Der Körper schreit STOP!
Der allgegenwärtige Dauerstress ist heutzutage so selbstverständlich, dass es uns gar nicht auffällt, wie sehr wir darunter leiden. Meist zeigt sich das Ausmaß der alltäglichen Stresslevels erst, wenn unser Körper nicht mehr kann. Ein schwaches Immunsystem, wiederkehrende Infekte, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Erkrankungen und Allergien können ein Zeichen für ein Zuviel an Stress sein. Der Körper schreit „STOP“, um uns endlich zum Umdenken zu zwingen. Gerade weil wir aber „keine Zeit“ haben und ständig funktionieren müssen, fallen uns die Veränderungen sehr schwer. Dieser Teufelskreis kann uns zum Verhängnis werden, wenn es uns nicht gelingt, endlich auszusteigen. Burnout ist längst keine “Modediagnose” mehr, sondern eine (von vielen!) ernstzunehmenden Erkrankungen, die vornehmlich durch Stress verursacht werden.
Aussteigen, Aber wie?
Durch Achtsamkeit! Die ursprünglich buddhistischen Techniken der Achtsamkeit dienen dazu, „den Geist zur Ruhe zu bringen“. Dies ist die Voraussetzung für Veränderung. Denn erst wenn wir (wieder) gelernt haben, bewusst im Moment zu leben und uns auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, können wir uns verändern. Wir können unsere Ziele erreichen, können gelassener mit Herausforderungen umgehen, uns selbst besser behandeln und tägliche Belastungen besser meistern. Die Jahrtausenden alten Techniken der Achtsamkeit helfen uns, durch wenige Minuten täglich wieder Bewusstsein und somit Kontrolle über unsere Gefühle, Gedanken und unser Verhalten zu erlangen.
Meine liebsten Achtsamkeitsübungen findest du hier:
Persönliche Entwicklung: Jede Situation ist mein Coach
Wenn wir gelassener, zufriedener und glücklicher werden möchten, ist jede Herausforderung eine Chance.
Wir alle entdecken von Zeit zu Zeit bestimmte Eigenschaften oder Angewohnheiten an uns, die uns stören: Wir machen uns zu viele Gedanken, sind zu leicht gestresst, essen unachtsam oder verschwenden zu viel Zeit am Smartphone. Wenn wir unser Leben verändern wollen, brauchen wir erst die Erkenntnis, was wir in Zukunft anders machen wollen. Das gelingt am Besten, indem wir unseren Alltag einmal ganz genau beobachten, beispielsweise an einem ganz gewöhnlichen Tag:
Wie beginnen ich den Tag?
Welche Gedanken, welche Gefühle, welches Verhalten stören mich bei mir selbst?
Gibt es gar Dinge, die ich fühlen, denken oder tun, unter denen ich leide?
Wenn wir die Antworten auf diese Fragen gefunden haben, können wir uns daran machen, von unserem “neuen Ich” zu träumen:
Wie möchte ich in Zukunft sein?
Wie möchte ich mit Stress, mit Ängsten, mit Sorgen umgehen?
Was möchte ich wirklich verändern, um gelassener, entspannter, gesünder zu sein?
Diese “Idealvorstellungen” können uns als Wegweiser dienen, wenn wir unser Leben mehr nach unseren Wünschen gestalten möchten. Eines vorweg: Wir sind alle Menschen. Wir geben unser Bestes. Das bedeutet auch: An manchen Tagen gelingt es uns besser, bewusst zu leben, als an anderen. Je mehr Ruhe wir haben, je weniger Hektik unseren Alltag stört, desto einfacher ist es, diese guten Vorsätze einzuhalten. Wir hoffen dann, dass es immer so bleiben möge und wir so nicht mehr unter diesen negativen Mustern fallen.
Das Leben aktiv gestalten
Doch wenn du lernen möchtest, mit deinen Sorgen und Ängsten umzugehen, weniger Stress zu erleben oder aktiver zu werden, geht es vor allem darum, auch mit schwierigen Situationen zurecht zu kommen. Wir benötigen diese Herausforderungen, um den richtigen, gelassenen Umgang damit zu üben. Das bedeutet also: Jeder schlechte Nachricht, jedes nervige Meeting, jeder Stressmoment kann ab sofort eine Trainingseinheit für dich sein. Je nachdem, was du in deinem Leben verändern möchtest. Ganz wichtig: Bitte nimm dir nicht zu viel vor! Denn Veränderung benötigen Ausdauer und Willenskraft und sozialpsychologische Studien haben gezeigt: Unsere Motivation und unsere Willenskraft beginnt “auszuleiern” wie ein Gummiringerl, wenn wir sie überstrapazieren (vgl. Roy Baumeister, ua. “Die Macht der Disziplin”).
Verändern von Moment zu Moment
Der Verhaltenspsychologe Jens Corssen spricht in seinem spannenden Buch “Der Selbstentwickler” von den Möglichkeiten, uns Tag für Tag, von Moment zu Moment zu verändern: „Danke Situation, du bist mein Coach“. Wenn es uns gelingt, diese Einstellung auch bei schwierigen Situationen zu erlangen, dann stärken wir unsere Kompetenzen. Wir können dann gelassener mit Ängsten und Sorgen umgehen, lassen uns weniger stressen oder werden konsequenter. Denn durch diese mutige Einstellung werden wir zum „Challenger“ deines Lebens, zum aktiven Steuermann, anstatt zum passiven Passagier. Wir wissen, dass sich unsere automatischen negativen Muster im Denken, Fühlen und Verhalten in den letzten Jahren oder vielleicht sogar schon Jahrzehnten eingeschlichen und verfestigt haben. Von Moment zu Moment, von Situation zu Situation können wir entscheiden: Falle ich zurück in meine alten, ungeliebten Muster? Oder gehe in einen neuen, zwar anfangs mühsameren Weg, der jedoch belohnt wird?
