Themen

Quarantäne-Talk mit Joachim Bergauer

Quarantäne-Talk mit Joachim Bergauer

Der Salzburger Fotokünstler Joachim Bergauer findet mit seinen Werken international Anerkennung. Er ist regelmäßig in Indien, Bangladesch und Afrika unterwegs, um mit seinen Bildern gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen. Im persönlichen Gespräch erzählt er von durchkreuzten Reiseplänen, seiner Hoffnung auf eine bessere Welt und dem Privileg, in Zeiten von Corona in Österreich zu leben.

1. Mit wem gemeinsam bist du in Quarantäne?

Mit meiner Lebensgefährtin.

2. Wie sieht dein Tagesablauf aus?

Morgens drehe ich gleich nach dem Aufstehen ein Runde am Kapuzinerberg, eine Stunde, um das Gehirn auszulüften. Danach setzte ich mich in mein Büro, checke meine Mails, kümmere mich um meine Vernetzungen und anstehende Reiseplanungen. Danach schreibe ich Geschichten oder beantworte Interviewanfragen. Meine Lebensgefährtin und ich arbeiten gemeinsam, unser Büro und Studio befindet sich in unserem Zuhause.

3. Was ist für dich persönlich die größte Veränderung?

Die größte Einschränkung ist wohl, dass ich nicht reisen kann. Dadurch, dass ich in Salzburg generell nicht so viel unterwegs bin, ist der Unterschied zuhause gar nicht so groß. Ich merke schon, dass es viel ruhiger geworden ist. Man spürt am Kapuzinerberg die Ruhe – das mag ich auch mal ganz gerne. Außerdem ist es schon eine Besonderheit, der Salzburger Sternenhimmel so klar zu sehen! Was ich wirklich vermisse sind die sozialen Kontakte.

4. Wofür hast du jetzt endlich wieder Zeit?

Zum Lesen und Filme schauen, an dieses Mehr an Zeit gewöhnt man sich schnell. Ich bin ein totaler SPIEGEL-Junkie und lese mir gerne mehrere Meinungen durch. Und höre befreundeten Experten zu, wie sie über Corona denken. Aus meiner Sicht kann ich sagen: In Österreich kommen wir mit dieser Situation gut zurecht, klarerweise passieren Fehler, aber das ist überall so, wo Menschen arbeiten.

5. Was hättest du gerne noch getan, wenn du gewusst hättest, dass die Quarantäne kommt?

Ich hätte einen früheren Flug nach Bangladesch genommen. Dort wäre eine Reportage geplant gewesen, in Zusammenarbeit mit den Austrian und German Doctors über die Arbeitsbedingungen und Krankenhäuser vor Ort. Bangladesch ist eines der ersten Länder, das die Klimakrise unmittelbar mitbekommt. Doppelt so groß wie Österreich, mit mehr als 160 Millionen Einwohnern.

 6. Gibt es für dich auch Vorteile dieser Zwangspause?

Also mit Klopapier bin ich jetzt auf jeden Fall eingedeckt! Scherz beiseite! Ich merke auf jeden Fall: Humor hilft, um mit den Herausforderungen umzugehen.

7. Wird dein Leben “danach” genau so weiter gehen wie bisher?

Für mich persönlich wird es wohl kaum Veränderungen geben. Doch ich denke so eine Krise bringt die Menschen zum Nachdenken. Man muss die Dinge schon relativ positiv sehen. Gerade wir in Österreich haben es in unserer Blase wirklich gut. Wenn man das mit anderen Ländern vergleicht , da kann man nur demütig werden.

8. Wenn Corona morgen vorbei wäre - was würdest du tun?

Ich würd mich ins Franziskischlössl in den Gastgarten setzten, mir einen Radler bestellen und mit den anderen Gästen anstoßen!

9. Was bewegt dich in dieser Zeit am meisten?

Die globale Situation. Die Ökologie, der Ressourcenkampf, mögliche weitere Pandemien und drohende Rezensionen… Corona wird nicht die einzige Herausforderung bleiben. Das Nationaldenken soll aufhören, wir leben alle gemeinsam in einer Welt. Grenzen können den Virus nicht aufhalten. Wir hätten jetzt die Möglichkeit für einen Neuanfang. Das ist vielleicht ein bisschen naiv, aber die einzige Möglichkeit, die Menschen zu retten. Menschen ticken aus, weil sie keine Perspektiven haben. Deshalb brauchen sie Perspektiven und Hoffnung. Wir können nicht alles mit Isolation lösen, wir brauchen einen Plan B. Ich denke mir immer wieder: Jetzt wäre die Chance, etwas zu verändern. Man könnte zum Beispiel das bedingungslose Grundeinkommen einführen.  

10. Dein Tipp für alle, die sich jetzt besonders schwer tun?

Angst ist der schlechteste Berater. Durch die Ängste kommen so viele Dinge hoch. Sie führt zu brutaler Distanz, dann kommt auch eine aggressive Haltung und die wiederum begünstigt andere Krankheiten . Es gibt immer viele positive Dinge, die man machen kann. Man kann sich alte Geschichten und Fotos ansehen. Man kann sich mit Literatur, Fotografie und Kunst auseinandersetzen. Raus gehen, wann immer es möglich ist. Nicht 14 Stunden lang vor der Playstation sitzen. Leben bedeutet Bewegung, wer das einstellt, tut sich selbst nichts Gutes! Das merke ich auch selbst: Wenn man das schon am Morgen sportlich war, spürt man diese Befriedigung den ganzen Tag über.

Ich bedanke mich für das wunderbare Gespräch!

Joachim Bergauer ist der meist ausgezeichnete Fotograf Österreichs. Er ist für seine Fotokunst in aller Welt unterwegs. In seinen Workshops und Vorträgen erzählt er von seinen Erfahrungen und gibt persönliche Einblicke in die unterschiedlichsten Lebenswelten: bergauer.cc

Einblicke in seine Kunstwerke gibt es auf z.B. auf 500px und Instagram. Hier findest du sein Interview über das Leben im Lepradorf in Senegal im SPIEGEL .

fotocredit © René Wenzel

Quarantäne-Talk mit Michaela Hauser

Quarantäne-Talk mit Michaela Hauser

Quarantäne-Talk mit Michaela Gründler

Quarantäne-Talk mit Michaela Gründler

0