Glücklich sein, Achtsamkeit, Ziele, Verhalten ändern, Übung Magdalena Lublasser-Fazal Glücklich sein, Achtsamkeit, Ziele, Verhalten ändern, Übung Magdalena Lublasser-Fazal

Optimistischer werden: Dir selbst etwas Gutes tun (Übung)

Was tut dir gut? Was macht dich glücklich? Wovon hättest du gerne mehr in deinem Leben?

Wenn du lernen möchtest, resilienter und zufriedener zu werden, ist es auch wichtig, gut zu dir selbst zu sein. Die innere Einstellung zu deinem Leben hat dabei einen großen, wahrscheinlich den größten Einfluss! Denn wie wir auf äußere Umstände, Herausforderungen und Schwierigkeiten reagieren, hängt vor allem von unseren eigenen Erwartungen und Gedanken ab. Diese lassen uns wütend, ängstlich oder zuversichtlich auf Hürden reagieren. Schon der Wunsch, dass etwas Gutes passieren soll, richtet unseren Fokus auf das Positive im Leben aus.

Wenn du dir selbst regelmäßig eine kleine Freude bereitest, verbesserst du dein Leben aktiv. Du sorgst dafür, dass du positive und schöne Momente erlebst, wodurch du erkennst: In meinem Leben gibt es auch wohltuende Erlebnisse, die mir gut tun und mir Spaß machen.

Übung für mehr Lebensfreude

Nimm dir Zeit und überlege, was dir wirklich Freude bereitet. Schreibe alles, was dir einfällt, auf einen Zettel und fertige ein Liste an. Dabei geht es nicht darum, was andere Menschen über dich denken würden, wenn sie deine Aktivitäten lesen würden. DIR sollen diese Erlebnisse Freude bereiten und gut tun.

Sieh dir nun deine fertige Liste noch ein Mal in Ruhe an und suche dir drei Aktivitäten heraus, die du mit möglichst wenig Aufwand bald unternehmen kannst. Plane sie dir gleich fix in deinen Kalender ein. Wenn du nun noch Wünsche hast, die dir zwar Freude bereiten würden, die aber aufwändiger zu realisieren sind, dann versuche die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um diese Ideen umzusetzen. Hole dir Unterstützung, du musst (und kannst!) nicht immer alles alleine schaffen. Vielleicht hast du zu wenig Zeit, um abends täglich eine Laufrunde zu drehen, weil du dich um deine Familie kümmerst? Dann organisieren dir einen Babysitter für zumindest einen Tag pro Monat. Du wirst sehen: Dieser Aufwand ist die neu gewonnene Freiheit definitiv wert.

Wirf zumindest ein Mal pro Monat einen Blick auf deine Liste und plane dir drei Aktivitäten fix in deinen Kalender ein. Die Liste kannst du selbstverständlich jederzeit ergänzen und bearbeiten, schließlich ändern sich unsere Vorlieben regelmäßig und wir genießen die Abwechslung.

Ich wünsche dir viel Freude beim Ausprobieren und Entdecken!

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Optimismus stärken: Endlich positiv denken

Wir können lernen, aus Krisen gestärkt hervor zu gehen. Mit diesen fünf Tipps zeige ich dir, wie du optimistischer und damit resilienter wirst.

Resilienz beschreibt die geistige Widerstandskraft. Also unsere Fähigkeit, trotz Krisen nicht zu verzweifeln. Diese wertvolle Fähigkeit liegt in uns Menschen verborgen und je nach Persönlichkeit tun sich manche leichter damit, mit Herausforderungen zurecht zu kommen, als andere. Doch die gute Nachricht lautet: Wir alle können reslietener, mental stärker und damit freier werden. Diese Zeit macht uns schmerzhaft deutlich, dass wir uns vor Krisen und Scwheriegkeiten nicht verstecken können. Selbst wenn viele durch die globale Pandemie gar nicht direkt betroffen sind, leiden wir darunter: Wir vermissen unser altes Leben, Freunde, den alten Arbeitsalltag, die Leichtigkeit, manchmal sogar die Hektik, die früher zum Alltag gehörte und heute einer diffusen Mischung aus Unsicherheit, Überforderung und Sinnlosigkeit gewichen ist.
Die psychologische Forschung zeigt uns: Wir Menschen können lernen, an Krisen zu wachsen. Es klingt abgedroschen, doch Entwicklung findet eben nur außerhalb unserer Komfortzone statt und genau das können wir aktiv in Angriff nehmen.

Resilienz steht auf mehreren „Säulen“, also Bereichen, die wir stärken können. Eine Fähigkeit, die uns mental stabiler und gelassener macht, ist der Optimismus. Das Wort geht auf das lateinische „optimus" zurück, den Superlativ von „minus“ und heißt soviel wie „sehr gut“, „wohl“ oder auch „glücklich“. Optimisten werden gerne als Menschen gesehen, die das Glas grundsätzlich halb voll betrachten. Sie wünschen sich für ihr Leben das Allerbeste, das Optimum, das Glücklichste - ein tiefes Bedürfnis nach Glück und Zufriedenheit macht optimistische Menschen aus.

© unsplash: Du kannst lernen, optimistischer und dadurch glücklicher und gesünder zu werden.

© unsplash: Du kannst lernen, optimistischer und dadurch glücklicher und gesünder zu werden.

Der Wunsch nach diesem Zustand liegt in jedem Menschen verborgen, wir alle wünschen uns ein Leben mit viel Glück und Freude, wollen zufrieden und gelassen sein, ohne dass wir uns sorgen oder ärgern müssen. Die tiefe Überzeugung, dass sich im Leben allen schwierigen Phasen zum Trotz alles zum Guten wenden wird, ist eine so wohltuende Fähigkeit, dass immer mehr Menschen sie bewusst einüben. Kein Wunder: Durch diese mentale Veränderung werden wir stärker, gelassener und letzen Endes auch glücklicher - den Stürmen des Lebens zum Trotz.

Echter Optimismus meint dabei nicht, Probleme zu verleugnen. Es geht vielmehr darum, dem Leben Ich denke an Viktor Frankl, der mit seinem „Trotzdem Ja zum Leben sagen“ ein Vorbild für Millionen Menschen war und ist, die sich in scheinbar ausweglosen Krisensituationen befunden haben.


Negatives Denken ist kein Schicksal

„Optimismus ist die Zuversicht auf ein Licht in und nach der Dunkelheit“, sagt die Resilienz-Expertin Fabienne Berg. Eine optimistische Lebenseinstellung begleitet uns durch schwierige Zeiten und gibt uns dabei Halt, aus uns selbst heraus. Das macht uns freier und unabhängiger - auch von der Illusion, dass wir nachhaltige Freude und Entspannung durch Dinge erlangen können, die im Außen liegen: Anerkennung, Geld, Status, Konsum… All diese Dinge sind schön, sind angenehm, bereiten uns kurzfristig Freude, trösten uns mal an schwierigen Tagen. Doch echtes, nachhaltiges und authentisches Glück können wir nur in uns selbst finden. Eine sehr wohltuende Erkenntnis, wie ich finde.

Bewusster Fokus auf die Sonnenstunden

Gerade in schwierigen Zeiten tun wir uns schwer, optimistisch zu sein. Wir neigen leicht dazu, die negativen Seiten des Lebens zu sehen, mehr schwarz als weiß zu denken, die Sonne hinter den Regenwolken zu vergessen. Doch durch den bewussten Fokus auf das Gute, auf all das, wofür es sich zu leben lohnt, tun wir uns leichter, mit den Schwierigkeiten zurecht zu kommen. Eine bedeutende Rolle dabei spielt auch die Hoffnung darauf, dass es wieder bergauf geht, darauf, dass wieder sonnigere Phasen kommen.

Ich habe diese wertvollen Übungen für mehr Optimismus im Buch von Resilienz-Expertin Fabienne Berg entdeckt und wende sie in meiner Praxis ebenso wie in Seminaren gerne an, um die Optimismus meiner KlientInnen zu steigern:

  1. Bestandsaufnahme

  2. Das Sonnen-Tagebuch

  3. Heilsame Affirmationen

  4. Dir selbst Gutes tun

  5. Positive Szenarien planen

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Glücklich sein, Akzeptanz, Achtsamkeit, Psychologie, Selbstentwicklung Magdalena Lublasser-Fazal Glücklich sein, Akzeptanz, Achtsamkeit, Psychologie, Selbstentwicklung Magdalena Lublasser-Fazal

Resilienzübung: Stärke dich selbst durch Optimismus

Wir Menschen haben die Fähigkeit, an Herausforderungen zu wachsen. Unsere Resilienz können wir ganz bewusst stärken.

Wir Menschen sind Meister des Verdrängen. Das hat der “Vater der Psychologie” Sigmund Freud bereits erkannt und ausgiebig beschrieben. Auch wenn wir wissen, dass Herausforderungen einfach Teil unseres Lebens sind, versuchen wir diese Tatsache zu verdängen, so gut es geht. Ein Jahr wie das “Corona-Jahr” 2020 hat uns allen gezeigt, wir fragil unser Leben ist, wie unsicher die vermeintliche Sicherheit. Nichts ist wirklich planbar, alles ist relativ. Neben all den kurz- und langfristigen Schwierigkeiten, die die weltweite Pandemie mit sich gebracht hat, gibt es doch viele Menschen, die erkannt haben, wie gut es Ihnen allen Herausforderungen zum Trotz geht. Obwohl kleine und große Katastrophen eingetreten sind, haben sie die meisten Hürden bisher gemeistert. Wir alle haben gelernt, all das zu schätzen, was wir bisher vielleicht für selbstverständlich gehalten haben.

Bei vielen Menschen hat sich auch ein latentes Angstgefühl festgesetzt. Kein Wunder: Die vergangenen Monate waren alles, außer vorhersehbar. Durch diese allgegenwärtige Unsicherheit wird in regelmäßigen Abständen eines unserer wichtigsten Grundbedürfnisse erschüttert: Das Bedürfnis nach Kontrolle und Orientierung, das in uns den Wunsch nach Sicherheit hervorruft. Je unsicherer wir uns fühlen, umso ängstlicher sind wir - und umgekehrt. Da permanente Angstgefühle auf Dauer negative Auswirkungen auf unser Wohlbefinden und unsere psychische Gesundheit haben, ist es sinnvoll, die eigene Resilienz zu stärken. Denn auch wenn wir das Allerbeste hoffen: Niemand von uns weiß, was die Zukunft für uns bereit hält. Wir können wieder zurück in die alte Haltung des Verdrängens und passiv darauf warten, dass “eh alles gut geht”. Oder wir können die Herausforderungen unserer Zeit bewusst als Chance zur persönlichen Entwicklung sehen und daran wachsen.

Photo by x ) on Unsplash: Manchmal gleicht das Leben einer unüberwindbaren Wand.

Photo by x ) on Unsplash: Manchmal gleicht das Leben einer unüberwindbaren Wand.

Resilienz in den Genen? Die Kauai-Studie

Ähnlich unserem Immunsystem können wir auch unsere seelische Widerstandsfähigkeit stärken. Das Wort “Resilienz” leitet sich vom lateinischen Wort “resiliere” ab und bedeutet in etwa “abprallen” bzw. “zurückspringen”. Eine direkte Übersetzung gibt es nicht, daher wird Resilienz oft mit geistiger Flexibilität oder Belastbarkeit gleichgesetzt. Die Beschreibung “verwundbar aber unzerstörbar” trifft es aus meiner Sicht sehr passend. Die psychologische Forschung rund um die “Kauai-Studie” zählt zu den umfangreichsten empirischen Erhebungen rund um das Phänomen Resilienz. Dabei wurden seit den 1960er Jahren Kinder aus sozial schwierigen Verhältnissen untersucht und im Laufe der nächsten 40 Jahre immer wieder befragt. Die Ergebnisse waren erstaunlich: Trotz ähnlicher schwieriger Startbedingungen konnten rund ein Drittel der Kinder später ein erfülltes und gelungenes Leben führen. Dabei wurden Faktoren wie Selbstwirksamkeit, beruflicher Erfolg, gelungene Beziehungen und subjektives Glücksempfinden erhoben. Die Ergebnisse der rund 700 Teilnehmer sind bis heute eine der bekanntesten Hinweise auf die Auswirkung des Resilienzfaktors auf unser Leben. Die Forscher nannten einerseits die Gene, andererseits wichtige Bindungserfahrungen mit zumindest einer Bezugsperson als resilienzstärkende Faktoren.

Hier findest du einen spannenden Beitrag über die “Kauai-Studie” in der Süddeutschen Zeitung.

Resiliente Menschen haben ein gutes Gespür für sich selbst und ihre Bedürfnisse. Wenn du nicht das Glück hattest, dieses Gespür auszuprägen, dann kann ich dich beruhigen: Wir Menschen sind bis ins hohe Alter fähig, uns zu verändern. Wir können uns selbst besser kennenlernen und somit unser Leben ab sofort positiver gestalten. Die Vorstellung, dass wir mit unseren Aufgaben wachsen, beschreibt dabei, wie das gelingen kann. Wenn du resistente werden möchtest, dann gibt es zahlreiche Übungen, die dich dabei unterstützen. Dabei ist es wichtig, das richtige Maß zwischen Unterforderung und Überforderung zu finden: Entwicklung findest außerhalb der eigenen Komfortzone statt, das zu starke Ausreizen der eigenen Grenzen führt jedoch schnell zur Erschöpfung.

Die Resilienzfaktoren

In der Psychologie sehen wir Resilienz als die Fähigkeit, sich von Krisen nicht unterkriegen zu lassen und daran zu wachsen. Wir Menschen verfügen über so genannte Schutzfaktoren, die uns dabei unterstützen, besser mit den Herausforderungen unseres Lebens zurecht zu kommen. Dazu zählt einerseits unsere Einstellung und die Art, wie wir Dinge sehen. Wenn ich etwa ständig das Negative fokussiere, wird mir das zusätzlich zur Tatsache, dass schlimme Dinge immer wieder passieren, auch noch unnötig Kraft, die ich viel sinnvoller einsetzen könnte. Klar, wir alle müssen uns hier und da aufregen und unserem Ärger oder unseren Sorgen Raum verschaffen! Das ist nur menschlich! Doch wenn es uns nicht gelingt aus dem Tal voller Ängsten, Befürchtungen und negativen Gefühlen zu versinken, dann drohen wir, unterzugehen. Das schadet auf Dauer unserer Gesundheit! Wenn wir langfristig gut durch die großen und kleinen Stürme unseres Lebens kommen möchten, dann tut uns eine große Portion Optimismus gut. Ein weiterer Resilienzfaktor sind stabile soziale Beziehungen. Wir tun also gut daran, uns um Menschen zu kümmern, die uns nahe sind - wenn auch manchmal in digitaler Form. Die bewusst gewählte Akzeptanz ist eine weitere Fähigkeit, die wir trainieren können. Für viele Menschen ist auch ein starker Glaube sehr stärkend. Das kann, muss aber nicht der religiöse Glaube sein. Auch die bewusst gelebte Spiritualität gibt uns das Gefühl, zu einem größeren Ganzen zu gehören und nicht alleine mit unseren Ängsten, Sorgen und Problemen zu sein.

Photo by Katrina Wright on Unsplash: Wir können uns auf das Gute im Leben fokussieren und uns somit selbst etwas Gutes tun.

Photo by Katrina Wright on Unsplash: Wir können uns auf das Gute im Leben fokussieren und uns somit selbst etwas Gutes tun.

Übung: Resilienz stärken durch Optimismus

Diese Übung für mehr Resilienz habe ich in dem wundervollen “Übungsbuch Resilienz” von Fabienne Berg entdeckt. Die erste von 50 Übungen, die die Autorin vorstellt, lädt uns zu einer Bestandaufnahme ein: Wie optimistisch bin ich?

Nimm dir ein paar Minuten Zeit und sorge dafür, dass du ungestört bist. Schalte dein Handy auf Flugmodus und mache es dir mit deinem Notizbuch bequem. Vielleicht möchtest du dir eine Tasse Tee zubereiten oder eine Duftkerze entzünden?

Die Fragen der Autorin können dir als Orientierung dienen, du musst sie natürlich nicht alle beantworten.

  • Überlege, wie es dir mit dem Wort “Optimismus” geht. Was denkst du, wenn du dieses Wort liest/hörst?

  • Bist du ein zuversichtlicher Mensch? Wie zeigt sich das in deinem Leben?

  • Falls nein, was denkst du erreicht du damit? Oft steckt hinter einer ängstlichen/negativen Haltung ein unbewusstes Ziel - etwas “Wenn ich alles negativ sehe, kann ich auf keinen Fall negativ enttäuscht werden.”

  • Hast du schon einmal versucht, optimistischer zu werden? Wenn ja, ist es dir gelungen - was konkret hat dir gut getan?

  • Welche Bedeutung hat Hoffnung in deinem Leben?

  • Welche Vorstellung hast du vom “guten Leben”?

  • Was macht dir wirklich Freude?

  • Was tut dir gut?

  • Wenn du drei Wünsche frei hättest, wie würden diese lauten?

Photo by Hannah Jacobson on Unsplash: Das Niederschreiben mit Stift und Papier ist besonders wirkungsvoll.

Photo by Hannah Jacobson on Unsplash: Das Niederschreiben mit Stift und Papier ist besonders wirkungsvoll.

Durch diese Fragen kannst du dich dazu inspirieren lassen, deine eigene Haltung zum Leben und zur optimistischen Haltung zu reflektieren. Von deinen Antworten aus kannst du Schritt für Schritt mehr zu einer positiveren Sichtweise gelangen.

Ich wünsche dir viel Freude beim Reflektieren und Ausprobieren!
















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Dopamin-Fasten: Weniger Handyzeit, mehr Lebensfreude

Mehr als drei Stunden verbringen wir im Schnitt vor den digitalen Sklaventreibern. Die permanente Reizüberflutung führt in unserem Gehirn zu suchtähnlichem Verhalten. Eine Anleitung für den bewussten Umgang mit Smartphone, Tablet und Co.

Mal ganz ehrlich: Hast du nicht auch regelmäßig das Gefühl, zu viel Zeit vor dem Bildschirm von Smartphone, Tablet, Laptop, Computer und TV zu verbringen? Also ich ärgere mich alle paar Wochen darüber, dass ich im Alltag „zwischendurch“ und „ganz kurz“ sinnlos durch meine Feeds scrolle und währenddessen versuche alle ToDos zu verdrängen, die ich statt dieser digitalen Zeitverschwendung erledigen könnte. Einerseits erinnere ich mich noch so gut an die Zeit, in ich mir schon wie eine Süchtige vorkommen bin, wenn ich abends zwei Stunden vor dem Stand-PC gesessen bin. Andererseits sind zwei Stunden Screentime heute mein Wochendurchschnitt. Und es gibt Tage, an denen ich nahe doppelt so viel am Handy hänge. Das ist schockierend und nervig. Ja klar, einen Teil der Zeit, sagt meine App, die die Screentime überwacht, verbringe ich mit Telefonaten und WhatsApp-Nachrichten. Gerade während dem Lockdown bin ich froh über jeden sozialen Kontakt, sei es nun in Form eines Telefonats oder per digitaler Nachricht. Diese Zeit sehe ich absolut nicht als verschwendet an. Ich weiß auch, dass das Handy für mich zwischendurch eine gute Möglichkeit bietet, mich zu entspannen. Einfach mal was „Sinnloses“ zu tun, ist wichtig und wohltuend. Kein Mensch kann von früh bis spät produktiv und effizient sein, ohne sich dazwischen kleine Pausen zu nehmen. Doch genau da liegt das Problem: Es tut mir gut, die tollen Bilder meiner Freunde auf Instagram oder die spannenden Updates meiner Bekannten auf Facebook zu sehen. Doch wenn ich nicht darauf achte, dann scrolle ich unbewusst, ohne darüber nachzudenken, weitestgehend automatisiert durch die sozialen Netzwerke. Erst nachdem die Stimme in meinem Kopf zum x-ten Mal darauf hingewiesen hat, dass ich da gerade ziemlich passiv über dem Screen hänge, höre ich hin und erschrecke darüber, dass ich schon wieder in die Screenfalle getappt bin.