Durch die Achtsamkeit gelingt es uns von Mal zu Mal besser, jene Situationen zu erkennen, die bei uns zu Stress, Ängsten und Sorgen führen. Dieses Erkennen ist der erste Schritt zur Veränderung. Dann können wir ganz bewusst entscheiden:
Wie reagiere ich nun weiter?
Lasse ich mich wieder ins alte Muster der Angst und Panik fallen?
Komme ich in die Stressspirale?
Bleibe ich auf dem Sofa sitzen und schaue Netflix, obwohl ich die Laufschuhe warten?
Wenn wir unser Leben zum Besseren verändern möchten, dann brauchen wir die Erkenntnis: Es geht nicht um darum, allen Schwierigkeiten und Herausforderungen aus dem Weg zu gehen. Vielmehr geht es um unsere ganz eigene Reaktion darauf!
Je öfter du auch eine schwierige Situation bewusst und achtsam reagierst und dich für deinen neuen, gelasseneren Weg entscheidest, umso fester wird dein neues Netzwerk für gelasseneren Umgang mit diesen Herausforderungen.
Durch das bewusste Üben von Achtsamkeit gelingt dir genau das. Hier findest du eine Übersicht verschiedener Achtsamkeitsübungen, die ich selbst gerne praktiziere: Alles zum Thema Achtsamkeit.
die besten 5 Apps für mehr Achtsamkeit im Alltag
Weniger Stress und mehr Gelassenheit? Durch Achtsamkeit und Meditationen wirst du ruhiger und entspannter. Diese Apps sind ideal zum Einstieg für Newbies.
Wurde man vor wenigen Jahren noch als esoterischer Freak abgestempelt, wenn man sich mit Achtsamkeit und Meditationsübungen beschäftigte, so ist es heute beinahe schon uncool, ohne morgendliche Achtsamkeitsroutine in den Tag zu starten. Kein Wunder: Zahlreiche Studien bestätigen die wohltuende Wirkung dieser Übungen für ein bewussteres Leben. Egal ob Schlafprobleme, ständiges Grübeln oder permanentem Stress - durch wenige Minuten tägliches Üben kommen wir zur Ruhe.
“Ich kann nicht meditieren…
… und habe schon alles versucht.” Diese verzweifelten Worte höre ich immer wieder von Menschen, die zwar gerne achtsamer und bewusster leben würden, aber einfach nicht wissen, wie. Sie kennen Mediationen vielleicht aus dem Yogaunterricht oder haben sogar schon intensive Meditationen ausprobiert. Doch wenn sie dabei die Erfahrung gemacht haben, dass sie es ihnen nicht gelungen ist, vollkommen still zu sitzen und an nichts zu denken, sind sie enttäuscht. Dabei ist dieser hohe Anspruch ziemlich überzogen! Wahre Stille und absolute Gelassenheit erlangen wir erst durch jahrelanges Praktizieren. Da die meisten von uns jedoch nicht auf der Suche nach der Erleuchtung sind, geht es vielmehr darum, mehr Ruhe und Entspannung in unseren Lebensalltag zu bringen. Und dies gelingt bereits durch wenige Minute tägliche Übung.
Wie beginne ich zu meditieren?
Diese Frage stellen sich viele Menschen, die entspannter und gelassener werden möchten. Eine Möglichkeit ist ein professioneller Meditationskurs in deiner Nähe oder Online-Kurs für Meditationsnewbies. Ich persönlich kann dir meine liebe Freundin Angelina Inama und ihr Online-Angebot empfehlen. Manche Yogalehrer bieten in ihren Einheiten auch eine Übung für mehr Achtsamkeit und Bewusstsein an. Vielleicht fragst du einfach mal nach?
Gelassener in wenigen Minuten
Ein leichter Einstieg in die wunderbare Welt der Mediation gelingt über ausgewählte Meditations-Apps. Ich möchte dir meine Top-5-Meditations-Apps vorstellen.
1. Headspace
Die wohl bekannteste App für mehr Ruhe und Gelassenheit sorgt für “mehr Raum im Kopf”. Die kurzweiligen Übungen (rund 3 Minuten) tun gut und lassen sich auch mit dem hektischen Alltag vereinbaren.
2. Calm
Mindestens ebenso beliebt ist diese wundervolle App. Sie hilft ihren Usern bei Einschlafproblemen (mit genialer Einschlafhilfe!) und sorgt durch Geschichten, Naturgeräusche und wohltuende Übungen für Entspannung in wenigen Minuten.
3. 7Mind
Unter dem Motto “willkommen bei dir” zeigt diese App einen leichten Einstieg in die Welt der Meditation. Neben der 2-minütigen Grundlagen-Mediation bringt dir diese deutschsprachige Applikation spannende Themenschwerpunkte wie Dankbarkeit und Kreativität näher.
4. Waking Up mit Sam Harris
Von dieser App hat mir mein Interviewpartner Christian Salić erzählt. Sie wurde vom Neurowissenschaftler und Philosophen Sam Harris entwickelt und nimmt uns als User mit in die spannende Welt der Achtsamkeit. Anhand von Geschichten und Beiträgen erklärt Harris unter anderem, wieso Meditation sich so positiv auf unser Gehirn auswirkt.
