Quarantäne-Talk mit Romy Sigl
Multipassionate. Wenn man versuchen müsste, Romy Sigl zu beschreiben, kann dieses Wort ein Wegweiser sein. Die Gründerin des Coworking Salzburg ist für ihre Begeisterungsfähigkeit und ihre Neugierde bekannt. Stillsitzen fällt der Unternehmerin und Mutter eines 2,5-jährigen schwer. Im Interview erzählt die “Rebellin” warum sie sich in dieser Zeit “Back to the 50ies” fühlt, was sie derzeit am meisten vermisst und von ihren Tipps gegen den Lagerkoller.
1. Mit wem gemeinsam bist du in Quarantäne?
Ich verbringe diese Zeit zu Hause im Paradies vor allem mit meinem Sohn (2,5) und seinem Vater, meiner Jugendliebe. Der muss bzw darf, an den Wochentagen tagsüber ganz „normal“ arbeiten.
2. Wie sieht dein Tagesablauf aus?
Ich bin ein Nachtmensch, daher weckt mich mein kleiner Sonnenschein jeden Morgen auf. Er erinnert mich mit seinem kecken Blick täglich daran wer ich bin – eine Rebellin. Dem entsprechend sieht unser Tagesablauf aus. Es ist eine Mischung aus: - „ich bin ganz bei dir und sehe dich und was du tust“ - „jetzt spielst du mal alleine“ - „schau mal wer gerade online bei mir ist, magst du Hallo sagen zu ...“ - „Lass uns online Yoga mit Pascale machen“ (das klappt zu 50%). So verbringen wir den ganzen Tag gemeinsam. Das ist wunderschön und - oh Wunder - auch ein wenig anstrengend. Den ganzen Tag freuen wir uns auf die Abendstunden, wenn sein Papa heimkommt. Dann kann ich mich auf meine Sachen konzentrieren, und Ideen, die mir tagsüber einfallen, in die Tat umsetzen. Das kann bis 2:00 oder 3:00 Uhr Früh dauern. Wie ich mich dabei fühle drückt „Back to the 50ties“, wie wir es auch in unserer letzten Wochenschau genannt haben, ganz gut aus. Nur, dass die damals kein Internet und kein Startup am Start hatten...
3. Was ist für dich persönlich die größte Veränderung?
Es ist ganz einfach der Grund, warum ich COWORKING SALZBURG vor 8 Jahren gestartet habe. Mich mit inspirierenden Menschen zu umgeben. Das fehlt mir wahnsinnig! Wir sehen uns jetzt zwar regelmäßig online und auch das hat seine Vorzüge, trotzdem merke ich regelmäßig, dass ich auch mal raus muss – und wenn ich nur zum Blumen gießen in den Coworkingspace fahre.
4. Wofür hast du jetzt endlich wieder Zeit?
Zum Kochen, Ostereierfärben, Backen und Putzen... Scherz. Diese Frage passt für mich nicht. Auf meinem Auto steht #dowhatyoulove! Das bedeutet, ich reflektiere regelmäßig, wie und mit wem ich meine Lebenszeit verbringen möchte. Wir geben dazu sogar Seminare.
5. Was hättest du gerne noch getan, wenn du gewusst hättest, dass die Quarantäne kommt?
Ein heikles Thema. Die, die es mit betrifft mögen mir verzeihen. Ich hätte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um unseren Garten noch sommerfit zu bekommen - also eine grüne Wiese zum Spielen und ein mit Wasser gefüllter Pool. Beides befindet sich im Moment im Baustellenmodus. Da die Vorfreude die schönste Freude ist, und alle Beteiligten ihr Bestes geben, stelle ich mir einfach jetzt schon, vor wie ich dann zum ersten Mal hinein springe.
6. Gibt es für dich auch Vorteile dieser Zwangspause?
Dass ich unser Landleben genießen kann und die wunderschöne Umgebung hier im Trumer Seenland. Dass ich durch Online-Yoga jetzt meine Stunde am See praktizieren kann, weil hier niemand ist, das ist ein unglaublicher Luxus.
7. Wird dein Leben “danach” genau so weiter gehen wie bisher?
Das “davor” ist für mich mit einem Zeitpunkt ganz klar abgrenzbar: 13.03.2020. Das “danach” sehe ich nicht so. Mein Zeitgefühl hat sich verändert. Im Moment empfinde ich Tage wie Wochen und Wochen wie Monate. Das bedeutet, mein zurück zur Normalität wird sich gefühlt so langsam ereignen, dass mein Leben danach ein ganz anderes sein wird. Wir entwickeln uns in der Zeitspanne ja trotzdem weiter (an meinem Sohn sehe ich das besonders gut) und wachen „danach“ nicht wie von einem Koma auf, um ganz gleich weiter zu machen wie zuvor.
8. Wenn die Quarantäne morgen vorbei wäre - was würdest du tun?
Ich würde die Feier die zu unserem 8. Geburtstag für 15. April geplant gewesen wäre, weiter organisieren und mich über jeden Einzelnen und jede Einzelne der/die kommt, noch mehr freuen als früher.
9. Was bewegt dich in dieser Zeit am meisten?
Vieles. Wie auch schon vorher. Manche verstehen nicht, warum ich mich nicht auf ein Thema fokussieren kann und wie eine Biene von einer Blume zur anderen fliege. Meine Themen sind große Themen die alle miteinander zu tun haben: Innovation, Neues Arbeiten, Feminismus*, Umgang mit Flüchtlingen, Kooperation statt Konkurrenzdenken, Coworking, & Colearning. In meiner Realität hängen diese Themen so stark zusammen, dass es grober Unfug wäre, sie isoliert zu betrachten oder anzugehen. Neu dazugekommen ist durch Corona mein Interesse für das Konzept des Grundeinkommens und die Initiative „Gemeinsam durch die Krise“.
*„Die Vision des Feminismus ist nicht eine „weibliche Zukunft“. Es ist eine menschliche Zukunft. Ohne Rollenzwänge, ohne Macht- und Gewaltverhältnisse, ohne Männerbündelei und ohne Weiblichkeitswahn.“ (Johanna Dohnal)
10. Dein Tipp für alle, die sich jetzt besonders schwer tun?
Ich hatte letztens einen kleinen Lagerkoller. Was mir geholfen hat war Bewegung in der Natur und spirituell den Blick auf das Gute zu richten. Ich bin dankbar, in Österreich geboren worden zu sein ohne dabei zu vergessen, dass es noch viel zu tun gibt.
Ich bedanke mich für das wunderbare Gespräch!
Romy Sigl ist Coworkings-Gründerin, Netzwerkerin, Visionärin, Feministin mit Herz und Verstand, Humanistin, Mompreneur und Rebellin. Stillstand ist ihr zuwider. Ihre Freude an der Kommunikation und an Menschen mit ihren Geschichten verbindet sie unter anderem in den “Good News Wochentalks”, die sie seit rund einem Jahr auf ihrem Facebook-Kanal veröffentlicht. Außerdem hat sie gemeinsam mit ihrer Freundin und Kollegin Romana Hasenöhrl das Buch “Do what you love” verfasst. Zu diesem Thema - Romys persönlichem Motto - veranstaltet sie auch Seminare.