Photo by Eddy Billard on Unsplash: Sind wir zu Sklaven unserer digitalen Begleiter geworden?

Photo by Eddy Billard on Unsplash: Sind wir zu Sklaven unserer digitalen Begleiter geworden?

Faktisch: Die tägliche Handynutzung liegt in Österreich bei mehr als drei Stunden am Tag. Das sind mehr als zwei Monate (wenn ich durch die wachen Stunden dividiere…!)

So wie mir geht es den meisten Smartphone-Usern. Aus meiner Sicht ist es einfach so, dass wir mit diesem Wunder der Technik erst richtig umgehen lernen müssen. Quasi eine online-offline-Balance finden. Denn wenn wir nicht achtsam und bewusst versuchen, unseren Konsum zu steuern, zieht uns das Smartphone immer noch tiefer in seinen Bann. Kein Wunder: Wie du in der zugleich beeindruckenden wie schockierenden Doku „The social dilemma“ (Netflix) sehen kannst, stecken hinter den Funktionsweisen der Handys von heute geniale Forscher der besten Universitäten in den USA, die unsere Psyche und ihre Mechanismen bestens kennen. Sie haben den Entwicklern gezeigt, wie sie diese Hochleistungscomputer im Taschenformat programmieren müssen, damit die User möglichst viel Zeit damit verbringen. Dabei spielt unsere Neurobiologie eine bedeutende Rolle: Sobald wir Neugierde, soziale Interaktion oder Freude empfinden, wird in unserem Gehirn das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet. Ähnlich ist es auch bei erstaunlichen oder spannenden Inhalten. Das ist grundsätzlich kein Problem, ähnlich ist es ja auch, wenn wir ein Buch lesen: Nur wenn es spannend, wohltuend oder besonders interessant ist, sorgt unser Gehirn dafür, dass wir weiterlesen, auch wenn wir eigentlich schon müde sind oder etwas anderes zu tun hätten. Das Problem beim Smartphone-User ist jedoch, dass wir durch die unfassbare Menge an Daten und Informationen ständig überfordert sind. Sobald wir das Handy zur Hand nehmen (eigentlich schon ein paar Sekunden davor und auch wenn wir nur daran denken!), geht es in unserem Gehirn ziemlich rund. Millionen von Neuronen feuern, das Belohnungszentrum wird aktiviert und die Erwartung an all die spannenden, lustigen oder schockierenden Informationen, die gleich aus dem kleinen Bildschirm direkt in unser Gehirn gelangen, lassen die körpereigenen Endorphine strömen. Wenn du etwa ein Bild auf Instagram postest und auf das erste Herzchen wartest, schüttet dein Gehirn Dopamin aus, um den „Stress“ der Erwartung zu erleichtern. Ja, Stress. Nichts anderes ist - aus der Sicht deines Gehirns - diese Unsicherheit, ob sich jemand daran erfreut und dir somit seine Aufmerksamkeit schenkt. Die Erleichterung durch die ersten Likes ist groß, je schneller und je mehr Zuspruch du für deinen Post erfährst, desto besser fühlt sich dein Gehirn. Gesteigert wird dieses Mini-High nur noch durch Kommentare oder Direktnachrichten. Ja, wir sind soziale Wesen und ja, die Meinung anderer ist uns wichtig. Gerade in Zeiten von social distancing ist diese Zuwendung, wenn auch nur digital, für unser Gehirn eine echte Befriedigung. Das Problem an diesen kurzen Kicks ist, dass sie vorübergehend sind. Egal ob es sich um einen Post auf den sozialen Kanälen, eine Antwort auf eine E-Mail oder die Nachricht, dass dein Packet nach der Online-Bestellung versandt wurde - all diese Nachrichten aktivieren das Belohnungssystem. Je öfter wir diesen Dopaminrausch erleben, umso geringer wird die Dosis. Ein Teufelskreis beginnt: Wir haben unbewusst Verlangen nach diesen Hochgefühlen, brauchen jedoch immer mehr Likes, immer mehr Nachrichten, immer mehr Videos, die uns zum Lachen bringen, einen immer höheren Score beim Handyspiel. Ganz ähnlich wie einem Süchtigen müssen wir die Dosis von außen steigern, um die Befriedigung zu erhalten, die wir so gerne empfinden.

Photo by Sten Ritterfeld on Unsplash: Endlich Ruhe - einfach öfter in den Flugmodus schalten tut so gut.

Photo by Sten Ritterfeld on Unsplash: Endlich Ruhe - einfach öfter in den Flugmodus schalten tut so gut.

Die Geister, die sie riefen…

Viele der technischen Errungenschaften unserer Zeit - auch das Smartphone - verdanken wir den Entwicklern im Silicon Valley. Von dort aus begann nun auch der Trend zum „Dopamin-Fasten“. Der Erfinder, Dr. Cameron Sepah, ist Psychologe und Professor an der University of California in San Francisco, hat mit seiner Anleitung zum Dopamin-Fasten einen weltweiten Trend ausgelöst. Die Idee hinter diesem bewussten Verzicht auf digitale Medien, soziale Netzwerke und ähnliche Reize ist einfach erklärt: Lassen wir die Reize eine Zeit lang weg, kann sich unser Belohnungssystem wieder erholen. Wir rebooten uns quasi selbst, indem wir für einen bestimmten Zeitraum auf das Smartphone verzichten. Der Grund, warum digitale Medien uns an sich binden, ist die unbewusst erfolgte Konditionierung darauf. Niemand von uns ist mit einer Vorliebe für das Smartphone zur Welt gekommen, es ist an sich nur ein kleines Gerät, ähnlich einer Fernbedienung. Und niemand von uns würde stundenlang auf die Fernbedienung starren… Doch das, was der Blick auf das Smartphone mit uns macht, hat zu einer Konditionierung geführt. Durch die Apps, die sozialen Medien und die Interaktionen sind in uns zahlreiche unbewusste Netzwerke entstanden, die ganz automatisch zu Gefühlsreaktionen führen, wenn wir nur an unser Smartphone denken. Für viele Menschen ist das Smartphone sogar wichtiger als der eigene Partner.

Weniger Screentime, mehr Qualitytime

Spannend ist übrigens, dass Sepah von den unterschiedlichsten Medien kritisiert wurde, weil viele Menschen seine Anleitung falsch verstanden hatten. Manche ließen radikal alles weg, was Freude bereitet und somit Domain ausschüttet - dazu gehört ja auch sozialer Kontakt im „echten“ Leben, Sport und genussvolles Essen. Ein Mann hatte etwa auf ein nettes Gespräch mit einer Frau verzichtet, aus Angst, er würde gegen das Dopamin-Fasten verstoßen. Der Psychologieprofessor betonte in mehreren Stellungnahmen, dass dies keineswegs zielführend ist. Vielmehr geht es darum, das Smartphone (und andere Devices) mit all seinen Versuchungen, beiseite zu legen.

Der Plan zum Dopamin-Fasten

Der Experte gibt keinen konkreten Plan vor, schlägt jedoch ein paar Möglichkeiten zum Dopamin-Fasten vor, aus denen du dir selbst diejenigen aussuchen kannst, die zu deinem Lebensstil passen. Am besten, du überlegst, welche Art der bewussten Auszeit am besten zu dir und deinem Alltag passt:

Dopaminfasten Anleitung Achtsamkeit Psychologie themindfullivingblog.jpg

Der Experte betont, dass du nicht strikt diesen Vorschlägen folgen musst, sonst individuell ausprobieren kannst, wie du am besten eine screenfreie Zeit einplanen kannst. Für mich selbst ist es sehr sinnvoll, das Dopamin-Fasten an einem bestimmten Wochentag durchzuführen und wir haben als Familie beschlossen, den Sonntag ohne Handy zu verbringen. Sehr spannend finde ich auch den Ansatz, die Screen-freie Zeit mit Intermittierenden Fasten zu verbinden und somit dem Körper und dem Geist eine Auszeit zu gönnen und zB um 18 Uhr zuletzt zu essen und dann auch das Handy auszuschalten.

Was bringt Dopamin-Fasten?

Mit dem bewussten Verzicht auf das Smartphone ist es ähnlich wie bei einer Diät: Du kommst raus aus deinem alten, unbewussten Muster, das Smartphone als Ablenkung und unbeachtetes Suchtmittel zu verwenden. Ähnlich ist ja auch beim unachtsamen Essen, das zu Übergewicht und anderen gesundheitlichen Problemen führen kann. Doch wir alle kennen den gefürchteten Jojo-Effekt und diesen gibt es auch beim Dopamin-Fasten. Wenn du dich nicht bewusst zu einer Veränderung deines Lebensstils und hierbei vor allem zu einem besseren Umgang mit den Devices entscheidest, bringt das Dopamin-Fasten wenig. Denn wenn du diesen Entzug auf Zeit als lästiges Muss siehst, wird dein Gehirn danach gieren, möglichst viel am Handy zu hängen, sobald das Fasten vorbei ist. Deshalb liegt wie so oft alles an deiner Einstellung.

Drei Schritte zu mehr Freiheit

Um den besseren Umgang mit dem Smartphone zu lernen, musst du

1. Erkennen, dass dein bisheriger Umgang dir auf Dauer nicht gut tut

2. Dir sagen, dass du jederzeit die Freiheit hast, dich für den besseren Umgang mit diesem digitalen Wundergerät zu entscheiden

3. Diese Veränderung als Bereicherung in deinem Leben sehen, anstatt als lästigen Verzicht.

Mach dir die Vorteile bewusst, denn das ist die einzige Möglichkeit für eine langfristige Veränderung. Wir alle müssen erst lernen, besser mit dem Smartphone umzugehen. Das Dopamin-Fasten kann ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Langfristig brauchen wir alle jedoch Regeln, wie viel unserer kostbaren Lebenszeit wir vor diesem Ding verbringen. Studien von Dr. Sepah haben gezeigt, dass das Dopamin-Fasten bereits nach wenigen Wochen sehr positive Veränderungen mit sich bringen kann. So hat eine Gruppe von Studenten durch den bewussten Verzicht auf Facebook im Schnitt 13,3 Stunden pro Woche mehr Zeit haben. Außerdem beschreibt er eine deutliche Verringerung von depressiven Symtomen und ein Plus an Lebensqualität, da die neu gewonnene Zeit mit wohltuenden Aktivitäten wie Sport, kreativer Betätigung oder gemeinsamer Zeit mit Freunden und der Familie verbracht wird.

Damit wir unser Gehirn aus der ständigen Reizüberflutung retten ist es so wichtig, sich regelmäßig in eine reizarme Umgebung zu begeben. Ein idealer Ort für Ruhe und Erholung ist der Wald. Ein bewusster Spaziergang, selbstverständlich ohne lästiges Smartphone, wird zum Kurzurlaub. Dein Gehirn kann sich entspannen. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, dann lies dir gerne diesen Artikel durch:

Die Natur als Krafttankstelle


Hier findest du einen spannenden Artikel der die Mechanismen hinter dem Dopamin-Fasten erklärt.

Ich wünsche dir viel Freude beim Ausprobieren und hoffe, dir gelingt der bewusste, achtsame Umgang mit den digitalen Verführungen unserer Zeit.








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Buchtipp: Rückkehr zur Menschlichkeit (Dalai Lama)

Unsere Welt steckt voller Herausforderungen. Das geistige Oberhaupt der Tibeter gibt in diesem Buch wertvolle Hinweise darauf, wie das Leben dennoch gelingen kann.

“Wohin mit all den Büchern?”, höre ich meinen Mann bei der gemeinsamen Ausmist-Aktion fragen. Kein Wunder - Bücher sind meine einzig wahre Schwäche. Sobald ich in einem Artikel oder einem Podcast von einem spannenden Buch lese, habe ich es auch schon bestellt. Wann immer ich ein Buch lese, schaue ich mir auch das Literaturverzeichnis an und entdecke zumindest fünf weitere Werke, die meine Neugierde wecken. Ich habe mindestens immer zwei Bücher auf meinem Nachtisch liegen und je eines im Wohnzimmer und im Büro. Von der Liste der Hörbücher, die ich in jeder freien Minute voll Genuss höre, gar nicht zu schreiben… Ich liebe es, neue Dinge zu lernen, andere Perspektiven einzunehmen, mein Wissen zu vertiefen und mit neuen Inputs oder Forschungsergebnissen zu verknüpfen. Ich sehe die Sichtweise des Autors als wundervolle Möglichkeit zur Erweiterung meines Sichtweise auf das Leben. Dabei stelle ich mir gerne vor, wie zigtausende Neuronen in meinem Kopf zu neuen Netzwerken werden, manchmal spüre ich es förmlich, wie neue Verbindungen durch neue Ideen entstehen. Ich versuche, zumindest ein Buch pro Monat zu lesen. Selbstverständlich habe ich Themen, zu denen ich besonders gerne lese: Achtsamkeit, Psychologie, Neurobiologie, Verhaltensänderung. Manche Bücher lege ich nachdenklich zur Seite, andere bringen mich förmlich zum Strahlen. Zu letzterem Zustand führen mich die Bücher des Dalai Lamas. Wenn ich unter den vielen hundert Büchern, die ich bisher gelesen habe, eines auswählen und dieses empfehlen sollte, dann wäre es bestimmt das Buch der Freude von Desmond Tutu und dem Dalai Lama. Es zählt zu den Werken, die ich mehrmals gelesen habe und in denen ich jedes Mal wieder so viel Weisheit und Menschlichkeit entdecke, dass mir ganz warm ums Herz wird, wenn ich nur daran denke.

Hier findest du einen Beitrag über, in dem ich von den Grundgedanken dieses wunderbaren Buches erzähle.

In diesem Monat habe ich das Buch “Rückkehr zur Menschlichkeit: Neue Werte in einer globalisierten Welt” gelesen. Auch dieses Buch steckt voller wichtiger Ideen und ist eine echte Bereicherung für mich. Bereits im Klappentext werden die Herausforderungen unserer Zeit (lange vor der Corona-Krise, das Buch ist im Jahr 2011 erschienen) beschreiben:

“Bevölkerungswachstum, Klimawandel, Terrorismus, Finanzkrise - wir sind weit davon entfernt, glücklich zu sein”

Unser Fokus liegt seit knapp einem Jahr selbstverständlich auf einem ganz anderen Thema, von der Sichtweise des geistigen Oberhauptes der Buddhisten können wir aber im Hinblick auf jede Herausforderung lernen.

Der Dalai Lama beschreibt ein Wertesystem, das uns auf das hinweist, was wirklich wichtig ist, was uns Menschen wirklich glücklich macht.

Einen Grund dafür, warum wir Menschen in dieser Zeit so verloren sind, sieht der Dalai Lama im mangelnden Glaubenssystem. Heutzutage haben viele Menschen keinen Zugang mehr zu einer Religion, einer Gemeinschaft, einem kollektiven Miteinander. Dabei spricht er keineswegs davon, dass wir alle uns an eine der Weltreligionen wenden sollten. Diese haben ihre Probleme, nicht umsonst haben sich so viele von ihnen abgewandt.

“Ich bin ein Mann der Religion, aber die Religion alleine kann nicht all unsere Probleme lösen.”

Vielmehr bringt er die Idee der säkularen Ethik ein. Damit meint der Tibeter, der von seinem Volk als Gott verehrt wird, eine Gemeinschaft die von Mitgefühl und Liebe getragen wird. In der es um Toleranz, Nachsicht und Respekt geht. In unserem Alltag sind wir allzu oft von Wut, Hass, Engstirnigkeit, Eigensinn und Feindseligkeit geleitet. Gerade in Krisenzeiten sind wir so schnell dazu verleitet, über die Entscheidungen und das Verhalten von anderen Menschen zu urteilen.

Mit “säkular” bezieht sich der Dalai Lama auf die indische Bedeutung des Wortes, mit dem so viel wie “Respekt vor und Toleranz gegenüber allen Religionen” und auch “Nichtgläubigen” gemeint ist. Die säkulare Ethik, die er vorschlägt, soll uns eine Richtung vorgeben, um wieder näher zusammenzurücken. Nach seiner Meinung können Menschen “zwar ohne Religion auskommen, aber nicht ohne innere Werte”. In uns allen liegt die Fähigkeit zur Liebe, zur Güte und zur Zuneigung verborgen. Je nachdem, was wir im Laufe unseres Lebens erleben, können wir diesen Fähigkeiten entsprechend handeln. Wenn wir jedoch immer wieder enttäuscht werden, vielleicht von klein auf zu wenig von diesen so wichtigen Formen der Zuwendung erfahren, wenn wir in unserem Leben immer wieder mit Herausforderungen und Krisen zurecht kommen müssen und mit unserem Schicksal hadern, dann fällt es schwer, uns auf diese wohltuenden Tugenden zu konzentrieren und sie auch zu leben.

Ganz gleich, woher wir kommen, aus welchem Kontinent, welchem Land, welcher Stadt, welchem Dorf, welcher Familie wir stammen. Ganz gleich, welchen Beruf wir haben. Ganz gleich, wie wir aussehen oder wie wir das Leben leben - wir alle sind Menschen. Wir alle haben Gefühle, wir nehmen die Welt um uns herum wahr, wir sehen, hören, schmecken, riechen, fühlen sie. Die Erkenntnisse der Neurowissenschaften zeigen uns sogar, dass wir mitfühlen, wenn es anderen Menschen schlecht geht. Wenn ich dich dabei beobachte, wie du dir in den Finger schneidest, verziehe ich unmittelbar das Gesicht und fühle mich, als würde ich mir selbst in den Finger schneiden. Dieses Phänomen wird durch die Spiegelneurone ausgelöst - in meinem Gehirn werden die selben Netzwerke aktiv wie in deinem, wenngleich bei mir dieses Schmerzmuster durch reine Beobachtung aktiviert wird, während du den “echten” Schmerzreiz von deinem Finger bis in dein Gehirn weitergeleitet bekommst. Die Forscher gehen davon aus, dass diese Spiegelneurone einer von zahlreichen Beweisen dafür sind, dass wir Menschen soziale Wesen sind. Dass wir miteinander verbunden sind, durch unsere Ähnlichkeiten, durch unser Empfinden, durch unsere Gefühle. Wir alle streben nach Glück, wir alle möchten geliebt werden, wir alle versuchen, Unangenehmes und Leid abzuwenden. Doch jeder versucht, zu einem großen Teil beeinflusst von der eigenen Geschichte und der jeweiligen Gesellschaft, in der wir gerade leben, seinen ganz eigenen Weg, um dieses Glück zu finden, um das Leid zu verhindern.

Wenn wir uns bewusst machen, dass wir alle viel mehr gemeinsam haben, als uns trennt, öffnen wir uns für ein so wohltuendes Gefühl. Für die Verbundenheit als Mensch. Zahlreiche Forschungsergebnisse der Psychologie zeigen, wie wohltuend diese Haltung ist. Wir erkennen dann, dass wir nicht alleine mit unseren Sorgen und Wünschen sind. Wir sitzen alle im selben Boot: Wir wünschen uns ein gelungenes Leben und müssen uns immer wieder mit unerwarteten Schwierigkeiten auseinander setzten.

Drei Quellen des Glücks

Für den Dalai Lama gibt es drei Faktoren, die zu menschlichem Glück beitragen. Es kommt wohl etwas unerwartet, doch der erste Faktor ist der finanzielle Wohlstand. Selbstverständlich wäre es naiv zu denken, dass wir ohne Geld wirklich glücklich sein können. Denn materieller Wohlstand ist gleichbedeutend mit Freiheit und Würde. Selbst ein Einsiedler benötigt zumindest etwas Geld, um sich Kleidung und Nahrung leisten zu können. Bei der Frage nach dem “genug” erzählt der Dalai Lama vom Tibetischen Wort Kinga Dondhup, was so viel wie “etwas, das uns alle glücklich macht und alle Wünsche erfüllt.”. Es liegt an uns selbst, unsere Freiheit zu behalten und zu entscheiden, wie unsere Wünsche aussehen. Wenn ich mir ständig mehr wünsche, sobald ich ein bestimmtes finanzielles Niveau erreicht habe, dann werde ich nie glücklich sein. Je mehr ich anhäufe, desto größer wird die Angst, es wieder zu verlieren. Die Gier, die in uns ebenso verborgen liegt wie all die wohltuenden Fähigkeiten, lässt sich durch Geld sehr leicht wecken. Sie wächst und gedeiht mit jeder neuen Anschaffung, denn die Freude daran verfliegt schnell und der Wunsch nach neuen Dingen wächst.