5. BamBu
Dieser digitaler Achtsamkeitslehrer kommt aus Frankreich und zählt zu den beliebtesten Apps für mehr Achtsamkeit und Meditation in Europa. Mit den Übungen, die zwischen drei und 30 Minuten lang sind, können wir unter anderem achtsames Essen erlernen.
Mit Achtsamkeit, Ruhe und Gelassenheit verhält es sich wie mit Muskeln und körperlicher Fitness: Je länger und öfter du übst, desto besser. Kontinuität ist der Schlüsse zum Erfolg.
Hier findest du wissenschaftliche Studien, die sich mit der Wirksamkeit von Achtsamkeit beschäftigen:
via PubMed
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Alle Macht der Welt: Bewusst leben als Schlüssel zum Glück
Warum ich beinahe mein Studium geschmissen habe und warum ich so unglaublich dankbar bin, es doch nicht getan zu haben.
Bewusst leben: Warum du deine Gedanken nicht außer Acht lassen solltest. „The mind is everything.“ Dieses Zitat, dass Buddha zugeschrieben wird, kommt mir immer wieder in den Sinn, wenn ich über die beindruckende Kraft der menschlichen Psyche staune. In meiner Praxis begegne ich den unterschiedlichsten Menschen, jeder und jede von ihnen kommt mit seiner ganz persönlichen Geschichte zu mir und sucht einen Weg, um besser, leichter, glücklicher zu leben. Wann immer ich eine Nachricht mit der Frage um einen freien Platz erhalte, bin ich berührt. Denn ich weiß, dass diesem ersten Schritt in Richtung Veränderung meist eine schwierige Zeit voraus geht. Im ersten Gespräch bringen die Menschen, die ich über meine Berufung als Psychotherapeutin und Coach kennen lernen darf, meist ein großes, schweres Bündel an Belastungen und Sorgen mit. Umso schöner ist es zu sehen, dass sich bereits nach wenigen Stunden diese Last etwas leichter tragen lässt. Dies ist einer der Gründe, warum ich tagtäglich so dankbar für meine Arbeit bin. Und froh, mein Studium entgegen aller Bedenken doch durchgezogen habe.
Zwischendurch war ich kurz davor, alles hinzuschmeißen.
Nachdem ich meinen Bachelor in Psychologie abgeschlossen hatte, fand ich mich in einer Sinnkrise wieder: War das wirklich der richtige Beruf für mich? Ich hatte mehr als 2000 Stunden als Praktikantin in diversen psychiatrischen und psychotherapeutischen Kliniken verbracht, unzählige Stunden im Hörsaal und noch mehr in der Fakultätsbibliothek verbracht und dennoch das dumpfe Gefühl, nicht bereit für die Arbeit mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen oder Veränderungsprozessen zu sein. Die Antwort auf die Fragen „Wann weiß ich endlich alles über den Menschen?“ und „Wann kann ich endlich jedem Menschen mit seinen Problemen helfen?“ schien in unerreichbarer Ferne zu liegen. Ich war am Verzweifeln: Neben Hausbau, Beziehung, einem Kindergartenkind und meinem damals noch sehr stark ausgeprägten Perfektionismus hatte ich jede freie Minute zum Lernen verwendet. Trotzdem fühlte ich mich wie ein absoluter Anfänger. In Gesprächen mit Klienten während meiner Praktika hatte ich stets das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Doch wenn es um theoretisches Hintergrundwissen ging, konnte ich mich nur auf ein vages Sammelsurium an meinen persönlichen Erfahrungen, auswendig gelerntes Testwissen und schemenhafte Zusammenhänge aus meinen Seminaren verlassen. Und das, nach drei Jahren intensivem Studium. Da ich bereits damals als Journalistin tätig war und eine aussichtsreiche Position in Aussicht hatte, war ich dazu verleitet, meine Psycho-Karriere hinter mir zu lassen, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Ich trat die Flucht nach vorne an: Nach einem weiteren Praktikum in der Psychiatrie sollte ich mich für oder gegen die Psychologie. Vier Wochen später war klar: So aufwändig die nächsten Jahre noch werden würden, ich wusste, dass sich die vier weiteren Semester Studium, die insgesamt 10 Semester Psychotherapieausbildung und die damit verbundenen Kosten lohnen würden. Denn ich spürte diese Freude, die Menschen empfinden können, nachdem sie eine schwierige Zeit erleben mussten. Spürte das Potenzial der Veränderung, das uns durch Weggabelungen auf unserem Weg erst bewusst wird. Erkannte die Bedeutung vom Gegenüber – dem Partner, der Familie, den Freunden, und dort, wo diese nicht (mehr) da sein konnten – den Professionisten: Sozialarbeitern, Psychologen, Psychotherapeuten, Ärzten. Ich wusste, das dies mein Weg war und ich mit dem Bachelor-Abschluss erst ganz am Anfang stand.
Alle Macht der Welt
In den folgenden Jahren lernte ich vieles dazu und voll Dankbarkeit und dem Bewusstsein, dass ich mich aus freien Stücken für diesen aufwändigen Weg entschieden hatte, verging die Zeit unheimlich schnell. Psychologische Grundkonzepte, wissenschaftlich hinterlegte Theorien über das menschliche Fühlen, Denken und Verhalten sowie intensive Seminare und Selbsterfahrungseinheiten brachten mich meinem Wunsch ein großes Stück näher: Für jeden Menschen Möglichkeiten und Wege zu finden, damit sein oder ihr Leben besser gelingt. Jede neue Prüfungsphase, jedes weitere Seminar, jede Stunde Selbsterfahrung und jede Seite der unheimlich spannenden Psychologie-Literatur setzen sich wie ein großes Puzzle zusammen. Ich las Standardwerke, Studien, Manuale, Tool-Sammlungen und daneben die Werke bedeutsamer Psychotherapeuten wie Irvin Yalom, Jeffrey Young, Martin Seligman, Carl Rogers, C.G. Jung, Sigmund Freud, Bücher von Neurobiologen wie Gerald Hüther und Daniel Siegel, sowie die Ansichten großer Denker wie Nietzsche, dem Dalai Lama, Eckhart Tolle und Wayne Dyer. Je mehr ich las, desto vollständiger wurde mein Puzzle. Als ich meine Praxis für Psychotherapie schließlich eröffnete, war ich voll Vorfreude und Tatendrang. Denn ob Psychotherapeut, Neurobiologe, Philosoph, das tibetische Oberhaupt oder zeitgenössischer Denker – all diesen Größen ist die Begeisterung für den menschlichen Geist, das Erleben und Verhalten gleich und überall fand ich den Konsens: The mind is everything. Genau diese Erkenntnis war es, die mir schließlich Hoffnung und (Selbst)Vertrauen gab und mir die einst übermächtige Furcht davor nahm, nicht für jeden Menschen die passende „Lösung“ parat zu haben. Durch diese intensive Weiterbildungszeit habe ich gelernt, dass es gar nicht darum geht, alle möglichen Probleme jedes Individuums zu kennen und dafür jeweils passende Lösungen zu haben. Bei dem Gedanken an diese utopische Vorstellung muss ich schmunzeln. Denn statt vorgefertigte Wege vorzuschlagen, kann ich heute meine Klienten darin bestärken, dass sie alles wichtige bereits in sich tragen und wieder lernen können, nach Innen zu schauen, kurz Inne zu halten und bewusst zu entscheiden: Wie sieht der nächste Schritt aus? Was tue ich als nächstes? Ah, da ist wieder dieser Gedanke, aber das bin nicht zu 100 % ich (denn ich bin so viel mehr als diese ständig wiederkehrende Sorge!).
Wir alle sind Meisterwerke der Schöpfung
Jeder Mensch, dem ich in meiner Praxis bei einer Tasse Tee begegnen darf, ich ein unvergleichbares Meisterwerk, ein Unikat, einzigartig und besonders auf dieser wunderbaren Welt. Und jedes Mal staune ich wieder darüber, welche verborgenen Potentiale in meinem Gegenüber stecken und welche Veränderungen möglich sind, wenn mein Gegenüber sich darauf einlässt, ab sofort bewusst durchs Leben zu gehen.
Ist Selbstliebe nur was für Narzissten?
Wende dich dem wichtigsten Menschen in deinem Leben zu – dir selbst.
“Liebe deinen nächsten, wie dich selbst”, steht es in der Bibel. “Liebe dich selbst”, sagt Buddha. Wir übersehen so leicht, dass wir für uns selbst die wichtigste Person im Leben sind. Klar, wir lieben unsere Familie, unseren Partner, unsere Freunde… doch uns selbst vergessen wir allzu oft. Doch die Liebe zu allem anderen müssen wir erst uns selbst schenken. Sonst werden wir nicht dauerhaft glücklich und zufrieden sein können. Jeder Mensch braucht diese Liebe, um das Gefühl zu haben: Ich bin es mir selbst wert, ein gutes Leben zu führen. Der Dalai Lama sieht sogar das Streben nach persönlichem Glück als eines der höchsten Ziele im Leben und betont, dass dieser Weg mit der bedingungslosen Liebe zu uns selbst beginnt.
Mach jeden Tag einen Menschen glücklich!
Selbst – wenn dieser Mensch du selbst bist.
Vor allem – wenn dieser Mensch du selbst bist.
(Aus dem Zen-Buddhismus).
Nur was für Egomanen?
Wenn wir ganz genau in uns hinein spüren, dass wissen wir, wie gut es uns tut, uns selbst zu lieben, auf unsere Wünsche und Bedürfnisse zu achten, unserer inneren Stimme zu folgen. Doch wir trauen uns zu selten, dieser Intuition nachzugehen. Warum fällt es uns so schwer, uns selbst mindestens genau so wichtig zu nehmen wie unsere Mitmenschen?
Angst vor Ausgrenzung
Ein Grund dafür ist die Angst vor sozialer Ausgrenzung. Wir Menschen sind seit jeher soziale Wesen. Bereits unsere Vorfahren in der Steinzeit leben in Sippen zusammen und das sozial angepasste Verhalten war die einzige Möglichkeit, in dieser unsicheren Welt der damaligen Zeit zu überleben. Wir tun uns also schwer damit, andere Menschen zu verletzten, auch wenn wir dadurch uns selbst zurück nehmen und auf unsere Bedürfnisse verzichten. Dieses Harmoniebedürfnis ist also in uns angelegt.
Harmoniebedürfnis: Alles tun, um Streit zu vermeiden
Umso stärker kann sich dieser Wunsch nach ausgeglichenem Miteinander ausprägen, wenn wir in einer Familie aufwachsen, der diese Harmonie fehlt. Ein Kind, das seine Eltern permanent beim Streiten beobachtet, kann ein “Harmonie-Muster” entwickeln und später alles versuchen, um diese schwierigen Situationen nicht wieder durchleben zu müssen. Aber auch Familien, in denen Diskussionen und Streitigkeiten gar keinen Raum haben, können ein starkes Harmoniebedürfnis ausprägen.
Ich liebe mich selbst… wie schräg.