Ich denke dabei immer an die Geschichte vom Fischer und dem Geschäftsmann, die mich schon als kleines Mädchen tief beeindruckt hat und mich bis heute begleitet.

Der zweite Faktor ist die Gesundheit: Im Hinblick auf die Gesundheit spricht der Dalai Lama von der körperlichen, psychischen und emotionalen Gesundheit. Den dritten Faktor für das menschliche Glück bildet schließlich die Gemeinschaft. Das echte, wohltuende Miteinander ist der dritte Faktor, den das geistige Oberhaupt der Tibeter als Glücksfaktor beschreibt. Dabei betont er ausdrücklich, dass es um tief verbundenen Beziehungen geht und wir oberflächliche Bekanntschaften nicht als echte Freundschaft betrachten sollten. Wie wir diese beiden voneinander unterscheiden können? Wir können uns fragen, ob wir das Gegenüber ohne Status, Beruf, Geld oder gutem Aussehen wahrnehmen würden. Wären wir noch genau so gerne mit diesem Menschen beisammen, wenn er “nur” der wäre, als der er auf diese Welt gekommen ist. Das pure menschliche Wesen mit all seinen Stärken und Schwächen? Der Beginn dieser tiefen, eng verbundenen Freundschaften liegt laut dem Dalai Lama in uns selbst. Er erzählt von einem Mönch, der fünf Jahre lang als Einsiedler gelebt hat und dennoch diese echte, authentische Liebe und wahres Mitgefühl ausgestrahlt hat. Er hatte während dieser Zeit der Einsamkeit über die Liebe meditiert und war “der Inbegriff eines Menschen, der allein lebt, ohne einsam zu sein.”

Wie oft fühlen wir uns einsam, obwohl wir von andern umgeben sind? Fühlen uns verloren, fehl am Platz? Um das zu ändern ist es so wichtig, selbst mit einer Haltung der inneren Liebe und der Warmherzigkeit gegenüber unseren Mitmenschen zu leben.

Wir Menschen sind unser Leben lang auf Liebe und emotionale Wärme angewiesen. Eine Mutter umsorgt ihr Baby (wenn dies möglich ist) mit all ihren Kräften. Die bedingungslose Liebe ist das wertvollste Geschenk, das Eltern ihren Kindern machen können. Wenn unser Lebensende naht, wünschen wir uns die Nähe von Menschen, die uns beistehen. Wenn wir mehr Liebe in unser Leben bringen wollen, so rät der Dalai Lama dazu, mit uns selbst zu beginnen.

Mitgefühl und Liebe entwickeln

Es reicht nicht, wenn wir unser Denken verändern. Wir müssen auch danach handeln. Wenn wir mitfühlender, gütiger und toleranter werden wollen, dann ist es so wichtig, bei uns selbst zu beginnen. Dies können wir durch tägliches Üben erreichen.

Die Buddhisten haben eine jahrtausendealte Tradition des lojong, des Geistestrainings. Mit diesen Übungen, die auch die Grundlage der heute immer weiter verbreiteten Mentaltrainings und Meditationen sind, können wir in uns schlummernde Fähigkeiten wie Mitgefühl, Geduld, Genügsamkeit, Selbstdisziplin und Großzügigkeit trainieren.

Dies gelingt uns durch Achtsamkeitsübungen. Sie machen uns bewusster im Umgang mit unseren Gefühlen und Gedanken sowie dem, was wir tun (oder sein lassen). Wir erkennen, in welchen Situationen wir besonders streng mit uns umgehen und uns selbst nieder machen, obwohl wir selbst Mitgefühl benötigen würden. Durch mehr Achtsamkeit können wir beginnen, uns selbst die Liebe zu schenken, die wir dann auch unseren Mitmenschen geben möchten.

Gemeinsam für eine bessere Welt

Der Dalai Lama beschreibt noch weitere fundamentale Bereiche, die wir - jeder für sich - in unserem Leben “richtiger” machen können, um diese Welt in eine bessere Richtung zu lenken: Von der liebevollen Erziehung unserer Kinder über das Bewusstsein für unseren Einfluss auf die Umwelt bis hin zum richtigen Umgang mit dem technischen Fortschritt.

Meine Meinung zu diesem Buch:

Dieses Buch hat mich wie auch das Buch der Freude von Desmond Tutu und dem Dalai Lama sehr beeindruckt. Es ist mit 221 Seiten im Taschenbuchformat sehr gut Kapitel für Kapitel lesbar, da jeder Abschnitt voller Weisheit und Liebe ist. Wie alle Dinge, die dieser Mann uns mitteilt strahlt auch dieses Buch seine bedingungslose Liebe und Mitmenschlichkeit aus. Es ist eine Wohltat, in diesem Buch zu lesen. Eine klare Leseempfehlung - auch als Geschenktipp!

Hier kommst du zur Info des LÜBBE-Verlags.








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Genuss, Glücklich sein, Achtsamkeit, Psychologie, Selbstentwicklung, Übung Magdalena Lublasser-Fazal Genuss, Glücklich sein, Achtsamkeit, Psychologie, Selbstentwicklung, Übung Magdalena Lublasser-Fazal

Mein Neujahrsvorsatz: Mehr sein statt tun

Weniger oder mehr? Ich nutze die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester gerne für ein persönliches Resümee.

Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ist für mich persönlich immer eine wundervolle Gelegenheit, um alte, ungeliebte Verhaltensweisen hinter mir zu lassen und mir zu überlegen, was ich im kommenden Jahr anders machen kann. Ich nehme dazu ein leeres Blatt zur Hand und schreibe nieder, wie mein Alltag jetzt aussieht. Dann überlege ich, was ich verändern möchte. Im Jahr 2020 habe ich den Großteil meiner Zeit untertags mit der Familie verbracht - eine wunderbar wertvolle Zeit. Zwei Mal pro Woche habe ich den Familienalltag gegen meine Arbeit in der Praxis getauscht - meine ganz persönliche Qualitytime. In den Abendstunden habe ich mich beinahe täglich an den Laptop gesetzt und meine Ideen, die mir im Alltag durch den Kopf schwirren, zu digitalem Papier gebracht. Ich habe meinen Blog gestartet und meine Online-Kurse gelauncht - zwei Schritte, die mir ganz viel Überwindung gekostet haben, mir aber auch so viel Freude bereiten! Ich blicke auf ein emotionales, intensives, zuweilen herausforderndes und bestimmt resilienz-förderndes Jahr 2020 zurück.

Was möchte ich 2021 ändern?

Ein Blick auf meine Notizen zeigt mir, wie dankbar ich für mein Leben sein darf. Ich habe eine wunderbare Familie, mein Alltag steckt voller großer und kleiner Wunder (die ersten 1000 Tage mit Kleinkind zählen für mich zum größten Geschenk überhaupt!) und ich darf zudem meiner Berufung folgen: Menschen auf ihrem Weg zu mehr Glück und Zufriedenheit zu begleiten. Ob als Coach bzw. Psychotherapeutin in meiner Praxis oder durch meine Online-Coachings und Online-Kurse - ich bin so dankbar dafür, Menschen helfen zu können. Für diesen Traum habe ich mehr als 10 Jahre lang viel Zeit und Energie investiert und ich weiß heute, dass sich mein Studium und meine Weiterbildungen wirklich gelohnt haben. Während in den vergangenen Jahren stets ein “mehr an” auf meinem Resümee zum Jahreswechsel zu lesen war, ist es seit diesem Jahr ein “weniger an”. Oder besser gesagt ein “mehr an”, das ein “weniger an” bedeutet, wir sollten ja keine negativen Formulierungen verwenden, da unser Gehirn diese nicht entschlüsseln kann.

Mehr vom Weniger

Nach vielen Jahren, in denen ich nach Wissen, Erfahrung und Selbstverwirklichung gestrebt habe, spüre ich nun ganz deutlich: Ich muss nicht mehr, ich kann. Ich habe mir viele Träume verwirklicht, viele Ziele erreicht, viel gegeben, noch mehr bekommen. Und während ich diese Zeilen schreiben kommt mir wieder eine Phrase aus der Achtsamkeitspraxis in den Sinn: “Sein statt tun”.

Abschied vom Erschöpfungsstolz

Auch wenn unsere Leistungsgesellschaft uns dazu antreibt, ständig höher, schneller, weiter… zu kommen, entspricht das nicht unserem Mensch-Sein. Klar, wir brauchen Ziele, ja, wir freuen uns über persönliche Entwicklungen und feiern Erfolge. Doch allzu leicht werden wir - ganz unbemerkt - zu den Sklaven unserer eigenen Ziele und Ansprüche. Ich weiß aus eigener Erfahrung wie schwierig es ist, zwischen persönlicher Motivation und Freude am Tun und der Last des (selbst gesetzten) Leistungsdrucks zu unterscheiden. Die Grenzen verschwimmen und ehe wir uns versehen, sind wir schon wieder im Hamsterrad der Leistung gefangen. Bis heute muss ich mich regelmäßig von meiner Tendenz zum Erschöpfungsstolz distanzieren - ich staune mit einer Mischung aus berufsbedingter Neugierde und schockierter Erkenntnis darüber, wie stark sich diese alten Muster in uns festsetzen.

Achtsam leben: Was ist, ist

Mein Vorsatz für das neue Jahr lautet also: “Mehr sein”. Das klingt so einfach, banal, simpel. “Sein” ist wohl unsere ursprüngliche Wesensform. Wir sind nur so darauf trainiert und konditioniert, ständig zu “tun”, dass wir gar nicht bemerken, wie weit wir uns durch diese permanente Beschäftigung von unserer eigentlichen Natur entfernen. Wir können aber wieder ganz bewusst üben, immer wieder mal nur zu sein. Nichts zu tun und dabei so viel zu tun. Wir können in uns hinein horchen, in uns hinein spüren, wahrnehmen, was ist. Wir müssen nicht daran denken, was anders sein soll, was wir nicht haben wollen. Wir können ganz achtsam erkennen: So ist das Leben, mein Leben, gerade in diesem Moment. So fühle ich mich gerade, so spürt es sich also an, ich zu sein. Da sind diese wohltuenden Gefühle und Empfindungen, da sind auch diese ungeliebten Gefühle und Empfindungen. Das alles macht mich aus. Ich bin.

Ich bin. Diese beiden Worte sind so wertvoll und doch so ungewohnt. Sofort erwarten wir zumindest ein weiteres Wort: Wie bist du denn? Was machst du denn? Wozu denn?

Dieses zusätzliches Worte gehen über die Achtsamkeit hinaus. Sein statt Tun. Ich bin, du bist. Einfach nur so, in diesem Moment.

Diese Form der Achtsamkeit werde ich im Jahr 2021 immer wieder bewusst leben. Klar, ich habe Pläne, Ziele, Projekte, die mir durch den Kopf schwirren, die mich bereits am frühen Morgen auf der Yogamatte versuchen aus der Ruhe zu bringen. Ideen, die mich dazu verführen wollen, mich für mehrere Tage mit meinem Laptop einzusperren und alles niederzuschreiben, was ich möchte. Eine schöne Vorstellung und Schritt für Schritt werde ich diese Ideen, Pläne und Visionen auch umsetzen. Doch sie sollen nicht das Hauptziel meines neuen Lebens, das mit jedem neuen Jahr, mit jedem neuen Tag beginnt, sein. Mein neues bewusst gewähltes Ziel ist weniger und doch mehr: Sein statt Tun. Ich freue mich schon aufs Ausprobieren!



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Achtsamkeit, Genuss, Glücklich sein, Selbstentwicklung, Selbstliebe, Übung, Ziele Magdalena Lublasser-Fazal Achtsamkeit, Genuss, Glücklich sein, Selbstentwicklung, Selbstliebe, Übung, Ziele Magdalena Lublasser-Fazal

Genuss statt Verzicht: Mit achtsamen Essen zum Wohlfühlgewicht

Genuss statt Verbot: Durch das achtsame Genießen durchbrichst du den Diäten-Teufelskreis, erreichst dein Wohlfühlgewicht und gewinnst mehr Lebensfreude.

Der Jahreswechsel ist die Zeit der guten Vorsätze: Mehr Sport, weniger Stress, endlich abnehmen. Bei den meisten Menschen nehmen diese geplanten Veränderungen den gewohnten Verlauf - erst starten sie voll motiviert ins neue Leben, bis früher oder später die Motivation verloren geht und sich alte Muster wieder einschleichen. Oftmals ist die Veränderung zu gravierend, um sie dauerhaft durchzuhalten. Wir schränken uns stark ein, dabei fallen positive Gefühle weg wie etwa das entspannende Gefühle von Faullenzen oder der köstliche Geschmack der Lieblingssüßgikeit. Wenn wir nachhaltige Veränderungen erreichen möchten, ist es also sinnvoll, genauer hinzuschauen und folgende Fragen zu beantworten:

  1. Warum habe ich mich bisher in meinem ungeliebten Muster verhalten (zB geraucht, abends stundenlang vor dem PC gesessen, zu viel genascht…)

  2. Wie kann ich die benefits, die ich aus diesen alten Verhaltensweisen hatte, nun anders erreichen?

Um die Frage nach den Vorteilen aus unserem Verhalten ist auf den ersten Blick gar nicht so einfach zu beantworten. Meist ist uns gar nicht bewusst, was wir von unseren Gewohnheiten haben. Du kannst aber ganz bewusst darauf achten, was das Resultat deiner Verhaltensweisen ist.

In diesem Beitrag findest du mehr zu diesem Thema.

Gerade beim Thema Ernährung gibt es viele Mythen und falsche Vorstellungen davon, wie DIE gesunde Ernährung aussieht. Beinahe jede Frau und immer mehr Männer haben schon ein Mal einen Diät ausprobiert, sehr viele Menschen leben von einer gescheiterten Diät zur nächsten. Zugleich sind mehr als 40 Prozent der Erwachsenen in Österreich übergewichtig. Die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte zeigt: Diäten sind zum Scheitern verurteilt. Sie bringen den Stoffwechsel durcheinander, führen zu Mangelerscheinungen und Frust. Außerdem beeinflussen die unzähligen gescheiterten Diätversuche das eigene Selbstwertgefühl - mit jedem „Rückfall“ steigt das Gefühl, sich selbst nich unter Kontrolle zu haben und schwach zu sein.

Grüße aus der Steinzeit

Dabei geht es weniger um die pure Willenskraft, als mehr um einen Kampf gegen Jahrtausende alte Mechanismen, die uns Menschen ausmachen. Vereinfacht gesagt: Wenn wir auf etwas verzichten, denkt unser Körper, wir leben im Mangel. Er ist dann permanent auf der Suche nach einer Möglichkeit, diesen Mangel auszugleichen. Kein Wunder: In der Zeit unserer Vorfahren war unser Organismus auf das pure Überleben aus. Damals gab es (vermutlich!) weder überzogene Schönheitsvorstellungen noch diese ständigen Versuchungen in Form von Zucker und Fett, mit denen wir heute konfrontiert sind.

Endlich gesund abnehmen

Der Hauptgrund für den Verzicht auf bestimmte Lebensmittel liegt im Wunsch nach dem eigenen Idealgewicht. Mittlerweile sprechen Experten lieber vom Wohlfühlgewicht, das so individuell wir jeder von uns ist. Um dieses Wohlfühlgewicht zu erreichen und auch zu halten, ist das achtsame Genießen sehr hilfreich. Denn statt Verboten und strengen Regeln geht es beim Genuss um ein Mehr an Freude, wir gewinnen also Lebensqualität dazu, anstatt etwas hergeben zu müssen. Achtsames Genießen ist nachweislich eine hilfreiche Möglichkeit, um das eigene Wunschgewicht nachhaltig zu erreichen. Davon möchten Diät-Anbieter und Produzenten von Abnahm-Produkten selbstverständlich nichts wissen, schließlich kann man Achtsamkeit nicht gut verkaufen!

Genuss ist neben Optimismus und Humor einer der wichtigsten Gesundheitsfaktoren. Die Stressforschung nennt das bewusste Genießen als einen der hilfreichen Techniken zur Stressbewältigung. In der positiven Psychologie wird achtsamer Genuss als Teil der positiven Emotionen gesehen. Auf der Suche nach einem besseren, gelungenen Leben stellt die positive Psychologie die Frage:

„Was macht das Leben lebenswert?“

und gibt zugleich vier Schritte vor, mit denen wir diese lebenswerten Faktoren stärken können:

1. VERMEHRUNG: Durch die Förderung von positiven Aktivitäten (wie das bewusste Genießen statt dem Nebenbei-Essen)

2. SCHAFFUNG: Durch das neugierige Ausprobieren etwas Neuen (zB eine neue Pralinenart)

3. MINDERUNG: Von Verhaltensweisen, die uns nicht gut tun (zB Überessen nach einem Tag des Diät-Haltens)

4. VERHINDERUNG: Von schlechtem Gefühl nach einer Hunger-Attacke durch bewusstes Essen ohne Verbote

Wenn wir also dauerhaft glücklich mit unserem Körper und unserem Essverhalten werden möchten, dann ist ein genussvoller Umgang eine wundervolle Möglichkeit dazu. Um bewusster genießen zu können hilft uns Achtsamkeit. Denn erst wenn wir uns auf den jetzigen Moment fokussieren können, gelingt es uns auch zu erkennen:

  • Bin ich gerade hungrig? Oder doch eher müde, gelangweilt, genervt, angespannt?

  • Möchte ich das, was ich gerade esse, eigentlich essen?

  • Tut es mir gut?

  • Wie fühle ich mich dabei?

  • Wie fühle ich mich danach?

Genuss beginnt im Gehirn

Unser Gehirn kann sich immer nur auf eine Sache konzentrieren. Wenn wir neben dem Essen auf das Smartphone schauen, im Vorbeigehen essen oder ständig mit unseren Gedanken ganz wo anders sind, nehmen wir uns selbst die Möglichkeit, unsere Nahrung richtig zu genießen. Außerdem verhindern wir wichtige Verdauungsprozesse, die bereits vor dem Essen beginnen. Denn wenn wir - so wie es wohl in einer Zeit vor Dauerstress und permanenter Ablenkung war - uns vor dem Essen bewusst auf unsere Nahrung einstellen, dann beginnt unser Gehirn bereits vor dem ersten Bissen, die Verdauung zu aktivieren. Diese beginnt bekanntlich bereits mit dem Speichelfluss im Mund. Durch das achtsame Wahrnehmen der Speisen sendet unser Gehirn Signale an den Stoffwechsel. Wir sind quasi ganz auf das Wesentliche fokussiert: Das richtige Genießen und Verdauen unseres Essens. Wenn wir ständige nebenbei essen, kommen zwar die Nährstoffe und Kalorien in unserem Körper an, doch wir verpassen die Gelegenheit auf Genuss, rechtzeitige Sättigung und Wohlbefinden. Oft überessen wir uns und sind nach dem Essen müde oder gar schlecht gelaunt. Kein Wunder: Unser Körper muss mit der Überforderung durch das zu Viel an Nahrung zurecht kommen und benötigt dafür sehr viel Energie.