Ein weiterer Punkt, warum wir uns lieber nicht so sehr um unsere eigenen Bedürfnisse kümmern, ist die gesellschaftliche Sichtweise: Wer sich zu sehr an sich selbst denkt, ist ein Narzisst, ein Egoist, ein eingebildeter Mensch. Es kommt uns komisch und überheblich vor, wenn jemand aus tiefer Überzeugung sagt: “Ich liebe mich selbst, so wie ich bin.” Sogleich steigen Gefühle wie Neid, Empörung und Misstrauen in uns auf. Wir haben auch nie gelernt, uns selbst aufrichtig und ernst zu lieben, denn in der Gesellschaft der vergangenen Jahrzehnte hatte dies keinen Sinn.
Sich für andere aufopfern
Viel mehr galt es als Tuend, sich um andere zu kümmern, ja gar sich für andere aufzuopfern, am besten ohne sich zu beschweren. Kein Wunder: Unsere Großeltern haben den zweiten Weltkrieg noch erlebt, unsere Urgroßeltern den ersten Weltkrieg. Vor knapp 100 Jahren ging es ums bloße Überleben, da hatte die Zuwendung zu sich selbst kaum Platz. Und doch wissen wir heute, dass gerade in schwierigen Zeiten die liebevolle Zuwendung zu uns selbst so wohltuend sein kann, damit wir besser mit den Aufgaben in unserem Leben umgehen können. Denn ganz gleich ob wir eine schlechte Nachricht erhalten, ob wir in einer schwierigen Lebensphase stecken oder uns in einer ausweglosen Situation befinden - durch die bewusste Selbstliebe und das damit verbundene Selbstmitgefühl geben wir uns selbst Kraft und spenden uns Trost.
Mit dem Leben besser zurecht kommen
Selbstliebe hat also nichts damit zu tun, sich selbst besser zu fühlen als andere. Es geht auch nicht darum, sich vor den Herausforderungen des Lebens zu verstecken oder gar nur das zu tun, was uns gerade gefällt. Vielmehr ist die positive Zuwendung zu uns selbst die Grundlage für ein liebevolles Leben, in dem wir mit der wichtigsten Person in unserem Leben - nämlich uns selbst - gut auskommen, ihr gut zureden, wenn es einmal schwierig ist und sie loben, wenn etwas gut gelingt. Allen voran ist echte Selbstliebe die Voraussetzung dafür, dass wir auch andere -unseren Partner, unsere Freunde, unsere Kinder - authentisch und aufrichtig lieben können. Denn wenn wir uns selbst diese bedingungslose Liebe nicht schenken, suchen wir sie unser Leben lang im Außen. Diese hohen Erwartungen an unsere Mitmenschen kann eine große Belastung für eine Beziehung sein. Gerade darum ist es so hilfreich und wohltuend, uns selbst die Liebe zu schenken, dir wir alle verdienen.
Annehmen, was ist: Wie Akzeptanz uns jetzt weiter bringt
Das Leben ist immer unvorhersehbar. Durch bewusste Akzeptanz gelingt es uns, besser durch bewegte Zeiten zu kommen.
In einer Zeit, in der Selbstoptimierung ein Hobby geworden ist, betrachten wir unser Leben gerne als Challenge, die es bestmöglich zu meistern gilt. Mit dem Bewusstsein, dass unser Leben keine Generalprobe ist und wir unsere Zeit bestmöglich “nutzen” sollen, versuchen immer mehr Menschen, das Allerbeste aus ihrem Leben zu machen. Dieses größere Bewusstsein bringt viel Gutes mit sich. Mehr Gesundheit und Wohlbefinden, mehr Bestätigung unserer Selbst, weil wir uns bemühen, konsequent und diszipliniert unsere Ziele zu verfolgen. (Vermeintlich) mehr Sicherheit, weil wir einen gewissen Bereich unseres Lebens beeinflussen und kontrollieren können. Mehr Erfolg, weil wir uns selbst sagen “Du schaffst das schon, bemüh dich, halte durch!”
Höher, schneller, weiter?
“Mit Disziplin, Ausdauer und Fokus kannst du alles erreichen”, lautet ein Credo der Leistungsgesellschaft. In vielen Bereichen hat diese Annahme durchaus ihre Berechtigung. Und doch gibt es immer wieder Situationen in unserem Leben, die wir weder durch große Anstrengung noch durch verbissene Ausdauer meistern können. Schlichtweg deshalb, weil im Leben nicht alles machbar ist. Diese Tatsache passt so gar nicht zu unserer “Höher, schneller, weiter”-Mentalität. Wenn wir jedoch verbissen daran festhalten, dass alles so sein soll, wie wir es haben möchten, dass wir alles beeinflussen können, wenn wir uns nur genug bemühen oder ständig denken “das doch nicht so sein kann”, laufen wir Gefahr, an unseren Erwartungen zu verzweifeln.
Kontrollverlust: Die Angst vor der Unsicherheit
Wir leben mit vielen Erwartungen, Projektionen und Verzerrungen, die dazu führen, dass wir mit unangenehmen Herausforderungen nicht zurecht kommen. Die starke Präsenz vom “perfekten Leben” auf den diversen social media-Kanälen verstärkt diese falschen Bilder der Realität noch mehr. Doch wenn wir im “echten Leben” dann einer schwierigen Situation, einer großen Herausforderung oder gar einer Krise begegnen, fühlen wir uns überwältigt und ohnmächtig. Die Unsicherheit darüber, was die nächsten Tage, Wochen und Monate mit sich bringen, macht uns Angst. Wir haben das Gefühl, jegliche Kontrolle zu verlieren. In solchen Zeiten beginnen wir zu schimpfen, zu jammern, zu hadern. Die Empörung, die Ohnmacht, die Angst, die Wut, die Traurigkeit, die Orientierungslosigkeit … sie alle sind normale, ganz menschliche Reaktionen auf diese Herausforderungen. Doch bringen sie uns wirklich weiter?
Die Anleitung für ein erfülltes Leben
Gerade in schwierigen Zeiten lese ich gerne in einem der aus meiner Sicht wertvollsten Bücher: “Das Buch der Freude”. Dieses wunderbare Sammlung an Lebensweisheiten beschreibt den persönlichen Austausch zweier Freunde, die zugleich zu den bedeutendsten Persönlichkeiten unserer Zeit gehören: Der Dalai Lama, das Oberhaupt der Tibeter und des tibetischen Buddhismus, und Desmond Tutu, dem Erzbischhof der Anglikanischen Kirche in Südafrika, neben Nelson Mandela einer der wichtigsten Symbolfiguren im Kampf gegen die Apartheid. Beide wurden für ihren Einsatz mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
In dieser rund 400 Seiten umfassenden Sammlung an persönlichen Geschichten, berührenden Anekdoten und wertvollen Lebensweisheiten beschreiben die beiden “Brüder im Geiste” acht Säulen der Freude. Die vierte Säule ist jene der Akzeptanz.
Akzeptanz als Grundlage der Freude
In der buddhistischen Tradition zielen viele Übungen darauf ab, uns von unseren überzogenen Erwartungen zu befreien. Gerade eine Krise, wie sie durch das Corona-Virus über uns hereingebrochen ist, lässt viele verzweifeln. Doch wenn wir versuchen, klar und distanziert zu denken, erkennen wir: Diese Verzweiflung, diese Wut, dieses Hadern, bringt uns nicht weiter.
“Stattdessen können wir akzeptieren, dass (…) wirklich schwierig ist und wir (…) gern verbessern würden. Wir müssen damit nicht unbedingt Erfolg haben, aber wir können es wenigstens versuchen”, erklärt der Dalai Lama im “Buch der Freude” anhand eines anderen Beispiels. Wir können in schwierigen Situationen also versuchen, eine Verbesserung zu erlangen. Dies geschieht jetzt gerade, indem sich viele Menschen auf die positiven Seiten dieser ungewöhnlichen Zeit fokussieren: Weniger Hektik, mehr Zeit zuhause, mehr Ressourcenschonung. Durch die Veränderung unserer Einstellung können wir also ein Stück besser mit dieser Herausforderung umgehen. Und doch bringt diese Krise Veränderungen mit sich, die keine positiven Nebeneffekte haben: Soziale Vereinsamung, finanzielle Einbußen, Existenzängste, erschwerte Bedingungen in vielen Alltagsbereichen, den Verlust von geliebten Lebensgewohnheiten, schwierige Situationen im neuen Alltag zuhause…
“Mit der Zeit (…) vielleicht weniger schwierig. Vielleicht aber auch nicht. Darüber haben wir keine Kontrolle, doch wir haben unseren geistigen Frieden bewahrt”, so der Dalai Lama weiter.
Akzeptanz ist der einzige Ort, an dem Veränderung beginnen kann. (Dalai Lama)
Trotzdem ja zum Leben sagen
Akzeptanz ist niemals passiv. Sie ist eine aktive, bewusste Entscheidung, das Leben trotz all seiner Schwierigkeiten anzunehmen. Das Leben besteht aus Sonnenstunden und Schattenstunden, auch wenn wir letztere so gerne vergessen, verdrängen, verteufeln. Und doch, oder gerade deshalb, können wir “Trotzdem ja zum Leben sagen”, wie der Titel des weltberühmten Buch des Österreichischen Arztes und Psychotherapeuten Viktor E. Frankl es so treffend beschreibt. Frankl hatte als einziger seiner Familie das KZ überlebt und musste nach seiner Entlassung erfahren, dass sowohl seine Mutter als auch seine geliebte Frau deportiert worden waren. Nach einer intensiven Zeit der Trauer und Verzweiflung gelang es Frankl, das Leben trotzdem, oder gerade deshalb, als sinnvoll zu betrachten.
Die Zukunft planen ohne Erwartungen
Eine andere Weisheit, die mich bestärkt, ist die buddhistische Annahme, dass wir Ziele benötigen, um uns zu motivieren und uns zu entwickeln, und zugleich jedoch nicht zu sehr darauf fokussieren oder gar anhaften sollten. Für unser Leben bedeutet dies: Wir können unsere Ziele verfolgen, uns voll Hingabe und Disziplin darauf freuen, sie zu erreichen, uns die Zukunft nach unseren Vorstellungen ausmalen und unser Bestes geben, um dorthin zu gelangen. Und zugleich dürfen wir uns loslösen von der Erwartung, dass das Leben genau nach unseren Vorstellungen verlaufen wird. Davon, dass die Zukunft so aussehen wird, wie wir sie uns wünschen. Von den Projektionen und Vorstellungen, die unserem Ego entspringen.