Übung: Genussvolles Essen lernen

Versuche ein Mal, dich ganz bewusst auf das Essen einzustellen. Aktiviere alle deine Sinne: Was siehst du auf deinem Teller? Wie riecht es? Was hörst du gerade um dich herum? Wie ist die Textur der Speise? Nimm einen kleinen Bissen in den Mund und erkunde ihn mit deiner Zunge und deinem Gaumen, bist du die Verdauungssäfte in Form deines Speichels fließen spürst. Kaue erst, wenn du dich ganz bewusst auf diesen ersten Bissen eingelassen hast und beobachte, wie intensiv du das Essen wahrnehmen kannst. Du musst selbstverständlich jetzt nicht jeden Bissen immer so essen, das wäre nicht alltagstauglich. Doch wenn du über einen bestimmten Zeitraum, zumindest drei Wochen lang, den ersten Bissen so bewusst genießt, wirst du bereits nach wenigen Tagen merken wie viel achtsamer und genussvoller du isst. Ein angenehmer und wohlutender Nebeneffekt ist das natürliche Sättigungsgefühl, das viel rascher eintritt als gewohnt. Wir können bald nicht mehr die großen Portionen essen, sondern sind mit einer kleinen Portion zufrieden.

Probiere das bewusste Genießen mal in Ruhe aus. In den kommenden Tagen werde ich dir immer wieder Tipps für achtsames Genießen geben.

Ich wünsche dir viel Freude beim achtsamen Genießen!

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Glücklich sein, Achtsamkeit, Meditation, Psychologie Magdalena Lublasser-Fazal Glücklich sein, Achtsamkeit, Meditation, Psychologie Magdalena Lublasser-Fazal

Ab nach draußen!

Neben allen Einschränkungen bleibt uns allen die Freiheit, in die Natur zu gehen. Die Zeit draußen tut Köper und Geist so gut!

Im Jahr 2020 wurde uns vieles genommen - für alle, die genauso gerne ins Kaffeehaus gehen wie ich, ist das Leben ohne die geliebte Tasse Kaffee, liebevoll serviert im Wohlfühlambiente, eine echte Herausforderung. Eine Einschränkung, die mich immer noch schockiert, sind die fehlenden Umarmungen - waren sie bis vor ein paar Monaten noch fixer Bestandteil jedes Treffens mit lieben Freunden und Bekannten, herzt man heute nur noch mit Menschen, mit denen man morgens gemeinsam am Küchentisch sitzt. Und dann gibt es die Dinge, die wir uns vielleicht schon lange gewünscht haben, die nun aber doch nicht so toll sind, wie gedacht: Homeoffice, Homeschooling (“Warum muss ich meine Kinder immer zur Schule schicken?”, hatten sich wohl viele von uns schon einmal gedacht…), weniger soziale Verpflichtungen. Es ist, wie es ist - in den kommenden Wochen werden wir uns noch gedulden müssen - das Jahr 2020 klingt nicht einfach so aus, ohne uns noch einen zweiten Lockdown zu bescheren.

Allen Schwierigkeiten zum Trotz haben wir zumindest ein paar Möglichkeiten, uns selbst etwas Gutes zu tun.

Dazu habe ich dir 10 SOS-Tipps für den Lockdown zusammengeschrieben.

Leider wir unter einem Naturdefizit?

Eine Freiheit, für die ich so danbkar bin, ist die Möglichkeit nach Draußen zu gehen. Bereits im Frühling hat diese Ausnahme der Beschränkungen dazu geführt, dass viele Menschen die Natur wieder für sich entdeckt haben. Das ist gleich mehrerer Hinsicht wirklich sinnvoll. Wir sind ganz eng mit der Natur verbunden - bei Kindern kann man die Begeisterung für die Natur noch sehr gut beobachten. Je älter wir werden, desto weniger achten die meisten von uns darauf, sich ausreichend an der frischen Luft aufzuhalten. Der Autor Richard Louv spricht in diesem Zusammenhang vom “Naturdefizit” und beschreibt dabei zahlreiche Beschwerden, die wir aufgrund unserer immer größeren Entfernung von der Natur erleiden. Wir spüren diese tiefe Sehnsucht in uns und merken, wie gut uns die Zeit draußen tut. Am besten noch offline.

Moderne Therapieformen wie die Integrative Psychotherapie nehmen ihre Klienten mit in die Natur, erste Studien belegen die nachhaltige Wirksamkeit dieser green activities. Egal ob die Laufrunde gegen Depression, die Gartentherapie bei sozialen Ängsten oder Zwängen oder die wohltuenden Tierkontakte bei chronischen Suchterkrankungen - viele Therapeuten ergänzen ihr “klassisches” Setting in der Praxis um diese naturverbundenen Methoden. Bei all ihrer Varianz haben sie eines gemeinsam: Sie aktivieren unmittelbar die tiefe Verbindung zur Natur, die in uns allen verborgen liegt.

Waldbaden: Kostenlose Therapie für Körper und Seele

Spätestens seit dem Shirin-Yoku - die japanische Therapie für innere Ruhe und gesunden Schlaf - ist der Wald als Ort der Heilung immer beliebter. Das so genannte Waldbaden ist kostenlos, sofort umsetzbar und so wohltuend. Gerade in dieser Jahreszeit können wir sogar dann in den Wald gehen, wenn es regnet. Das sanfte Rieseln auf das schützende Blätterdach gleicht einer meditativen Erfahrung.

In der Natur können wir abschalten, die Bäume, Gräser und Sträucher mit ihren individuellen Farben und Formen haben eine beruhigende Wirkung auf unsere Psyche und die frische Luft tut ihr übriges dazu. Wir können ganz achtsam näher kommen und entdecken dann schon in der nächsten Buchenhecke so viele kleine Wunder! Das zarte Spinnennetz, der flinke Käfer, die unzähligen Blätter, die sich alle ähneln, aber niemals gleichen!

Eine umfassende Meta-Analyse von mehr als 140 Studien aus Großbritannien hat übrigens gezeigt, dass es nicht immer die große Bergtour oder der Tagesausflug in den Wald sein muss, der unser Wohlbefinden fördert. Auch ein bewusster Spaziergang in den nächsten Stadtpark oder die Bäume entlang der Straße haben eine positive Wirkung auf Körper und Geist. Relevant ist dabei der richtige Fokus darauf.

Also: Ab nach draußen! Egal ob einmal um den nächsten Block oder in das nächste Waldstück! Gerade in dieser herausfordernden Zeit tut es uns so gut, uns mit der Natur zu verbinden. Am besten geht das offline - das Smartphone kann ja mal zuhause bleiben.



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Akzeptanz, Achtsamkeit, Glücklich sein, Lebenssinn, Meditation, Übung Magdalena Lublasser-Fazal Akzeptanz, Achtsamkeit, Glücklich sein, Lebenssinn, Meditation, Übung Magdalena Lublasser-Fazal

Keine Zeit für Achtsamkeit?

Wenn wir immer darauf warten, bis wir täglich eine Stunde Zeit haben für unsere Achtsameitsübungen, verschenken wir wertvolle Momente. Denn in den Augenblicken des Alltags gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um achtsamer und bewusster zu werden.

Wenn du diesen Beitrag liest, hast du dir bestimmt schon öfter vorgenommen, achtsamer, bewusster, einfach mehr im Moment zu leben. Vielleicht hast du auch schon einen Podcast-Beitrag dazu angehört oder dir ein Buch zum Thema Achtsamkeit besorgt. Doch hast du dir schon die Zeit genommen, um die Übungen auch auszuprobieren? Mehr als ein, zwei Mal?

Die meisten Menschen haben das Gefühl, zu wenig Zeit für Achtsamkeit zu haben. Sie probieren ein, zwei Mal den Bodyscan aus, hören sich vielleicht ein Mal eine Achtsamkeitsmeditation an. Und hören dann, allen guten Vorsätzen zum Trotz, wieder auf, ihr Bewusstsein zu stärken. “Das mach ich dann, wenn ich im Urlaub bin”, höre ich oft. Oder:”Ich bin berufstätig, habe Familie, muss einen Haushalt führen… da geht sich das nicht aus!”


So viel zu tun und so wenig Zeit

Ich weiß genau, was gemeint ist. Mein Tag als selbständige Psychologin und Coach, Mutter zweier wunderbarer Tochter, Dogmum eines Golden Retriever und leidenschaftliche Bloggerin denke ich manchmal am Morgen schon: Wie soll ich heute alle ToDos in einen Tag packen? Ich habe zu viele Aufgaben und zu wenige Stunden zur Verfügung… Das Gedankenkarussell beginnt, sich zu drehen… Dann betrachte ich das Ganze ein bisschen distanzierter und mache mir bewusst (ja, genau, das ist Achtsamkeit): Ich mache, was ich schaffe, eine Aufgabe nach der anderen. Und wenn ich mir abends noch eine lange Yogaeinheit gönne, statt das Chaos in der Küche zu beseitigen, wird sich die Welt deshalb morgen auch noch weiterdrehen.

Die Welt dreht sich weiter - auch ohne uns

Selbst an diesen Tagen, die vollkommen “ausgebucht” sind, finde ich Zeit für achtsame Augenblicke. Genau darum geht es nämlich: Um diese ein, zwei Minuten, in denen ich mich aus dem Chaos des Alltags ausklinke, ein, zwei tiefe Atemzüge nehme und mich selbst von außen betrachte. Ein bisschen Humor hilft, um zu erkennen: Soooo wichtig ist weder das eine, noch das andere. Ja, ich habe mir einiges vorgenommen, ja, da sind die Verpflichtungen des Alltags, ja, da sind die Therapietermine, die Haushaltstätigkeiten, die sich nicht von selbst erledigen, der Hund, der auf seine zweite Gassirunde wartet… Aber wenn ich mich (wie früher so oft) noch mehr stresse, schaffe ich es auch nicht, diese Aufgaben schneller zu erledigen. Ganz im Gegenteil - ich fühle mich schnell erschöpft, brauche mehr Pausen oder falle Abends komplett fertig ins Bett.


Achtsamkeit mit allen Sinnen üben

Durch diese ganz kleinen achtsamen Momente zwischendurch gelingt es mir, aus dem Hamsterrad des Alltags auszusteigen. Ich sage mir immer wieder ganz bewusst: Im Hier und Jetzt, in diesem Moment, gebe ich mein Bestes. In diesem Augenblick gibt es vieles zu entdecken. Ich spüre bewusst, was mir meine Sinne mitteilen, wenn ich sie achtsam danach frage: Was sehe ich? Was höre ich? Was rieche ich? Was schmecke ich? Was spüre ich?

Durchatmen in der Hektik des Alltags

Diese kleinen Insel der Achtsamkeit sind wunderbare Möglichkeiten zum Durchatmen und Krafttanken zwischendurch. Ich erkenne dann, dass ich meine Aufgaben auch in Ruhe, ohne Hektik, eine nach der anderen erledigen kann. So habe ich am Ende des Tages meist mehr geschafft, als ich am frühen Morgen noch erwartet hatte. Und ich bin zudem gelassener und habe noch genügend Energie, um den Abend nach getaner Arbeit in Ruhe zu genießen.

Zeit für Achtsamkeit? Die ist immer Jetzt

Wir müssen also nicht darauf warten, bis wir endlich nichts mehr zu tun haben, um täglich 45 Minuten lang den Bodyscan zu üben. Ja, diese ausgedehnte Praxis ist wohltuend und ja, sie stärkt unser Bewusstsein. Doch wer von uns hat schon so viel Zeit? Wenn wir hingegen im Alltag immer wieder ganz bewusst ein paar Augenblicke achtsam aus dem Hamsterrad aussteigen, merken wir, wie wir immer achtsamer und bewusster werden. Ein wunderbares Gefühl!



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10 SOS-Tipps: So überstehst du den Lockdown 2.0

Viele haben es befürchtet, manche wollten es nicht wahrhaben, aber jetzt ist er da: Der zweite harte Lockdown. Klar, jetzt könne (und dürfen!) wir uns darüber ärgern… Ich habe zehn Tipps gesammelt, um die kommenden drei Wochen möglichst entspannt, sinnvoll und angenehm zu gestalten.

Wir haben gehofft, uns bemüht, waren vielleicht blauäugig oder bereits ahnend, hinsichtlich dessen, was uns kurz (unbeabsichtigtes Wortspiel…!) vor Ende dieses für die meisten von uns wohl sehr herausfordernden Jahres noch erwartet: Der zweite harte Lockdown. In den vergangenen Wochen hat er sich schon mehr oder weniger angekündigt. Seit einigen Tagen habe auch ich gespürt, wie sich in vielen Bereichen meines Lebens ein Gefühl von Unsicherheit, Befürchtungen und zunehmender Überforderung ausbreiten. Egal, ob ich mit Familienmitgliedern, Freunden oder meinen Klienten über die aktuelle Lage gesprochen habe, immer war da eine Mischung aus versuchter Akzeptanz, leiser Hoffnung und dieser allgegenwärtigen Unwissenheit zu spüren. Und jetzt, eine mit Spannung erwartete Pressekonferenz später, hat sich unser Leben wieder komplett verändert.

Mehr als Chaos und Ärger?

Im Vergleich zum Frühling wissen wir ja nun, wie es sich anfühlt, nicht zu jeder Tageszeit auf die Straße zu gehen, unsere Erledigungen zu machen oder ins Büro zu fahren. Für manche von uns hat die Zeit des ersten Lockdowns auch viele positive Seiten mit sich gebracht: Weniger Hektik, mehr Zeit mit der Familie, mehr Ruhe, weniger sozialer Druck. Doch die Erinnerung an die chaotischen Tage zwischen Homeoffice, Homeschooling und absolutem Chaos lassen vielen beinahe verzweifeln.

Eine erneute Übung in Akzeptanz

Der zweite Lockdown ist, so schwer dies für viele von uns scheint, eine Möglichkeit, uns in Akzeptanz zu üben. Ich hatte bereits im Frühjahr einen Beitrag dazu verfasst. “Solche Dinge passieren uns und den Menschen, die wir lieben”, lautet ein Satz aus der Akzeptanzübung des Dalai Lama, die ich selbst über viele Jahre täglich durchgeführt habe. Wie “richtig” oder “falsch” diese erneuten Einschränkungen für uns sind, wage ich nicht zu fragen, denn ich kenne niemanden, der mir die richtige Antwort geben kann. Tatsache ist: Wir werden von unserer Regierung für die nächsten 21 Tage gebeten, soziale Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren, unseren Alltag großteils zuhause zu verbringen und unser Leben (erneut) komplett anders zu leben, als wir es bisher gewohnt waren. Eine große Herausforderung, für alle von uns, die hoffentlich dazu führt, dass wir bald nicht mehr das Land mit der höchsten Rate an Corona-Neuinfektionen sind.

10 Tipps für den Lockdown

Um die kommenden drei Wochen allen Herausforderungen zum Trotz möglichst gut zu überstehen und vielleicht sogar ein bisschen etwas von diesem zweiten Lockdown 2020 zu haben, möchte ich dir ein paar Tipps mitgeben:

  1. Struktur, Struktur, Struktur! Ob Homeoffice, Homeschooling oder Kurzarbeit - neben den sozialen Kontakten und der Abwechslung fehlt uns während der Zeit zuhause die strukturierte Einteilung unseres Tages. Damit wird eines unserer wichtigsten Grundbedürfnisse verletzt: Unser Wunsch nach Orientierung und Kontrolle. Durch das bewusste Planen und Strukturieren unseres Alltags können wir uns dieses Gefühl zurück geben. Andernfalls passiert es schnell, dass wir am Ende eines Tages das Gefühl haben, nichts geschafft und viel Zeit verschenkt zu haben. Ich selbst verwende seit Jahren diesen Plan, den ich mir immer Sonntags für die nächste Woche ausdrucke, mir 20 Minuten Zeit nehme und alle wichtigen Termine für die kommenden sieben Tage einplane. Für den Lockdown kannst du dir diesen Plan drei Mal ausdrucken und dann notieren, was du unbedingt machen möchtest/ musst. Das können Zeitfenster für deine Arbeit bzw. Ausbildung ebenso sein wie Termine, die dir gut tun. Sei es der Online-Fitnesskurs, der Spaziergang mit dem Hund oder die fünf Minuten für dich ganz alleine (siehe unten). Ich selbst habe mir auf den Plänen für die kommenden drei Wochen notiert, wann ich mir Zeit für meine Achtsamkeitsübungen nehme, wann ich blogge, wann ich ein Interview (online, versteht sich!) führe, wann ich koche, wann ich Zeit offline verbringe, wann ich den Haushalt erledige, wann ich mir Zeit ganz für mich reserviere… Jeder Tag ist zu 80 Prozent geplant. Wenn ich mich dann spontan nicht an alle Termine halten kann, ist das selbstverständlich kein Problem. Aber heute habe ich das Gefühl, die kommenden drei Wochen sinnvoll verbringen zu können und allen Herausforderungen zum Trotz ausreichen Zeit für mich zu haben.

  2. Bewegung bedeutet Leben. Gerade in dieser sehr schwierigen Zeit tut es uns so gut, uns zu bewegen. Plattformen wie YouTube sind voller Fitness-Programme für jedes Niveau und jede Art von Training oder Sport. Meine liebe Freundin Angelina Inama, die aus meiner Sicht beste Yogalehrerin überhaupt, hat vor wenigen Tagen wieder ihr Online-Angebot gestartet. Ich selbst nutze das Mehr an Zeit, das ich durch das Wegfallen von langen Autofahrten erhalte, um mir drei Mal wöchentlich Zeit für “The Class” zu nehmen. Diese “Mischung aus Workout und Therapie” tut mir derzeit unheimlich gut - die Verbindung von Atmung, Auspowern und bewusster Gedankenlenkung hilft mir dabei, mich auf das Hier und Jetzt zu fokussieren und Anspannungen, negative Gefühle und Gedanken ganz bewusst loszulassen. Du kannst dieses Online-Programm übrigens 14 Tage kostenlos testen.

  3. Kleine Auszeiten. Ja ich weiß, das klingt einfacher als gedacht, aber ich spreche nicht von der täglichen Stunde, sondern von realistischen fünf Minuten. Ein Trick, der dabei hilft, diese neue Gewohnheit zu implementieren, ist das Verbinden der neuen Verhaltensweise mit einer bereits bestehenden Gewohnheit. Das kann etwa das tägliche Fernsehen um 20:15 Uhr, das Mittagessen oder das abendliche Ordnung machen in der Küche sein. Wir können uns kurz vor dieser gewohnten Tätigkeit die fünf Minuten schenken und uns ganz kurz, in Ruhe, ohne Smartphone oder andere Ablenkung, eine kleine Auszeit schenken.

  4. Hilfreiche Rituale zwischendurch. Wenn der Küchentisch plötzlich sowohl für`s Frühstück, für Zoom-Meetings und als Schreibtisch der Kinder herhalten muss, verschwimmen die Grenzen zwischen Freizeit und Beruf unweigerlich. Generell fehlen uns die Veränderungen von Räumen und Situationen, wenn wir den Großteil des Tages zuhause verbringen. Kleine, bewusst gesetzte Rituale helfen uns dabei, die jeweiligen Momente besser zu trennen und so auch leichter von einer Rolle in die andere zu schlüpfen. Das gelingt etwa dadurch, dass wir uns je nach Situation etwa den Küchentisch anders gestalten - morgens mit einer Tischdecke, beim Zoom-Meeting dann mit einem Strauß Herbstblumen vom letzen Spaziergang und für das Glas Wein am Abend dann mit einer fein duftenden Kerze. Zwischen unterschiedlichen Aufgaben (zB Kochen, Arbeiten, Hausarbeit, Hausübungsbetreuung, Telefonaten) kann es auch sehr hilfreich sein, kurz das Fenster zu öffnen, einen bewussten Atemzug zu nehmen und uns zu sagen: So, das ist geschafft, jetzt geht es weiter. Dadurch verschaffen wir uns klitzekleine Pausen, wir machen uns bewusst, was wir schon alles erreicht haben und wir fokussieren uns auf die nächste Aufgabe.