Man lernt, wenn etwas passiert
In der Theorie klingt diese Erkenntnis sinnvoll und beinahe banal. In der Praxis erfordert es einiges an Übung, dem Leben mit echter Offenheit und Akzeptanz zu begegnen. Schnell kommen Ungeduld und Selbstvorwürfe auf, wenn ich es nicht schaffe, achtsam zu sein und das Leben mit all seinen Herausforderungen zu akzeptieren. Wenn ich damit hadere, ich wütend werde, traurig bin, mich leid sehe, weil meine Zukunft nicht jene ist, die ich mir ausgemalt hatte. Dann erinnere ich mich an die Worte von Erzbischof Tutu: “Es ist wie mit Muskeln, die man trainieren muss, damit sie stark sind. Manchmal werden wir wütend auf uns selbst, weil wir glauben, wir müssten perfekt sein.” Ja, dieses Gefühl kenne ich nur zu gut. “Aber unsere Zeit auf Erden ist dafür da, dass wir lernen, gut zu sein, mehr liebevoller zu sein, dass wir lernen, mehr Mitgefühl zu haben. Und das lernt man nicht theoretisch. Man lernt, wenn etwas passiert, das einen auf die Probe stellt.”
Das Leben ist immer unvorhersehbar, unkontrollierbar, im positiven wie im schwierigen Sinne. Akzeptanz hilft uns dabei, mit den Herausforderungen bewusst umzugehen und das Leben zu nehmen, so wie es ist: Als wundervolles Geschenk.
Hier findest du die Übung für mehr Akzeptanz.
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Dein Gehirn denkt dich
Je hektischer dein Alltag, desto eher schaltet dein Gehirn auf Autopilot. Durch Achtsamkeit kannst du lernen, wieder bewusster zu leben.
Weniger Stress, mehr Sport, bewusster leben, mehr genießen... wir alle wissen mittlerweile, was uns gut tut. Vielleicht hast du auch schon das ein oder andere Mal versucht, kleine Veränderungen in deinem Leben zu unternehmen. Dennoch fällt es schwer, nachhaltig aktiver, sportlicher, bewusster zu leben. Warum ist das eigentlich so? Ein Blick ins Gehirn zeigt uns Hinweise darauf, wie wir Menschen funktionieren. Ganz stark vereinfacht verfügen wir über drei unterschiedliche Gehirnbereiche:
Das Stammhirn und Kleinhirn (auch Reptilienhirn)
Das Säugerhirn (emotionale Gehirn, das limbische System)
Das Großhirn (Neokortex = „der neue Kortex“, da es sich um die „jüngste“ Schicht handelt)
Als wir vor über 100 Millionen Jahren die ersten Reptilien zu Säugetieren wurden, entwickelte sich auch ihr Gehirn weiter. Denn bis heute leben Reptilien wie das Krokodil mit einem Gehirn, das vor allem auf Überleben und Fortpflanzung programmiert ist. Hier werden die wichtigsten Basisfunktionen des Lebens gesteuert: Atmung, Herzschlag, das Bedürfnis nach Schlaf, Essen und Fortpflanzung. Mit der Weiterentwicklung der Säugetiere entwickelte sich auch das Gehirn weiter – Gefühle und Empfindungen wurden spürbar. Anders als Reptilien können Säugetiere das ungute Gefühl von Bedrohung, Furcht oder Wut aber auch Freude verspüren. Die Amygdala, ein mandelförmiges Nervenbündel im Limbischen System, Die abermalige Evolution zum Menschenaffen sorgte dafür, dass sich das Gehirn noch weiter ausprägte und wir unser Großhirn entwickelten. Diese oberste Schicht des Gehirns ist für analytisches Denken, Planen, mathematisches und sprachliches Verständnis zuständig und unterscheidet uns damit von den anderen Säugetieren. In einem ausgeglichenen Zustand können wir die „höheren“ Funktionen unseres Gehirns, die im Neokortex angesiedelt sind, optimal nutzen. Wir können vernünftig denken und Pläne schmieden, können uns selbst gut zureden und in Ruhe über eine Sache nachdenken.
Dauerstress führt zu Alarm im Gehirn
Je gestresster wir sind, desto schwieriger wird es für uns, diese wichtigen Gehirnbereiche zu aktivieren. Denn für unser Gehirn bedeutet Dauerstress „Alarm!“ und die höheren Funktionen werden nicht mehr aktiv. Das Gehirn funktioniert dann nur noch in den älteren, tiefer liegenden Schichten, quasi im Überlebensmodus. Wir denken nicht mehr klar, sondern leben sehr emotional (limbisches System), sind permanent schlechte gelaunt oder leicht reizbar. Der alltägliche Stress führt in unserem Organismus zu einem chronisch erhöhten Cortisollevel, wir können nicht mehr richtig abschalten und befinden uns im Ausnahmezustand. In diesem Dauerstress schaltet unser Gehirn auf Überlebensmodus und reagiert nach seinem ältesten Muster: Kampf, Flucht oder Todstellen. Wir erleben unsere täglichen ToDo-Listen, Termine und Verpflichtungen so bedrohlich, wie unsere Vorfahren zu Urzeiten ihre Fressfeinde. Damals wurde das biologische Programm für solche Situationen ausgebildet: Kämpfen, wenn es möglich ist, Flüchten, wenn wir schnell genug sind oder erstarren, wenn gar nichts mehr geht. In einem der drei Muster sind viele von uns gefangen, manche wechseln auch zwischen dem Gefühl, sich ständig durchzukämpfen (zeigt sich unter anderem in hoher Gereiztheit und aggressivem Umgang mit anderen), auf der Flucht zu sein (mit den daraus resultierenden Erschöpfungszuständen) oder einfach im Hamsterrad gefangen zu sein, ohne einen Ausweg zu finden (sie resignieren und funktionieren nur noch).
Wie kann Achtsamkeit helfen?