  5. Fokus auf das, was ist. Allen Schwierigkeiten, allen Herausforderungen, allem Chaos zum Trotz können wir lernen, uns auf das zu fokussieren, was gerade gut gelingt, was gerade angenehm ist, was gerade passt, so wie es ist. Klar, die Kinder sind zuhause, aber ist es nicht angenehm, den Morgen gemeinsam ein bisschen weniger hektisch zu beginnen? Ja, das Büro und die Kolleginnen fehlen, doch der tägliche Ärger über den Stau im Morgenverkehr fällt weg. Wenn wir uns auf das fokussieren, was positiv ist, verleugnen wir nicht all die Schwierigkeiten. Es gehört dazu, sich auch mal ausgiebig über die Situation mit all ihren Herausforderungen zu Beschwerden. Doch wenn wir ganz ehrlich zu uns selbst sind, wissen wir: Das ewige Verweilen im Jammertal bringt uns nicht weiter, ganz im Gegenteil! Wir verschwenden unnötig Energie, die wir gerade in den kommenden Wochen dringend benötigen. Durch den Wechsel der Blickrichtung gelingt es uns, all die Dinge zu sehen, für die wir gerade dankbar sind. Mehr über die Kraft der Dankbarkeit liest du hier.

  6. Endlich Zeit: Vielleicht gehörst zu den Menschen, die bereits im Frühjahr alles ausgemistet, geordnet und sortiert haben. Bei mir zuhause hat sich seit dem schon wieder einiges angesammelt. Außerdem habe ich es immer noch nicht geschafft, endlich in Ruhe alle Bilder zu sortieren, die ich in den vergangenen Jahren auf diversen digitalen Geräten gemacht habe. In meinen drei Wochenplänen habe ich bereits drei Stunden dafür fix eingeplant - dann setze ich mich ganz in Ruhe hin und sortiere alle Bilder, schicke endlich meine Bestellung ab für jene Bilder, die meine lange geplante Fotowand im Vorzimmer zieren sollen und jene Momentaufnahmen, die in die leinengebundenen Fotoalben klebe, die schon seit zwei Jahren im Regal darauf warten, endlich gefüllt zu werden. Hast du auch eine Aufgabe, die du schon lange als “nicht so wichtig” vor dir herschiebst und die du dann erledigst, wenn du “endlich Zeit” hast?

  7. Gemeinsame Kaffeepause: Was wäre der Tag im Büro ohne die gemeinsame Kaffeepause mit den Kolleginnen? Der soziale Austausch gehört zu den Dingen, die wir im Lockdown besonders vermissen. Diese Routinen können wir vorübergehend auch aus der Distanz - jeder für sich zuhause erhalten. Einfach eine WhatsApp-Gruppe mit den liebsten Kolleginnen gründen, zur gewohnten Zeit jeweils zuhause einen Tasse Kaffee zubereiten und ein Foto in die Gruppe posten! Für die nächsten 10 Minuten könnt ihr euch ganz bewusst Zeit abseits des Alltags zuhause nehmen. Übrigens: Durch einen Klick auf den Video-Button startet ein Call mit allen Gruppenteilnehmern!

  8. Create before you consume. Dieser Tipp ist digitalen Kreativen längst bekannt - viel zu groß ist die Verlockung, ständig durch die social media Kanälen zu scrollen, ohne dabei die offenen ToDo`s zu erledigen. Daher lautet ein Tipp, den ich selbst auf einem Post-It auf meinem Schreibtisch kleben habe: Erst etwas Sinnvolles erledigen, danach “passiv” Content konsumieren. Sei es nun das digitale Zeitungswesen, das Scrollen durch die Feeds oder das Anhören eines Podcasts. Gerade in Zeiten erzwungener sozialer Distanz kann es sehr wohltuend sein, sich zumindest digital verbunden zu fühlen und durch Posts zu erkennen: Wir sitzen alles im selben Boot! Während des ersten Lockdowns haben viele Menschen auf ihren Kanälen dazu beigetragen, die Situation ein bisschen erträglicher zu machen - sei es durch lustige Challenges, erheiternde Memes oder authentische Bilder vom alltäglichen Quarantänechaos. Gegen bestimmte Zeitfenster vor Instagram, Facebook und Twitter ist also nichts einzuwenden - vorausgesetzt die Zeit in den sozialen Netzwerken sorgt für Wohlbefinden und bleibt zeitlich begrenzt.

  9. Bewusste Offline-Phasen. Um mit dem “Mehr” an Zeit nicht unnötig verschwenderisch umzugehen, sind offline-Phasen sehr hilfreich. In diesem Artikel erzähle ich dir von 5 Apps, mit denen du deine Screentime im Zaum halten kannst. Denn wenn du untertags ständig am Handy hängst, wirst du unkonzentriert, ineffizient und möglicherweise auch gestresst, weil du wichtige Aufgaben vernachlässigst. Gegen bewusst genutzt Zeit am Handy ist natürlich nichts einzuwenden - wie so oft gilt: Die Dosis macht’s!

  10. Neue Routinen. Es dauert Studien zufolge zumindest 21 Tage, um eine neue Verhaltensweise zur Gewohnheit zu machen. Das ist ja mal wirklich ein glücklicher Zufall! Wenn du ab sofort also entspannter, achtsamer, fitter, positiver, organisierter, stressresistenter…. whatever! durch`s Leben gehen möchtest, dann sind die nächsten drei Wochen die ideale Zeit, um diese neue Verhaltensweise zu einem wichtigen Bestandteil deines Alltag zu machen. Hier findest du einen Blogbeitrag mit meinen liebsten Routinen für einen gelungen Start in den Tag.

Bloß kein Selbstoptimierungs-Wahn!
Ganz wichtig: Bitte sei gut zu dir und versuche nicht, aus dieser Zeit eine Phase der Selbstoptimierung zu machen! Auch wenn social media uns das immer wieder vorgaukelt - niemand schafft es, sich täglich zu all seinen ToDo`s, Workouts, Routinen … aufzuraffen! Die Tage, an denen wir vieles weiterbringen gehören genauso dazu wie jene, an denen wir beinahe verzweifeln und einfach mal vor dem Fernseher abhängen, weil wir einfach nicht mehr weiter können. Das ist nur menschlich!

Du fühlst dich verzweifelt, total erschöpft, hoffnungslos?


Diese Tipps richten sich an alle, die den erneuten Lockdown zwar als Herausforderung sehen, aber davon nicht psychisch betroffen sind. Wenn du unter Ängsten leidest, verzweifelt bist, dich alleine fühlst oder einfach nicht mehr weiter weist, dann gibt es professionelle, unkomplizierte Hilfe für dich!

Hier findest du Hilfe!

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Muss ich wirklich müssen oder darf ich können?

So viele ToDos, so viel Chaos im Familienalltag, nie enden wollende Aufgaben… Manchmal bin ich richtig genervt von all den Dingen, die zum ganz normalen Wahnsinn des Alltags gehören. Doch durch Achtsamkeit gelingt es mir immer wieder zu erkennen: Wo ich bin, will ich sein. Niemand zwingt mich. Eine so wertvolle Erkenntnis!

Manchmal hab ich es ziemlich satt: Ganz gleich, wie viele Ideen mir durch die Kopf spuken, wie viele Notizen ich mir in den vergangenen Tagen gemacht habe, wie viele Stunden ich an einem Tag vor dem Laptop sitze… ich habe das Gefühl, nie wirklich fertig zu werden. Da sind einfach so viele Ideen, zu viele Möglichkeiten, zu viele Beiträge, die ich zu (digitalem) Papier bringen könnte. Hier noch ein ausführlicher Bericht, da noch ein paar persönliche Tipps, die mir selbst in schwierigen Zeiten geholfen haben, dort noch ein spannendes Interview. Im Haushalt geht es mir übrigens ähnlich: Kaum ist die Küche nach dem Abendessen wieder sauber gemacht, fällt mein Blick Richtung Chaos im Wohnzimmer. War das nicht vor weniger als 24 h noch vorbildlich zusammengeräumt? Und dieses Miniminimini-Zeitfenster, an dem es keine Wäsche zu machen gibt, ist geradezu lächerlich klein. Waschen, Bügeln, Verräumen - an manchen Tagen fühle ich mich gefangen im niemals enden wollenden Kreislauf der Wäsche. Und der Garten hat auch schon bessere Zeiten gesehen… Wenn ich dann abends nach dem Haushalts-Wahnsinn am Schreibtisch sitze, jammert mich der Hund an. Ich habe es offensichtlich geschafft, Abendessen für alle zu machen, nur ihn haben wir (mal wieder) nicht gefüttert…

In solchen Momenten erwische ich mich dabei, wie ich mir selbst richtig leid tue und das innerliche Jammern immer stärker wird. Wann hat das endlich sein Ende? Wann hört das endlich auf? Wann ist der Haushalt endlich für immer erledigt? Wann sind endlich alle ToDos auf der Liste geschafft und ich kann mich ganz in Ruhe zurücklehnen und mich in einen Serien-Marathon werfen?


Die Bettkanten-Übung von Jens Corssen

In Situationen wie diesen bin ich sehr dankbar dafür, dass ich mich meist relativ schnell wieder aus diesem Jammertal führe. Klar, das Jammern und Klagen gehört schon mal dazu. Wir Menschen sind schließlich keine Maschinen und es ist nicht sinnvoll, alle negativen Emotionen, die Ärgernisse des Alltags und dem Wunsch nach Faulsein ausreichend Raum zu geben. Das ist wirklich wichtig! Doch das Ärgern und Jammern alleine verändert nichts, ganz im Gegenteil. Gerade in hektischen Zeiten verschenke ich durch diese Tendenz, die ich übrigens von meiner Mama übernommen habe, die ohnehin schon so wertvolle Lebenszeit, die ich für meine Aufgaben, aber auch für mich und meine Lieben benötige. Durch das bewusste Hinschauen, durch achtsames Aufhören und durch ein bisschen Distanz zu meinen Gefühlen erkenne ich: Soooo schlimm ist es doch gar nicht. Klar, es gibt Menschen, die nichts zu tun haben. Die vielleicht von Beruf Sohn oder Tochter sind und sich um Einkommen gar nicht sorgen müssen. Doch ganz ehrlich: Muss ich das? Musst du das? Mir fällt die Bettkanten-Übung des Deutschen Psychologen und Coach Jens Corssen ein: Wenn wir ganz ganz ganz ehrlich mit uns selbst sind, dann MÜSSEN wir nicht arbeiten gehen. Wenn wir uns morgen dazu entscheiden, dass wir auf diese innere Stimme hören, die sagt: “Oh Gott, mich freut`s einfach nicht, ins Büro zu gehen.”, können wir auch genauso gut zuhause auf der Bettkante sitzen bleiben. Wir können weiter darüber nachdenken, wie sinnlos und unerfreulich es ist, zur Arbeit zu gehen und dass es zuhause doch viel gemütlicher wäre. Auch wenn es uns ganz ungewöhnlich vorkommen mag, wir könnten tatsächlich einfach im Bett bleiben. Könnten uns vielleicht sogar zurückfallen lassen und die Decke anstarren. Es uns so richtig gemütlich machen. “Das geht doch nicht!”, wirst du jetzt vielleicht einwenden. Kein Wunder, so habe ich auch reagiert, also ich zum ersten Mal von dieser Übung gelesen habe (in Corssens Bestseller “Der Selbstentwickler”). Doch wenn du ganz genau darüber nachdenkst, kannst du wirklich einfach liegen bleiben. Und das nicht nur morgen, sondern auch die nächsten Tage, Wochen, ja sogar Monate lang. Klar, deine Kollegen werden sich fragen, wo du bleibst und bald wird sich dein Chef - je nach Persönlichkeit und Führungsstil - besorgt bis sehr verärgert erkundigen, wieso du plötzlich nicht mehr zur Arbeit erscheinst. Doch, und das ist die spannende Erkenntnis dieses zugegebenermaßen sehr ungewöhnlichen Gedankenexperiments, du MUSST nicht erscheinen. Jaja, es gibt viele Gründe, wieso du hingehen SOLLTEST: Dein Arbeitsplatz, deine Kollegen, deine Verantwortung, deine Rechnungen… Aber selbst wenn du ab morgen wochenlang im Bett liegen bleibst, wird sich die Welt - deine Welt weiter drehen! Wenn du in Österreich oder Deutschland lebst, gibt es finanzielle Möglichkeiten, die dich dabei unterstützen, nicht zur Arbeit gehen zu müssen. Unser Gesundheitssystem sorgt dafür, dass wir (für eine begrenzten Zeitraum und bei triftigen Gründen) auch dann Geld erhalten, wenn wir unserem Job nicht nachkommen (können). Die meisten von uns können ja (so schwer es an manchen Tagen auch fallen mag) zur Arbeit erscheinen. Aber wirklich unbedingt zwingend sein muss es so betrachtet ja nicht. Wenn du jemanden hast, der sich um dich kümmert und dir Dinge wie Hygiene, soziale Kontakte und eine sinnvolle Beschäftigung (für einen gewissen Zeitraum) nicht fehlen, kannst du also genauso gut ab morgen auf deiner Bettkante sitzen bleiben und dich dazu entscheiden, wieder zurück ins Bett zu fallen.

Wer zwingt uns eigentlich?

Wenn du dir jetzt denkst: “Spinnt die komplett? Was soll der Blödsinn?”, dann möchte ich dich beruhigen. Du musst ab morgen nicht alle Menschen um dich herum und dich selbst komplett verwirren, indem du einfach mal aus deiner Alltags-Routine aussteigst. Du musst dir keine komischen Fragen anhören und keine Anträge bei deiner Krankenkasse ausfüllen. Du kannst - ganz so, wie du es gewohnt bist - morgens aufstehen und dich auf den Weg in die Arbeit (oder an den Schreibtisch im Homeoffice) machen.

Du MUSST gar nichts

ABER, und das soll uns diese Übung zeigen: Du MUSST nicht. Alleine dieses Wissen, das uns dieses Gedankenexperiment schenkt, kann unsere Sichtweise verändern. Mich selbst bringt die Erinnerung an die Bettkanten-Übung immer wieder zum Schmunzeln, vor allem in Zeiten, in denen ich hektisch zwischen Schreibtisch, Familienalltag und Haushalts-Wahn hin und her haste und mir dabei selbst leid tue. Durch den ersten Schritt, das bewusste Erkennen meiner alten Jammer-Muster und den zweiten Schritt, das achtsame Distanzieren aus meinem Selbstmitleid, gelingt es mir, mich aus der Ferne zu betrachten. Ich frage mich: MUSS ich das wirklich alles machen? Die Antwort lautet, wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, immer “NEIN”. Ich MUSS nicht.

Du hast die Wahl

Wenn ich meinen ToDos im Büro nicht mehr erledige, wird zwar die ein oder andere Ideen weniger umgesetzt, manche LeserInnen werden sich wundern, wieso da kein Content mehr kommt und vieles bleibt liegen. Vielleicht verliere ich auch bestimmte Aufträge, weil ich meinen KundInnen nicht das liefere, was wir vereinbart haben. Zuhause zwingt mich niemand, mich um den Haushalt zu kümmern. Klar, ich bin als Mama in einer 5-köpfigen Familie (ja, der Hund zählt mit, nein die Katze nicht, weil sie nur dann kommt, wenn es in ihren Zeitplan passt) ziemlich beschäftigt. Doch wenn ich morgen entscheide, nicht mehr zu kochen, zu waschen, zu putzen, einkaufen zu gehen… wird sich eine andere Lösung finden. NIEMAND (außer ich selbst) zwingt mich dazu, stellt mich in die Küche und erpresst mich unter Bedrohung meines Lebens, die Jause für meine Große oder den Frühstücksbrei für meine Kleine vorzubereiten, die Einkaufsliste zu schreiben oder die schmierigen Küchenfronten zu reinigen.

Raus aus dem Jammertal

Wer mich dazu zwingt, das bin ich selbst. Meine eigenen Ansprüche daran, wie ich meine Arbeit - egal ob im Büro, in der Praxis oder im Haushalt - erledigen möchte, um damit zufrieden zu sein. Ich rufe mir diese Tatsache immer wieder in Erinnerung, um mich selbst aus dem Jammern zu holen. Es hilft mir auch ungemein, mich zu fragen: Wie müsste mein Leben aussehen, damit ich diese Dinge nicht mehr erledigen “müsste”? Diese Frage versetzt mich sofort in Demut und Dankbarkeit! Denn klar, wenn ich nicht arbeiten würde, wenn ich nicht als selbstständige Unternehmerin tätig wäre, wenn ich keine Familie hätte, wenn wir nicht in einem Haus wohnen würden, wenn wir keinen Garten hätten… Ja, dann hätte ich deutlich weniger zu tun. Das wäre ein bisschen schön und sehr traurig zugleich!

Wo ich bin, da will ich sein

Kurz gesagt: Wo ich bin will ich sein (ja, ebenso Corssen, der Mann weiß halt, wovon er spricht). Das bedeutet also, ich kann, darf, muss die Verantwortung dafür übernehmen. Gar nicht immer so einfach, aber auch - je nach Betrachtungsweise - sehr hilfreich und wohltuend.

Für mich bedeutet das nämlich: Ich habe mir das so ausgesucht. Das ist selbstverständlich nicht in allen Bereichen unseres Lebens so und oft genug sind wir mit Situationen konfrontiert, die sich vollkommen unseres Einflusses entziehen. Doch im Hinblick auf Beruf und Haushalt kann ich sagen: Wenn ich etwas wirklich nicht mehr machen möchte, dann verändere ich entweder meine Sichtweise, meine Erwartungen oder mein Verhalten - ich lasse es sein.

Love it. Change it. Leave it.

Delegieren, egal ob im Büro oder im Haushalt - ist immer noch eine Möglichkeit, wenn das Jammern darauf hinweist, dass wirklich alles zu viel wird. In den meisten Fällen ist es aber so, dass ich mich einfach mal wieder auf den Boden der Realität zurückholen muss, tief durchatme und mir sage: Ja, das will ich, genau so, wie es ist.

Dankbar und demütig für dieses Leben

Dann beobachte ich mich, inmitten aller ToDos, inmitten des Chaos zwischen Schreibtisch, Herd und Waschmaschine und schmunzle: Wie dankbar ich doch bin für all die Aufgaben, die mir mein Alltag bringt!


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ÜBUNG: Selbstmitgefühl trainieren 

Gerade in schwierigen Phasen kann es gut tun, uns selbst beizustehen. Jeder von uns trägt diese Fähigkeit in sich. Wir können sie trainieren wie einen Muskel. So gelingt es leichter, aus alten, ungeliebten Mustern auszusteigen.

Unser Selbstmitgefühl können wir trainieren wie einen Muskel. Alle Säugetiere - auch der Mensch - verfügen im Gehirn über ein so genanntes Fürsorgesystem. Die Fähigkeit für andere und uns zu sorgen, ist in uns angelegt. Unser Fürsorgesystem sorgt dafür, dass wir mit belastenden Gefühlen aller Art umgehen können. Dazu gehören Stress, Angst, Traurigkeit, Wut oder andere Belastungen. Wir können uns dank dieses Systems selbst beruhigen und regulieren. Wir Menschen sind vermutlich die einzige Spezies, die über sich selbst nachdenken kann und somit auch lernen kann, mit diesem System gut umzugehen. 

Trösten gegen Stress

Kinder entdecken die Welt rund um sich voll Neugierde und Mut. Wenn ein Kind sich bei seiner Erkundungstour verletzt, möchte es von einer Bezugsperson getröstet werden. Kommt die Mutter angelaufen und tröstet das Kleine, passiert im Gehirn folgendes: Das automatische Fürsorgesystem beginnt zu arbeiten. Die Stresshormone Adrenalin und Cortisol, die durch den Sturz ausgeschüttet wurden, werden durch das Hormon Oxytocin (auch als „Kuschelhormon“ bekannt) und durch Endorphine gegenreguliert. Sobald sich das Kind wieder beruhigt hat, ist auch sein Körper wieder ausgeglichen - der kleine Mensch ist bereit für das nächste Abenteuer. Als Erwachsene übergehen wir diesen Schritt oft - wir nehmen uns nicht die Zeit, uns selbst zu regulieren und zu erholen. Wir bleiben ständig in der Anspannung - ein chronisch erhöhter Cortisolspiegel kann ein Anzeichen dafür sein. 

Selbstmitgefühl üben: Kristin Neff und Chris Germer

Experten für achtsames Selbstmitgefühl wie die Psychologen Kristin Neff und der Chris Germer zeigen ihren Klienten, wie man Selbstmitgefühl trainieren kann - wie einen Muskel. Dazu gibt es hilfreiche Übungen. Eine davon möchte ich dir heute vorstellen: “Der selbstmitfühlende Bodyscan”.

Die meisten von uns kennen bestimmte ungeliebte Muster, die uns immer wieder in den Teufelskreis aus negativen Gefühlen, Gedanken und Verhaltensweisen geraten lassen. Wenn du etwa immer wieder Stress mit hastigem Essen und danach schlechtem Gewissen kennst, dann geht es dir wie so vielen Menschen. Durch Achtsamkeit und Selbstmitgefühl kannst du dieses Muster durchbrechen. Über zumindest drei Wochen lang den Bodyscan, am besten täglich zur gleichen Zeit. Durch diese Achtsamkeitsübung erhältst du mehr Gespür für dich und deinen Körper. Am besten gelingt dir der Bodyscan mithilfe einer Anleitung. Versuche, in jede Körperregion auch dein Selbstmitgefühl fließen zu lassen. Stelle dir genau vor, wie du dich durch deinen ganzen Körper “scannst” und dabei liebevoll und achtsam auf deinen Körper schaust.

Alte Muster erkennen und ändern

Wenn du den Bodyscan über mehrere Wochen lang täglich geübt hast, wirst du dieses Wunderwerk der Natur besser kennengelernt haben. Sobald du wieder in alte Muster zu fallen drohst, kannst du dich auf deinen Körper konzentrieren, die Liebe und das Selbstmitgefühl achtsam spüren und dich bewusst fragen: Falle ich jetzt ins alte Muster aus Stress, unausgewogenem Essen und Schuldgefühlen? Oder gehe ich einen neuen Weg?

Hier findest du eine Anleitung zum Bodyscan in der Kurzversion.

Je öfter dir das gelingt, desto stärker wird dein neues Muster. Ich wünsche dir viel Freude beim Üben!

Unsere Gesellschaft fördert das Selbstmitgefühl kaum. „Alles beginnt mit Sicherheit und Vertrauen ins uns selbst und andere.“ 

Ich kann mich fragen: Auf wen kann ich vertrauen? Auf wen kann ich mich stützen? Wenn uns niemand einfällt, auf den wir uns verlassen können, dann können wir selbst uns dieses Vertrauen und diesen Schutz schenken. Die meisten Menschen tun sich leichter, anderen Menschen Liebe und Zuwendung zu schenken, als sich selbst. Etwa unseren Kindern, einem Partner oder einem Freund. 

Durch Achtsamkeit können wir lernen, besser mit unseren Gefühlen und unseren Gedanken umzugehen. Wir können uns fragen: „Was brauche ich jetzt wirklich?“

Der Bodyscan ist aus der achtsamkeitsbasierten Stressreduktion bekannt. Gemeinsam mit dem Fokus auf die Selbstmitgefühl können wir nach und nach unsere Empfindungen erkennen und gut zu uns selbst sein. 

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Glücklich sein, Lebenssinn, Achtsamkeit, Verhalten ändern, Übung, Akzeptanz Magdalena Lublasser-Fazal Glücklich sein, Lebenssinn, Achtsamkeit, Verhalten ändern, Übung, Akzeptanz Magdalena Lublasser-Fazal

Achtsamkeit im Alltag: Ich bin nicht meine Gefühle

Eine einfache Übung für mehr Achtsamkeit und den besseren Umgang mit deinen Gefühlen.

Du wünscht dir besser mit deinen Gedanken zurecht zu kommen? Dann kann dir dieses Video behilflich sein:

Ich wünsche dir viel Freude beim Ausprobieren!

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Möchtest du dich WIRKLICH verändern?

Wenn wir ungeliebte Verhaltensweisen hinter uns lassen möchten, sollten wir uns zuerst diese Frage stellen. Denn ohne echte Änderungsmotivation verschenken wir wertvolle Lebensenergie!

Weniger Screentime, mehr Sport, weniger Stress.. die meisten von uns wissen, dass sie in ihrem Leben etwas verändern möchten. Das ist schon mal der erste Schritt zu einem neuen, gelasseneren, besseren Leben. Doch wenn du diesen Beitrag liest, hast du bestimmt schon einiges versucht, um alte Muster zu verlassen. Und dennoch bist du immer wieder hineingetappt, gefangen von ungeliebten Verhaltensweisen, Gefühlen und Gedanken. Warum ist das eigentlich so?

Will ich das wirklich, wirklich, wirklich?

Wenn du dich verändern möchtest, dann hast du bestimmt einen Menschen im Sinn, der dir als Vorbild dient. Ob es nun ein Bekannter ist, der dich mit seiner positiven Art und seiner Gelassenheit fasziniert oder ein Bild von deinem “früheren” Ich, das motivierter, disziplinierter und ausdauernder war - erst du den Vergleich mit anderen (oder uns selbst in einer anderen Phase unseres Lebens) bewegt uns dazu, etwas verändern zu wollen. Gerade in Zeiten vom vermeintlich perfekten Leben, wie es uns die social media-feeds vorgaukeln, müssen wir besonders vorsichtig sein und uns immer wieder sagen: Das ist nicht die Realität! Filter, Inszenierung und der Fokus auf die “perfekten” Momente des Alltags sorgen dafür, dass wir uns im sozialen Vergleich schlechter, fauler, erfolgloser und auch weniger attraktiv fühlen als die Menschen, die uns vom Smartphone entgegen lachen, mit ihren “perfekten” Outfits, in ihren “perfekten” Jobs, aus ihrem “perfekten” Leben. Wir müssen uns immer wieder sagen: #instagramisnotreality.

Selbstentwicklung statt Perfektionswahn

Fernab des Perfektionswahns und dem Drang zur ständigen Selbstoptimierung gibt es dennoch Dinge, die uns an uns selbst stören, die wir verändern möchten, ja die vielleicht sogar unsere Gesundheit gefährend - die körperliche ebenso wie die mentale. Ob es nun der erhöhte Cholesterinwert, der zu hohe Cortisolspiegel oder das permanente Gedankenkreisen ist - all diese Zustände kosten uns wertvolle Lebensenergie und können auf Dauer zu ernsthaften chronischen Erkrankungen führen. Wenn wir ganz ehrlich zu uns selbst sind, wissen wir ja, was uns gut tut und was nicht. Diese Offenheit uns selbst gegenüber ist unabdingbar, wenn wir echte Veränderungen erreichen möchten. Und dann sehen wir uns mit der wohl größten Hürde konfrontiert: Dem inneren Änderungswiderstand. Es scheint uns logisch, dass wir uns nur dann verändern möchten, wenn wir es wirklich wollen. Veränderung durch Druck von außen ist in den seltensten Fällen möglich. Doch wenn es darum geht, ungeliebte Verhaltensweisen zu verändern, müssen wir ganz ehrlich zu uns selbst sein und uns fragen:

Möchte ich mich wirklich, wirklich, wirklich verändern?

Wenn du etwa gelassener werden möchtest, gelingt dies in drei Schritten:

  1. Der IST-Zustand: Wie sieht dein ”altes” Ich aus?Was stört dich an dir selbst? Beschreibe die Verhaltensweisen, Gefühle* und Gedanken konkret.

  2. Der SOLL-Zustand: Wie sieht dein “neues” Ich aus? Wie verhältst du dich - bezogen auf die ungeliebten Verhaltensweisen von 1. - in Zukunft anders, um dein Leben anders, besser, glücklicher zu leben?

  3. Ehrliche Entscheidung: Nimm dir Zeit und beantworte ganz ehrlich die Frage: Will ich das wirklich, wirklich, wirklich? Bist du bereit, den Aufwand in Kauf zu nehmen, den es braucht, um dein “neues” Ich zu erreichen? Hast du dir bei 2. alles notiert, was du tun musst bzw. sein lassen musst, um die neue Version von dir zu erreichen?

Es ist hilfreich, uns als “neues” Ich einmal ganz genau zu sehen. Du kannst dir dazu dein Notizbuch zur Hand nehmen und deine neuen Verhaltensweisen so detailreich wie möglich beschreiben. Was tust du in Zukunft anders als bisher?

*Wir können unsere Gefühle nicht verändern, die positiven Gefühle wie Freude, Lust und Neugierde gehören ebenso zu unserem Mensch-Sein dazu wie die “negativen”, meist ungeliebten Gefühle wie Angst, Sorge, Wut, Hass, Neid… Wir können jedoch lernen, mit diesen Gefühlen umzugehen, sie als Teil unserer Persönlichkeit und unserer Natur zu akzeptieren und uns nicht von ihnen überfluten zu lassen.

Photo by Henk Mul on Unsplash

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Umverteilung der Bedürfnisse

Warum halten wir eigentlich an Gewohnheiten fest, die uns nicht gut tun? Weil sie, auch wenn wir es im ersten Moment nicht gleich erkennen, auch ihre benefits mit sich bringen. In der Psychologie spricht man von secondary gain, also dem versteckten Vorteil, den wir aus diesen Verhaltensweisen haben. In uns “kämpfen” zwei Bedürfnisse miteinander und das stärkere gewinnt Hier ein paar Beispiele:

  • Du möchtest dich bewusster ernähren, isst aber dennoch viele Süßigkeiten

    • Einerseits ist da das Bedürfnis, gesünder zu werden. Anderseits ist das Bedürfnis nach Lust und Genuss so groß, dass du dir Süßes nicht “wegnehmen” lässt.

  • Du möchtest mehr Sport machen, bleibst aber wegen zu vielen To-Do`s so lange vor dem Laptop sitzen, bis du zu müde bist

    • Einerseits möchtest du deinem Körper etwas Gutes tun, andererseits lässt dich dein Bedürfnis nach Leistung nicht von deiner Arbeit loskommen.

  • Du möchtest gelassener werden, verbringst aber täglich mehrere Stunden damit, zu grübeln, dir Sorgen zu machen und negative Zukunftsszenarien zu zeichnen

    • Einerseits möchtest du endlich Ruhe im Kopf und übst dich in Gelassenheit und Vertrauen, andererseits drängt dich dein Bedürfnis nach Kontrolle dazu, wenigstens irgendetwas zu tun - ein vergeblicher und zugleich weit verbreiteter Fehlversucht der Psyche, durch möglichst viel Nachdenken und Sorgen “aktiv” zu werden.

Warum kann ich alte Gewohnheiten nicht loslassen?

Ich könnte diese Beispiele noch lange weiterführen. Wenn du eine ungeliebte Gewohnheit kennst, dann analysiere sie doch mal nach diesem Schema.


Ich möchte………. werden, aber stattdessen tue ich …… (nicht).

einerseits möchte ich ……., anderseits komme ich so meinem Bedürfnis nach …….. nach.


Mehr über unsere die menschlichen Bedürfnisse, die in uns allen verborgen liegen, jedoch von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt sind, liest du in diesem Beitrag. Dort findest du auch eine Übung, um deine Bedürfnisse auch erkennen.

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Ja zu meinem neuen Ich

Wir müssen also erst unsere Bedürfnisse erkennen und uns dann fragen, ob wir die alten Verhaltensweisen wirklich zugunsten der neuen aufgeben möchten. Nachdem du diese Übung durchgeführt hast kannst du dich noch einmal fragen: Ist mir diese Veränderung das wirklich wert? Möchte ich mich ab sofort wirklich mit meinen Gefühlen und Gedanken auseinandersetzen, anstatt in die Gedankenspirale zu geraten? Möchte ich mir wirklich - allen To-Do`s und allem Stress zum Trotz - zwei Mal in der Woche Zeit für`s Fitnessstudio nehmen? Will ich das?

  • Zu 100 %?

  • Oder “aber”, “eigentlich”, “ja, schon, aber…”?

Genau darin liegt der Grund für echte Veränderung oder den abermals misslungenen Versuch. In der (wirklich ehrlichen) Antwort auf diese Frage zeigt sich deine Motivation. Wenn es dir nicht gelingt, zu 100 Prozent hinter deiner Veränderung zu stehen, dann verschenkst du (mal wieder) wertvolle Energie, Zeit und oft auch Geld, um es halbherzig zu versuchen. Denn für echte nachhaltige Veränderung benötigst du auch nachhaltige Motivation und die findest du nur, wenn du wirklich zu 100 % dahinter stehst.

Warum fällt uns die Veränderung so schwer?

“Wenn wir uns verändern, geben wir immer etwas von uns her”, hat mein Mentor einmal gesagt. An diesen sehr einprägsamen Satz denke ich oft, wenn meine Klienten in der Praxis beinahe daran verzweifeln, dass sie immer und immer wieder in alte Muster fallen.

Wenn nicht heute, dann vielleicht morgen!

Lass dich nicht entmutigen! Vielleicht hilft dir diese Übung erstmal dabei, Klarheit zu schaffen und zu erkennen: Ich möchte mich nicht wirklich verändern, mir fehlt es jetzt, in dieser Lebensphase noch an den triftigen Gründen, um aus meinen alten, ungeliebten Gewohnheiten auszusteigen. Sei es, weil bestimmte Bedürfnisse noch zu stark sind, um Altes loszulassen oder weil jetzt nicht genügend Raum und Energie da ist, um die Veränderung umzusetzen.

In diesem Fall hast du auf jeden Fall etwas über dich dazu gelernt. Du kannst dein “altes” Ich einstweilen besser akzeptieren und bewusster in deinen alten Mustern leben. Das bedeutet nicht, dass es immer so bleiben muss. Bedürfnisse ändern sich mit unseren Lebensphasen und es ist durchaus möglich, dass du in ein paar Wochen, Monaten oder Jahren bereit dazu bist, eine Veränderung wirklich nachhaltig umzusetzen. Die Grundlage dafür ist also die ehrliche, offene Änderungsmotivation. Der nächste Schritt ist dann - wie so oft - Achtsamkeit für das eigene Verhalten, von Moment zu Moment.

Warum sollten wir uns überhaupt verändern?

Wenn wir uns bewusst machen, was uns an uns selbst, unseren Verhaltensweisen und unserem Umgang mit Gefühlen und Gedanken stört, dann erhalten wir mehr Freiheit! Wir können dann von Situation zu Situation entscheiden: Falle ich jetzt zurück ins alte Muster, oder gehe ich einen neuen Weg?







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So starte ich achtsam in den Tag

Achtsamkeit bedeutet für mich: Lernen, im jetzigen Moment zu sein. Und das gelingt wunderbar im Alltag - durch kleine Rituale, die Freude bereiten.

Wenn wir in unserem Leben etwas wirklich verändern möchten, sei es eine alte Gewohnheit oder ständiges Grübeln, brauchen wir mehr Achtsamkeit. Warum? Weil wir im jeweiligen Moment, kurz bevor wir in unser altes Muster aus Gedanken, Gefühlen und Verhalten fallen, kurz innehalten können und uns dann ganz bewusst entscheiden: Falle ich jetzt in mein altes Muster? Lasse ich mich in den Gedankenstrudel hineinziehen, der mich in schlechte Stimmung versetzt und mit einer schlaflosen Nacht endet? Oder nehme ich ein, zwei bewusste Atemzüge, spüre meinen Körper, wie er sich im jeweiligen Moment anfühlt und beobachte ich mich selbst dabei, wie die Gedanken vorbei ziehen, wie Wolken am Himmel, während ich meinen Abend in Ruhe genießen kann? Wir selbst haben die Wahl - auch wenn es alles andere als leicht ist, aus alten Mustern auszusteigen. Das klappt nicht von heute auf morgen. Durch mehr Achtsamkeit erhalten wir jedoch mehr Kontrolle über unsere automatischen Muster, über unsere Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen.

Achtsamkeit lernen: Stundenlang meditieren im Schneidersitz?!

Viele Menschen verbinden Achtsamkeit mit Spiritualität oder Esoterik: Räucherstäbchen, Klangschale und ein im Chor gesummtes Ooooom prägen das Bild der Achtsamkeitsübung. Ja, klar, das gibt es auch und für alle Menschen, die an dieser Art der Achtsamkeitspraxis Freude finden, können diese Methoden sehr hilfreich sein. Doch Achtsamkeit kann auch viel bodenständiger geübt werden. Kurzum: Als das Fokussieren auf den Moment. Wir müssen uns für Achtsamkeit nicht extra Urlaub nehmen, wir müssen kein mindful-retreat buchen oder uns von einem Achtsamkeitstrainer coachen lassen. All das kann sinnvoll für uns sein, doch unser Alltag bietet uns täglich zahlreiche Möglichkeiten, um achtsamer und bewusster zu werden.

Achtsamkeit für den Alltag: Finde deine Routine

Wenn du achtsamer werden möchtest, gelingt es dir bald, echte Veränderungen in deinen Gefühlen, Gedanken und Verhaltensweisen zu erreichen. Du lernst dich selbst besser kennen und bald schon entscheidest du dich ganz bewusst: Überlasse ich meinen negativen Gedanken die Kontrolle über mein Befinden? Oder distanziere ich mich achtsam von ihnen und spüre, wie es mir deutlich besser geht?

Ich möchte dir ein paar Möglichkeiten und kleine Rituale zeigen, die du in deinen Alltag einbauen kannst, um täglich ein bisschen achtsamer und bewusster zu werden.

  1. Dankbarkeit als erster Gedanke: Vor ein paar Jahren habe ich ein Zitat der buddhistischen Nonne Pema Chödron gelesen, an das ich jeden Morgen beim Aufwachsen zuerst denke:
    ”I opened two gifts this morning: My eyes” (Pema Chödron). Für mich ist es jeden Tag wieder ein Wunder, dass ich aufwachen darf, ich einen gesunden Körper habe, ja zwei Augen habe, die ich am Morgen öffnen darf.


    Was bringt diese Übung?
    Bewusste Dankbarkeit ist ein Teil der Buddhistischen Psychologie und der Positiven Psychologie. Aus neurobiologischer Sicht programmieren wir uns auf all das, was in unserem Alltag schon da ist, statt wie sooft automatisch an alles zu denken, was wir nicht haben, was nicht passt, was uns stört oder uns Sorgen bereitet. Wir stärken unsere Netzwerke für den Fokus auf das Positive, das NEBEN allen Herausforderungen in unserem Leben vorhanden ist. Meist erscheinen uns diese Dinge ganz selbstverständlich. In meiner Praxis frage ich meine Klienten oft: Was würden Sie vermissen, wenn es nicht mehr da wäre? Dazu zählt das Augenlicht, unser Körper, unser Atem, das Bett in dem wir aufwachen, das Dach über unserem Kopf… ganz bestimmt! Und ohne dass wir etwas verändern oder erreichen müssen sehen wir sofort viele Dinge, die unser Leben jetzt schon lebenswert machen.

  2. Yoga: Ein Morningflow gehört für mich seit Jahrzehnten (!!!) zur besten Ritualen, um gut in den Tag zu starten. Es gibt unzählige Übungen, die du für deine kurze Yogaeinheit am Morgen zu einem Flow verbinden kannst - YouTube und Pinterest sind voller Anleitungen. Ich selbst habe meine Yogamatte direkt in einem hübschen Korb nehmen meinem Bett und sobald ich aus dem Bett steige, greife ich nach der Matte und rolle sie aus. In diesem Korb befinden sich auch eine Kerze und mein Journal (siehe Punkt 3). Ich entzünde die Kerze und lege mir mein Journal bereit, während ich ins Bad husch und eines meiner Lieblingsriutale beginne. Meist starte ich mit 6 Runden Sonnengebet, gefolgt von ein bis fünf bewusst durchgeführten Asanas. Da ich vor drei Jahren eine Yogalehrer-Ausbildung absolviert habe, halte ich mich einfach an die Abfolge und wähle meine Asanas je nach gewünschter Wirkung aus. Zu meinen Lieblingshaltungen gehören:

    • der Berg (Tadasana): Ich liebe diese so einfache und zugleich kraftvolle Übung, sie gibt mir das Gefühl von Stabilität und Sicherheit.