Neurobiologische Studien haben gezeigt, wie achtsame Übungen auf mehreren Ebenen helfen, wieder ins psychische Gleichgewicht zu kommen. Durch die bewusste, täglich durchgeführte Übung erlebt das Gehirn nachhaltig Entspannung. Stress wird abgebaut. Die Amygdala, die Alarmglocke, wird in ihrer Aktivität verringert, während der Präfrontalcortex (das Stirnhirn), ein wichtiger Bereich des Neokortex, in seiner Aktivität gestärkt wird. Ein aktiver Präfrontalcortex ist auch die Grundlage dafür, vernünftige Entscheidungen zu treffen und das Leben bewusst zu leben. Durch die tägliche Übung der Achtsamkeit gelingt es uns, aus alten Mustern auszusteigen und bewusst zu entscheiden, wie wir im jetzigen Moment handeln möchten.
Die Realität annehmen
Wie schwierig eine Situation auch sein mag, wie sehr wir uns wünschen mögen, dass das Leben doch anders sein soll – manchmal stoßen wir auf Herausforderungen, denen wir nicht ausweichen können. Vielmehr sind sie ein Anstoß, unsere Sichtweise zu verändern und an ihnen zu wachsen.
Akzeptanz öffnet einen Raum. Dieser Satz wirkt banal, vielleicht ungreifbar, und doch hat er so viel Wahres in sich. Wie schwierig eine Situation auch sein mag, wie sehr wir uns wünschen mögen, dass das Leben doch anders sein soll – manchmal stoßen wir auf Herausforderungen, denen wir nicht ausweichen können. Vielmehr sind sie ein Anstoß, unsere Sichtweise zu verändern und an ihnen zu wachsen. „Wenn sich eine Situation ändern lässt, warum dann niedergeschlagen sein? Und wenn sich nicht daran ändern lässt, was nutzt es dann, wenn man niedergeschlagen ist?“ (Dalai Lama) Wenn wir beginnen, unser Leben in einem größeren Zusammenhang sehen, gelingt es uns leichter, schwierige Gegebenheiten zu akzeptieren. Leiden und unangenehme Situationen gehören zu unserem menschlichen Sein einfach dazu. Echte Zufriedenheit erlangen wir dann, wenn wir akzeptieren können, dass Schmerz, Unvollkommenheit und Schwierigkeiten ebenso Teil unseres Lebens sind wie Freude und Glücksmomente.
Alles sinnlos?
Bedeutet Akzeptanz also, dass du alles hinnehmen sollst? Hat das Leben eh keinen wirklichen Sinn, besteht es nur aus leiden und erdulden? Keinesfalls! Akzeptanz hat nicht mit passivem Aushalten und leidvollem Erdulden zu tun. Vielmehr ist eine akzeptierende Haltung kraftvoll und mutig. Sie bringt uns dazu, Herausforderungen ins Auge zu sehen, zu tun, was möglich ist und zu akzeptieren, was wir nicht ändern können. Akzeptanz gleicht dabei einem Krieger, der erhobenen Hauptes in den Krieg zieht, auch wenn er von Feinden umzingelt ist. Wir können dem Leben mit all seinen Sonnenstunden und Schattenseiten bewusst begegnen und akzeptieren dabei, dass das Leben ist, wie es ist, ohne an den Herausforderungen und Umwegen zu verzweifeln.
Wie hilft Akzeptanz in schwierigen Zeiten?
Wenn es uns nicht gut geht, dann leiden wir nicht wegen einer Tatsache, sondern wegen unserer ganz persönlichen Einstellung und Erwartung an die äußeren Umstände. Wir schimpfen, jammern, klagen, verzweifeln. Wenn dieses Verhalten nichts an den Umständen ändert, vergiften wir uns durch diese negativen Denkweisen und den daraus resultierenden Gefühle selbst. Außerdem sorgen wir dafür, dass unser Gehirn sich permanent damit beschäftigt und eine immer stärkere Autobahn des Grolls baut. Zugleich fällt es uns immer schwerer, Freude zu empfinden und Glückmomente zu entdecken. Durch eine bewusste, akzeptierende Haltung können wir diesen Teufelskreis durchbrechen. Warum fällt uns Akzeptanz so schwer? Akzeptanz ist eine Fähigkeit, die wir Menschen durch tägliche Übung trainieren können wie einen Muskel. Haben wir eine akzeptierende Haltung erlangt, können wir bewusster und zufriedener durchs Leben gehen. Im ersten Moment schrillen jedoch alle Alarmglocken, wenn wir diese ungewohnte Haltung einüben. Denn wenn wir beginnen, die Dinge so akzeptieren, wie sie eben sind, verhalten wir uns plötzlich ganz anders, als wir es bisher immer getan haben. Scheinbar automatisch klammern wir uns an Erwartungen und Werten fest, an unseren Überzeugungen, wie das Leben und die Welt in der wir leben, sein sollten. Doch erst wenn wir diese Vorstellungen loslassen, entsteht ein neuer Raum. Dann beginnen wir, dem Leben zu vertrauen und es mit all seinen Chancen und Herausforderungen zu akzeptieren. Das, was uns passiert, hängt oft von so vielen Faktoren ab, die wir nicht direkt beeinflussen können. Mit einer tiefen Akzeptanz schaffen wir die richtige vertrauensvolle Basis, um uns den Aufgaben des Lebens zu stellen.
Akzeptanz ist ein Prozess
So wie jedes neue Hobby und jede Fremdsprache muss auch Akzeptanz erst einmal eingeübt werden, bis wir sie als Teil unserer Selbst erleben. Das bedeutet: Üben, üben, üben.