    • die Heldin ( Virabhadrasana, auch als “Krieger” bekannt, aber meine Yogalehrerin spricht von Heldin und das finde ich klangvoller): eine umheimlich stärkende Übung die mir zugleich Selbstbewusstsein und Energie schenkt.

    • das Dreieck (Trikonasana): Bei dieser Standübung dehnen und stärken wir uns zugleich, für mich zeigt sie symbolisch, dass wir zwischen Himmel und Erde eingebettet sind - zugleich verwurzelt und frei für unsere persönliche Entwicklung

    • der Pflug (Halsana): Diese Umkehrhaltung habe ich bereits als kleines Kind sehr gerne gemacht. Wenn ich am Boden liege, meine Beine über den Kopf strecke und in die Dehnung hineinatme, fühle ich mich verbunden und getragen. Diese Übung zeigt mir wie wohltuend es ist, die Kontrolle loszulassen und zu vertrauen.

    • die Kindeshaltung (Garbhasana): Ich liebe diese Übung am Ende eines Flows. Wannimmer ich meinen Kopf zum Boden neige und damit meine Stirn näher an den Boden bringe als mein Herz, symbolisiert mir diese Haltung: Das Herz ist wichtiger als der Verstand, das Emotio wichtiger als das Ratio, das Fühlen wichtiger als das Denken. Gerade in einer sehr “verkopften” Zeit ist dieser Wechsel der Blickrichtung sehr entspannend und zeigt mir, worum es im Leben - neben Leistung, Selbstverwirklichung und Plänen - wirklich geht - um das Sein und das Fühlen im Hier und Jetzt.

      Was bringt Yoga?

      Yoga, genauer gesagt die Asanas, also die Körperübungen, beruhigen unser Nervensystem, indem sie Parasympathikus und Sympathikus ins Gleichgewicht bringen. Diese beiden Gegenspieler in unserem Zentralen Nervensystem sind für die Balance zwischen Anspannung und Entspannung zuständig und können durch chronischen Stress aus dem Gleichgewicht geraten sein. Durch die bewusste Atmung sorgen wir für Entspannung und Aktivierung in unserem gesamten Organismus. Wie jedes Ritual ist auch das morgendliche Yoga ein Zeichen für unseren Körper: Es gibt täglich diese wohltuenden Momente, allen Schwierigkeiten und Herausforderungen zum Trotz, auf die du dich freuen kannst. Quasi ein Mini-Urlaub im ganz normalen Wahnsinn des Alltags.

      Mehr über die richtige Abfolge der Asanas findest du in diesem Beitrag.

  3. Ölziehen mit Kokosöl oder Sesamöl: Das Ölziehen ist eine sehr bekannte Methode, den Rachen, die Zunge und die Zähne von Bakterien zu reinigen und zugleich zu aktivieren. Ich erinnere mich noch so gut daran, wie ich meine Mutter in der Küche dabei beobachtet hat, wie sie einfach einen Schluck Sesamöl aus der Flasche genommen hat und dann rund 10 Minuten lang nicht mehr sprechen konnte, weil sie offensichtlich dieses Öl in ihrem Mund spülte! Heute beobachten mich meine Kinder Kinder dabei, wie ich genauso in den Tag starte. Nach 5 bis 10 Minuten bewussten Ölziehens (ich nehmen rund einen Esslöffel Sesam- oder Kokosöl in den Mund und spüle damit wie mit einer Mundspülung) spuke ich das Öl aus und putze meine Zähne mit meiner liebsten Meeressalz-Zahncreme nach. Ein herrlich frisches Gefühl.


    Was bringt diese Übung?
    Einerseits werden Zähne, Mund- und Rachenraum sanft gereinigt und zugleich durchblutet. Der gesamte Körper profitiert davon, da die Verdauung bereits im Mund beginnt und so Schadstoffe schon ganz oben ausgefiltert werden. Da ich während der 5 bis 10 Minuten versuche, mich ganz bewusst auf das Ölziehen zu fokussieren, trainiere ich nebenbei auch meine Achtsamkeit. Ich stelle mir genau vor, wie das Öl zwischen meinen Zähnen gespült wird und wie mit jedem Spülen Bakterien und verbrauchte Zellen abtransportiert werden.

  4. Journaling: Egal ob du dir notierst, worauf du dich an diesem Tag freust, du deine Gedanken ordnen möchtest oder du deine Ziele manifestierst - ein Journal (das fancy englische Wort für Tagebuch bzw. Notizbuch) ist eine wundervolle Möglichkeit, um alles aufzuschreiben. Seit meinem 12. Lebensjahr schreibe ich (beinahe) täglich in mein Tagebuch. Manchmal ganz frei, manchmal einer gewissen Übung folgend. Eine meiner liebsten Übungen, die mehrfach in ihrer positiven Wirkung bestätigt ist, ist die Dankbarkeitsübung. Mehr über diese wundervolle Übung für mehr positive Stimmung und Glück liest du in diesem Beitrag. Vor ein paar Wochen habe ich mit einer neuen Übung begonnen: In meinem Journal schreibe ich derzeit täglich meine 10 Ziele für die nächsten 10 Jahre auf, so als hätte ich sie bereits erreicht. Ich notiere mir diese Ziele, oder “Träume”, wie die erfolgreiche Autorin sie nennt, in dem Bewusstsein tiefer Dankbarkeit. Diese Technik habe von Rachel Hollis, die mit ihrem Start Today Journal.


    Was bringt diese Übung?
    Alles, was wir aufschreiben, wird für uns bis zu fünf Mal wichtiger genommen als Gedanken, die wir “nur” in unserem Kopf behalten. Ob es nun ein Gedanke, eine tolle Idee oder ein Zukunftsplan ist - schreib alles auf, was dir in den Sinn kommt! Dieses Aufschreiben ist der erste Schritt in Richtung deines Ziels. Die Übung von Rachel Holis verbindet Dankbarkeit mit Zielfokussierung, also ein sehr achtsames Gefühl mit den eigenen Träumen. So bringen wir uns selbst in eine wohltuende Stimmung und fokussieren uns ganz bewusst täglich ein bis zwei Mal (ich führe diese Übung morgens und abends durch) auch auf unsere Ziele.


Wenn du mit so in den Tag startest, hast du die besten Voraussetzungen für einen achtsamen Tag geschaffen! Du wirst dir auch im Alltag immer wieder denken: Wow, dafür kann ich wirklich dankbar sein! Du wirst bewusster Essen, deinen Schluck Kaffee achtsamer genießen und schließlich auch deine alten Muster leichter erkennen. So gelingt es dir auszusteigen, bevor du wieder ins alte Muster fällst.

Wir alle können achtsamer werden. Ich wünsche dir viel Erfolg beim Üben und Ausprobieren!

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Vulnerabilität: Deine Verletzlichkeit ist deine Stärke

Was uns verletzlich macht, macht uns schön. Diese Worte helfen mir immer wieder, meine Komfortzone zu verlassen und meinen inneren Kritiker zu überhören.

Das Leben ist voller Chancen und Herausforderungen. Oft bieten sich uns unerwartete Gelegenheiten, doch wir nehmen sie nicht war. Der Grund dahinter ist oft unsere Angst. Sie hält uns zurück, ruft „du schaffst das nicht! Lass es lieber sein! Diese Veränderung ist zu groß für dich!“ und so bleiben wir weiter in unserem Hamsterrad des Alltags, in unserem sicheren Umfeld, in der Komfortzone. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn wir uns bewusst gemacht haben, welche Entwicklungsmöglichkeiten wir in unserem Leben jeweils haben, was wir tun müssen, um diese Chancen zu ergreifen und dann für uns abwägen, ob der Aufwand den Nutzen wert ist. Ein Beispiel: Wenn du dich beruflich weiterentwickeln möchtest, vielleicht endlich die Ausbildung zur Yogalehrerin in Angriff nehmen willst, dann ist es nicht damit getan, dir in den schönsten Farben auszumalen, wie hip und entspannt dein zukünftiges Leben sein wird, wenn du erst einmal dein Zertifikat an der Wand hängen hast. Du solltest dir genau überlegen und am besten aufschreiben, was dich diese Ausbildung an Zeit und Geld kostet, welchen Aufwand es bedeutet, diese Ausbildung neben deinem Alltag zu absolvieren, was es braucht, um danach auch wirklich als Yogalehrerin arbeiten zu können - vom passenden Studio über die Ausrüstung bis zu den Marketingausgaben.... je genauer du planst, umso besser. Nach all diesen Überlegungen kannst du in Ruhe abwägen, ob diese Ausbildung das Richtige für dich ist – zumindest aus heutiger Sicht und mit dem Wissen, dass du jetzt hast. Dann kannst du entscheiden, ob der Aufwand das Ergebnis wert ist. Im ersten Moment sagt unser Kopf meist „Nein“! Doch bei genauerem Hinsehen, wenn du dir ganz genau vorstellst, wie du als Yogalehrerin im Studio stehst und deine Yoginis unterrichtest, kann sich das Gefühl bemerkbar machen, dass sich die Mühe doch lohnt. Es ist nicht immer sinnvoll, auf den ersten Impuls zu hören (je nachdem, wie stark deine innere Verbindung ausgeprägt ist – Menschen die durch Bewusstseinsübungen und Achtsamkeit sehr bei sich sind, spüren intuitiver). Denn der erste Impuls ist meist von Angst geprägt und somit auf Sicherheit und Schutz fokussiert.

Zum Menschsein gehört Hadern, Zweifeln, Scheitern.

Wir Menschen sind von Natur aus darauf geprägt, möglichst wenig Risiko einzugehen. Gut, es gibt Ausnahmen, also Menschen, die Herausforderungen und Veränderungen grundsätzlich lieben, aber die sind ebenso selten wie Menschen, die überdurchschnittlich groß oder überdurchschnittlich klein sind. Für die meisten von uns ist der sichere, der altbekannte Weg, der scheinbar bessere. Doch wenn wir stets in unseren steinzeitlichen Sicherheits-Mustern bleiben, verpassen wir wichtige Entwicklungsmöglichkeiten. Ein Schritt aus der Komfortzone beginnt mit dem Bewusstsein, dass unsere Verletzlichkeit (Vulnerabilität) zu unserem Leben einfach dazu gehört. Auch wenn viele social media-Kanäle uns das Gegenteil vorgaukeln: Zum Mensch sein gehört das Hadern, das Zweifeln, das Scheitern. Wenn wir uns diese Tatsache immer wieder bewusst machen, können wir auch an Herausforderungen gelassener heran gehen. Dann spüren wir: Es geht nicht darum, alles perfekt zu machen, alles sofort zu wissen und zu können. Ganz im Gegenteil. Menschsein bedeutet Irren, Menschsein bedeutet Ausprobieren, Menschsein bedeutet Fehler machen.

(Keine) Angst vor den anderen

Unsere Verletzlichkeit hindert uns auch in vielen Situationen, auf andere Menschen zu zu gehen. Wie oft warst du schon auf einer Party oder einer Veranstaltung, umgeben von zahlreichen unbekannten, potentiellen Gesprächspartner? Unsere Angst vor der Zurückweisung der anderen hält uns in sozialen Situationen davon ab, offen auf andere Menschen zu zu gehen. Was aber passiert dadurch? Wir verpassen viele Chancen: Auf ein nettes Gespräch, auf eine spannende Unterhaltung, vielleicht darauf, den Traummann kennen zu lernen oder eine Connection aufzubauen, die hilfreich sein kann. Um auf andere Menschen zuzugehen, braucht es nicht viel: Das Wissen, dass wir alle menschlich sind. Den meisten anderen geht es genauso wie uns. Sie möchten vielleicht ein Gespräch beginnen, trauen sich aber nicht. Sie warten auf den ersten Schritt. Genau diesen ersten Schritt kannst du trainieren, jedes Treffen mit Unbekannten ist eine neue Trainingsmöglichkeit – bis das offene Zugehen auf andere ganz selbstverständlich wird und du zu den Menschen gehörst, die mit ihrer Offenheit und Präsenz einen Raum erfüllen. Was steht zwischen dem zurückhaltenden Beobachter und dem offenen Menschen, der einfach mal fragt: „Was führt dich heute hier her?“ Die Angst! Sie ist, wie so oft, biologisch in uns verankert, sie soll uns vor unangenehmen Situationen und Zurückweisungen, ja vor Ausgrenzung schützen. Doch wenn wir sie erkennen und unsere Verletzlichkeit annehmen, können wir sie überwinden.

What makes you vulnerable, makes you beautiful

Brenè Brown hat es mit ihrem Themenschwerpunkt Vulnerabilität und Stärke sogar auf Netflix geschafft. In ihrem TED-Talk, der als Startpunkt für ihre erstaunliche Karriere als Vortragende und Autorin gilt, hat sie sich selbst in die totale Verletzlichkeit begeben und damit das Publikum begeistert:


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ANLEITUNG: Der Bodyscan

DIE Achtsamkeitsübung aus dem MBSR-Programm von Jon Kabat Zinn: Der Bodyscan. In wenigen Minuten verbindest du Körper und Geist, wirst entspannt und achtsam, kommst ins Hier und Jetzt.

Diese Übung entstammt dem Original MBSR-Programm (Mindful Based Stress Reduction) des US-Psychologen Jon Kabat-Zinn, der maßgeblich dazu beigetragen hat, dass Achtsamkeit ihren Weg in die Alltagspsychologie gefunden hat. Der Bodyscan ist ganz einfach zu erlernen und bereits nach wenigen Tagen täglicher Übung wirst du erste positive Veränderungen bemerken: Du wirst lernen, mit Hilfe deiner Körperempfindung unangenehme Gedanken, Gefühle und Empfindungen zu entdecken und deine Aufmerksamkeit bewusst zu lenken und zu verändern. Denn: Deinen Körper hast du immer bei dir! Ich empfehle dir, den Bodyscan über zumindest drei Wochen lang täglich, am besten zur gleichen Zeit, zu üben.

Bevor du beginnst: Suche dir einen ruhigen Platz, an dem du für die nächsten Minuten ungestört bist. Schalte dein Handy in den Ruhemodus. Führe diese Übung im Sitzen oder im Liegen durch.

Es geht bei dieser Übung nicht darum, sie möglichst perfekt durchzuführen. Der einzige Weg, sie „falsch“ zu machen, besteht darin, sie gar nicht zu machen. Vielleicht fällt es dir anfangs schwer, dich auf die Übung zu konzentrieren. Das geht den meisten Menschen so und ist gar kein Problem. Du kannst ganz einfach immer wieder geduldig und bewusst zur Übung zurückkehren. Die Audiodatei hilft dir dabei. Wenn du lieber deine eigene Stimme hörst, kannst du die Übung auch mit deinem Smartphone aufnehmen.

Die Bodyscan-Anleitung

Lege dich bequem hin und schließe deine Augen. Achte darauf, dass dir angenehm warm ist. Nimm dir eventuell eine Decke.

Nimm einen tiefen Atemzug: Atem durch die Nase ein, spüre, wie sich deine Bauchdecke hebt und achte darauf, wie sie sich beim Ausatmen wieder senkt. Beobachte deinen Atem für drei Atemzüge. Lass den Atem kommen und gehen. Atme ganz in deinem Rhythmus.

Spüre, wie sich dein Körper auf der Unterlage anfühlt. Spüre die Stellen, wo dein Körper die Unterlage berührt. Erlaube dir, mit jedem Ausatmen ein bisschen tiefer in die Unterlage zu sinken.

Bei dieser Übung geht es darum, soweit wie möglich zu spüren, wie sich dein Körper anfühlt, von Kopf bis Fuß. Das Ziel ist nicht die vollkommene Entspannung. Das kann vielleicht passieren, vielleicht aber auch nicht.

Konzentriere dich nun auf deinen Bauchraum. Spüre, wie sich deine Bauchdecke beim Einatmen hebt, beim Ausatmen senkt.

Richte nun deinen Fokus auf deine Beine: Spüre, wie sich deine beiden Beine anfühlen. Konzentriere dich auf das rechte Bein; den rechten Oberschenkel, den rechten Unterschenkel, den rechten Fuß und die rechte Fußsohle bis in alle Zehenspitzen des rechten Fußes. Dann konzentriere dich auf das linke Bein; den linken Oberschenkel, den linken Unterschenkel, den linken Fuß und die linke Fußsohle bis in alle Zehenspitzen des linken Fußes.

Spüre, wie dein Atem durch deinen Körper fließt: Durch den Bauchraum, hinab bis in deine Beine. Beide Oberschenkel, beide Unterschenkel, beide Füße bis in alle zehn Zehen.

Nun richte deine Aufmerksamkeit auf deine Arme: Spüre, wie sich deine beiden Arme anfühlen. Konzentriere dich auf den rechte Arm; den rechten Oberarm, den rechten Unterarm, die rechte Hand und alle Fingerspitzen der rechten Hand. Konzentriere dich auf den linken Arm; den linken Oberarm, den linken Unterarm, die linke Hand und alle Fingerspitzen der linken Hand.

Spüre, wie dein Atem durch deinen Körper fließt: Durch den Bauchraum, durch deine Beine, weiter bis in deine beiden Arme: Die Oberarme, die Unterarme, die beiden Hände bis in alle zehn Fingerspitzen.

Richte nun deinen Fokus auf deine Schultern, deinen Nacken und deinen Kopf. Spüre, wie sich deine Schultern anfühlen. Fühle, wie sich dein Nacken anfühlt. Konzentriere dich auf deinen Kopf und fühle, wie sich dein Kopf anfühlt.

Spüre, wie dein Atem durch deinen Körper fließt: Durch den Bauchraum, durch deine Beine, durch deine Arme und hinauf bis in deine Schultern, deinen Nacken und deinen Kopf. Spüre, wie dein Atmen durch deinen ganzen Körper fließt.

Wenn du in irgendeinem Bereich deines Körpers eine unangenehme Empfindung, eine Verspannung oder einen Schmerz spürst, kannst du dich darauf konzentrieren. Atme bewusst in diese Empfindung hinein. Mit der nächsten Ausatmung kannst du diese Empfindung loslassen.

Konzentriere dich nun wieder auf deinen Atem. Spüre, wie du sanft einatmest und wieder aus, ganz in deinem Rhythmus, ganz in deinem Tempo. Spüre, wie sich dein Körper anfühlt: Von Kopf bis Fuß, in deinem Bauchraum, den Beinen und Füßen, den Armen und Händen, in deinen Schultern, in deinem Nacken, in deinem Kopf. Genieße das Gefühl des Atems, der frei und ungehindert durch deinen ganzen Körper strömt.

Nimm dann noch einen tiefen Atemzug und spüre die wohltuende Empfindungen in deinem Körper. Dann, wenn es für dich passt, kannst du die Augen wieder öffnen. Das angenehmen Empfinden kannst du mit in deinen Alltag nehmen.

Was bringt dir diese Übung?

Diese sehr wirkungsvolle Übung hilft dir, besser mit stressigen Situationen und Herausforderungen umzugehen und mehr Achtsamkeit in deinen Alltag zu bringen. Deinen Körper und deinen Atem hast du immer bei dir. Durch den bewussten Fokus auf deine Körperregionen gelingt es dir, deine Gedanken zu steuern, anstatt sie wie gewohnt umherschwirren zu lassen. So übst du die Kontrolle über deine Gedanken. Die Konzentration auf die jeweiligen Körperregionen erleichtert diese bewusste Steuerung deiner Gedanken. In Verbindung mit deinem Atem, den du immer bei dir hast, gelingt es noch mehr, dich ins Hier und Jetzt zu holen.


Diese Übung entstammt dem MBSR-Programm (Mindful Based Stress Reduction) des US-Psychologen John Kabat-Zinn. Die Wirksamkeit des Atemraums wurden mittlerweile in zahlreichen wissenschaftlichen Studien bestätigt. Das Originalprogramm, das für Patienten in einer Klinik konzipiert wurde, umfasst mehrere Wochen intensiver Übungen. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass diese kürzere Version, wie ich sie nenne, über mehrere Wochen durchgeführt, zu einer deutlichen Verbesserung der Achtsamkeit und des Bewusstseins führt. Die psychologische Forschung zeigt uns ebenso Hinweise darauf, dass bereits diese kurzen Versionen nachweislich positive Veränderungen mit sich bringen.

Ich wünsche dir viel Freude beim Üben und Ausprobieren!

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ÜBUNG: Positive Affirmation

Verbessere deinen Selbstwert und deinen Umgang mit dir selbst durch diese simplen Übungen.

Hast du das Gefühl, dein Leben selbst in der Hand zu haben? An manchen Tagen verfalle ich dieser Illusion. Ich folge brav meiner Routine, ich erledige meine ToDo`s, ich plane und arbeite wie ein Uhrwerk und dann stellt sich dieses Gefühl ein: Alles läuft perfekt. Ha, da ist sie schon, die Illusion. Denn im menschlichen Leben gibt es keine Perfektion. Die gibt es vielleicht in der Kunst, in der Mode, in der Haubengastronomie, im Spitzensport oder bei Tätigkeiten, die wir mit viel Liebe zum Detail ausführen. Sie sind Inseln in einem Alltag zwischen Normalität und Chaos. Umso schöner, dass wir uns an diesen kleinen, perfekten Momenten erfreuen können. Mir selbst gelingt dies durch positive Affirmationen. Sie zeigen mir, wie ich meinen Alltag positiver, lebensfroher und schöner gestalten kann.


Innere Antreiber: Sei perfekt, sei beliebt, sei die Beste!


Oft spüren wir erst, dass wir in einem negativen Sog gefangen sind, wenn wir total erschöpft sind, wenn wir uns mit Medien (suchtähnliches Scrollen durch social media...) betäuben oder körperlich spüren, dass wir vollkommen überfordert sind. Passiert es also so plötzlich, dass uns alles zu viel wird? Nein! Wenn wir genauer hinschauen, können wir die einzelnen Situationen erkennen, die zum Super-Gau geführt haben. Du kannst dich selbst einmal im Alltag beobachten. Vielleicht ist dein größtes Problem, dass deine Arbeit dich nervt. Das geht ganz vielen so. Aber die Arbeit an sich ist ja relativ neutral – mal mehr, mal weniger anstrengend. Was sie für dich so besonders kräfteraubend macht, sind deine inneren Antreiber. Wage das Experiment und beobachte einmal, was dir durch den Kopf geht, wenn du deine Arbeit verrichtest. Oft sind es Gedanken und Glaubenssätze wie „Du musst perfekt sein“ – der Garant für Überforderung. Oder „Du musst beliebt sein“ – ein Glaubenssatz, der uns zum beliebten Mitarbeiter und Kollegen macht, aber auf Dauer zur Erschöpfung führt. Wenn du diese Antreiber erkennst, kannst du dich bewusst beobachten. Kein Wunder, dass du dich abends kraftlos vom Schreibtisch nach Hause schleppst, wenn du den ganzen Tag versuchst, es allen Recht zu machen oder die Allerbeste sein möchtest. Diese Antreiber funktionieren wie negative Affirmationen für unser Gehirn und unser Unterbewusstsein. Sie kosten permanent Kraft, ohne uns langfristig zu dienen.


Einbildung oder Realität? Egal!

Unserem Gehirn ist es dabei (relativ) egal, ob wir tatsächlich perfekt sein müssen oder es uns über die Jahre hinweg „eingebläut“ haben. Dieses Phänomen funkitoniert auch verkehrt herum: Es kann nicht unterscheiden, ob wir einen schönen Moment tatsächlich so erleben oder ob er gerade nur in unserer Vorstellung abläuft. Ich mache mir dieses Phänomen gerne zu nutze. In meinen täglichen Meditationen baue ich also diese positiven Affirmationen ein. Welche Affirmationen zu dir passen? Am besten jene, die das Gegenteil von deinen inneren Antreibern sagen. Sei perfekt – ich gebe mein Bestes und das reicht Sei beliebt – es gibt Menschen die mich mögen und andere, die das eben nicht tun Sei die Beste – Ich tue, was ich kann und das ist genug Sei schneller – Ich arbeite in meinem Tempo so gut ich kann Probiere ein bisschen herum, welcher Satz sich für dich gut anhört. Der wichtige erste Schritt besteht darin, diese innere kritische Stimme zu ertappen und genau hinzuhören, was sie sagt. Dann verfasse einen Satz mit Ich-Botschaft, der das Gegenteil besagt und der sich für dich gut anfühlt. Schreibe diesen Satz auf, in dein Journal, auf Post-Ist und gerne als deinen Smartphone-Hintergrund. Es ist wie beim Lernen von schwierigen Vokabeln: Je öfter am Tag du diese neuen, positiven Sätze siehst, desto besser werden sie in deinem Unterbewusstsein verankert.


Selbstwert und Körperbild verbessern mit Affirmationen


Die Technik der positiven Affirmationen ist im Yoga schon seit Jahrtausenden bekannt, dort werden sie Mantras genannt. Heute finden diese einfachen und doch so effektiven Techniken in vielen Therapien und Coachings immer mehr Zuspruch. Sie sind individuell und können an die jeweiligen Themen, die uns gerade beschäftigen, angepasst werden. Ich habe eine Zeit lang positive Affirmationen zum Thema Körperbild und Selbstwert verfasst und mir zb täglich aufgeschrieben:

  • Ich liebe meinen Körper (bzw. eine bestimmte Stelle, dich ich eigentlich nicht so toll fand oder sogar hasste).

  • Ich bin dankbar für all meine gesunden Zellen, die sich täglich erneuern und so gut zusammen arbeiten.

  • Ich behandle meinen Körper wie einen Tempel.

Diese positiven Affirmationen haben mich auf meinem Weg zu meinem sehr positiven Körperbild unterstützt und mich dahin gebracht, dass ich meinen Körper heute liebe und achte, so wie er ist. Du kannst die Affirmationen zusammenstellen und ausprobieren. Wichtig ist dabei nur, dass sie in Ich-Botschaften verfasst werden und du dich mit ihnen wirklich wohl fühlst. Dann kannst du dir täglich zu einer bestimmten Tageszeit ein zwei Minuten (oder mehr, das geht natürlich immer, muss aber nicht sein) nimmst, um dich mit diesen neuen, wohltuenden Worten zu beschäftigen. Schreib sie noch einmal in dein Journal – vielleicht sogar besonders schön, in verschiedenen Farben – unser Gehirn lernt durch die intensive und vielseitige Beschäftigung mit Neuem. Wenn du diese positiven Worte zusätzlich auf einem Postit am Spiegel hängen hast oder sie immer wieder auf deinem Smartphone siehst, wirst du umso öfter daran erinnert und die neuen Glaubenssätze „brennen“ sich als neue Muster in deine Gedanken und Gefühle ein. Falls du eine enge Freundin oder einen lieben Freund hast, kann dir dieser deine (und dir seine?) positive Affirmation ja vielleicht immer wieder per WhatsApp schicken? Das kann ein schönes gegenseitiges Zeichen der Freundschaft und Aufmerksamkeit sein.

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Was deine Vergangenheit mit deinem Selbstwert zu tun hat

Innere Kritiker gaukeln uns vor, dass wir nicht gut genug, nicht schön genug, nicht liebenswert genug sind. Durch bewusste Übungen können wir uns umprogrammieren.

Warum finde ich mich so fett? Warum finde ich mich so hässlich? Warum bin ich nie zufrieden? Kennst du diese und ähnliche Fragen? Falls du eine Frau bist, geht es dir wie rund 80 % aller Frauen (und immer mehr Männern!), die mit ihrem Körper unzufrieden sind. Woher kommt diese Unzufriedenheit und was können wir dagegen tun? Auch wenn es uns meist unlogisch vorkommt: Wer wir heute sind, ist das Produkt unserer Geschichte (und unserer Gene). Unser Verhalten und unsere Gefühle, die angenehmen und die unangenehmen, haben sich in den Situationen gebildet, die wir bisher erlebt haben. Anhand eines Beispiels möchte ich erklären, wie zB unser Selbstwert oft noch jener aus der Vergangenheit ist und uns so quasi im Gestern gefangen hält.

Ich möchte dir eine Geschichte erzählen*

Eine junge Frau kommt in meine Praxis und berichtet davon, dass sie im jetzigen Leben sehr erfolgreich ist, sie lebt in einer glücklichen Beziehung zu einem Mann, der sie liebt und ihren Körper schätzt, sie ist beruflich erfolgreich und liebt ihre drei Kinder. Trotzdem hat sie immer wieder mit Minderwertigkeitsgefühlen zu kämpfen: Wenn sie ins Schwimmbad geht, sieht sie ständig Frauen, die schlanker oder besser trainiert sind als sie. Im Gespräch stellt sich heraus, dass es besonders dann schlimm ist, wenn ihr Mann mit ist. Sie hat mit ihm bereits darüber gesprochen, er hat ihr versichert, dass er sie attraktiv und begehrenswert findet. Sie glaubt ihm das auch, fühlt sich von ihm geliebt und begehrt. Bei genauerer Betrachtung erkennen wir, wie sich diese Muster ausgebildet haben. Als kleines Mädchen war sie pummelig. Ihre Mutter war immer stets auf ihre Figur bedacht und eine erfolreiche Modeunternehmerin. Größe 34 war ihre absolute „Obergrenze“, das sieht die junge Frau heute noch vor ihr und auch sie denkt, dass dies die ideale Kleidergröße für eine Frau ist. Zugleich hat ihr Vater der Mutter immer Komplimente für ihr schlanke Figur gemacht, dem Mädchen aber immer wieder gesagt, dass es beim Essen lieber nicht so zuschlagen soll, wenn sie sich auch einmal einen schönen Körper wünscht.

Bei dieser Betrachtung und der individuellen Empfindung des Mädchens ist es nicht schwer zu erkennen, woher ihre Muster kommen. Die Eltern (oder Bezugspersonen) prägen unsern Selbstwert von klein auf. Selbstverständlich wird das Bild unserer Selbst später von Freunden, evtl, Geschwistern und anderen Menschen in unserem Umfeld beeinflusst und die eigene Persönlichkeit spielt eine große Rolle dabei, wie wir uns selbst definieren. Doch der Grundstein wird in der Kindheit gelegt. Die Mutter dient einem Mädchen meist als Vorbild: So soll eine Frau sein. Der Vater hingegen zeigt mit seinem Verhalten dem Mädchen vorbildhaft auf, wie Männer sich schlanken Frauen gegenüber verhalten – sie begehren sie. Außerdem schenkt er der schlanken Mutter viel Aufmerksamkeit und Zuwendung, während er das Mädchen abwertet – ebenfalls wieder auf die Figur bezogen. Wenn diese Situationen immer wieder passieren, kann sich im Kind der Selbstwert rund um das Thema Figur aufbauen. Innere Gesetzte entstehen, die in diesem Fall lauteten „Nur wenn du als Frau Größe 34 trägst, bist du liebenswert. Männer wollen schlanke Frauen.“ Die Medien tun ihr übriges dazu und haben diese Gedanken immer weiter verstärkt nach dem Motto: Wenn es nun auch so in den Magazinen steht und ich es so auf den Werbeplakaten sehe, wird es wohl stimmen. Ein Teufelskreis beginnt. Die junge Frau trägt dieses Gesetz bis heute mit sich umher. Wenn sie ein Stück Schokolade isst, ruft der innere Kritiker, der sich in frühen Jahren entwickelt hat: „Hör auf damit, du bist eh schon fett und wirst noch fetter.“ Diese Thematik wird durch die Beziehung zu ihrem Mann noch erschwert, da sich die kindlichen Muster in ihr denken: „Nur wenn du als Frau Größe 34 trägst, bist du liebenswert. Männer wollen schlanke Frauen.“ Im Gespräch finden wir heraus, dass die Gedanken der jungen Frau weiter führen: Wenn man nicht schlank ist, sucht sich der Mann eine schlanke Frau. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür in der Realität gering ist und die junge Frau mit ihrem Mann über ihre Befürchtungen sprechen kann, gehen ihre Gedanken nicht aus dem Kopf. Jeder Sommertag im Bikini am See wird zu einer Katastrophe, der am Ende die ganze Familie belastet. Bei Wellnesstagen ist es ebenso.

Was tun gegen Selbstzweifel?

Diese inneren Antreiber/ kritischen Stimmen und die Gesetze geben den Ton im Gehirn an. Sie wurden vor Jahren eingeprägt, als das Gehirn noch sehr leicht zu beeinflussen war. Außerdem wurden die Situationen damals mit intensiven Gefühlen erlebt – das kleine Mädchen fühlte sich traurig, ungeliebt, verzweifelt, voller Scham. Je stärker das Gefühl in einer bestimmten Situation, desto stärker wird dieses Erleben im Gehirn abgespeichert. Unser Gehirn denkt sich ganz logisch: Wenn das damals so schmerzhaft war (zB die Trauer, weil der Papa sie beim Essen ermahnt hat, dass sie nicht so viel essen soll), dann darf das nicht noch einmal passieren – das Gefühl wird quasi gemeinsam mit dem Gesetz eingespeichert „Nur wenn du als Frau Größe 34 trägst, bist du liebenswert. Männer wollen schlanke Frauen“. Wie ein ungeliebter Ohrwurm bleiben diese Sätze im Kopf gespeichert. Was tun also gegen diese alten, fest gefahrenen Gesetzte, die meine Klientin seit mehr als 25 Jahren begleiten? Wir Menschen haben die beeindruckende Fähigkeit, unser Gehirnstrukturen und somit auch unser Verhalten und Denken bis ins hohe Lebensalter zu verändern. Dabei sind Bewusstseins-Übungen sehr hilfreich. Wir programmieren uns damit quasi um. Im Gehirn werden dabei neue Nervenverbindungen gebildet – wie neuronale Autobahnen, die nach einer gewissen Zeit zum automatischen Denken und Handeln führen.

Programmiere dich neu: Die 10-Satz-Methode

Der deutsche Psychotherapeut Klaus Bernhardt hat mit seiner 10-Satz-Methode tolle Erfolge. Ich selbst bin ein Fan von seiner einfachen und zugleich wirkungsvollen Technik, um innere Glaubenssätze nachhaltig zu verändern und neue, bessere “Autobahnen” im Gehirn zu bauen.

Nimm dir Stift und Papier (am besten ein schönes Notizbuch) zur Hand und notiere dir 10 Zielvorstellungen. Das kann zb lauten: Ich bin sportlich, ich bin schlank, ich bin ein(e) Genießer(in), ich bin eine gute Mutter/ ein guter Vater, ich bin eine pünktliche Mitarbeiterin, ich bin selbstständig, ich bin eine gute Zuhörerin….

Notiere dir 10 Zielvorstellungen deiner Selbst. Nun bitte ich dich, dir ganz bewusst zu einer fixen Tageszeit über die nächsten drei Wochen jeden Tag einen Satz zu fokussieren und dir mit allen Sinnen vorzustellen, wie es ist, wenn du dieses Ziel erreicht hast. Wie fühlst du dich, was denkst du, was schmeckst und riechst du (versuche bitte, einen Geruch und einen Geschmack damit zu verbinden), was hörst du (einen angenehmen Klang, eine Melodie), wenn du schlanker bist? wenn du pünktlicher bist? wenn du eine geduldigere Mutter/ ein geduldigerer Vater bist? Stell dir so detailreich wie möglich vor, was die anderen über dich sagen, wie du dich fühlst, wie schön es ist, dein Ziel erreicht zu haben. Je konkreter, desto besser!


Was passiert in deinem Gehirn?

Durch die Zielfokussierung programmierst du dich darauf, in deinem Alltag so zu denken, fühlen und zu handeln, dass du deinem Ziel näher kommst. Wenn du dir etwa ein besseres Körpergefühl zum Ziel gemacht hast, wirst du in den Alltagssituationen, die in Summe über dein Aussehen entscheiden, immer jene Option wählen, die dich deinem Ziel näher kommen lassen - zB eine Hand voll Nüsse statt der Tafel Schokolade neben dem Netflix-Gucken essen.

*diese Geschichte ist frei erfunden, die psychologischen Mechanismen dahinter finden sich so jedoch in vielen Lebensgeschichten wieder.

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ÜBUNG: So stärkst du deinen Selbstwert im Alltag

Viele Menschen leiden unter ihrem geringen Selbstwert. Sie haben oft das Gefühl, dass sie sich erst vollkommen verändern müssen, um sich selbst endlich akzeptieren und lieben können. Durch diese einfache Übung gelingt es dir Schritt für Schritt, deinen Selbstwert und deine Selbstliebe zu stärken.

“Ich bin so streng mit mir”

“Ich bin einfach niemals mit mir zufrieden”

“Ich hasse mich!”

“Ich habe einfach Null Selbstwert”

Diese und ähnliche Aussagen höre ich oft, wenn Menschen in meine Praxis kommen. Ein schwacher Selbstwert ist dabei selten der eigentliche Grund, weshalb sich die Betroffenen Unterstützung durch Coaching suchen. Vielmehr gibt es andere Themen wie eine Lebenskrise, eine ausweglose Situation oder eine herausfordernde Beziehung, für die sich meine Klienten eine professionelle Unterstützung suchen. Nach wenigen Stunden wird jedoch oft deutlich, dass ein negatives Selbstbild EIN Mitgrund dafür ist, dass es auch in anderen Lebensbereichen hakt. Kein Wunder: Wenn wir uns selbst nicht ahnen und schätzen, manipulieren wir uns unbewusst ständig selbst. Sobald uns etwas nicht gelingt oder wir scheitern, meldet sich unser innerer Kritiker und macht uns zusätzlich das Leben schwer. Sobald uns etwas gelingt, können wir uns über den Erfolg nicht freuen oder denken, dass wir dieses Ziel eher durch einen glücklichen Zufall als durch unsere eigenen Fähigkeiten erreicht haben.

Wie kann ich meinen Selbstwert stärken?

Viele Menschen wünschen sich eine Übung, um ihren Selbstwert zu stärken. Dank der Forschungsergebnisse der angewandten Psychologie gibt es heute zahlreiche Möglichkeiten, von denen wir wissen, dass wir durch sie unser Selbstbild positiv verändern können. Meine liebsten Übungen habe ich für dich im Online-Kurse “Selbstwert & Selbstliebe: Entfalte dein Potential” gesammelt. Wir wissen mittlerweile, dass wir unseren Selbstwert jederzeit verbessern können. Dafür brauchen wir ein bisschen Wissen, eine ehrliche Selbstanalyse und passende Übungen für mehr Selbstwert und Selbstliebe. Außerdem bietet der Alltag zahlreiche Möglichkeiten, um unseren Selbstwert quasi nebenbei zu stärken.

Übung für besseren Selbstwert

Das gelingt, indem du dir jeden Abend Zeit nimmst, dir dein Journal (Notizbuch) zur Hand nimmst und folgende Frage beantwortest:

Was habe ich heute geschafft?

Diese Frage mal banal und schwierig zugleich klingen. Banal deshalb, weil die Dinge, die wir erreichen, uns meist so selbstverständlich erscheinen: Wir sind aufgestanden, haben uns angezogen, uns auf den Weg zur Ausbildung oder ins Büro gemacht, wir haben unsere “ganz gewöhnlichen” Aufgaben erledigt, danach zuhause noch gekocht, geputzt, den Abwasch erledigt, vielleicht auch etwas vom Take-Away mitgenommen, wir haben uns um unsere Familie, unseren Partner, unser Haustier, das Befinden unserer Nachbarn gekümmert … Ganz gleich, wie selbstverständlich dir diese ganz gewöhnlichen Tätigkeiten erscheinen, sie sind es nicht! Wenn du dir bewusst machst, dass es Anstrengung, Motivation und Überwindung braucht, um all diese Herausforderungen zu meistern!

Durch diese einfache Übung kannst du Tag für Tag dein Selbstbewusstsein steigern. Denn du machst dir bewusst, was DU alles geschafft hast. Wenn du dann an einem Tag zusätzlich zu all diesen Dingen noch etwas anderes erreicht hast, steigt deine Selbstwertskala gleich noch mehr!

Ich wünsche dir Viel Freude bei dieser Übung und hoffe du bemerkst bald erste positive Veränderungen!

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